Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

wendigen vielen Ererziren sowie auf die Erhaltung des guten Geistes in der Truppe besonders hingewiesen wird. Zu letterem gehöre aber, daß die Krümper nicht von den alten Leuten verspottet oder zurückgesezt werden. Es gewinnt hiernach den Anschein, als seien die Krümper von ihren Kameraden als vollkommene Soldaten nicht anerkannt worden.

In der damaligen Artillerie herrschte ebenso wie bei allen anderen Truppen eine dem Ernste jener Zeit entsprechende hohe Spannung, und da alle Bestrebungen auf stete Kriegsbereitschaft gerichtet waren, so wurde mit regem Eifer an der Ausbildung der Leute gearbeitet. Diese Ausbildung erstreckte sich auf die Bedienung der Geschüße aller Kaliber, das Exerziren mit dem Gewehr, das Reiten und Fahren, auf Unterweisung im Batteriebau auch zur Nachtzeit, im Schießen und Werfen, in allen Laborirarbeiten, Anfertigung der Schüsse, Zünder, Schlagröhren, Infanteriepatronen 2c. Dazu kam bei den bespannten Exerzirbatterien eine größere Ausbildung der Manövrirfähigkeit.

Der theoretische Unterricht, mit dem schon 1808 begonnen wurde, betraf ungefähr dieselben Disziplinen, wie sie jezt in der Regimentsschule gelehrt werden, auch wurden als Lehrer Offiziere, Feuerwerker und Civillehrer angestellt.

Als Schüler nahmen jedoch in erster Linie diejenigen jungen Leute Theil, die später Offiziere werden sollten; dieselben legten demnächst das Offizier - Examen ab, wurden dann seit 1810 auf 3 Jahre in den „Artillerie-Wissenschaften“ unterrichtet und darauf nach abgelegtem Examen zu Artillerie-Offizieren ernannt.

Wahrlich, über zu geringe Mannigfaltigkeit bei Ausbildung unserer Waffe war nicht zu klagen; hervorgerufen wurde dieselbe durch die in Aussicht genommene Verwendung der Artillerie als Feld- und Festungs- Artillerie. Nebenbei scheint doch auch noch auf Nebensächlichkeiten theilweise mehr Werth als nöthig gelegt worden zu sein, so wurde z. B. 1810 ernstlich darauf hingewiesen, daß die Leute zuerst und hauptsächlich zum Artilleriedienst angelernt werden sollten, und daß alle anderen Uebungen, z. B. mit dem Gewehre, nur insoweit getrieben werden sollten, als nöthig sei, um den militärischen Anstand und eine entsprechende Körperhaltung zu fördern, daß aber der wahre Dienst nicht darunter leiden dürfe.

Die thatsächliche Ausbildung stieß nun aber auf viele nicht zu verkennende Hindernisse.

Zunächst zwangen die Zeitverhältnisse zu dem schon vorstehend besprochenen Krümpersystem. Die Ausbildung dieser allmonatlich in kleinen Raten eintreffenden Leute ging daher durch das ganze Jahr, ohne daß die Batterie je vollständig fertig gewesen wäre. Nebenbei wurden die Leute sehr viel zu Arbeitsdienst aller Art herangezogen. Wie gering das zur Verfügung gestellte Pferdematerial war, haben wir vorstehend schon gesehen.

Die Geschüße waren theils gar nicht disponibel, theils durch das viele Exerziren stets reparaturbedürftig und deshalb zeitweise nicht brauchbar.

Mit diesen thatsächlichen Verhältnissen stimmt wohl kaum ein Bericht von 1811 überein, in welchem gesagt ist, die Leute seien in der Bedienung der Geschüße wohl geübt und über ihre Ob= liegenheiten gut instruirt gewesen, und hätten dreist und sicher geritten und gefahren, insoweit das vorhandene Pferdematerial eine eingehende Unterweisung in dieser Richtung überhaupt gestattet habe.

Zum Schießen und Werfen wurden auf jede Kanone 3 Schuß gut gethan, von 1810 ab auch mit dem Pistol geschoffen, wozu je 15 Schuß bewilligt wurden.

Die schon im Frieden für die Ausbildung vorhandenen großen Schwierigkeiten wuchsen natürlich bedeutend während des Feldzuges. Troßdem ein großer Theil der Stamm- und provisorischen Kompagnien in den Festungen immobil verblieb, fehlte es doch an geeigneten Lehrmeistern, um den Ersatz für die mobilen Batterien heranzubilden. (Fortsetzung folgt.)

