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XX.

Ueber die Ermittelung der in den einzelnen Beitmomenten verbrannten Pulvermengen und der Brenngeschwindigkeit des Pulvers. (Hierzu Tafel VIII.)

In Nachfolgendem ist der Versuch gemacht worden, aus den Geschoßgeschwindigkeiten in den einzelnen Momenten die entsprechenden verbrannten Pulvermengen und die Brenngeschwindigkeit des Pulvers zu bestimmen, theils unter Anlehnung an „Études des effets de la poudre", von Sébert und Hugoniot, theils auf selbstständigem Wege.

Um den Weg der Rechnung als durchführbar zu zeigen, ist auch ein Zahlenbeispiel mit eingeführt, und zwar sind aus Bode's Pulverversuchen, Anlage I Seite 6, die Daten des Schießversuches aus dem 9 cm Bronzerohr Nr. 15 mit nach und nach abgeschnittenem Rohr bei einer Ladung von 1,1 kg grobkörnigen Pulvers herangezogen. Es wurden dabei mit der 6,9 kg schweren Granate 50 m vor der Mündung folgende Fluggeschwindigkeiten ermittelt: Gezogene Seelenlänge in mm:

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Fluggeschwindigkeiten in m (50 m vor der Mündung):
133,9 190,0 230,1 280,1 330,1 385,0

Wenn die Resultate, die nach den verschiedenen Methoden erzielt wurden, nicht die gewünschte Uebereinstimmung zeigen, so hielt doch Verfasser die Durchführung des Zahlenbeispieles gerade für wesentlich, weil auf diese Weise die praktische Durchführbarkeit Einundfünfzigster Jahrgang, XCIV. Band.

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der entwickelten Wege sich erweist, und weil die Unstimmigkeit den bis jezt lückenhaft von der innern Ballistik gelieferten Grundlagen zuzuschreiben ist, und somit verschwinden wird, sobald richtige für die jezt in die Rechnung eingeführten unzutreffenden Zahlen untergelegt werden.

Was nun speziell die Ermittelung der in den einzelnen Zeitmomenten verbrannten Pulvermasse anbetrifft, so läßt sich dieselbe, wie bereits erwähnt, auf verschiedenen Wegen erreichen.

Zunächst soll nun der vom Verfasser zuerst eingeschlagene Weg kurz präzisirt, in einer weiteren Erörterung soweit nöthig begründet und erläutert, und endlich in Bezug auf die zu erwartende Genauigkeit der Resultate besprochen werden. Die Reihe der Schlußfolgerungen ist kurz folgende:

1) Man kennt die Arbeit, welche eine gewisse Quantität Pulver leisten kann, wenn sie vollständig verbrannt ist.

2) Daraus läßt sich die Geschwindigkeit des Geschosses berechnen, die dasselbe alsdann haben würde.

3) Das Gesetz ist bekannt: „Die verbrannte Dicke des Kornes ist jederzeit proportional der Geschoßgeschwindigkeit“.

4) Mit Hülfe von Punkt 2, 3 und der gegebenen Geschoßgeschwindigkeiten ergeben sich mittelst einfacher Proportionen die Brennwege.

5) Aus diesen lassen sich endlich die verbrannten Massen errechnen.

Eine Modifikation dieses Verfahrens, wie sie sich durch die Thatsache ergiebt, daß nicht alle Pulverkörner gleichzeitig zur Verbrennung gelangen, wird an der einschlagenden Stelle besprochen werden.

Was nun den ersten Punkt anbetrifft: „Man kennt die Arbeit, welche eine gewisse Quantität Pulver leisten kann, wenn sie vollständig verbrannt ist", so muß gleich an dieser Stelle bemerkt werden, daß diese Kenntniß in Wahrheit nur eine annähernde genannt werden kann. Es ist nämlich ohne Weiteres klar, daß die Arbeitsleistung des Pulvers sehr wesentlich abhängt von der Beschaffenheit der betreffenden Pulversorte und den Konstruktionsverhältnissen des Geschüßes. Zur Feststellung der Größe der Arbeitsleistung des Pulvers bei unbegrenzter Entwickelung der Gase haben nun durch Nobel und Abel Versuche stattgefunden, deren Resultat in dem Sage gipfelt, daß man diese betreffende

Arbeitsleistung in kgm erhält, wenn man das Gewicht des verbrannten Pulvers mit 134 540 multiplizirt. Die Verhältnisse lagen aber hier wesentlich anders, als bei dem in dieser Erörterung angezogenen Schießversuche. Versuche mit einem 9 cm Bronzerohr und mit grobkörnigem Pulver würden voraussichtlich nicht die Bahl 134 540 ergeben, sondern irgend eine andere mehr oder weniger abweichende Zahl.

In Ermangelung solcher Versuche hat Verfasser die Angabe von Nobel und Abel dennoch seinen Berechnungen zu Grunde gelegt.

