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Panasi zu Brescia mit allen Instrumenten zur Erzeugung falscher Bankozettel betreten. Als es zur Aburteilung des Fossati vor den italienischen Gerichten kommen sollte, wurde er vom französischen Armeekommando unter dem Vorwande, daß er bei dem französischen Generalstabe im Departement de l'espionnage angestellt sei, reklamiert, vor ein Kriegsgericht zu Ferràra gestellt und zu,13jähriger Eisenarbeit verurteilt. Nach seiner Verurteilung wurde er aber sofort auf freien Fuß gesetzt, die corpora delicti, nämlich die Pressen und Werkzeuge wurden der zisalpinischen Polizeibehörde abgenommen und nicht wieder zurückgestellt.28 In einem andern Falle wurden zwei französische Offiziere, A m bros Rozier und Franz Moreau, wegen Ausgabe falscher Bankozettel angehalten. Sie redeten sich aus, dieselben von einem Unbekannten erhalten zu haben, was genügte, um sie sofort freizulassen.29

Daß auch Mitglieder der Regierung selbst sich an der Bankozettelfälschung beteiligt haben, wurde behauptet, konnte aber nicht erwiesen werden. Der österreichische Polizeiminister Graf von Pergen teilte in einem Schreiben vom 19. November 1801 dem Gouverneur von Tirol, Grafen Ferdinand Ernest Bissingen, im Vertrauen mit, daß ihm das Gerücht zu Ohren gekommen sei, ,daß selbst der dermalige Finanzminister im Zisalpinischen namens Andrêa Şoldini mit dieser Spekulation verflochten und mit seinem Vorwissen die Papierfabrikation im Genuesischen, die Druckerei aber in Mailand selbst sein solle. Baron Moll, der den Auftrag erhielt, auch diese Sache im Auge zu behalten, berichtete unterm 19. Januar 1802 hierüber und sagte: 30,Der zisalpinische Finanzminister Soldini, welchen ich persönlich zu

28 IV. Bericht des Freiherrn von Moll vom 27. Dezember 1801. 29 Baron Moll knüpft an die Mitteilung dieser Tatsache die Bemerkung: Es ist leider das Schicksal der meisten hierlands gegen die Fabrikanten und Verbreiter der falschen Bankozettel angestrengten Untersuchungen, daß man fast immer am Ende auf das französische Militär stößt, welches entweder mittelbar oder unmittelbar durch Protektion zugunsten der Verbrecher die Vorschritte solcher Inquisitionen zu paralysieren pflegt. (LIV. Bericht des Freiherrn von Moll vom 27. Januar 1803.)

20 VII. Bericht des Freiherrn von Moll.

kennen noch keine Gelegenheit gehabt habe, wird mir von seinen eigenen Landsleuten als ein roher, ungeschliffener, dem Trunke ganz übermäßig ergebener Mann von sehr beschränkten Fähigkeiten geschildert. So sehr sein Vorfahrer Araneo, der als Deputierter in Lion gestorben ist, von seiten der Kenntnisse und Uneigennützigkeit gelobt wird, ebenso sehr wird Soldini unter gegenteiligen Rücksichten verachtet und man würde nicht begreifen, wie er sich mit solchen Eigenschaften zum Finanzministerium geschwungen habe, wenn nicht die Delapidation der Staatsgelder, welche in diesem unglücklichen Lande mit der Erhöhung der Auflagen in gleichem Verhältnisse steigt, solche Menschen gerade ihrer Nullität wegen den Machthabern angenehm machte. (Eben jetzt hat die zisalpinische Consùlta in Lion die Besoldung des hiesigen Präsidenten von 86.000 Lire di Milano auf 600.000 erhöht.)31