XXII.

Was darf sich die Feld-Artillerie von der Einführung kleiner Ladungen versprechen?

(Hierzu Tafel IX.)

In der sehr verdienstvollen Arbeit des Major Leydhecker: ,,Das Wurffeuer im Feld- und Positionskriege, insbesondere beim

Kampfe um Feldverschanzungen"*) wird in überzeugender Weise der Nachweis geführt, daß erstens eine wirksame Vorbereitung des Infanterieangriffes auf verschanzte Stellungen durch Artillerie nothwendig sei, derart, daß die hinter den Brustwehren gedeckt im Graben der Feldverschanzungen sich aufhaltenden Vertheidiger getroffen werden und zweitens, daß wir mit unseren Feldgeschüßen augenblicklich nicht in der Lage seien, der Schwesterwaffe diese Unterstüßung zu gewähren, und daß deshalb hier Wandel geschafft werden müsse.

[ocr errors]

Soweit sind wir mit dem Herrn Verfasser durchaus einverstanden. Aber bei dem Vorschlag, wie hier Abhülfe zu schaffen sei, trennen sich unsere Wege. Wir vermögen uns nicht, ihm anzuschließen, wenn er die Einführung kleiner Ladungen für die Feldgeschüße fordert. Unser Widerspruch gegen diese Forderung gründet sich durchaus nicht etwa auf die vorgefaßte Meinung, daß kleine Ladungen an sich nicht im Einklange mit der FeldArtillerie ständen. Im Gegentheil, hielten wir die Lösung der Aufgabe wirksame Beschießung des Innern von Feldverschanzungen selbst nur in leichteren Fällen durch Ausrüstung der Feldgeschüße mit kleinen Ladungen für möglich, wir würden unter den Ersten sein, die dafür einträten. Aber allerdings, ehe die Einführung verfügt wird, muß die sichere Ueberzeugung nicht bloß Ansicht vorhanden sein, daß die Aufgabe dadurch wirklich - wenn auch vielleicht nur theilweise gelöst wird. Nichts wäre nachtheiliger für die Waffe, als wenn zwar die kleinen Ladungen eingeführt würden, ohne daß dadurch auch zugleich der Zweck wirklich erreicht wird. Wir wollen daher dieser so wichtigen Frage der kleinen Ladungen etwas näher treten.

[ocr errors]

Major Leydhecker geht bei seinen Untersuchungen von den Profilen der französischen Schüßengräben aus. Er theilt mit, daß die auf den Stufen der tranchée-abri perfectionnée sizenden Mannschaften nur dann getroffen werden können, wenn der Einfallwinkel des Geschosses bezw. der Sprengtheile über 21° betrüge. Dieses ist das schwächste Profil, welches er betrachtet, und nehmen wir daher an, daß er die Aufgabe der kleinen Ladungen für erfüllt ansieht, wenn sie uns die Möglichkeit gewähren, derartige

*) Berlin 1887, Königliche Hofbuchhandlung von E. S. Mittler und Sohn.

Verschanzungen mit Erfolg zu beschießen. Auch wir stellen uns bei unseren ferneren Betrachtungen auf denselben Boden.

Bevor wir weiter gehen, haben wir noch eine wichtige Vorbemerkung zu machen. Die Größe des Einfallwinkels, gegen den ein Ziel gedeckt ist, entscheidet allerdings darüber, ob das Ziel überhaupt getroffen werden kann. Für die Beurtheilung der Frage, welche Aussicht auf Erfolg die Beschießung eines gedeckten Bieles verspricht, reicht jedoch die Kenntniß des Einfallwinkels bei Weitem nicht aus, denn die Deckung des Zieles dagegen kann auf sehr verschiedene Weise gewonnen sein, wie dies die Skizze (Fig. 1) deutlich zeigt.

In dieser Skizze sind beide Ziele Z und Z' gegen einen Einfallwinkel von 21° durch die vorgelegene Deckung geschüßt; jedoch befindet sich Z nur 1, Z' dagegen 10 m hinter der Deckung. Kann man nun einen größeren Einfallwinkel, z. B. den von 27° erreichen, so hat man gegen Z' eine etwa 10 mal so große treffbare Fläche als gegen Z (1,35 cm gegen 0,13 m, wie die Figur zeigt). Man darf also gegen Ziel Z' auf eine etwa 10 mal so große Wirkung rechnen, als gegen Z. Wir glauben uns nicht zu täuschen, wenn wir die Ansicht aussprechen, daß die sanguinischen Hoffnungen, die man vielfach auf die kleinen Ladungen setzt, daher rühren, daß die Umstände, durch welche die Deckung gegen einen gewissen Einfall winkel erreicht ist, nicht genügend beachtet worden sind.

