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Summe von 85.000 fl. jährlich an die Kommerzialhauptkasse in monatlichen Raten abzuführen.

Nachträglich wurde diese Summe auf 80.000 fl. herabgesetzt und verfügt, daß die restlichen 5000 fl. jährlich von der Kameralkasse an die Kommerzialhauptkasse abgeliefert werden sollten.

Diese Bestimmungen über die Verteilung des Pachtschillings dürften damit zusammenhängen, daß auch an diesem Lotterieunternehmen der Wiener Stadtbanko in hervorragendem Maße beteiligt gewesen ist und daß auch dieses Unternehmen auf bedeutende Schwierigkeiten stieß.

Wenn auch diese finanzielle Bestimmung der Linzer Fabrik nur sehr kurze Zeit unverändert in Geltung blieb, so ist aus der Höhe der zur jährlichen Abfuhr bestimmten Summe doch zweifellos zu ersehen, daß die Fabrik, die einen solchen Ertrag erhoffen ließ, unter der Leitung der Kompagniegläubiger nicht nur ihren Betrieb aufrecht zu erhalten gewußt hatte, sondern auch einen bedeutenden Aufschwung genommen haben. mußte.

Tatsächlich war der Wert der zum Verkaufe gelangten Waren in den letzten Jahren der letzten Periode des privaten Betriebes erheblich gestiegen, von 172.099 fl. im Jahre 1747 und 178.758 fl. im folgenden Jahre nach ziemlich gleichmäßigen Steigerungen auf 304.280 fl. im Jahre 1752; die Erzeugung hatte im Jahre 1748 bereits 11.763 Warenstücke, der Absatz 9296 Stücke erreicht.

Die Anzahl der in den Werkstätten der Fabrik zur Zeit der Beendigung des privaten Betriebes beschäftigten Arbeiter betrug gegen 500, überdies arbeiteten für die Fabrik 315 Weber außerhalb derselben und gegen 9000 Spinnersleute unter 28 in Oberösterreich, Böhmen und einigen im Salzkammergute aufgestellten Faktoren.

Vergleicht man diese Zahlen mit den früher erwähnten über den Betrieb der Fabrik im Jahre 1725, so läßt sich immerhin eine nicht unbedeutende Erweiterung desselben feststellen.103

103 Im Jahre 1731 soll die Fabrik allerdings nach offenbar nur oberflächlicher Schätzung bereits 10.000-12.000 Menschen Arbeit gewährt haben.

- Die Fabrik hatte sich auch insoferne ausgestaltet, als eine größere Anzahl verschiedener Warensorten zur Erzeugung gelangte. Nach einem Ausweise über den Ertrag des Jahres 1748 erzeugte sie damals schon 38 Warengattungen; namentlich war die Zahl der gezwirnten Warensorten bedeutend angewachsen, worunter insbesondere mehrere, darunter auch halbseidene Arten Camelot, Barcan und Quinet, ferner Carole, Amiens, Gros de Naples, Griset, Kalamanken, Sayette. Die. Fabrik suchte so weit als möglich der Nachfrage und den Anforderungen aller Stände zu genügen.104 Es blieben freilich noch immer Warensorten übrig, welche in den österreichischen Ländern nicht, und solche, die nur zu viel höheren Preisen als im Auslande, namentlich England und Sachsen, hergestellt wurden.

Ein zeitgenössisches Urteil über die Linzer Fabrik zur Zeit des zu Ende. gehenden privaten Betriebes möge hier wiederabgedruckt diese Ausführungen beschließen.

Die in einem Berichte über eine von dem im Jahre 1752 errichteten Mährischen Kommerzkonseß im Jahre 1754 veranlaßte Reise, auf welcher auch Linz berührt wurde, enthaltenen Angaben über die Fabrik bieten um so mehr Interesse, als sie von sachverständiger und objektiver Seite stam

In der schön- und wohleingerichteten Wollfabrique werden fast alle Sächsische Zeuge, als Calmanten,105 Concent, Barcan, Diablement fort,, Cron-Rasch, Gantz- und Halb-Parterre etc. gemacht. Die Landmeistere werden daraus mit Woll zu Halbraschen verleget. Man arbeitet daselbst Bosnische, Macedonische, Böhmische, Hungarische und LandWolle. Sortiret, geschlagen, gespikt und kartätschet wird in der Fabrique, gesponnen aber außerhalb. Die Webere wohnen und arbeiten in der Fabrique 106 nach dem Ellenlohn, und in der Fabrique wird die Arbeit erst ausgefertiget. Einige Stühle

104 Die Erzeugung weniger feiner Waren scheint allerdings zu dieser Zeit weit überwiegend gewesen zu sein. Beuteltücher, Serge, Crepon, Rasch, Kronrasch und Halbrasch waren neben Flanell die Hauptartikel.

