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I.

Von Ferdinand I. bis Maria Theresia.

Die Kirche hatte von jeher die Censur heterodoxer oder sittlich - schlechter Bücher als negatives Mittel zur Erhaltung der Lehre in Anspruch genommen. Die eigentliche Büchercensur im modernen Begriffe, d. h. dass ein Buch schon vor seinem Erscheinen censirt werde, und für sein öffentliches Erscheinen erst die obrigkeitliche Erlaubniss benöthige, verdankt ihr Entstehen dem Papste Alexander VI., der in einer Bulle von 1501 das Erscheinen eines Buches von einer sorgfältigen Prüfung des Manuscriptes durch den Diöcesanbischof abhängig machte. Doch galt dies nur für Bücher theologischen Inhaltes und war somit für Cleriker bestimmt. Das Verbot von Büchern weltlichen Inhaltes war ein unantastbares Vorrecht der weltlichen Macht (u. z. schon seit Just. nov. 42, §. 2). Karl V. war es, der dem alten kaiserlichen Rechte auf dem Reichstage zu Worms Ausdruck verlieh, und in dem Reichsabschiede befahl, dass jede Obrigkeit bei ihren Druckereien und sonst allenthalben so oft als nöthig nachsehen solle, damit Schandschriften und Gemälde fernerhin gänzlich abgethan und nicht weiter ausgebreitet würden. Die Druckereien wurden somit unter Aufsicht gestellt, und im Princip auch die weltliche Büchercensur angeordnet. In den österreichischen Landen nahm nun der Landesherr die Censur geistlicher und weltlicher Bücher in die Hand, und so ist sie bis zum Jahre 1848 gehandhabt worden. Die Büchercensur in Oesterreich war stets ein Ausfluss der landesherrlichen Macht, die Bischöfe amtirten

1) Fritsch B., Dissertationes de censura librorum et propositionum in negotiis religionis. Wratislaviae 1775. 4; Fessler, Das kirchliche Bücherverbot. Wien 1859. 8.

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nur als Delegirte, später als einfache Beamte. 1521 verbot nun Ferdinand I. lutherische Schriften zu lesen, und befahl, sie dem Feuer zu übergeben; 12. März 1523 befahl er, die Schriften Luther's nicht mehr anzunehmen, zu halten, zu kaufen, zu verkaufen, zu lesen, abzuschreiben, zu drucken, noch drucken zu lassen. Dieses Verbot wurde dann auch auf die Schriften Oekolampad's, Zwingli's,vnd ander dergleichen newer verfuerischen lerer puecher' ausgedehnt. Die Buchdrucker und Buchhändler wussten aber dieses Verbot zu umgehen, und druckten und verkauften andere dem Landesfürsten nicht minder anstössige Bücher. Am 5. November 1528 setzte nun Ferdinand eine Censurbehörde ein. Diese bestand aus dem Bischofe Johann, Wolfgang Trew, Bürgermeister, Dr. Lorenz Metz, bischöfl. Passau'schen Official zu Maria am Gestade, Dr. Christoph Kulber und Dr. Albin.

Die Instruction lautet: ,Wir vernemen, das etlich puechfuerer vnd puechtruckher neben andern puechern so nit in vnsern Mandaten begriffen zweiffel tragen, wie Sy sich mit denselben halten sollen, damit dann ob vnnsern ausgegangen Mandaten gestrackhs gehalten, vnd die puecher, daraus bisher alle aufruer vnnd in Suma alles vbls entstanden, nidergetruckt vnd hinfüro nit weiter ausgebrait werde haben wir Euch zu vnnsern Comissarien hierinnen fürgenommen vnd geordnet, wie wir Euch dann hiemit in crafft diz briefs also ordnen, vnd empfelhen euch darauf Ernnstlich, daz Ir nu hinfür in vnnserm namen vnd an vnser stat bey den puechtruckhern vnd fuerern Auch wo Euch sonnst an mer orten für guet ansehen will, Ewer getreu vnd vleissig aufmerkhen habet, damit hinfüro in vnnser Statt Wienn oder an anndern orten vnnsers Furstenthumbs osterreich vnnder der Enns kaine kezerische aufruris oder schampare puecher getruckht, verfurt, verschennkht, oder verkaufft werden, sonndern das alle puecher, so genants were, der sy truckhen oder verkauffen lassen wolte, zuvor durch Euch aigentlich besehen vnd zugelassen werden, damit Ir aber dess sicherer vnnd gruntlicher hanndlen, welche puecher der newen theologey oder deren so noch mochtent ausgeen zuzelassen, oder zuverwerfen sind, schickhen wir Euch hiemit derselben disen eingeschlossen Zetl, 2 den Ir 1 Codex Austriacus, II. 293, 295.

