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Gebühr und Ehrbarkeit acht Jahr nach meiner teutschen Edition, do man schriebe 1590, einer funden, der sich nennet Hans Rudolf Klauber, welcher ganz ungescheut und frech, als ob kein Mensch in der Christenheit weder ehe verteutschtes Buch anderswo oder dessen wahren Autorem je gesehen oder gekannt, gemelten teutschen Almansorem ihm als seine Kunst zugeschrieben, das Buch mit Titeln und Namen, Invention und Gedichten, Reimen und anderen, Vorrede und allem, ohn was er, das Falsum zu verkleiben, für sich daraus und drein geklaubet, zu Basel mit seinem Namen drucken lassen'. Nun ist zwar Hayneccius' Spiel ein gut gemeintes Spiel, aber doch ein sehr unbedeutendes Machwerk, und er selbst stellt die dramatischen Anforderungen nicht hoch, wenn er sagt, wer seiner Einfalt nicht bedürfe, der würde es doch den Unmündigen und Säuglingen vergönnen, sich in diesem Spiegel zu erlustigen und zu erbauen. Uebrigens erfahren wir aus der Vorrede zu der den Bürgermeistern zu Chemniß und Leisnig gewidmeten Gesamtausgabe seiner Dramen von 1582, daß auch Chemniß zu den beliebten Dramenstätten jener Zeit gehört hat; denn Hayneccius ließ dort während eines Zeitraumes von vier Jahren über zehn bis elf Komödien in lateinischer, griechischer und deutscher Sprache von den Schülern aufführen und exhibierte dem unteren Haufen auch die Captivi des Plautus lateinisch und deutsch, welche 'Verdeutschung ich auch hieran habe heften wollen, als die niemands billiger dann E. W. G., bei denen sie anfänglich ist geschrieben worden, gehöret'.

Wir erwähnten schon früher die verschiedenen an die Parabel vom verlornen Sohn sich anschließenden Dramen vom Knabenspiegel; Hayneccius' Almansor führt uns zu der zahlreichen Reihe von Dramen, in welchen der pädagogische Zweck klar ausgesprochen ist. Wir nennen nur Georg Mauricius des älteren Komödie vom Schulwesen (Leipz. 1609) und des Mag. Isaak Gilhausen aus Marburg deutsches Schauspiel 'Grammatica d. i. eine lustige und für die angehende Jugend nüßliche Komödia von dem Schlüssel aller Künste, nämlich der Grammatica und ihrer Teile' (Franks. a. M. 1597). Der Verfasser läßt in seinem Spiele, das er dem vom Landgrafen Ludwig von Hessen zur Erziehung ihm anvertrauten jungen Grafen von Solms widmete,

die vier Töchter der Grammatik, Orthographie, Prosodie, Etymologie und Syntax, auftreten; es entsteht ein Streit zwischen den Fürstentümern der Etymologie, den Redeteilen, namentlich zwischen Nomen und Verbum, der erst durch die Syntaxis geschlichtet wird, indem diese die Regeln aufstellt, nach denen sich die Redeteile künftig zu richten haben. Dabei ist der an sich trockne Stoff durch Scenen belebt, die am Hofe, an der Universität, im Dorfe, auf der Jagd und im Kriege spielen; selbst die Liebe und Ehe finden ihre Vertretung und haben einen teils glücklichen teils unglücklichen Ausgang.')

Wie Scherz und Ernst in den früheren Fastnachtspielen abgewechselt hatten, so war es auch in den Dramen, die schon durch ihren Titel diesen Charakter kundgeben. So schrieb Leonhard Freyßleben ein kurzweiliges und lustiges Spiel von der Weisheit und Narrheit, darin keine Unzucht, sondern viel guter Lehre und lächerliche Schwänke begriffen sind' (Augsb. um 1550) und Valentin Apelles, Rektor zu Freiberg, verfaßte eine Narrenschule, die zur Fastnacht agiert werden sollte (Frankfurt a. D. 1578), ein fünfaktiges Spiel, das Johannes Herphort von Fr. (d. i. Johannes Wittel Erfordianus, Pfarrer zu Frondorf) zu vier Aften fürzte.

