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werden. Die Vollmacht wurde von Rudolf in Uebereinstimmung mit den Erzherzogen Maximilian und Albrecht, der Erzherzogin Maria, Mutter des Erzherzogs Ferdinand, und mit dessen und seiner Brüder Vormund, dem Herzoge Wilhelm in Baiern, am 27. Juni zu Prag ausgestellt. 1 Unter Berufung auf die ihm übertragene Gewalt erklärte der Kaiser, dass er seinem Bruder, dem Erzherzoge Mathias, die volle Gewalt übergebe, nicht nur die Erbhuldigung aufzunehmen, zuerst in Tirol und dann in den Vorlanden hier in eigener Person oder durch Commissarien sondern auch an seiner statt alles zu leisten und zu thun, was nach altem Herkommen sich gezieme, ,und zwar so, als wenn wir selbst zugegen wären, und als vollmächtiger Regierer und in eigener Person es thun würden'.

Die Instructionen bezogen sich auf die Schwierigkeiten, die wegen des Huldigungseides entstehen dürften, auf Forderungen, die an den Landtag gestellt werden sollten, und auf mehrere andere Gegenstände, die der Huldigung zwar ferne lagen, aber erledigt werden mussten, z. B. die Auszahlung des von dem verstorbenen Erzherzoge hinterlassenen Hofgesindes und der Hofräthe, die Bestimmung des Deputates für die erzherzogliche Witwe, die Beilegung der zwischen den Gewerken und Knappen in Schwaz schwebenden Streitigkeiten, die Verbesserung des Kammerwesens, Eröffnung neuer Einkommensquellen u. m. a.

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Den Landtag schrieb Kaiser Rudolf auf den 2. August aus, und zwar einen offenen, d. h. allgemeinen Landtag, weil die Huldigungen nach altem Herkommen nur auf solchen geleistet wurden. 3

Schon am 24. Juli kam der Erzherzog Mathias nach Innsbruck; am 29. fand die feierliche Begrüssung durch eine zahlreiche Deputation von Landtagsmitgliedern unter Anführung des Landeshauptmanns Hans Jacob Freiherrn von Khuen statt, mit Ueberreichung eines Präsentes von 4000 neuen Thalern. 4 In der Ansprache gab der Landeshauptmann mit besonderer Betonung der zuversichtlichen Hoffnung Ausdruck, Se. fürstl. Durchlaucht werde sich des Landes in allen seinen Anliegen

1 Landschaftl. Copeibuch VI, 51.

2 Arch. d. Minist. des Innern. Schloss Prag, 27. Juni 1596.

3 Ebendaselbst.

4 jeder per 72 kr. gerechnet. Landschaftl. Copeibuch VI, 2.

gnädigst annehmen, die ehrsame Landschaft mit ihren Wünschen und Beschwerden in Gnaden anhören, und die Stände bei ihren wohlhergebrachten Freiheiten und altem Herkommen schützen und schirmen. Hingegen können Ihre kais. Majestät, Se. fürstl. Durchlaucht und Dero fürstl. Verwandte der Ueberzeugung leben, dass sie an den Tiroler Landständen dieselben treuen und gehorsamen Unterthanen haben werden, die sie bisher sowohl gegen Se. fürstl. Durchlaucht, den Erzherzog Ferdinand, als auch gegen dessen Vorfahren gewesen sind. 1

Bis zum 2. August, wo der Landtag eröffnet werden sollte, berieth sich der Erzherzog mit den Räthen der Regierung über die Art und Weise, wie etwa nicht nur die Stände, sondern auch die Propositionen, und ganz besonders der heikle Punkt des Huldigungseides behandelt werden sollte; denn es war vorauszusehen, und der Erzherzog mochte bereits wahrgenommen haben, dass dieser letztere Gegenstand bei der völligen Neuheit des Umstandes, dass die Huldigung für so viele Landesfürsten, als es Erzherzoge gab, verlangt wurde, nicht ohne Schwierigkeit abgehen würde. Die Räthe legten darum dem Erzherzoge am 31. Juli ein Programm vor, wie die Eröffnung des Landtages und die Vornahme der Erbhuldigung vor sich gehen sollte. Da nicht ohne Grund zu besorgen war, dass die Landstände bei der seit geraumer Zeit zu Tage getretenen Unzufriedenheit der Unterthanen sich zu Bewilligungen nicht herbeilassen würden, so riethen sie dem Erzherzoge, in die Proposition ausser der Aufforderung zur Huldigung gar keine andere Forderung aufzunehmen, und in den weiteren Verhandlungen mit den Ständen keine neue Bewilligung zu begehren, sondern sich nur auf das Verlangen der Abzahlung der Funeralienkosten, der Befriedigung des Hofgesindes und der Erfüllung dessen, was schon bei Lebzeiten des verstorbenen Erzherzogs von den Ständen bewilligt worden war, zu beschränken. Die Stände, so bemerkten sie ferner, würden, wie zu erwarten, sich eine Abschrift der Proposition erbitten; die soll ihnen gegeben werden. Wenn sie die Originalien verlangen, soll ihnen der kaiserliche Vollmachtbrief nicht mitgetheilt werden, wenn sie ihn nicht ausdrücklich begehren, und dann nur in Abschrift. 2

