Biographisches Erzählen: Peter Härtlings Dichter- und Musikerromane

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LIT Verlag Münster, 2007 - 355 Seiten
Wahrheit und Fiktion, überlieferte Vergangenheit und erinnernde Gegenwart - zwischen diesen Polen bewegen sich die biographischen Romane und Geschichten Peter Härtlings, die die vorliegende Arbeit untersucht. Indem Härtling Wirklichkeiten und Möglichkeiten der Dichter und Musiker Nikolaus Lenau, Friedrich Hölderlin, Eduard Mörike, Wilhelm Waiblinger, Franz Schubert, Robert Schumann und E.T.A. Hoffmann erkundet, entwirft er vergangenes Leben und sucht er zugleich nach Antworten auf Fragen der Gegenwart.

Im Buch

Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 139 - HÄLFTE DES LEBENS Mit gelben Birnen hänget Und voll mit wilden Rosen Das Land in den See, Ihr holden Schwäne, Und trunken von Küssen Tunkt ihr das Haupt Ins heilignüchterne Wasser. Weh mir, wo nehm ich, wenn Es Winter ist, die Blumen, und wo Den Sonnenschein, Und Schatten der Erde?
Seite 274 - Ich weiß, es schmerzt unendlich, Abschied zu nehmen, von einer Stelle, wo man alle Früchte und Blumen der Menschheit in seinen Hoffnungen wieder aufblühn sah. Aber man hat sich selbst, und wenige Einzelne, und es ist auch schön, in sich selbst und wenigen Einzelnen eine Welt zu finden.
Seite 308 - Von dem Wilhelm Meister und dem Hesperus ab stellen sie alle den Jüngling jener Tage dar, wie er in glücklicher Dämmerung in das Leben eintritt, nach verwandten Seelen sucht, der Freundschaft begegnet und der Liebe, wie er nun aber mit den harten Realitäten der Welt in Kampf gerät und so unter mannigfachen Lebenserfahrungen heranreift, sich selber findet und seiner Aufgabe in der Welt gewiß wird.
Seite 143 - Die Linien des Lebens sind verschieden Wie Wege sind, und wie der Berge Grenzen. Was hier wir sind, kann dort ein Gott ergänzen Mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden.
Seite 308 - Eine der gewöhnlichsten und für den Roman passendsten Kollisionen ist deshalb der Konflikt zwischen der Poesie des Herzens und der entgegenstehenden Prosa der Verhältnisse...
Seite 113 - Ich bemühe mich, auf Wirklichkeiten zu stoßen. Ich weiß, es sind eher meine als seine. Ich kann ihn nur finden, erfinden, indem ich mein Gedächtnis mit den überlieferten Erinnerungen verbünde. Ich übertrage vielfach Mitgeteiltes in einen Zusammenhang, den allein ich schaffe.
Seite 12 - so könnte sie dem Paradigma des modernen Romans folgen, der — programmatisch seit Flaubert — die Teleologie der epischen Fabel abgebaut und Erzähltechniken entwickelt hat, um den offenen Horizont der Zukunft in die vergangene Geschichte wieder einzuführen, den allwissenden Erzähler durch standortbezogene Perspektiven zu ersetzen und die Illusion der Vollständigkeit durch überraschende, ,querlaufende< Details zu zerstören, die das uneinholbare Ganze der Geschichte am noch unerklärten...
Seite 114 - Das, was war, interessiert uns nicht darum, weil es war, sondern weil es in gewissem Sinn noch ist, indem es noch wirkt, weil es in dem ganzen Zusammenhang der Dinge steht, welche wir die geschichtliche, dh sittliche Welt, den sittlichen Kosmos nennen.
Seite 13 - Jedes historisch eruierte und dargebotene Ereignis lebt von der Fiktion des Faktischen, die Wirklichkeit selber ist vergangen. Damit wird ein geschichtliches Ereignis aber nicht beliebig oder willkürlich setzbar. Denn die Quellenkontrolle schließt aus, was nicht gesagt werden darf. Nicht aber schreibt sie vor, was gesagt werden kann.
Seite 3 - Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie. Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennten Gattungen der Poesie wieder zu vereinigen, und die Poesie mit der Philosophie und Rhetorik in Berührung zu setzen. Sie will, und soll auch Poesie und Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen, die Poesie lebendig und gesellig, und das Leben und die Gesellschaft poetisch machen...

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