105 Soll heißen Kalamanken.

106 Dürfte wohl ein Fehler der Abschrift sein und soll heißen ausserhalb der Fabrique.

von Parterre, Camlot etc. werden doch auch in der Fabrique betrieben. Die ordinari Flanelle drucket man zwar gut, die Calcas mit chimischen Farben aber kann man nicht machen, und ein deswegen nach Sachsen Abgesendeter hat es nicht begriffen. Es fehlet noch an einem Formenstecher, sonst wäre alles vorhanden und nur zu bedauern, wenn man nach so vielem Aufwand und erreichtem Quali (in allerhand Waaren) nicht auch den gangbahren Preyss erreichen sollte... Wegen des großen Mangels an derley Waaren wäre zu verstatten, dass man sich von seithen Mährens in sothaner Fabrique über ein und anderes belehren und etwelche Persohnen dahin in die Lehre geben dörffte.107

3. Die Fabrik im Besitze und Betriebe des Staates. 1754 bis 1851.

a) Aufschwung und Blüte unter der Leitung Franz Paul v. Stegners (1754 bis 1771), Konrad Sörgels Freiherrn v. Sorgenthal (1771

bis 1805) und Josef v. Lacasas (1805 bis 1811).

Im Jahre 1754 trat endlich eine neuerliche und ganz entscheidende Wendung im Schicksale der Linzer Fabrik ein. Die Orientalische Kompagnie überließ unter Verzichtleistung auf die an den Hof gestellte Forderung von 2, Mill. fl. gegen gänzliche Abfertigung ihrer Gläubiger mit 30% ihrer Ansprüche die Linzer Fabrik mit allen Privilegien der Kaiserin Maria Theresia. Mit den anderen noch vorhandenen Aktiven der Kompagnie wurde auch diese Fabrik dem Hauptgläubiger der ersteren, dem Wiener Stadtbanko als Hypothek mit der festgesetzten Ablösungssumme von 926.000 fl. sichergestellt. 108

107 Aug. Fournier, Eine amtliche Handlungsreise nach Italien im Jahre 1754. Archiv f. österr. Geschichte. 73. Bd. S. 259, 269. Ein Parterre genanntes Zeug wird übrigens von der Linzer Fabrik niemals erwähnt, es ist kein Wollen-, sondern ein Seidenzeug.

108 Die ursprüngliche Schätzung der Fabrik ergab einen Wert von 892.356 fl., doch wurde dieser Betrag, wie auch bei den Verhandlungen mit den Lotteriegläubigern zur Sprache kam, als zu groß betrachtet und nachträglich eine geringere Summe angenommen (Prot.Ausz. d. Hofkommerzien rates v. 7. Januar 1771. St.-R. 197. v. 1771).

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Nach einer nachträglichen Berechnung wurde, als der kaiserliche Hof die Fabrik mit 1. September 1754 übernahm, deren hauptsächlich in Realitäten bestehender Inventurswert mit 919.358 fl. 31 kr., die Passiven an Kapitalien (106.000 fl.) und laufenden Schulden mit 137.774 fl. 36 kr. festgestellt. Von dem somit verbleibenden Betrage des reinen Vermögens des kaiserlichen Hofes von 781.583 fl. 55 kr. waren nun sowohl die Lotterieinteressenten als auch die Interessenten der Orientalischen Kompagnie zu befriedigen, von welchen die ersteren von der Lotteriekompagnie ausgestellte Lotterie-Aushilfsrekognitionen im Betrage von 2,299.646 fl. 55 kr. in Händen hatten, während letztere an Kapitalien 106.000 fl. in der Fabrik liegen hatten.

