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den, Franz Bukaty nach London, Adam Rzewuski nach Kopenhagen, Thaddäus Morski nach Madrid, Stanislaus Potocki nach Paris, Michel Oginski nach dem Haag; ungerechnet die Gesandten bei den Kaiserhöfen, Graf Woina in Wien und Deboli in Petersburg. Jene sollten gegen Rußland intriguiren, ihm Feinde erwecken, und wo möglich nähere Verbindungen gegen dasselbe eingehen. Sie irrten sich nur in Einem: jene Kabinete, meist von geschickten Staatsmännern geleitet, benußten wohl zu ihren augenblicklichen Absichten jene Polnischen Anträge und Erbietungen, ließen sich aber nur in so weit ein, als es mit den Interessen und Zwecken ihrer Staaten vereinbar war. Die meisten dieser kostspieligen Gesandtschaften erwirkten somit fast nichts: Spanien war fern, und wollte sich in nichts mischen; Frankreich durch innere Unruhen bewegt; Dänemark blieb neutral; Schweden sann auf Frieden, da ihm der fortgesezte Krieg nicht viel versprach; Hollands Interesse zog es zu Rußland, obgleich von England und Preußen dominirt; England dachte die Polnischen Vorschläge so weit zu benußen, als sie ihm dienlich schienen: nur zwei Mächte ließen sich näher mit der Polnischen Republik ein, Preußen und die Türkei, jenes voran unter den Gegnern, diese unter den Feinden Rußlands. Zuerst Preußen. Die Unterhandlungen begannen bereits im December 1789 und dauerten längere Zeit: es sollte zugleich ein Handels- und ein Kriegsbündniß werden. Hier aber gingen die Zwecke und Interessen aus einander: Preußen wollte vor allem das Kriegsbündniß, um sich zu verstärken und ein neues

Gewicht in die Wage gegen Rußland zu legen, und noch etwas; Polen vorzüglich das Handelsbündniß, um seinem durch die Preußischen Zölle beengten und fast erstickten Handel Luft zu verschaffen. Darüber verging geraume Zeit, ohne daß man die widerstreitenden Interessen vereinigen konnte. Dazu kam noch, daß das Preußische Kabinet den Schleier seiner verborgenen Absichten ein wenig lüftete:, das Etwas, was es noch verlangte, war Danzig und Thorn, wofür es den Polen außer großen Handelsfreiheiten die Rückgabe Galiziens von Destreich. versprach, das wiederum in der Türkei entschädigt werden sollte. Früher hatte Polen für die Türkei leiden müssen, jezt sollte die Türkei für Polen leiden. So vortheilhaft der Antrag war, und obgleich Preußens Verbündete England und Holland demselben allen möglichen Vorschub thaten und die erforderlichen Bürgschaften für die künftige Sicherheit des Polnischen Handels zu leisten versprachen: so lehnte der Reichstag ihn dennoch ab; er wollte nichts Gewisses für Ungewisses hingeben. Der Handelsvertrag also, das eben von Polen Gewünschte, wurde ins Weite geschoben und nur der Schußbund am 29. März 1790 geschloffen. Man sagte sich in demselben gegenseitige Hülfe zu, Preußen von 16,000 Mann, Polen von 12,000 Mann, die auf Verlangen von Preußen auf 30,000, von Polen auf 20,000 M. verstärkt werden sollten; und im Nothfall Hülfe sogar mit gesammter Macht. Niemand sollte sich in Polens innere Angelegenheiten mischen; und wären Vorstellungen deshalb unwirksam, so versprach Preußen den stipulirten Beistand. Man garantirte sich endlich

v. Smitt, Suworow und Polen. II.

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gegenseitig den Besigstand, und entsagte allen Forderungen und Ansprüchen an einander." - Die patriotische Partei triumphirte: fie glaubte Polen gerettet: von Innen bald 60,000 M. unter den Waffen; von Außen ein enges Band mit dem friegerischen Preußen, dessen hochberühmtes Heer schlagfertig da stand; nichts fehlte noch, als die weitern Zwecke zur Umformung der Verfassung in Ausführung zu bringen, wozu Preußen sogar ermunterte, und was jezt unter dem Schuß einer solchen gewaltigen Heeresmacht ohne Gefahr zu vollbringen schien. Stolz sprach die Partei: „der Traktat mit Preußen gebe Polen seine Freiheit wieder, sichere seine Eristenz, und sei ein Meisterwerk der Politik." Doch auch hier bewährte sich der Widerstreit menschlicher Hoffnungen und Erwartungen mit den Entscheidungen des Schicksals. Was vereinen sollte, entzweite; was stärken, schwächte; und das Bündniß, das alle Wünsche Polens krönen und den Weg zu dessen Größe bahnen sollte, führte gerade zum Untergang. Nicht ohne Selbstverschuldung. Das Preußische Kabinet verlangte sehnsüchtig nach dem Befit von Danzig und Thorn, zum Vortheil seines Handels und um Herr der Weichsel zu sein; um so sehnsüchtiger, da er seit Jahren ihm verweigert und immer als Lockspeise vorgehalten war. Durch seine freundschaftliche Annäherung an Polen, durch so viele diesem erzeigte Gefälligkeiten, durch Versprechungen, vorgespiegelte Luftbilder, gedachte es sicher jene Städte zu erhalten: und in dem entscheidenden Augenblick versagte die Hoffnung, und zwar von dieser Seite unwiederruflich, indem der Reichstag mit Bezug auf jene Forderung am 6. Sept. 1790 den thörichten Beschluß