Mit diesen Verhältnissen mußte Baron Moll rechnen, als er anfangs Dezember 1801 in Mailand eintraf.32 Die 31 Freiherr von Moll verfolgte die Angelegenheit weiter und kam zu dem Schlusse, daß Soldini wohl kaum an der Sache beteiligt sein dürfte, daß es aber nicht unwahrscheinlich sei, daß seine Subalternen sich an dieser Fälschung irgendwie beteiligt hätten, indem er sagt: In Bezug auf des Finanzministers Soldini besorgliche Teilnahme an dem Gewerbe der neuen Bankozettel Verfälschung bin ich in fortwährenden Erkundigungen begriffen, deren bisheriges Resultat mich immer mehr in der Vermutung bestärket, daß weder die Tätigkeit noch die Immoralität dieses Trunkenboldes so weit gehen dürfte, dessen ämtliche Nullität mit dem weiteren Umstande vergesellschaftet ist, daß unter seinen Subalternen gerade diejenigen, welche den stärksten Einfluß haben, in Bezug auf Redlichkeit in übelstem Rufe stehen, sohin weit eher als ihr Prinzipal wegen schlechter Streiche dieser Art in Verdacht gezogen werden könnten. 32 Auch die politischen Verhältnisse waren gerade nicht darnach angetan, die Mission des Baron Moll zu fördern. Eine kurze Darstellung jener Veränderungen auf politischem Gebiete, die sich unmittelbar vor der Ankunft des Baron Moll und während seiner Anwesenheit in Mailand infolge der Koalitionskriege in Italien vollzogen, wird dies am klarsten zeigen. Während des ersten Koalitionskrieges (1792-1797) und durch den Frieden von Campoformio (1797) blieben in Oberitalien nur bestehen: Piemont, Parma, Toscana, Lucca, Piombino und der stato degli Presidii. Aus dem österreichischen Mailand-Mantua, Modena, einem Teile von Venedig,

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Aufnahme, die er bei dem zisalpinischen Gouvernement fand, war eine sehr gute und Baron Moll konnte seinem Chef

dem nördlichen Teile des Kirchenstaates (den Legationen) wurde die zisalpinische Republik gebildet. Der Rest von Venedig mit den Besitzungen in Istrien und Dalmatien fiel an Österreich. Genua wurde in die Ligurische Republik verwandelt.

In Jahre 1798 wird aus dem Reste des Kirchenstaates die römische Republik gebildet.

Bei Beginn des zweiten Koalitionskrieges (1798-1801) wird auch Piemont und Toscana besetzt. Durch die Siege der Koalition wurde 1799 die zisalpinische Republik aufgelöst. Napoleons Siege aber brachten durch den Frieden von Luneville (9. Februar 1801) folgende Veränderungen:

Die zisalpinische Republik wird wieder hergestellt (vgl. die Planskizze) und erhält 1802 den Namen Italienische Republik. Im Jahre 1805 wird die Italienische Republik in das Königreich Italien verwandelt und Napoleon nimmt die Königswürde an; Eugen Beauharnais wird Vizekönig. Parma wird unter französischer Verwaltung dem Königreiche Italien hinzugefügt. Durch den Frieden zu Preßburg (1805) trat Österreich Venedig, Istrien und Dalmatien an das Königreich Italien ab.

Die politischen Verhältnisse in der zisalpinischen Republik waren zur Zeit der Ankunft und Anwesenheit des Freiherrn von Moll in Mailand ungefähr folgende. Das Gebiet des zisalpinischen Freistaates umfaßte anfangs 1802 Valtellina, einen Teil von Piemont, die ganze vormals österreichische Lombardei, einen kleinen Teil vom Parmesanischen, die exvenezianischen Provinzen von Bergamo, Brescia, Cremona, Verona zum größten Teile, Polesine di Rovigo, das Mantuanische und die drei vormals päpstlichen Legationen Ferrara, Bologna und Ravenna.

Der Comitato di Governo, der in der zisalpinischen Republik die oberste Staatsgewalt darstellte, bestand aus drei Personen, nämlich Visconti, Sommariva und Ruga; da sich aber Visconti vollkommen vom öffentlichen Leben zurückgezogen hatte, bestand der Comitato tatsächlich nur aus den zwei Personen Sommariva und Ruga, welche unter französischem Einflusse allein regierten. Zu den damaligen Gewalthabern zählte der französische Minister Petiet, ferner der Minister Canzoli, der vier Portefeuilles, darunter das des Justiz- und Polizeiministers, innehatte, und Soldini, der Finanzminister.

Wesentliche Veränderungen brachte der Kongreß zu Lyon. Bonaparte wurde Präsident der zisalpinischen Republik, die fortan den Namen,Italienische Republik zu führen hatte. Dem Präsidenten zur Seite stand ein Vizepräsident und ein Consultore di stato. Ferner war die Ernennung von 8 Senatoren, 16 Staatsräten und

berichten, daß er nicht nur mit vieler Höflichkeit, sondern auch mit einer Achtung, die an Respekt grenzte, empfangen wurde. Nach den ersten offiziellen Besuchen, die Baron Moll bei dem provisorischen Minister Canzoli, Villa und anderen Persönlichkeiten gemacht, und nachdem er mit ihnen wegen seiner Mission Fühlung genommen hatte, wendete er sich mit einer im Sinne der ihm unterm 26. November 1801 erteilten Instruktion abgefaßten Zuschrift vom 20. Dezember 1801 an das zisalpinische Ministerium und verlangte insbesondere die Auslieferung aller Bankozettelfälscher, soferne sie k. k. Untertanen oder Untertanen fremder Staaten sind. Erst am 3. Piovoso an X (23. Januar 1802) und nach mehrfachen Betreibungen seitens des Baron Moll wurde diese Note beantwortet und gab Minister Canzoli die bindende Erklärung ab, daß die zisalpinische Regierung die Forderungen des Baron Moll vollinhaltlich annehme und bereit sei, sämtliche Bankozettel fälscher, wenn sie österreichische Untertanen oder Untertanen fremder Staaten seien, an die österreichischen Behörden auszuliefern, wenn sie hingegen zisalpinische

