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Thon; vorn unten befindet sich eine Marmortafel mit der In

schrift:

Dem Glaubenshelden
Heinrich von Zütphen,

Der dieses Feld durch sein Blut heiligte.

Geb. im Jahre 1488.

Gest. den 11. Dec. 1524.

Den Obelisken schmücken noch einige sinnige Embleme, zunächst eine aus den Wolken hervorbrechende Sonne, darüber ein auf Palmzweigen stehendes Kreuz, umwunden von einer Schlange, oben ein Eichenkranz und ein Stern; auf der Hinterseite die Worte: Errichtet von der Heider Gemeinde, den 25. Juni 1830. Denn an diesem Tage wurde das fertige Denkmal eingeweiht.

Schetelig hatte mit Absicht diesen Erinnerungstag an die Uebergabe der Augsburger Konfession dazu ausersehen. So fand denn damals eine schöne und würdige Feier statt, zu welcher die ganze Heider Gemeinde sich versammelte. Man sang das Lutherlied und hörte die Reden der beiden Prediger Schetelig und Bliesmann. An eine weitere Beteiligung, an Deputationen etwa aus andern Gegenden des Landes oder von ferner her, scheint gar nicht gedacht worden zu sein. Und doch wär's nach unserm Gefühl wohl passend gewesen, wenn auch das nahe beteiligte Meldorf dabei vertreten und die damals aus vielen Orten zusammengelaufene Menge seiner Mörder durch eine ebenfalls vielfach zusammenströmende Menge von dankbaren Glaubensgenossen gleichsam gefühnt worden wäre. 2) Aber auch in dieser lokalen Begrenzung und so bescheidenen Gestaltung spricht jene Feier uns wohlthuend an: Heinrichs Andenken ist, doch an dieser Stätte seines schnöden Mordes wieder zu Ehren gekommen. Das in der Mitte des Kirchhofes zu Heide stehende Denkmal ruft ihn den Lebenden immer wieder in die Erinnerung und ist eine erhebende Predigt über den Gräbern aller derjenigen, welche hier ihre lette Ruhestätte finden.

Seither ist Heinrichs Name noch viel volkstümlicher und gefeierter geworden, nicht bloß in Heide, sondern im ganzen

Ditmarser Lande und weit darüber hinaus. Auch Claus Groth, der Dichter in Holsteins Mundart, hat ihm in seinem „Quickborn“ ein Lied geweiht. Aber nicht minder haben Bremen wie die Niederlande sich dieses ihres trefflichen Zeugen, dieses frühvollendeten und doch so wirkungsreichen Reformators wieder erinnert und sich eingehender als bisher mit seinen Lebensumständen beschäftigt, um ein klares Bild von ihm dem heute lebenden Geschlechte vorzuführen.3) Er hat es wohl verdient.

Nachweise und Erläuterungen.

Zu Kap. 1. Heinrichs Heranbildung.

1) Der Zuname Moller, Müller, Miller, Muller, Mulder und dergl. kommt, soweit wir gesehen, weder im 16. noch im größten Teile des 17. Jahrhunderts irgendwo vor. Noch Seckendorf nennt unsern Märtyrer in der uns vorliegenden lateinischen Ausgabe der Historia Lutheranismi" von 1688 (1, 169) nur, Henricus, quem supra nominavi, Zutphaniensis Augustinianus"; in der deutschen Ausgabe desselben Werkes dagegen von 1714 (S. 666): „H. v. Z., der nach seinem rechten Zunamen Miller hieß“. Muhlius (a. a. D.) erwähnt den Namen Möller als schon gebräuchlich, namentlich bei einem gewissen Resenius vorkommend, bezweifelt aber seine Richtigkeit. Der Name mag in der lehten Zeit des 17. Jahrhunderts irgendwo aufgekommen sein (S. Anm. 2). Hernach hat man daran festgehalten. Man vergleiche u. A. die Artikel „Moller“ in den beiden Auflagen von Herzog's theol. Realencyclopädie, von denen der neuere überhaupt viel Unrichtiges enthält. Herwerden (a. a. D. S. 2) meint auch, es lasse sich nicht mehr entscheiden. Wir meinen, die Sache sei doch entschieden genug. Eine spätere willkürliche Namengebung sollte doch nur als Legende behandelt werden.

