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Indessen wurde luthers Historie“ weitaus bekannter und berühmter als diese andern, wie sie denn auch allen späteren Darstellungen sowohl in den Chroniken als in besonderen Monographien zu Grunde liegt. Solcher sind denn auch verschiedene . erschienen, und namentlich haben im lekten und in unserm Jahrhundert manche Schriftsteller sich damit beschäftigt, die Gestalt des Märtyrers in besonderen Schriften einem späteren Geschlechte wieder näher zu führen. Sie haben dabei einerseits das von Luther gezeichnete Bild treu wiedergegeben, anderseits dasselbe auch durch mancherlei seither an den Tag gekommene Nachrichten wesentlich ergänzt. Unter diesen Biographen dürfte in erster Linie der Kieler Professor Heinrich Muhlius für das vorige Jahrhundert zu erwähnen sein,1) für unsere Zeit der vor einigen Jahren verstorbene Groninger Prediger C. H. von Herwerden.2) Aber so hoch diese Männer und andere in ihrem Gefolge sich um die Darstellung der Geschichte Heinrichs von Zütphen verdient gemacht haben, es ist doch das vorhandene Quellen - Material von ihnen noch nicht genügend ausgenußt worden. Vor allem über Heinrichs Hauptwirksamkeit, nämlich die zu Bremen, liegen in Wirklichkeit viel mehr spezielle und interessante Nachrichten vor, als man nach

Drudortes). Auf der Bremer Stadtbibliothek. Abgebrudt im Bremischen Jahrbuch a. a. D. S. 191 ff., wo auch die Vermutung, daß W. Linck der Verfasser sei, aufgestellt ist.

1) H. Muhlius, ein geborner Bremer, Professor in Kiel, schrieb 1714 eine Dissertatio de vita et gestis Henr. Zutphaniensis in panegyrischem Tone, aber im Uebrigen durch viele historische Mitteilungen verdienstvoll. Dabei veröffentlichte er die (unten zu besprechenden) Thefenreihen des Märtyrers in der lateinischen und der deutschen Edition; auch wird das traditionelle Bildnis von Seinrich, welches David Ebersbach in seinem Buche: „Das Glaubens - Betänntniß des seeligen Märtyrers, Bruder H. 8. 3." (Hamburg 1713) giebt, von demselben als Ex museo summe Venerandi Dni D. Muhlii“ bezeichnet.

*) , Het Aandenken van Hendrik van Zutphen onder zijne Landgenooten vernieuwd door C. H. van Herwerden, C. Hz. Theol. Doct. en Pred. to Groningen. Tweede, rermeerderde en verbeterde druk. Arnhem 1864.

jenen Biographien annehmen müßte. Auch der noch jüngst erschienene „Historische Efsay" über Heinrich von Zütphen von Oskar Wiesner giebt uns nicht die genaue und zuverlässige Darstellung, wie man sie bei dem heutigen Stand reformatorischer Geschichtsforschung erwarten dürfte.1)

Unser Unternehmen, das Lebensbild dieses Blutzeugen der Reformation noch einmal zu zeichnen, dürfte damit gerechtfertigt sein.

1) ,,Heinrich von Zütphen. Ein Märtyrer der Reformation. Historischer Essay von Oscar Wiesner“ (Berlin 1884). Der Verfasser beschränkt sich in seiner Darstellung auf einige Hauptpunke, während er über viel Wichtiges und Charakteristisches rasch hinwegeilt; auch fehlt jeglicher Quellennachweis, sodaß man manche Angabe nicht controlieren kann. Dabei sei noch er: wähnt, daß auch vor einigen Jahren eine kleine deutsche Biographie von 9. v. 3. erschien, nämlich von R. Fromme, Pastor in Werlabe in ,,Erforschtes und Erlebtes“ (1. Hinrich von Zütphen) Hermannsburg 1878. Dieselbe hält sich wesentlich an Herwerden und an die von uns im Bremischen Jahr: budy. (VIII. Band, 1876) veröffentlichten Mitteilungen über die Bremische Reformation, darf aber dabei auf Richtigkeit und Genauigkeit im Einzelnen keinen Anspruch erheben. Die anderen Biographien aus älterer und neuerer Zeit sollen, soweit es nötig ist, hernach am gehörigen Plaß Eriväh. nung finden.

Der Verfasser.

1. Heinrich von Zütphens Heranbildung und Annahme

dcs evangelischen Glaubens. Wie bei so manchem anderen in der Geschichte wichtigen Manne liegt auch bei Heinrich von Zütphen die Jugendzeit wie in undurchdringlichen Schleier gehüllt. Daß seine Vaterstadt Zütphen, diese niederländische Stadt der Grafschaft gleichen Namens im Lande Geldern, gewesen, sagt uns der Beiname, unter dem er uns bekannt geworden ist. Aber darauf beschränkt sich auch so ziemlich unser ganzes Wissen über seine Herkunft und alles damit Zusammenhängende. Weder sein Geschlechtsname, noch fein Geburtsort, noch der Stand seiner Eltern sind bekannt geworden. Man hat zwar später diesem Mangel abzuhelfen gesucht, indem man wenigstens Namen und Geburtsort für ihn festseşte. Er foll Moller oder Müller geheißen haben, und diese Annahme, obwohl schon im vorigen Jahrhundert bezweifelt, gilt noch jezt in den meisten Büchern für ausgemacht.1) Aber sie läßt sich durchaus nicht beweisen. In allen Schriften seiner Zeitgenossen und weit darüber hinaus trägt er nur den Namen Heinrich von Zütphen (Henricus Zutphaniensis, Supphenus oder in ähnlicher Form), und erst viel später erscheint plößlich jener Zuname. Wie er zu diesem gekommen, läßt sich wenigstens vermutungsweise noch erklären. Es giebt nämlich aus den ersten Reformationstagen her ein früher nicht unbekanntes Trostlied, das manchem Gemüte zur Aufrichtung gedient haben mag; es beginnt mit den Worten:

„Hilf Gott, daß mir’s gelinge,
Du edler Schöpfer mein.“

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