Die Bezahlung dieser Interessenten übernahm der Wiener Stadtbanko, der die Lotterieinteressenten nach Übereinkommen mit 30% in 5% igen Banko-Obligationen abfertigte 109 und überdies, da der Hof auf dringendes Bitten einiger Interessenten für deren Aushilfsrekognitionen im Betrage von 406.720 fl. 5 kr. eine 10%ige Nachtragsquote bewilligte, noch einen ausgewiesenen Betrag von 40.672 fl. 57 kr. ausbezahlte, zusammen somit 670.561 fl. 26 kr. Die Interessenten der Orientalischen Kompagnie wurden durch Ausbezahlung der angeführten Einlagen nebst den bereits fälligen Zinsen im Gesamtbetrage von 108.333 fl. 31 kr. befriedigt.

Zu dieser Gesamtsumme von 778.894 fl. 57 kr. wurde sodann auf kaiserlichen Befehl auf Grund einer älteren Forderung des Stadtbankos bei der Orientalischen Kompagnie noch eine Fabriksobligation von 147.360 fl. 57 kr. geschlagen, so daß der Stadt banko für die Fabrik die Summe von 926.255 fl. 54 kr. zu bezahlen hatte, wovon 255 fl. 54 k. für die Überlassung eines kleinen der Fabrik gehörigen Grundstückes in Triest an den Stadtbanko abzurechnen kamen, so daß die abgerundete Übernahmssumme 926.000 fl. betrug.

Es muß hier darauf hingewiesen werden, daß zur Zeit der Verstaatlichung der Linzer Fabrik eine den heutigen Be

109 Die wirklich als bezahlt ausgewiesene Summe betrug jedoch nur629.888 fl. 29 kr.; vermutlich entfielen einige der Interessenten bei der Auszahlung.

griffen entsprechende Scheidung von Hof- und Staatsärar noch nicht Platz gegriffen hatte. Die bereits erwähnte Forderung von 21 Mill. fl., auf welche die Orientalische Kompagnie bei dem Vertragsabschlusse verzichtete, wird von dem Unterhändler des Staates, welcher auch die Interessen des Hofes zu vertreten hatte, als eine klare und ausgemachte, mithin über kurz oder lang unvermeidlich zu bezahlen gewesene Forderung‘ bezeichnet. Aus der von der Kaiserin übernommenen, mit Hilfe des Wiener Stadtbankos durchgeführten Abfertigung der Lotteriegläubiger mit 30% ergab sich eine Auslage von ungefähr 1,650.000 fl.

Daß die Fabrik vom Staate übernommen wurde, weil deren Privilegien den neuen neuen Handelsunternehmungen des Kanzlers Grafen Rudolf Chotek im Wege waren, wie in den Papieren des Großkanzlers v. Fürst angegeben, ist nicht zu erweisen.110

Zu Ende August des Jahres 1754 trat die Linzer Fabrik mit dem Beginne des staatlichen, zunächst (bis zum Jahre 1759) unter der obersten Leitung der Ministerial-Bankodeputation stehenden Betriebes in eine Periode neuer Entwicklung, nahezu ein volles Jahrhundert wurde sie fortan von staatlichen Organen verwaltet.

Sie war zu jener Zeit das einzige größere vom Staate betriebene Industrieunternehmen und ist lange Zeit hindurch auch das weitaus größte geblieben. Während noch unter Maria Theresias Regierung die aus der Finanzhoheit des Staates entspringenden. Rechte der monopolistischen Verwertung der reichen Schätze der österreichischen Länder anderwärts auf dem Wege der Verpachtung den Finanzen des Staates dienstbar gemacht wurden, trat hier die Staatsverwaltung selbst an die schwierige Aufgabe heran, eine Stätte industrieller Tätigkeit und Entwicklung zu erhalten, deren frühere wechselvolle Schicksale eine derartige entscheidende Maßregel zu gebieten schienen. Die Jahre reicher Blüte, die die

110 Maria Theresia, ihr Staat und ihr Hof im Jahre 1755. Historischpolitische Zeitschrift, herausgegeben von Ranke. II. Bd. Berlin 1833 bis 1836. S. 713.

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