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Ladung. Der Geschüßcommandeur legt das kleinere Rechteck genau auf das entsprechende Rechteckt seiner Richttafel und überträgt den Zielpunkt auf lettere vermittelst eines Stahlstiftes, der jeder Tafel beigegeben ist. Da der Commandeur der Artillerie übersehen kann, im Schußbereich welcher Geschüße das Ziel liegt, so ist er im Stande, das Feuer mehrerer oder sämmtlicher dieser Geschüße auf letteres zu vereinigen, unabhängig davon, ob die Geschütze in einem oder in mehreren Werken stehen.

Wie wir schon erwähnten, ist das ganze Verfahren mit großem Scharfsinn ausgedacht, und sind die zahlreichen, umständlichen Arbeiten, die zum Theil eine überaus große Sorgfalt erfordern, mit einem großen Aufwande von Zeit, Geld und Kräften ausgeführt worden. Aber vom ersten Anschneiden des Zieles an bis dahin, wo das Geschütz zum Abfeuern bereit steht, zieht sich eine solche Reihe von Fehlerquellen, daß genügende Ergebnisse kaum zu erwarten sein werden. Zudem ist das Verfahren so umständlich und erfordert eine solche Umsicht des Geschüßcommandeurs, daß wir schon aus diesem Grunde den praktischen Werth in Zweifel ziehen und befürchten, daß es schwer sein wird, dabei den Sinn für einfache Verhältnisse zu erhalten. Immerhin dürfte man bei solchen Zielen, die nicht direct beschossen werden können, und bei denen man sich begnügen muß, bestimmte Terraintheile mit Geschoffen zu überschütten, wie z. B. Batterie-Baupläge, Ansammlung von Ablösungen oder Reserven in Terrainfalten 2c., auf ein verhältnißmäßig gutes Resultat rechnen, wenn das Feuer aus zahlreichen Geschüßen mit Schrapnels gegeben wird und man den großen Munitionsverbrauch nicht scheut. Wie gering die Erfolge find, die ein derartiges, der Correctur entzogenes Schrapnelfeuer aus wenigen Geschützen ergiebt, zeigt sich beim Nachtschießen bei der Beschießung von Zielen, gegen die man sich bei Tage eingeschossen hat und wo mithin Richtung, Entfernung, Flugzeit 2c. viel sicherer ermittelt sind, als es bei dem französischen Verfahren möglich ist.

Im Jahre 1883 fand ein derartiges Schießen in Toul statt, zu dem alle Vorkehrungen, die Richttafeln, die Beobachtungsstände und die Nachrichten-Uebermittelung auf das Sorgfältigste getroffen waren. 48 Geschüße: 95, 120, 155 und 138 mm Kanonen, die in fieben verschiedenen Werken standen, feuerten gegen eine zu dem Zweck erbaute Zielbatterie auf Entfernungen, die zwischen 4500 bis

7400 m lagen. Diese Batterie war nur für zwei Geschütze erbaut und hatte eine Frontlänge von 50 m. Es wurden 240 Granaten verfeuert und ergaben dieselben:

1) in einem Kreis mit 100 m Radius um die Batterie 120 Schuß;

2) in einer Curve um ein Rechteck mit den Seitenlängen der doppelten, wahrscheinlichen Abweichung 40;

3) in der Batterie 8 Schuß.

Wie erwähnt, waren die Vorbereitungen sorgfältig getroffen, aber es ist sehr bezeichnend, daß der Bericht erwähnt, ein Viertel der Geschosse habe sich „verirrt“, da das ungenügend ausgebildete Personal in der ersten Einrichtung der Geschüße grobe Fehler begangen habe. Das war im Frieden, wo Alles mit Ruhe vorgenommen werden konnte; zudem am hellen Tage und mit Ausführung von allerdings beschränkten Correcturen.

VI.

Die Geschüzausrüstung der Küßten-Batterien Frankreichs.

Einleitung.

In den letzten Heften (November-December 1886 und Januar 1887) des Journal des sciences militaires erschien ein sehr bemerkenswerther Auffah über die Geschüßausrüstung der KüstenBatterien Frankreichs, von dem wir im Auszuge eine Ueberseßung geben.