Bezeichnet man also das Ladungsgewicht mit w, so repräsentirt 134 540 @ die Arbeitsleistung des völlig verbrannten Pulvers in kgm. Diese läßt sich aber noch anders ausdrücken: Nennt man p das Gewicht des Geschosses,

v die bei völlig verbranntem Pulver erreichte und von uns gesuchte Geschwindigkeit des Geschosses,

so ist die Arbeitsleistung des Pulvers auch dargestellt durch den

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Es würde nun aber den thatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechen, wollte man diesen Ausdruck gleichseßen dem Produkt 134 540 w. Denn besonders in den ersten Zeitmomenten wird ein großer Theil des Pulvers mit fortbewegt, und wenn auch zu Ende der Verbrennung des Pulvers eben nach und nach alles Pulver verbrannt ist, so wird doch immer noch ein großer Theil des Rückstandes hinter dem Geschoß herfliegen.

Die Geschwindigkeit der bewegten Pulver- bezw. Rückstandsmasse kann man gleich der des Geschosses sezen. Denn wenn auch Sébert sagt (Études des effets de la poudre), daß die mit dem Stoßboden des Geschüßes in Kontakt befindlichen Pulver- bezw. Rückstandstheile die Rücklaufsgeschwindigkeit des Geschüßes haben, so giebt er doch zu, daß diese gegenüber der großen Geschwindigkeit des Geschosses zu vernachlässigen sei.

W

.

2 2g

Seht man allerdings die solchergestalt noch mehr zu leistende Arbeit des Pulvers gleich - der Annahme folgend, daß im Geschüß das halbe Ladungsgewicht außer dem Geschoßgewicht zu bewegen sei - so begeht man offenbar einen Fehler. Man nimmt die Arbeitsleistung des Pulvers zu groß an, denn von

D# HWCIscannten Pulver ist, sobald man die Arbeit Sakes Arechnet, nicht mehr die Rede. Verfasser Stover am so leichter begangen werden kann, als * nje se) goat für einen späteren Fehler, der sich in der she and der später besprochen werden soll. 42170 zu folgender Gleichung gelangen:

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sei erwähnt, daß, wenn man das halbe mit fortbewegte Cadangsgewicht nicht berücksichtigt, man für v 648,76 m erhält. kame nun der dritte Punkt zur Sprache, nämlich das

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Die verbrannte Dicke des Kornes ist jederzeit proportional der Serchoßgeschwindigkeit“ (vergl. Sébert und Hugoniot: „Études" etc. Wa VI, S. 18).

Man braucht also nun bloß die Geschoßgeschwindigkeit V1567, 1200, V400, V200, V100 und Vodie Inderes deuten die entsprechen= den Nohrlängen an in Proportionen sehen zur gefundenen Geschwindigkeit v, wobei allerdings insofern ein Fehler begangen wird, als auf diese Weise Anfangsgeschwindigkeit und Fluggeschwindigkeit 50 m vor der Mündung identifizirt werden. Diese so erlangten Verhältnisse sind alsdann gleich denen der entsprechenden verbrannten Korndicken.

Sachgemäßer ist es, statt der „verbrannten Dicke des Kornes" in obigem Gesetz zu sagen: „die entsprechende Menge des verbrannten Pulvers", weil doch nicht gleichzeitig alle Pulverkörner entzündet werden. Es ist also die Umwandlung der Brennmenge in Pulvermassen zunächst auszuführen, und zwar einfach nach der Gleichung:

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wobei x zu errechnen ist nach der Proportion:

x:f= 385,0: 624,36.

Es bezeichnet hierbei r den Radius eines mittleren Kornes grobkörnigen Pulvers (= 6,5 mm), x den davon verbrannten Theil, n die Anzahl der Körner. Man erhält auf Grund beider Gleichungen:

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zu bemerken ist allerdings hierbei, daß die durch das Einpressen in die Züge geleistete Arbeit des Pulvers nicht mit zum Ausdruck kommt. Wie schon Eingangs erwähnt, dürfen überhaupt die so erhaltenen Resultate auf Genauigkeit keinen Anspruch machen. Die Gründe dafür sind im Wesentlichen folgende:

1) Wie schon gesagt, trifft das Gesetz von Nobel und Abel für die vorliegenden Verhältnisse nicht zu.

2) Die Annahme, daß die Pulvergase bis zu ihrer äußersten Entwickelung nicht bloß das Geschoßgewicht, sondern auch dasselbe Ladungsgewicht zu bewegen hätten, erscheint nicht zutreffend.

3) Man berechnet die Arbeitsleistung des vollständig verbrannten Pulvers bei vollständiger Entwickelung der Gase, und daraus findet man die alsdann erlangte Geschwindigkeit des Ge= schoffes. Diese seht man nun in Verhältniß beispielsweise zu V1587, welches v1587 aber noch nicht der Arbeitsleistung des verbrannten. Pulvers entspricht, sondern kleiner ist. Die Arbeitsleistung, und damit v1507, würde größer sein, wenn die Gase sich noch unbeschränkt entwickeln könnten, die durch das Gewicht w567 entstanden sind.

1567

4) Auch dadurch, daß man nicht genau weiß, wie groß die Widerstände in den einzelnen Momenten sind, entstehend durch die Züge und die Reibung an den Seelenwänden, müssen Fehler hervorgerufen werden.

5) Endlich liegt auch eine weitere Veranlassung zu Fehlern darin, daß die Geschwindigkeiten 50 m vor der Mündung als

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