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teutsche Obstgärtner.

Vierzehnten Bandes, Sechstes Stück 1800.

Erste Abtheilung.
Charakteristik der Obstsorten.

1.

Besondere Naturgeschichte

der Geschlechter der Obstbäume. (Fortschung von S. 277 dieses Bandes.)

10. Des Weinstocks.

Den Winter über beschäftigen sich die Winzer mit unters suchung des Bodens in den Weinbergen, und mit Herbey führung einiger Fuder Erde, die sie recht anlegen, machen sie diejenigen Orte wieder fett, welche zu sehr ausgesogen sind, und wenn sie bessere Trauben tragen sollen, Hülfe nöthig zu haben scheinen, wiewohl solches etwas seltenes ist. Hernach bekümmern sie sich um die Pläße, die von Reben leer sind, Leutsch). Obsigärtn. 14. Bd. VI. St. 3

und

halben Schuh hoch gute 2

1

und ob welche Alters halben abnehmen, oder sonst keine Trauben zu versprechen scheinen. Auch machen sie große Gruben, die anderthalb bis drey Schuhe lang und einen Schuh tief find. Ist die Erde zu mager, so füllen sie einen Erde, und zuweilen etwas alten wohl verfat:lten Mist hinein, wiewohl sie eigentlich übers haupt zu reden, gar nichts hinein thun, Alsdann nehmen sie eine oder zwo Reben, biegen sie in jede Grube, und bes decken sie hernach ganz mit der eigenen Erde des Weinbergs, so daß man die beiden gebogenen Enden der Reben aus der Grube hervor stehen sieht, nämlich dasjenige, womit er noch am Stock hängt, und dann das andere, welches aus der Grube, in der Länge von drey bis vier Fingern, hervorraget. Sie machen dieser Gruben sehr viel in einem Weinberge, das mit sie immer Vorrath an jungen. Reben haben, die viel rebe, wage Trauben tragen. Denn es ist zu merken, daß dieser Weins rebe, der wie ein halber Kreis in diese Grube gebogen wor? den, und der Schosse vom vorigen Jahr ist,' zweyerley Nahrung durch seine offene Poros in sich ziehet, keine von dem Stocke, mit welchem er vereiniget ist, die andere aber aus der Grube, in welche er eingesenket worden, und woselbst er Wurzel sählägt. Dieses nennen sie Provins oder Senker, Senkende.

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Sie tragen vicle Trauben, die insgemein frühe reif wers den, voll, groß und wohlschmeckend sind; aber ihr Saft ist nicht so gut, als die Trauben von alten Stöcken. Die phy: fische Ursache ist, weil der Nahrungssaft in den Senkern nicht sowohl abgesondert wird, weil ihre Port sehr weit sind, als in den alten Reden, deren Gefäße enger und nicht so schwam: migt sind.

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Sie hacken oder umgraben den Weinberg mit der Spate ordentlich dreymal im Jahr, das ist, zu Ende des Fer bruars oder mit Anfang des Märzes, wo sie es das erstemal thun, auch pflegen sie in diesem Monat März oder zu Ende des Februars, ihre Weinberge zu beschneiden.

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hierinnen aber besteht die Kunst und Geschicklichkeit der Winzer; denn ste müssen unter den zarten Ranken, die sie beschneiden wollen, eine rechte Wahl treffen, auch den rech ten Knoten, wo sie den Schossen beschneiden, wie auch die, welche sie ganz wegschneiden wollen, zu wählen wissen.

Was ich hierinnen von den Winzern vornehmen gesehen, bestehet in folgendem: von vier oder fünf Reben die in einem Jahre getrieben und zu einem Stock gehören, lassen sie nur eine oder zwey der besten stehen, welche sie bis auf den drits ten oder aufs höchste bis auf den vierten Knoten abschneiden.

Ein gleiches thun sie an den Weinstöcken der Berge, welche die besten Weine bringen. Denn was die Reben von der hintern Seite oder von der Ebene anlangt, so schnei¿ den sie selbige bis an den zweyten oder ersten Küsten ab, ins dem diese Stöcke zu viel Reben treiben. Weil aber dieses eine Kunst ist, von welcher sich nicht wohl Regeln geben lassen, indem die Art des Beschneidens verschieden ist, und man sich hierinnen nach der Güte, Lage und der Nähe der Sonne zu richten hat, so will ich mit meiner Abhandlung weiter gehen.

