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außerordentliche Ehren und Belohnungen warteten: doch eine mehrjährige versteckte Ungunst und Niederhaltung ward sein Loos: statt der Ehren erwarteten ihn nur Widrigkeiten, statt erweiterten Wirkungskreises ward er in den allerengsten zurückgewiesen. Derjenige, der ihm die Pforte zur That und zum Ruhm geöffnet, sollte sie ihm auch wieder verschließen.

Suworow glaubte sich dem Ziel seiner lezten Wünsche genähert; er war es müde, wie er sagte, als „Kagenpfote zu dienen, die für andere die Kastanien aus dem Feuer holte;" sein brennendstes Verlangen war, unabhängig an der Spiße eines Heeres auftreten zu können, um alsdann seiner Monarchin, dem Vaterlande, ja der Welt zu zeigen, was in ihm war; sich aufzuschwingen an die Seite der wenigen großen Heerführer, die seiner Einbildungskraft beständig vorschwebten, und nicht mehr - als Ausführer kleinlicher Pläne und Unternehmungen oder vereinzelter Kriegshandlungen zu dienen, die, ohne nähern Zusammenhang mit dem Ganzen, durch die Kraft, womit er sie ausführte, nur um so mehr die Mattheit der übrigen Kriegführung ins Licht sezten. Aber um unabhängig an der Spige eines Heeres neben einem Potemkin, einem Rumänzow, auftreten zu können, mußte er Feldmarschall sein: hierzu glaubte er sich den Weg durch seinen Sieg bei Ismail, der nur eine Fortsegung feiner frühern Siege bei Fotschani und am Rymnik war, gebahnt zu haben, und erwartete nun sicher die Erfüllung seines heißesten Wunsches.

Um der Erreichung desselben näher zu kommen, unternahm er, von der Kaiserin berufen, eine Reise nach

Petersburg, welche er, nachdem seine Truppen die Winterquartiere bezogen, in den ersten Tagen des Januars 1791 antrat.

Der Fürst Potemkin hatte seit längerer Zeit sein Hauptquartier, oder vielmehr seine Hofhaltung in Jassy auf`geschlagen; von hier lenkte er mit einer Hand die Kriegsoperationen, während er mit der andern die Fäden der politischen Unterhandlungen festhielt und über Entwürfen brütete, die den Nordosten Europa's völlig umgestalten sollten. Er war, wenn nicht der eigentliche Urheber, doch der eifrigste Betreiber des orientalischen Projekts, das sich die Vertreibung der Türken aus Europa, wo sie, wie ein fremdes Kriegsheer, nur lagerten, ohne auf diesem Boden einheimisch werden zu können, zum Ziel gesezt hatte 1); und dasselbe vor Augen, arbeitete er

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1) Dohm in seinen Denkwürdigkeiten II. 3. 2c. hat eine lange Abhandlung über die Entstehung des Orientalischen Projekts, wobei er wie gewöhnlich fehlschießt. Es entsprang nicht zuerst im Kopfe Katharina's (S.6), oder Münnichs (S. 12), wie er meint, sondern Kaiser Josephs. Folgendes Schreiben des Königs Friedrich II. an seinen Gesandten in Petersburg, den Grafen Solms vom 30. October 1772, zur Mittheilung an das Petersburger Kabinet, gibt darüber das Nähere: Il y a quelques jours, que j'ai vu à Neisse le Comte de Diedrichstein, qui à ce que je crois y a été envoyé pour me sonder. Voici ce que j'ai pu combiner de toutes les choses qu'il m'a dites. Je vois clairement, que l'Empereur et Lascy ne sont pas contents de ce bout de la Pologne qu'ils obtiennent. Ils voudraient chasser les Turcs de l'Europe et s'approprier toute la partie de la Hongrie, qui se trouve à la rive gauche du Danube. Ils seraient bien aise pour cet effet de voir les conférences de Foksiany rompues, pour séconder les Russes à expulser les Turcs de l'Europe, et dans ce cas ils consentiraient peut-être à laisser aux premiers la Moldavie et Wallachie. Je crois qu'ils

unausgesezt darauf los. Nur ergriff er nicht immer die richtigsten Mittel zum Zweck. Zweierlei stand ihm hierbei im Wege: erstens sein Mangel an eigentlichem Kriegsgeschick (bei allem persönlichen Muth gingen ihm die höhern Feldherrngaben ab); und zweitens sein ungleicher, launischer Karakter, der ihn oft Tage und Wochen lang in völliger Unthätigkeit hielt und die wichtigsten Unternehmungen in die Weite schob, wodurch denn, da jede Sache ihren Punkt der Reife hat, den man freilich abwarten, aber auch sogleich benußen muß, um nicht zu spät zu kommen, oft die günstigsten Zeitpunkte unbenußt vorübergingen. Diese wechselnde Laune, dieser Mangel an Folgerichtigkeit in den Handlungen, so wie der Abgang wahren Feldherrgenies, das große Plane nicht nur