faßte: „kein Stückchen Polnischen Landes solle hinfort von dem Ganzen der Republik getrennt werden." Thöricht war der Beschluß, weil, wenn sie die Kraft hatten, jede Trennung zu verhindern, er unnöthig war, und der Staatsweise nie Unnöthiges thut; und hatten sie nicht die Kraft, so mußten sie nur Schande davon ernten. Die Wirkung dieses Beschlusses war, daß das Preußische Kabinet auf einmal in seiner heißen Freundschaft erkaltete, und sich nach andern Seiten umzusehen begann, um zu seinen Zwecken und zum Besiz des Gewünschten zu kommen, und daß, als die Stunde der Entscheidung schlug, Polen statt eines warmen, diensteifrigen, nur einen lauen, faft gleichgültigen Freund mehr hatte.

Um nichts besser ging es mit der zweiten Macht, der Türkei. Auch dorthin war im Juni 1789 ein Gesandter, Peter Potocki geschickt worden, der sich eifrig um ein Schuß- und Truz-Bündniß mit diesem offenen Feinde Rußlands bewarb. Sie baten hier demüthig die Geschlagenen um eine Gewähr, welche sie von den Siegern stolz zurückgewiesen, und ließen sich alle Erniedrigungen, alle Demüthigungen, allen Hohn gefallen, welche der Dünkel und Uebermuth der Osmanen damals auf die Christen-Gesandten, besonders die der minder mächtigen Staaten, in reichem Maße herabgoß. Und alle diese Unterwürfigkeiten erwirkten nichts. Es kam zwar am 6. December 1790 ein Bund im Entwurf zu Stande, ein Schuß- und Truzbündniß, das Zeugniß gab von dem ohnmächtigen Haß gegen Rußland, und direkt gegen dasselbe gerichtet war, gegen eben den Staat, mit welchem sie sich vor zwei Jahren gegen diese selbe Pforte

hatten verbinden wollen; aber ehe es vollzogen werden konnte, hatten die Begebenheiten eine Wendung genom men, daß es ewig unvollzogen blieb. 22)

Ihre Gesandtschaften, ihre Bundesbewerbungen hatten ihnen solchergestalt nur Kosten, Schaden und Demüthigungen und neue schwarze Steine bei der von ihnen angefeindeten Macht gebracht. So mißlang ihnen alles, weil Urtheil, Selbstbeherrschung und ruhig erwägende Weisheit in allem was sie unternahmen, ihnen abging. Und wie von außen, so scheiterte zuleßt aus denselben Gründen alles was sie von innen unternahmen.

22) Da weder Martens noch Schöll diesen Traktat enthalten, so geben wir hier die Grundzüge desselben mit wenig Worten:

Artikel des Vertrags: 1) Der Zweck des Bundes soll sein, die gegenseitige Unabhängigkeit beider Staaten zu wahren, und fremden Einfluß von deren innern Angelegenheiten abzuhalten. Im Verlegungsfall verspricht man sich Hülfe. 2) Nicht bloß, wenn Oestreich und Rußland wirklich angreifen, sondern schon wenn sie Anstalt zum Angriff treffen, soll man sich gegenseitig beistehen. 3) Die Pforte stellt aufs erste Verlangen 30,000 Reiter, die sie im Nothfall bis auf 45,000 vermehrt; Polen 20,000 Mann, halb Fußvolk, halb Reiter. 4) Man gewährleistet sich den gegenwärtigen Besigstand. 5) Die gegenseitigen Handelsvortheile werden nach dem Karlowißer Vertrag geordnet. 6) Der Traktat soll in drei Monaten bestätigt und ausgewechselt werden. (Folgen noch 3 minder wichtige Artikel.)

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Besondere Artikel. 1) Da Rußland sowohl der Pforte als Polen Ländergebiete entrissen hat, und die Pforte den Krieg gegen Rußland fortsegt, und der König von Preußen sich gleicherweise daran zu betheiligen denkt: so wird Polen im Verein mit der Pforte und Preußen aus allen Kräften an diesem Kriege gegen Rußland Theil nehmen.

2) Die Verbündeten werden sich gegenseitig ihre Kriegsentwürfe mittheilen; werden weder Waffenstillstand noch Frieden ohne Wiffen

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