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Von belehrender Tendenz sind auch die Dramen des Mag. Thomas Birck, Pfarrers zu Untertürkheim in Württemberg. Das eine ist gegen die 'gottvergessenen Doppelspieler' gerichtet (Tüb. 1590), das zweite ist ein Ehespiegel' (Tüb. 1593), das dritte ein 'Herenspiegel', der aber nicht zur Veröffentlichung gelangte. Die dramatischen Leistungen Bircks stehen auf einer überaus niedrigen Stufe. Die erstgenannte Komödie ist aus einer Predigt des strenglutherischen Pfarrers hervorgegangen: sie sollte seine Pfarrkinder ernstlich vor dem unglückseligen Doppelspielen warnen; ebenso ist die zweite Komödie in lehrhaftem Tone geschrieben und mit zahlreichen Auszügen aus Luthers Schriften am Rande begleitet. Die Widmung an den Rat und die Gemeinde zu Canstatt rechtfertigt er damit, daß er ihnen den gebührenden Dank für das Wohlwollen abstatten möchte, das sie ihm seither

1) Allg. deutsche Biographie 9, 171.

geschenkt haben. Auch sei es ihm nicht lieb, daß die Canstatter Behörden durch den Ungehorsam seiner Pfarrkinder in Ehesachen vielfach belästigt würden, und wolle er durch sein Spiel weitere Belästigungen verhüten. Die Widmung ist datiert vom 18. Februar 1598. Dieser Tag, der ihn an Martin Luthers seliges Abscheiden vor 52 Jahren erinnert, giebt ihm den Anlaß, über das Ende und Begräbnis des 'hocherleuchteten, geistreichen, deutschen Propheten' noch einiges mitzuteilen. Auch im Prolog, der sich über den Nußen und Wert der Komödien verbreitet, wird Luthers gedacht, der an vielen Stellen seiner Schriften von Komödien geschrieben habe.

Wegen fortwährender Streitigkeiten mit den Gemeindevorständen von Untertürkheim und deren Anhang wurde Birck, der schon seit 1574 an verschiedenen Württembergischen Orten amtiert hatte, seit 1585 aber in Untertürkheim angestellt war, 1601 abgesezt und siedelte nach Gauangelloch über, von wo er 1611 Pfarrer in Rottenacker an der Donau wurde. Ein eigener Unstern schwebte über seinem dritten Drama vom Hexenspiegel, 'der überaus schönen und wohlgegründeten Tragödie'. Nach dem neun Bogen in tausend Exemplaren gedruckt waren, wurde der Druck auf Befehl des Landesfürsten unterbrochen, auch wurde der Verfasser zur Zahlung von 30 Gulden an den Drucker Georg Gruppenbach verurteilt.

Elftes Kapitel.

Das Drama der Jesuiten.

Die Jesuiten ließen der Aufführung von Schuldramen eine aufmerksame Pflege angedeihen. Schon 1590 fällte der Braunschweiger Superintendent Polykarp Leyser in seiner Vorrede zu Friedrich Dedekinds 'Christlichem Ritter' folgendes Urteil: 'Es ist kein Zweifel, daß solche Komödien (wie von der protestantischen Schuljugend aufgeführt werden) dem gemeinen Mann, welcher sie spielen sähe, großen Nußen bringen würden. Dies verstehen unsere Widersacher, die Jesuiten, gar wohl, welche viel und oft comoedias und dieselbigen mit großem Pomp und Pracht

halten, in welchen sie ihren Unglauben und Abgötterei dem gemeinen Mann also vortragen, vor Augen stellen und in das Herz einbilden, daß es ihm hernacher nimmermehr oder ja mit großer Mühe herausgenommen werden kann'. So hat also sicherlich polemischer Wetteifer dazu beigetragen, daß von protestantischen Geistlichen und Schulmännern namentlich in denjenigen Gegenden, in welchen die Gegenreformation zum Siege gelangte, Dramen verfaßt und aufgeführt wurden, um den evangelischen Gottesdienst zu fördern und besonders die reine Lehre im Gegensahe zur katholischen Irrlehre zu verbreiten und zu befestigen.