Die Geschüßausrüstung der Küsten-Batterien ist in der Periode der Reorganisation; der Moment scheint daher geeignet, auf die Bedingungen hinzuzeigen, unter denen diese Geschüße in Thätigkeit treten sollen, und auf einige schwerwiegende Uebelstände, welche denselben noch anhaften.

Erster Theil.

Die Rolle der Panzerschiffe in der Kriegs-Marine. Art des Angriffes der Küsten-Artillerie auf die Panzerschiffe.

Um sich über die Bedingungen klar zu werden, unter welchen die Küsten-Artillerie kämpfen soll, muß man das Material der Kriegs-Marine kennen. Hier herrscht aber augenblicklich große Unsicherheit über die Beantwortung der Frage: Haben die Panzerschiffe ihre Rolle ausgespielt und werden sie den Kreuzern mit großer Geschwindigkeit das Feld räumen, welche den kleinen Flottillen der Torpedoboote als Mittelpunkt dienen? Erst wenn diese Frage entschieden, kann man bestimmen, welche Aufgabe die Kriegs-Marine an die Küsten-Artillerie stellt, und in welcher Weise diese sowohl in taktischer, als auch in materieller Hinsicht diesen Anforderungen entspricht.

Kapitel I.

Die hauptsächliche Rolle der Panzerschiffe in der Marine. Panzerschiffe oder Torpedoboote?

Die Torpedoboote bestehen aus einem Boot aus Stahlblech von der Form einer Cigarre, etwa 3 m breit und 20 m lang, von 1,25 bis 1,50 m Wassertiefe, versehen mit Brennmaterial von etwa 4. Tonnen und einer Maschine von 20 Knoten Geschwindigkeit in der Stunde, bewaffnet mit einer oder zwei Hotchkiß-Kanonen, drei bis vier selbstthätigen Torpedos, welche vermittelst eines Lancirrohres 300 bis 400 m weit getrieben werden, und zuweilen auch mit einem festen Torpedo auf der Vorderseite des Bootes, den man 2,5 bis 3 m unter dem Wasserspiegel an der Seite des anzugreifenden Schiffes anbringen kann. Diese Einrichtungen bestimmen die Kampfweise und die Grenzen der Thätigkeit des Torpedobootes. Sein geringer Brennvorrath macht es abhängig von einem Depot, sei es ein Hafen oder ein Kriegsschiff, von dem es sich nicht weit entfernen kann; die geringe Hülle der Torpedoboote ist nicht im Stande, selbst den Kanonen kleinsten Kalibers, wie den 3,7 cm bezw. 4,7 cm Hotchkiß-Kanonen, zu widerstehen.

Daraus folgt, daß jedes Torpedoboot, frühzeitig bemerkt, fast stets verloren ist, ehe es zur Thätigkeit gelangt, denn alle Kriegsschiffe sind heutzutage mit einer großen Anzahl Revolver-Kanonen ausgerüstet, welche 12 gut gezielte Schüsse in der Minute abgeben. Durch die Ueberraschung allein kann daher das Torpedoboot wirken; seine große Schnelligkeit, seine geringe Größe machen es zu dieser Rolle vorzüglich geeignet. Es greift nur in der Nacht an, und wehe dem Schiffe, das sich überraschen läßt; sein Untergang ist unvermeidlich; denn der Torpedo reißt ein solches Leck in das Schiff, daß es in wenigen Augenblicken versunken ist.

Aber erreicht auch der selbstthätige Torpedo stets sein Biel?

Der feste Torpedo ist eine sicher wirkende Waffe, aber um ihn in Thätigkeit treten zu lassen, muß man in Berührung mit dem Gegner kommen. Die Bahn des selbstthätigen Torpedos da= gegen ist so vielen störenden Einflüssen Wellen, Strömungen