Wenn die Reben beschnitten sind, stecken sie Pfähle, an welche sie die Reben einen halben Schuh hoch von der Erde anheftens nachgehends aber, wenn sich die Augen geöfnet, und sie bey anderthalb Schuh lange Schoffen getrieben haben,

so binden sie selbige an die Pfähle an, welche den Stöcken, woran sie wachsen, zur Stüße dienen. Diese Pfähle sind drey bis vier Schuh hoch und einen Zoll dick, sie werden ohne Ordnung einen Schuh weit, auch mehr oder weniger von einander in die Erde geschlagen, nachdem nämlich der Wein berg mehr oder weniger Reben hat. Nichts desto weniger find die Spißen der Schossen, die man horizontal daran bin; det, alle nach einer Seite gerichtet.

Dieses Einschlagen der Pfähle ohne Ordnung, hat vie les auf sich, damit nåmlich eine Rede von dem Schatten des andern nur, so viel möglich, eine kurze Zeit bedeckt werde, und daß wenn etwa einige Trauben faulen die andern nicht auch angesteckt werden. Die Engländer verfahren hierinnen ganz anders, indem sie ihre Reben wie Hecken pflanzen, das durch aber hindert immer eine Rebe, daß die andere keine Sonne hat, und folglich können auch die Trauben nicht recht reif werden. Wenn ein Nordwind gewehet, und daher ein Reif entstanden, so stehet es am schlimmsten um die Re? ben, denn wenn am Morgen darauf die Sonne kommt, so vertrocknet und versengt sie alle junge Blätter, Knospen und Trauben, eben als ob sie vom Feuer wären verfengt worden.

Daher pflegen auch die Mönche in Burgund zu solcher Zeit ihre Zuflucht mehr als sonst zum Gebet zu nehmen, und die abergläubischen Bauern laufen, wenn eine stille und kalte Nacht gewesen, in die Kirchen; und lauten aus aller Macht die Glocken. Sie mögen nun glauben: Gott lasse sich hierz durch bewegen, sie in Gnaden anzusehen, oder es könne die in der Luft erregte Bewegung, dieselben wieder einigermaßen

erwår:

erwärmen und den Wind ändern, so schellen sie zu solcher Beit so gewaltig mit den Glocken, daß alles wach wird. Während dieser Zeit sind die Priester und Pfaffen in den Kirchen, mit Ablesung des Leidens Chrifti, wie solches im Evangelio St. Johannis beschrieben worden, beschäftiget. Hernach aber sammeln sie für diese ihre Bemühungen, wenn man Wein macht bey allen Pressen, und jeder Winzer ist, vermöge eines Befehls des Parlements von Dijon verbunden, ihnen ein Gewisses an Wein zu geben.

Hat der Weinberg vom Frost keinen Schaden gelitten, fo graben sie von neuem und solches nennen sie binner, oder die zweyte Hacke; bald hernach fangen die Weinstdcke an zu blühen, wovon das ganze Land mit einem angenehmen Ge: ruch erfüllt wird; auch ist dieses die Zeit, da die Weine, die in den Kellern in Fässern liegen, wo die Keller nicht gar zu tief sind, wenn sie noch ihre Hefen haben, und nicht abgezo: gen oder geläutert worden, arbeiten, gähren, dick werden, und sich oben mit kleinen weißen Häutlein als mit Schnee überziehen, eine Sache, welche die Philosophen nicht wohl erklären können, wenn sie in der Physik fragen: Vtrum actio detur in diftans?

Es ist zu merken, daß alle Beine der guten Berge von Burgund die Blüte mit den Trauben verwandeln, das ist, die Blumen der Rebèn werden innerhalb vier und zwanzig Stunden zu Beeren, und wenn während dieser Zeit ein Nes bel oder falter Regen einfällt, so fallen ihre Blumen anstatt, daß aus selbiger Beeren werden sollten, ab, und diese zweyte Gefahr ist, wenn sie sich ereignet, eben so schlimm als die erste, und da pflegen sie zu sagen, la vigne coule, die Beez ■ven fallen ab.

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