Am

75 Gesetzgebungsräten vorgesehen. Diese Veränderungen vollzogen
sich wenige Wochen nach der Ankunft des Baron Moll in Mailand.
Mit der Proklamation vom 6. Pluviôse an X (26. Januar 1802)
wurde die Übernahme der Präsidentschaft durch Bonaparte, die
Ernennung des Francesco Melzi zum Vizepräsidenten und des
Marescalchi zum Consultore di stato bekanntgegeben.
10. Piovoso an X (30. Januar 1802) erfolgte die Proklamierung der
Italienischen Republik in Mailand durch eine Proklamation, in wel-
cher es unter anderem heißt: La Repubblica che prima chiamarasi
Cisalpina ha preso il nome augusto di Repubblica Italiana. Na-
poleone, l'immortale Bonaparte ne fu proclamato Presidente. L'ottimo
Cittadino Melzi fu nominato Vice Presidente. Die Ernennung der
Senatoren, der Staatsräte und der Gesetzgebungsräte sowie die
Installierung der neuen Regierung fand durch General Murat und
die Exgovernatori Sommariva und Ruga am 20. Piovoso (9. Februar
1802) statt.

33 Man erklärte ihm, seine Sendung sei gratissima al Governo e al comitato stesso. Auch gab man ihm die Versicherung, daß zur Begründung der allgemeinen Ruhe von Seite der zisalpinischen Regierung auch auf die Ausrottung des Betruges, welcher mit falschen Bankozetteln getrieben wird, gesehen werden werde. (II. Bericht des Freiherrn von Moll vom 16. Dezember 1801.)

Bürger seien, dem eigenen Kriminalgerichte zu stellen und zu bestrafen.

Kurze Zeit später sollte die zisalpinische Regierung in die Lage kommen zu zeigen, ob sie geneigt sei, ihr Versprechen einzulösen. Die Aufdeckung der überaus verbreiteten Bankozettelfälschungen durch die Verhaftung des SchiraRosini sowie der drei Juden Engelländer, Steindler und Goldschmid gab Anlaß, die Untersuchung gegen alle bereits inhaftierten und etwa noch zu verhaftenden Beschuldigten über Allerh. Entschließung vom 17. November 1801 einer eigenen, in Wien unter dem Vorsitze des niederösterreichischen Appellationspräsidenten Freiherrn von der Mark aufgestellten, aus den Hofräten Grafen von Pergen und von Ley, den zwei Appellationsräten von Plenciz und von Neinin. ger und den zwei Magistratsräten Charrière und Lumpert. bestehenden Untersuchungskommission zu übertragen.

Aus der Aussage des nach Wien eingelieferten Blau ergab sich die Mitschuld anderer Juden in Ungarn und zwar der Brüder Isak und David Feldmar, des Moyses Bräuer, des Salomon Beer und des Gabriel Menzel, die nach und nach alle nach Wien gebracht wurden. Weiters kam ein gewisser Josef Israel, ein Samuel Schwarz, genannt Negri aus Verona und die Brüder Josef und Simon Löwenfeld in Verhaft. Die Untersuchung durch diese Kommission förderte eine große Menge von Anhaltspunkten sowohl über die Personen der eigentlichen Bankozettelfälscher, als auch über den Ort der Erzeugung zutage und konnte nunmehr Freiherr von Moll bei den zisalpinischen Behörden die Betätigung derselben in ganz bestimmten Richtungen verlangen.

Nach den Aussagen der in Wien in Untersuchung befindlich gewesenen Verbreiter falscher Bankozettel sollte sich die Bankozettelfabrik außerhalb der Stadt Mailand in einer Käserei befinden, deren Lage genau geschildert wurde. Als Häupter der Unternehmung, Erzeuger und Hilfskräfte waren angeführt: a) drei Grafen, von denen man weder Vor- noch

24 Das Urteil bezüglich der hier Genannten siehe auf S. 85. Archiv. 108. Band, 1. Hälfte.

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