Die Schauspiele der Jesuiten waren wesentlich auf die Schule beschränkt, aber sie entfalteten große Pracht der äußeren Ausstattung und lockten hierdurch die Zuschauer massenweis an. Namentlich zeichneten sich die oberrheinischen Schauspiele durch glänzende Darstellung vor den übrigen aus. In der Methode folgten die Jesuiten den Grundsägen Johannes Sturms, ersetzten aber das Drama der Alten grundsäßlich durch eigene Arbeiten, denn Plautus und Terenz ließen sie aus sittlichen Gründen nicht zu. In der Ratio studiorum von 1588 heißt es: 'Nur lateinische Tragödien und Komödien sind zuzulassen, dazu sehr selten; außerdem muß der Stoff ein geistlicher und frommer sein; in die Handlung darf nichts eingeschoben werden, was nicht lateinisch und anständig ist; auch darf keine weibliche Person auftreten'. Warnend wird hinzugefügt, daß die Schüler bei den Vorbereitungen zu den dramatischen Aufführungen in ihren Sitten oder Studien nicht Schaden leiden. Und in einem späteren Lehrplan heißt es: Dämönen, leichtfertige Buben, Säufer und Spieler, welche lose Reden führen, sollen nicht beinahe in jedem Afte erscheinen, noch Tänze und Spektakel hinundherlaufender Schatten allenthalben vorgestellt werden. Man muß, wenn sie auch noch so erudit sind und zur Verherrlichung der Wissenschaft noch so viel beitragen, nicht so geschehen lassen, daß wir, während wir der Volksgunst huldigen, unterdessen die Schule zu nachlässig treiben'.

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Die Schulkomödie der Jesuiten, welche bis zur Aufhebung des Ordens (1773) wirksam gewesen ist, bewegte sich in unver

änderten Formen. In der Regel begann der neue Kursus mit einer theatralischen Aufführung, deren Stoff der Legende oder dem Glaubensmartyrium, feltner der Geschichte oder dem wirklichen Leben entnommen war. Auch die Einteilung war eine feste. Zuerst kam ein Prolog für den Inhalt des Stückes, dann ein Prolog zu jedem Akte, dann die Abwickelung der Handlung in einer für jeden Akt gleichen Zahl von Scenen; jeder Akt schloß mit einem Chorgesang, das Ganze mit einem Epilog, in welchem die Moral der Handlung zum Vortrag kam. Man pflegte an die vornehmen Zuschauer gedruckte oder geschriebene Prospekte auszuteilen, auf deren Titel Fabel, Gang der Handlung und die Namen der Darsteller nebst den darzustellenden Personen des Stückes verzeichnet waren. Der Hauptzweck, den man mit der Aufführung verband, war der der Uebung des Gedächtnisses; der der künstlerischen Leistung trat nicht in den Vordergrund. Eine Reihe von Programmen ist noch vorhanden, aus denen hervorgeht, daß gewöhnlich zwei Aufführungstage festgesezt waren; der erste galt der lateinischen, der zweite der deutschen Aufführung. Die ersten hierher gehörigen Dramen stammen aus dem Jahre 1597. In diesem Jahre führten die Jesuitenschüler zu Hildesheim das erste Drama auf und wurden die ersten Prämien für sie ausgeteilt. Das in demselben Jahre in München aufgeführte Drama hat folgenden Titel: 'Triumph und Freudenfest zu Ehren des h. Erzengels Michael als Schußfürsten und Patron der neugeweihten herrlichen Kirche. Vor und von dem Gymnasio der Societät Jesu angerichtet und gehalten auf den siebenten Tag Julii'.') Die Stoffe, die bis 1622 folgen, sind: König Saul (in Gräß 1600), Zerstörung Trojas (1607), Naboth (in Regensburg 1609), Elias (in Prag 1610), Joseph (in München 1615), Enthauptung Johannis des Täufers (in München 1618), Eli (in Augsburg 1621), Ignatius von Loyola, fundator societatis Iesu, (1622 in Ingolstadt, Augsburg und Eichstätt).

Im Jahre 1727 gab der Jesuitenpater Gabriel Franciskus Le Jay zu Ingolstadt ein Bibliothecae rhetorum liber drama

1) In demselben Gymnasium der Societät Jesu zu München wurde 1609 die Komikotragödie vom Doktor zu Paris aufgeführt, welcher durch eigenes Bekenntnis vor Gott angeklagt, gerichtet und verdammt worden.

Holstein, Die Reformation.

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