2) Das Lied (f. Wackernagel: Deutsches Kirchenlied III, S. 84 f.) ist, wie Fischer im Kirchenlieberlexikon (S. 299 f.) angiebt, zuerst von J. Herm. von Elswig (um 1700) und dann von Joh. Bernh. Liebler (1720) Heinrich von 3. zugeschrieben. Daß es sehr alt ist, erleidet keinen Zweifel (nach Fischer kommt es bereits 1531 vor), aber daß der in den Anfangsbuchstaben der Verse und zulegt eingewobene Name Heinrich Miller unsern Heinrich v. 3. meine, ist eine völlig unbeweisbare Vermutung. Schon bei Muhlius heißt sie, haud levis error". Aber man hat sie ungern aufgegeben. Gerhard Meier (,Spicilegium post messem iotopovuέvwv de Henrico Zutphanio“ Brem. 1722) kennt Muhlius' Einrede, läßt es aber bei einem „haud liquet*, während spätere (wie Wackernagel), auch darin wieder sehr zuversichtlich, die Vermutung zu einer ausgemachten Thatsache stempeln. Unfre Ansicht, daß der Name eben jenem Liede entstamme welches man nicht unterzu

bringen wußte und daher unserm Märthrer zuschrieb findet sich übrigens schon bei D. Ebersbach (a. a. D. S. 21). Wackernagel schreibt außer diesem Liede H. v. 3. noch zwei andere Lieder zu (a. a. D. S. 81 ff.), aber ebenfalls ohne die mindeste Wahrscheinlichkeit. Ist doch die Sprache derselben oberdeutsch, dazu beide in Straßburg 1522 gedruckt und ersteres „von einem Liebhaber der göttlichen Wahrheit zu Straßburg gesungen und gedichtet.“ So berichtet Wackernagel selbst, und doch sollen die Lieder Heinrich v. 3. zum Verfasser haben!

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3) Eine anderweitige Begründung, daß Heinrich 1488 geboren, als die auf dem Bilde vorhandene, ist wohl schwerlich aufzutreiben, obgleich Fromme (a. a. D. S. 22) von „sicheren, gleichzeitigen Nachrichten“ darüber weiß. Selbst Muhlius, in dessen Besig sich das Bild befand, mißt mit gewohnter Vorsicht der Angabe keinen unbedingten Glauben bei, da er sagt: circa annum seculi decimi quinti octogesimum ferme et octavum“, und bei Heinrichs Tode: viridi ac florente sex et triginta vix annorum aetate“. Auch Joh. Franziski („Denkmal der göttlichen Güte, durch H. v. 3. erzeiget" Bremen 1722) und neuerdings Herwerden (a. a. D.) meinen, es müsse ungefähr auf dies Jahr hinauskommen. Wahrscheinlich haben Heinrichs Zeitgenossen sich um sein Alter nicht bekümmert, und. erst später hat Jemand dem Bilde (dessen Enstehung auch im Dunklen liegt und wenig nach einem Originalbilde aussieht) eine eigene Tarierung beigefügt. Wiesner (a. q. D. S. 7) hat daher keinen Grund, hierin eine feststehende Thatsache zu sehen. 4) Herwerden a. a. D. S. 2 und S. 144 Anm. 7.

5) Daß Heinrich vor seinem Kommen nach Wittenberg bereits Augustiner war, wissen wir nur daraus, daß er hier als solcher immatrikuliert ist. Fromme behauptet nun, er sei früher im Dordrechter Kloster gewesen, und wir haben ihm früher beigestimmt (Biographie deutscher Männer von Liljenkorn, Artikel: H. v. Z.). Aber ein Beweis dafür ist nicht vorhanden, denn wenn er später zu Dordrecht Prior wurde, konnte er früher ebenso gut zu Haarlem oder Enkhuisen eingetreten sein. Herwerden meint sogar (S. 146 Anm. 47), das Dordrechter Kloster habe damals noch garnicht zur sächsischen Congregation gehört, allein Janssen („Jakob Präpofitus“ S. 220) fixiert dessen Beitritt schon etwa auf 1493, und Kolde (,,Die deutsche Augustiner congregation und Johann Staupit" 1879) rechnet es auch zu den noch im 15. Jahrhundert beigetretenen. Die Möglichkeit, daß Dordrecht jenes Kloster war, liegt also vor, aber mehr auch nicht.

6) S. hierüber das eben citierte Buch von Kolde.