Wir legen daher unseren ferneren Untersuchungen das Profil der tranchée - abri perfectionnée zu Grunde, welches wir dem Aide-mémoire entnehmen. (Figur 2.)

Da die hintere Brustwehrböschung halbe Anlage hat, so beträgt der horizontale Abstand des Ziels, welches auf dem Bankett sitt, von der Krete 0,65 cm. In dem mehrfach erwähnten Buche des Major Leydhecker wird angenommen, daß die auf dem Bankett sigenden Mannschaften nur mit 21° Einfallwinkel getroffen werden können. Unter der Annahme, daß die Tiefe eines menschlichen Körpers etwa 25 cm beträgt, würde eine Bretterwand von etwa 0,95 m Höhe, 0,25 m abgerückt vom Fuß der hinteren Brustwehrböschung (also 0,90 m von der Krete entfernt) dem Ziele ent= sprechen, welches sizende Mannschaften bieten. Der höchste Punkt des Ziels wird um 0,35 m von der Krete überhöht. Der Einfallwinkel, unter dem alsdann das Ziel überhaupt erst getroffen werden

[blocks in formation]

Im Uebrigen nehmen wir die vom Major Leydhecker mitgetheilten Angaben über die Einfallwinkel der Schrapnels bei kleinen Ladungen, über die Größe der Kegelwinkel der Streuungsgarbe 2c. als richtig an und ziehen daraus unsere Folgerungen. Hiernach würde man bei Anwendung einer Ladung von der Stärke der halben Gebrauchsladung beim schweren Feldschrapnel etwa 260 m Anfangsgeschwindigkeit, auf einer Entfernung von 2000 m einen Einfallwinkel von 112°, von 3000 m einen solchen von 22° erhalten, während der Kegelwinkel der Streuungsgarbe etwa 22 bis 23° beträgt. Hieraus würde sich ergeben, daß die am steilsten einfallenden Sprengtheile der unteren Sprenggarbe Einfallwinkel von 221⁄2° auf 2000 m und von 331⁄2° auf 3000 m haben würden.

Auf 2500 m wird man demnach auf einen Einfallwinkel des Schrapnels von etwa 17° und für die untere Grenze der Sprenggarbe von 2812° rechnen dürfen. Wir wollen untersuchen, welche Wirkung man unter diesen Voraussetzungen gegen das vorerwähnte Ziel auf 2500 m erwarten darf.

Machen wir uns zunächst klar, daß man gegen ein derartiges Ziel selbst dann, wenn man dem mittleren Sprengpunkt die allergünstigste Lage gegeben hat, von einer nur verhältnißmäßig kleinen Zahl von Schüssen Wirkung erwarten darf.

Denken wir uns von dem höchsten Punkt des Ziels zwei Linien gezogen, eine unter 21°, die andere unter 2812° zur Horizontalen geneigt, so ist klar, daß nur solche Schüsse, deren Sprengpunkt innerhalb des von diesen beiden Linien AZ und BZ (Figur 3) gebildeten Winkels liegen, eine Wirkung zu erwarten ist.

Von jedem Schuß, welcher unter der zu 21° geneigten Linie BZ krepirt, werden alle Sprengtheile, welche unter einem größeren Winkel als 21° einfallen, von der Brustwehr aufgefangen, wenn sie nicht schon vorher aufschlagen, die unter kleineren Winkeln einfallenden werden dagegen, ohne irgend welchen Schaden anzurichten, über das Ziel fortfliegen. Andererseits werden alle Schüsse, welche über der unter 281° geneigten Linie krepiren, gänzlich zu weit sein; selbst die untersten Sprengtheile gehen parallel jener Linie über das Ziel fort.

Nehmen wir eine Sprengweite von 25 m an, so hat der Raum, innerhalb welcher die Schüsse krepiren müssen, nur eine Höhe von 25 m (tang 281/2° - tang 21°) oder 3,8 m. Auf

« ZurückWeiter »