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In Anerkennung des unermüdeten Eifers in der Leitung der Fabrik 254 und in Würdigung der rühmlichen Haltung zur Zeit der feindlichen Invasion erhielt der Direktor Lacasa im Jahre 1811 wie seine Vorgänger den Titel eines Hofrates und am 1. November dieses Jahres wurde er zum Direktor des Tabak- und Stempelgefälles ernannt, wobei ihm allerdings die Oberleitung der Linzer Fabrik belassen wurde. Einen nachhaltigen Einfluß auf deren weitere Betriebsführung zu nehmen, war ihm jedoch nicht beschieden.

b) Niedergang und Einschränkung des Betriebes der WollenzeugTuch- und Teppichfabrik (1811 bis 1838).

Nach Lacasas Abgang traten in der Verwaltung der Fabrik wieder ähnliche Verhältnisse ein wie vor Sorgenthals Tode. Die Leitung der Fabriksgeschäfte in Linz erhielt der Faktor und Prokurabeamte Gottfried Katzinger, die der Wiener Geschäfte der Fabrikssekretär und Prokurabeamte Josef Groß v. Ehrenstein als Adjunkten der Fabriksdirektion. Letzterer, seit dem Jahre 1787 bei der Buchhaltung, im Konfor und bei dem Verschleiß der Fabrik in Verwendung sowie auch mit der Leitung der Ärarialspitzenmanufaktur betraut, wurde nach Lacasas Tode (7. Mai 1813) zum Direktor ernannt.255

Schwere Zeiten hatte die Fabrik auch jetzt durchzumachen. Die finanzielle Krise des Jahres 1811 und neuerliche Kriegsereignisse ließen eine ruhige Fortentwicklung nicht zu.

Infolge dieser ungünstigen Verhältnisse, deren Ende nicht abzusehen war, konnte an einen Aufschwung der Fabrik, die nachgerade nun wieder zu einem Sorgenkinde der österreichischen Verwaltung geworden war, zunächst nicht gedacht werden. Als sich nun zeigte, daß die Fabrik die vorgeschriebene Zinsenabfuhr für das Jahr 1812 nicht zu leisten ver

251 Lacasa hatte sogar bei Zinzendorf Gnade gefunden, der, im Jahre 1807 die ärarische Leitung der Fabrik neuerdings bekämpfend, von dem lobenswürdigen Direktor nur wünschte, daß er genug vermöglich wäre, um in Kürze allein oder neben anderen Privaten Eigentümer dieser Fabrik zu werden (St.-R. 4404 v. 1807).

255 Mit k. Entschließung vom 4. Juli 1813,

mochte und daß sie überdies sogar beschlossen hatte, zur Deckung fälliger Tratten bei einem Wiener Handlungshause ein größeres Anlehen aufzunehmen, wollte die Regierung wenigstens endlich in untrüglicher Weise zur Einsicht gelangen, ob die Fabrik mit Schaden für den Staat arbeite oder ob deren Besitz vorteilhaft sei.

Auf kaiserlichen Befehl sollte der Hofrat des Generalrechnungsdirektoriums v. Ellinger an Ort und Stelle durch genaueste Inventuraufnahme die wirkliche Lage dieses Industriewerkes aufklären.256

Wenn auch eine vollständige Aufklärung durch die Besichtigung der Fabrik und durch die am 24. Januar 1813 vorgenommene Inventur,257 auf deren Einzelheiten nicht eingegangen werden kann, nicht erzielt wurde, so entstand doch bei diesem Anlasse eine neuerliche und wohl die interessanteste Kontroverse über die Rentabilität und Erhaltungswürdigkeit der Linzer Fabrik, welche hier um so mehr Erwähnung finden muß, als sie am besten geeignet ist, die großen Gegensätze zu erklären, die sich so oft bei der Beantwortung dieser Fragen ergeben hatten.

Das Ergebnis der von dem Einzelvertreter des Generalrechnungsdirektoriums gepflogenen Erhebungen muß als ein in finanzieller Hinsicht rechnungsmäßig äußerst ungünstiges bezeichnet werden.