7) Die Nachricht, daß Heinrich im Kloster Johannes genannt worden, finden wir zuerst in der schon dem 16. Jahrh. angehörigen Dithmarsischen Chronik des Neokorus (Ausgabe von Dahlmann 1827. II. S. 7), dann bei Muhlius. G. Meier (a. a. D.) S. 5) kehrt die Sache um und behauptet, unser Märthrer habe Johannes geheißen und sei im Kloster Heinrich genannt (,,Monachus vero factus induit sibi nomen Henrici"). Ihm folgt Franzisci (a. a. D. S. 2), welcher die Frage, warum derselbe später seinen

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ursprünglichen Namen nicht wieder angenommen, damit beantwortet, es sei nicht nötig gewesen, da Johannes und Heinrich die gleiche Bedeutung hätten. (Johannes heiße Gnadenreich, und Heinrich auch Chen (Gnade) - reich)?!

8) Album Academiae Vitebergensis ed. Förstemann für 1508 vom 1. Mai bis 18. October: Fr. Hinricus Gelrie de Zutphania ord. Augustini." Erst im folgenden Semester findet sich Luther inskribiert.

9) Luther an Joh. Lang vom 16. Dkt. 1516 (de Wette: Luthers Briefe I, S. 42): "Henricus, noster olim (ut illi dicunt) constudens". Muhlius führt dazu ein altes Zeugnis des Jakobus Brocardus an, daß Heinrich damals „,cum ipso Luthero in eodem monasterio vixisse".

10) Johann Lang, der spätere Freund Luthers in Erfurt, ist 1511 (nach dem 24. Aug.) in Wittenberg immatrikuliert worden. S. Köstlin: M. Luther, 2. Auflage I, 109. Kolde: Analecta lutherana S. 4. Anm. 2. Langs Brief an Mag. Caspar Schalb zu Eisenach als Vorrede der oben erwähnten kurzen Geschichte H.'s v. 3. 1525. (Nach dem Druck auf der Bremer Stadtbibliothek s. Brem. Jahrbuch a. a. D. S. 194 ff.)

11) Luther bezeichnet 1516 (a. a. D.) Heinrich als Lector Henricus, was sich nicht wohl anders als auf die frühere Wittenberger Zeit beziehen läßt.

12) Es scheint freilich, als ob Heinrich schon 1509 nach Cöln gekommen sei. Denn in der Cölner Universitätsmatrikel steht:,,1509, 22. Dft. Henricus Zutphanie ad artes juravit et solvit". S. Krafft: Briefe und Dokumente aus der Zeit der Reformation S. 49. Krafft selber bezweifelt, daß sich diese Notiz auf unsern Heinrich beziehe. Jedenfalls fehlt hier die Bezeichnung der Mitgliedschaft des Augustinerordens, und die angeführte Notiz von Lang, der (nach 1511) 3 Jahre mit ihm in Wittenberg studiert haben will, steht dem entgegen. Oder man müßte annehmen, daß Heinrich 1508 im Sommer nach Wittenberg gekommen, dann schon 1509 im Oktober nach Cöln, dann wieder 1511 nach Wittenberg und 1514 wieder nach Cöln. Aber statt dieses bunten Hin und Her scheint uns einfacher, die Notiz von 1509 zu Cöln auf einen Namensvetter und Heimatsgenossen Heinrichs zu beziehen. Sein nachheriger wirklicher Aufenthalt nach Cöln geht aus dem erwähnten Briefe von Luther hervor. Das Fehlen seines Namens in der Universitätsmatrikel beweist, daß er sich hier vorwiegend der Drdensthätigkeit gewidmet.

13) Krafft (a. a. D. S. 49) erwähnt, daß Adolf Clarenbach von 1514 an auf der Laurentianer Burse immatrikuliert gewesen.

14) Außer bei Luther a. a. D. haben wir auch eine andere Nachricht, daß Heinrich 1515 Prior zu Dordrecht gewesen (Herwerden a. a. D. S. 12 nach Schotel: Het Hoff en de Kerk der Augustinen te Dordrecht).

15) Luther an Lang vom 30. August 1516 (de Wette I, S. 30): „Scribit magister Johannes Vogt, magistrum Johannem Mechliniam ad se scripsisse de reformatione conventus Dordracensis, R. patrem esse appetitum a duce Carolo et senatu civitatis ejusdem; ego nollem id fieri".

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