auraient bien envie de se liguer pour cet objet avec la Russie, mais la crainte qu'ils ont, que les Français et les Espagnols ne leur fassent une diversion en Italie et en Flandres, les oblige à recourir à moi, et pour me mettre de leur parti, ils rénonceront à tous les avantages qui leur ont été stipulés en Pologne en faveur de la cession du cours de la Warthe et de tout ce que je voudrais m'approprier au voisinage de Silesie. J'ai été curieux de savoir, ce que l'on prétendait faire de la Grèce, mais ils n'y ont pas encore pensé jusqu'ici. Je souhaite donc que le Cte. Orlow conclue la paix avec les Turcs, mais si cela n'a pas lieu, nous verrons une nouvelle scène s'ouvrir, et cela vise à un traité d'Alliance, par lequel la Cour de Vienne se propose probablement de régler tout avec ses nouveaux Alliés. Je me suis contenté d'entendre tranquillement tout ce qu'on m'a dit, et j'ai répondu, que tout cela était des choses possibles, qui pourraient s'exécuter, si l'on voulait s'entendre et agir de bonne foi, mais qu'il fallait au préalable consulter l'Impératrice de Russie sur tous ces articles. On a paru content de ma réponse, et je ne doute nullement, que le Prince de Lobkowitz n'ait sondé également la Cour de Russie à cet égard."

weise zu entwerfen, sondern auch kräftig und kühn auszuführen versteht, hatten ihn auch verhindert, die großen Vortheile und Glücksfälle, welche Anfangs den beiden verbündeten Heeren zu Gute kamen, zu benußen, und durch eine kräftige Führung des Kriegs dem vorgefeßten Ziele näher zu rücken. Man hatte völlig planlos gehandelt; man hatte die Zeit, die kostbarste Sache im Kriege, auf unverantwortliche Weise vergeudet, war nirgends folgerecht, nach einem großen Plan vorgegangen, hatte zwar einige Festungen theils durch offene Gewalt, wie Otschakow und Ismail, theils durch Drohungen, oft aber auch nur durch Bestechungen, wie Bender, gewonnen; aber vier Jahre hatten schon die Feindseligkeiten gedauert, ohne daß man auch nur die Donau überschritten, auch nur den Versuch gemacht hätte, durch kräftige jenseits dieses Flusses geführte Schläge die Türken zum Nachgeben zu zwingen. Der Krieg hätte auf diese Weise noch Jahrelang geführt werden können, ohne daß man zum Zweck gekommen wäre: die Reiche hätten sich erschöpft und verblutet: nur die Feldherrn, nur Potemkin hätte gewonnen, indem er immer nothwendig und Herr der größten Mittel zu anderweitigen Absichten geblieben wäre 2). Darum auch war er jedem Frieden zuwider.

In Jassy erwartete Potemkin nun den muthigen Stürmer, der durch seine Glanzthat ihn, den Oberfeldherrn, mit verherrlicht hatte. Maßte er sich doch das Verdienst aller Thaten seiner untergeordneten Generale

2) Obgleich er zuleßt, eben wegen jener wirkungslosen Kriegführung, doch auch hätte fallen müssen.

an, als von ihm anbefohlen. Durch einen glänzenden Empfang wollte er ihn ehren, ihm auch von der Monarchin Belohnungen verschaffen, aber nur in so weit, daß Suworow beständig in der Abhängigkeit von ihm geblieben wäre, da er durch mehrfache Proben erfahren hatte, welch' ein vortreffliches Werkzeug zu den schwierigften Unternehmungen er in demselben befäße. Die Gedanken beider Männer gingen daher weit auseinander: Suworow wollte Feldmarschall und unabhängig werden; Potemkin wollte zwar eine Belohnung für ihn, aber durch sich, und keine, die Suworow ihm im Range gleich stelle.

So kam der Tag der Zusammenkunft. Potemkin hatte große Empfangsfeierlichkeiten veranstalten lassen: Leute wurden auf dem Wege aufgestellt, um Suworow's Annäherung zu verkünden; und als die Meldung einlief: derselbe sei auf der lezten Station angelangt, durfte Potemkin's Lieblings - Adjutant, Oberst Bauer, nicht vom Fenster des Schlosses weggehen, von wo man den Weg, woher er kommen mußte, weit übersehen konnte. Suworow, Feind allen Prunks, beschloß, als er von diesen Anstalten hörte, die Sache so einzurichten, daß er auf Nebenwegen und erst bei Nacht in Jaffy einfuhr. Er stieg ganz still bei einem alten Bekannten, dem dortigen Polizei-Obersten ab, und verbot ihm aufs strengste, von seiner Ankunft Meldung zu thun. Am folgenden Morgen warf er sich in seine Uniform, bestieg seines Wirthes uralten Staatswagen, der vor hundert Jahren vielleicht modisch gewesen, Moldauische Bespannung davor, einen Moldauischen Kutscher auf dem Bock, einen Moldauischen Bedienten hinten

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