Unter Zugrundelegung eines Stammkapitals von 111⁄2 Millionen Gulden und der Verpflichtung zur Zahlung von 4% Zinsen von diesem Kapital seit dem Jahre 1754 (nahezu 32 Millionen bis zum Inventurstage) sowie zur Abfuhr der dem Fondskapital zugewachsenen und in der Fabrik belassenen Gelder sowie des Erträgnisses des Jahres 1810 berechnete. Ellinger die vom Kameralärar zu stellenden Forderungen, so weit die mangelhaften Fabriksbücher eine Summierung gestatteten, mit 6,671.246 fl. 47 kr.258

Da die Fabrik an Interessen und Überschußgeldern jedoch nur 3,649.538 fl. 301⁄2 kr. abgeführt hatte und das schul

256 Vortrag des Hofkammerpräsidenten vom 22. Dezember 1812, resolv. 4. Januar 1813. St.-R. 4074 v. 1812.

257 H. K. A. Cam. 34. 1815. Z. 23256. Aug. 622. 258 Über die Berechnungsgrundlage s. S. 417 fr.

denfreie Vermögen mit 1,456.548 fl. 174 kr. CM. berechnet wurde, hätte sich ein Fehlbetrag von 1,565.159 fl. 59 kr. ergeben. Als Endergebnis dieser Berechnungen ergibt sich für die ganze Periode des staatlichen Betriebes (58 Jahre) ein Gesamtertrag von 107.253 fl. 27 kr.

Auch dieser unbedeutende Ertrag war jedoch durch die Summen mehr als aufgewogen worden, welche für die Ablösung der Fabrik aus den Händen der französischen Armee in den Jahren 1805 (63.000 fl.) und 1809 (300.000 fl.) vom Kameralärar bezahlt werden mußten.

Nach dieser Berechnung hatte demnach die Fabrik durch die ganze Zeit des staatlichen Betriebes nach dem endlichen Ergebnisse des Zeitpunktes dieser Inventur nicht nur keinen Ertrag abgeworfen, sondern auch das Fondskapital nicht mit 4% verzinst und daher dem Staate keinen finanziellen Vorteil gebracht. Auch den volkswirtschaftlichen Wert der Fabrik stellte Ellinger in Abrede, da sie zwar allerdings Tausenden Beschäftigung und Nahrung verschaffe, als ,ungeheurer Koloss einer Fabrik aber das Entstehen neuer Fabriken verhindere, die Zahl der bestehenden verdränge und sich ein Monopol der Arbeitslöhne und Warenpreise erringe.

Die Kameralhauptbuchhaltung, der Ellingers Bericht zunächst zur Begutachtung übergeben wurde und die gegen das Inventursverfahren keine wesentlichen Einwände erhob, setzte die Gründe auseinander, aus welchen die Fabrik im staatlichen Besitze weniger Ertrag zu liefern gezwungen wäre als in privatem Besitze. Sie müsse auf den Nutzen aus den abgeführten Geldern, die mehrmals im Jahre umgesetzt werden könnten, verzichten, dürfe ihre Gelder nicht zu Wechseloperationen benützen, müsse bei dem halb kommerziellen, halb amtlichen Geschäftsgange, bei der abgesonderten Buchhaltung, bei dem Marktgeschäfte und anderen fixierten Ausgaben größere Kosten aufwenden und könne durch Verordnungen nicht gedeckt, auf eigene Verantwortung nichts unternehmen, wie es eine Privatunternehmung z. B. bei der Anschaffung von Maschinen tun könnte.

Dieses Amt schlug wie schon bei einem früheren Anlasse vor, die Spinn- und Webearbeit der Fabrik einzustellen und nur den An- und Verkauf von Gespinsten und auch von Ge

weben, die sie fertig appretieren könnte, vorzunehmen nebst der Erprobung neuer Erfindungen, also eine technische Versuchs- und Musteranstalt nebst Warenmagazin zu errichten.

Nach diesen Beurteilungen der Lage der Fabrik konnte man wohl annehmen, daß für sie die letzte Stunde geschlagen hätte. Es kam jedoch anders. Nach dem Vorschlage des Referenten im Staatsrat, Freiherrn v. Schwitzen, der seine schwere Mühe hatte, die Fabriksverhältnisse klarzulegen, wurde zunächst noch das Generalrechnungsdirektorium selbst über die von seinem Abgesandten vorgelegten Berechnungen vernommen, das nebst einigen kleineren Berichtigungen vor allem die Grundlagen der Rentabilitätsannahmen vollständig veränderte und auch die bis dahin nicht entsprechend berücksichtigten Währungsänderungen wenigstens teilweise zur Beachtung brachte.