2 Der in der Actenlage fehlt.

auch den puechtruckhern vnd fuerern zuestellen mugt, vnd Inen in vnnserm namen ernstlichen beuelhet, daz Sy vorausgangen vnnsern mandaten genzlichen nachkomen vnd geloben, auch keine von vnns verpottne puecher truckhen oder faill haben, dann wo ainer oder mer hieruber betretten wurden wir verursacht, den oder dieselben darumb am leben straffen vnnd die puecher verprennen zulassen. Darnach sollen Sy sich alle wissen zerichten, vnnd ob Euch hier Innen etwas beswerlichs furfuell oder begegnet, vnns oder vnnser Niderosterreichische Regierung desselben berichtet, soll geburlich einsehung beschehen, daran beschieht vnnser will vnd ernstliche maynung. Geben zu Wienn den 5. tag Novembris im 1528.'

Die Censurbehörde war wohl eingesetzt, scheint aber keine besondere Thätigkeit entwickelt zu haben, wenigstens lässt sich kein Beleg ihrer Thätigkeit nachweisen. Bischof Johann Faber zählte zu den freisinnigsten Theologen seiner Zeit, und konnte eine derartige Censurverfügung nicht mit dem bisherigen Systeme eines freien Kampfes in Einklang bringen. Auch von ihm als Mitglied der Censurbehörde lässt sich keine Spur einer Thätigkeit auf diesem Gebiete mittheilen. Bischof Friedrich Nausea, an und für sich eine kräftige, freisinnige Natur, wurde durch die zahllosen Flug- und Schmähschriften doch veranlasst, sich dem Ansinnen Ferdinands gefügiger zu zeigen, und folgendem Befehle sich gehorsam zu erweisen:

Erwirdiger, lieber Andechtiger! Unns gelangt glaublich an, wie die Puechfuerer in vnnsrer Stat Wienn, vnangesehen vnnserer hieuor zu mermaln beschehnen verpott allerlay tractätl vnnd Puecher, die newen verfuerischn Secten vnnd Irrungen in sich haltent, eingeschlaipfft haimblich vnnd offennlich fail gehabt, vnd vnnder den Gemainen man verkaufft vnd vertriben werden sollen. Dieweil aber solches zu verfuerung des Gemainen mans vnd vnnseren vnnderthanen geraicht vnnd vnns zuezesehen vnnd zuegestatten khains wegs gemaint, So ist vnnser beuelch an dich, das du dich ingehaimb bei den Puechfuerern aigentlich erlernest vnd erkhundigest, was Sy fur Puecher der newen verfuerischen leern vnnd Secten vnnderschlaipffen vnd fail haben vnnd vnns des lauttern vnnd eigenntlichen bericht zueschreibest, damit wir alsdann darauf der notturft nach geburlichs einsehen thun vnnd verordnen mugen. Des wöllen wir vnns gnediglich zu dir versehen vnnd du thust

darann vnnsern Ernnstlichen willn vnd mainung. Geben in vnnser Stat Pressburg den rvu tag Februarij Anno Implot Ferdinand.

J. Jonas

Vicecantzler.

Am 30. December 1548 liess Friedrich Nausea folgendes Mandat an die Buchhändler und Buchdrucker seiner Diöcese, die nur in der Stadt Wien und einigen Ortschaften bestand, ergehen:

,Der Herr Bischoff zue Wienn beuilhet vnnd legt auf auss Römischer Khunicglicher Mayestat etc. vnnsers allergnedigisten herrn Ernstlicher mainung, auch von Bischofflichen ambts wegen allen Buechfuerern vnnd Buechtruckhern So alhie zue Wienn wonen, oder von Frembden hereinkhumen, Buecher verkhauffen oder new Buechtruckherey auffrichten wollten, Das sy khain schedliche Irreseelige vnnd Khetzerische Buecher oder brief herein fueren, noch truckhen, vnd was sy von Buechern oder briefen, Sy seyen khlain oder gross, So sy jetzt haben oder hinfüran Inn die Statt Wienn bringen mochten, zu verkhauffen oder zuetruckhen, nicht fürnemen noch vndersteen, Sy haben dann zuvor bemelter buecher und brief ain volkhomen Register verzaichnung vnnd Exemplar Irer Hochwürden oder derselben Official beyhenndig zuehallten vnd zuebesichtigen, überannthwurt vnnd zuegestellt, Sich darin was schedlich, Irrig vnnd khetzerisch, dasselbig hinwegzuthun vnd zuverwerffen zue ersehen haben. Vnnd wissen derhalben sich bemellte buechfuerer vnnd truckher gehorsamblich darnach zurichten vnnd sich vor schaden vnnd straff zu verwaren.'

Dieses Mandat wurde überdiess auf der Kanzel des St. Stephansdomes verlesen, an die Kirchenthüren angeheftet, und dem Clerus Person für Person mitgetheilt.

Der Buchdrucker Aegidius Adler ging mit dem Gedanken um, die von Johannes Sylvester Pannonius besorgte und

1 Aegidius Adler (Aegidius Aquila), aus den Niederlanden gebürtig, druckte 1548 und 1549 im Vereine mit Johann Kohl (Carbo), trennte sich aber noch im nämlichen Jahre von ihm, 1550 errichtete er eine eigene Druckerei im St. Annahofe. Seine Arbeit ist schön, besonders hervorragend ist seine Cursivschrift, seine Schwärze ist glänzend und das Auge trotzdem nicht verletzend. Bischof Nausea ertheilte ihm das Lob eines gebildeten Druckers. Er starb am 15. August 1552. Adler ist der

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1541 bei Syngreius in Wien gedruckte ungarische Bibelübersetzung wieder aufzulegen, und wandte sich dem bischöflichen Mandat entsprechend an die Regenten der niederösterreichischen Lande. Am 14. Jänner 1549 verlangten die Regenten Rath und Guetbedunkhen' hierüber. Nausea war in Verlegenheit. Am 15. Jänner antwortete er: ‚Dieweil die Translationes und Tolmetschung der heiligen Schrift wie man sieht mancherlei und gefährlich, ich auch, mein Consistorium der ungarischen Sprache unkundig seind, weiss ich nichts anderes dazu zu sagen noch zu rathen dann dass die sach und ungarische Druckerei ungarischen orthodoxischen und rechtgeschaffenen Theologis, die ungrischen Bücher und was man ungarisch drucken will gegen der alten christlichen und approbirten Translation und Religion fleissig zu conferiren, zu vergleichen wie wo und was wohl oder übel verwirrt treulich anzuzaigen, befelchen und anfertigen werde. Das ist mein einfeltig Rath und Gutbedünken.'

Am 30. Jänner 1551 zeigte die Regierung dem Bischofe Friedrich an, es sei ihr vorgekommen, ,als sollen alhie lutherische, tauferische und andere dergleichen Bücher und Tractätl offentlich zum Verkauf feilgehalten und sonsten austheilt werden und befahl ihm ,fleissig vnd fürderlich zu visitiren und was er erkundige vnd befinde lauter zu berichten vnd die Büchel und Tractätlein mit überantworten.'

Nausea visitirte nun die Buchführer und Buchdrucker, und berichtete am 5. Februar an die Regierung, wie folgt:

,ich bin dem Rathschlag gehorsamlich nachkommen und habe mit möglichem Fleisse visitirt aber weder lutherische, tauferische und dergleichen Bücher befunden. Man mocht vielleicht so man ihre Bücher, deren sie Gewölber und Kammer

Drucker, der in Wien hebräische Lettern besass. 1552 druckte er Institutiones Grammatices Ebreae, Authore D. Andrea Planco. Ein sehr seltenes Werk, das selbst Ludwig Geiger (Das Studium der hebräischen Sprache in Deutschland vom Ende des XV. bis zur Mitte des XVI. Jahrhunderts, Breslau 1870, 8., S. 119 u. 139) nur nach Denis citiren konnte. Adler's Drucke sind bei Denis, Wiens Buchdruckergeschichte, Wien 1782, 4., verzeichnet. Vergl. noch Schier, Commentatio de primis Vindobonae Typographis, Vindobonae 1764, 4., p. 35 sequ.

1 Danko. Johannes Sylvester Pannonius, Wien 1871, 8. Adler druckte

von 1548-1552.

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