u. f. w. ausgefeßt, daß eine Autorität, der lieutenant-colonel de la Roque, über dieselbe urtheilte, die Möglichkeit, daß der Torpedo zu dem Abgangspunkte wieder zurückkehre, sei mindestens ebenso wahrscheinlich, als seine Ankunft am Ziel“. Doch scheinen die Versuche zu Toulon bewiesen zu haben, daß die Treffsicherheit der Torpedos in ruhigem Wasser bis zu 400 m eine genügende ist. Die Kriegsschiffe besigen zur Vertheidigung gegen diesen Feind nur die Wachsamkeit, die elektrischen Beleuchtungsapparate, die Revolver-Kanonen und endlich ebenfalls Torpedoboote. Man hat auch versucht, sie durch ein Neh aus Metalldraht, einige Meter vom Schiffe entfernt, vertical ins Wasser hängend, zu schüßen; dieses Mittel genügt allerdings für die Flanken des Schiffes in Ruhe; aber bei der Fahrt vermindert dasselbe nicht nur die Geschwindigkeit bedeutend, sondern läßt außerdem den Vorder- wie den Hintertheil ohne Schuß. Doch scheint seine Leistungsfähigkeit, welche allerdings bestritten war, durch die Touloner Versuche festgestellt zu sein.

Von dem Momente des Erscheinens der Torpedoboote an, wurde auch das ausschließliche Uebergewicht der Panzerschiffe in Zweifel gezogen. Troß aller Anstrengungen bringen sie es in Wirklichkeit nicht über 12 bis 13 Knoten in der Stunde, und macht sie diese geringe Geschwindigkeit wenig für den beweglichen Krieg geeignet. Die gewöhnlichen Reiseschiffe fahren ja schon mit 18 und mehr Knoten die Stunde. Die Frage lag daher nahe,

ob es nicht besser sei, auf die Panzerung und die schweren Geschützkaliber zu verzichten und mit Kreuzern von großer Geschwindigkeit und mit leichteren Kalibern bewaffnet den Panzerschiffen Troß zu bieten. Einige Ereignisse des Krieges zwischen Peru und Chili (1879) bejahten diese Frage. Man verzichtete daher auf die Panzer und die schweren Kanonen und schaffte eine Art von Kriegsschiffen, ausgerüstet mit leichterem Geschüß, Torpedos und Sporen als Angriffswaffe, von einer Schnelligkeit von 18 bis 20 Knoten, fähig, alle Handelsschiffe zu überholen und auch der gefährlichen Nähe der Panzerschiffe rasch zu enteilen. Die schnellfahrenden Kreuzer sind demnach auch ohne Torpedoboote ein wichtiges Moment in der Ausrüstung einer Seemacht, auch deswegen, weil sie ihres geringeren Preises wegen auch für weniger reiche Staaten leicht erwerblich sind, und man kann behaupten, daß in einem Kampfe zweier Seemächte diejenige, welche über die meisten Kreuzer gebietet, den Handel ihrer Gegnerin verderben wird.

Das Erscheinen der Torpedoboote hat auf jeden Fall die Frage zum Nachtheil der Panzerschiffe sehr zugespitzt, indem sie den Kreuzer-Flotten das Mittel lieferten, den Kampf mit jenen aufzunehmen. Nicht als ob die Panzerschiffe sich nicht auch der Beihülfe der Torpedoboote bedienen oder selber durch Lancirrohre selbstthätige Torpedos fortfenden könnten; die größere Schnelligkeit und Manövrirfähigkeit sichert dem Kreuzer unbestreitbar das Uebergewicht im Torpedokampfe. Er wird sich allerdings hüten, am Tage in den Wirkungskreis der schweren Kanonen des Panzerschiffes zu kommen, er wird dasselbe auskundschaften, ihm von weitem folgen und beobachten; er kann sogar selbst für einige Zeit verschwinden und es durch die unbemerkbaren Torpedoboote im Auge behalten lassen. In der Nacht werden diese dagegen auf jede Weise den Angriff zu bewerkstelligen suchen und den Gegner vernichten, wenn er sich überraschen läßt. So wird denn die Sicherheit des Panzerschiffes allein von seiner Wachsamkeit abhängen, und muß die Besaßung gefaßt sein, in jedem Augenblick einem Angriffe ausgesetzt zu werden, ohne selber angreifen zu fönnen.

Besigt nun aber auch das Panzerschiff die Mittel zur Vertheidigung gegen diese Torpedoboote?

Diese Frage kann endgültig nur durch die Erfahrung entschieden werden. Die Torpedoboote sind jedenfalls furchtbare

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