Nachdem infolge im Jahre 1811 nach mühevoller Ordnung des Fabriksarchivs durchgeführter Erhebungen über die Anfänge des staatlichen Besitzes der Fabrik die Übernahmssumme mit 930.000 fl. festgestellt worden war, war diese Summe auch von der Zentralfinanzhofkommission am 11. Januar 1812 als das ursprüngliche wahre Stammkapital anerkannt worden.259 Das bei der Inventur mit fast 1/2 Millionen in W. W. festgesetzte Fabriksvermögen ergab auch zu dem abgerundeten Kurse von 140 zur Zeit der Inventursaufnahme immer noch einen Vermögenszuwachs.

Durch die Geldabfuhren hatte die Fabrik bereits 4% dieses Stammkapitals entrichtet, überdies aber noch mit Einschluß, der in den Jahren von 1759 bis 1771 a conto des Stammkapitals abgeführten Summe und des Vermögenszuwachses noch eine weitere Verzinsung des Stammkapitals im Betrage von 4% für die Gesamtzeit des staatlichen Besitzes geliefert. Wenn hiebei auch noch die für die zweimalige Ab

259 S. hierüber auch S. 421, 432. Es ist übrigens nicht richtig, daß, wie das Generalrechnungsdirektorium bemerkt, das Kapital bis dahin nur präsumtive mit 11/2 Millionen angenommen worden war, weil man gar nicht erheben konnte, welche Summen eigentlich für die Besitznahme der Fabrik verwendet worden waren. Diese Summe war wohl schon von früheren Erhebungen her bekannt, wäre jedoch wohl in Bankozetteln anzusetzen gewesen.

von

lösung den Franzosen gezahlten Beträge,260 welche übrigens in Bankozetteln entrichtet, aber wie auch die Geldabfuhren der Jahre 1801 bis 1810 in Wiener Währung eingestellt worden waren, in Abzug gebracht werden, ergab die Benützung des Stammkapitals bei einem berechneten berechneten Stande 4,142.129 fl. 592 kr. eine Verzinsung von gegen 8%. Wenige Privatunternehmer würden sich zwar, wie das Generalrechnungsdirektorium meinte, mit einer solchen Benützung ihres Kapitals begnügen, wenn aber die bis in die achtziger Jahre des 18. Jahrhunderts reichende schwere Konkurrenz mit den englischen und sächsischen Fabriken sowie die schweren Stürme, insbesondere die feindlichen Invasionen der Jahre 1800, 1805 und 1809, welche die Fabrik in den späteren Jahren überdauern mußte, berücksichtigt würden, konnten günstigere Ergebnisse nicht erwartet werden.

Es kann wohl nicht bezweifelt werden, daß diese beiden Beurteilungen der Lage und der Rentabilität der Fabrik, welche gewissermaßen zwei entgegengesetzte Extreme darstellen, von einer künstlichen Konstruktion nicht frei sind, und daß die zwar bis auf Bruchteile von Kreuzern zusammengestellten Ziffern bei den schwankenden Bilanzierungsgrundsätzen und unzureichender Buchführung der Fabrik sowie namentlich bei der unvollständigen Rücksichtnahme auf die Währungsverhältnisse und auf die ungemein schwankenden Kurse des Papiergeldes, die für die lange Periode des staatlichen Betriebes und für die außerordentlich große Zahl der Verrechnungsposten vielfach gar nicht festgestellt werden konnten, ein wirklich genaues und getreues Bild der Verhältnisse der Linzer Fabrik nicht bieten.

Für deren Schicksal entscheidend wurden jedoch die dem wirklichen Stande ohne Zweifel mehr entsprechenden Berechnungen des Generalrechnungsdirektoriums, welchen sich die Bankohofdeputation, als sie das Ergebnis der Erhebungen dem Kaiser vorlegte, anschloß, indem sie die wirklichen guten Kräfte der Fabrik hervorhob, die mit um so größerem Vorteile für den Staat betrieben würde, als sonst kein Kapital auf gesetzlichem Wege sich so hoch verzinste. Der Kaiser

260 Diese belasteten die Fabrik nicht als solche, sondern als Eigentum des Staates.

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