1 Ebendaselbst p. 3.

2 Innsbr., 31. Juli 1596, u. a. einem Berichte dd. Innsbr. 8. Aug. etc. A. d. M. d. I.

Am 2. August fand hierauf die Eröffnung des Landtages statt. Seiner Wichtigkeit wegen waren die Abgeordneten zahlreich erschienen. Ausser den Abgesandten der zwei Bischöfe von Trient und Brixen und deren Capitel war der Prälatenstand durch die Aebte der Klöster St. Georgenberg, Stams, St. Mariaberg, Wilten, Neustift, Gries und St. Michael, durch den Dechant der Probstei Jnnichen und den Prior der Karthause Schnals vertreten. Der Herrenstand, die Ritterschaft und der Adel hatten eilf ihrer vorzüglichsten Mitglieder entsendet. Aus den zehn immatriculirten Städten waren sämmtliche Vertreter anwesend, 2 ebenso die Boten der Viertel Etsch, Eisak, Burggrafenamt, Ober- und Unterinnthal, Vintschgau, Wippthal, Pusterthal, des Gerichtes Landegg, und der drei Unterinnthal'schen Herrschaften. Der Erzherzog liess die Proposition durch den Hofkanzler verlesen; er selbst war unbedeckten Hauptes (so hatten es ihm die Räthe als Gepflogenheit des Erzherzogs Ferdinand bezeichnet) gegenwärtig. Der Inhalt der kaiserlichen Botschaft war im Wesentlichen folgender:

Den beiden Fürsten, Ludwig, Cardinal und Bischof zu Trient, Andreas, 3 Cardinal von Oesterreich und Bischof zu Constanz und Brixen, den beiden stiftischen Capiteln von Trient und Brixen, und den vier Ständen der fürstl. Grafschaft Tirol sei bekannt, dass mit dem Tode des Erzherzogs Ferdinand, Grafen von Tirol, dessen hinterlassene ober-, inner- und vorderösterreichischen Lande und Leute erblich an Ihre kais. Majestät, deren Brüder und Vettern gefallen seien. Nun habe Se. Majestät sich mit ihren Verwandten freundlich und gütlich dahin vereinbart, dass Ihre Majestät in ihrem eigenen und im Namen ihrer Brüder und Vettern die Regierung dieser Lande bis auf weitere Vergleichung, die vermöge der von Sr. Majestät gegebenen Versicherung wo möglich noch vor Ausgang des Jahres 1596 vollzogen werden soll, führen solle. Nun gebühre es sich,

1 Neben dem Landeshauptmanne Hans Jakob Khuen von Belasy zwei Wolkensteine, Christoph und Melchior Hannibal, zwei Brandis, Anton und Jakob Andre, Sigmund von Welsberg, Hans Kaspar Künigl, Mathias von Annenberg, Christoph Vintler, Hillebrand v. Wangen, Karl Fueger zu Friedberg und Ferdinand v. Kiebach.

2 Die Städte waren Meran, Bozen, Innsbruck, Hall, Sterzing, Lienz, Glurns, Rattenberg, Kuefstein und Kitzbühel.

3 Sohn des verstorbenen Erzherzogs Ferdinand.

von den ober- und vorderösterreichischen Fürstenthümern, Landen und Leuten die gewöhnliche Erbhuldigung aufzunehmen, was füglich nur auf einem offenen Landtage geschehen könne.

Zu diesem Zwecke wäre der Kaiser am liebsten in eigener Person zu seinen getreuen Landen und Leuten gekommen, allein der Krieg in Ungarn gegen den Erbfeind der Christenheit sei hindernd in den Weg getreten. Nachdem aber die wichtige Angelegenheit keinen längeren Aufschub mehr zulasse, habe sein geliebter Bruder, der Erzherzog Mathias sich bereit erklärt, auf dem offenen Landtage zu erscheinen und ihn auf demselben zu vertreten.

Der kais. Majestät und Dero Brüdern und Vettern sei an der fürstl. Grafschaft Tirol, der auch die beiden Stifte Trient und Brixen zugethan sind, nicht wenig, sondern hoch und viel gelegen; sie stehe bei Sr. Majestät und Ihren Mitinteressirten in hoher Achtung, sie haben aber auch zu den beiden Cardinälen und zu den vier Ständen als ihren getreuen Unterthanen ein besonderes Vertrauen; darum habe Se. Majestät nicht nur als selbständiger, sondern auch als von den anderen Erzherzogen bevollmächtigter Regent die Aufnahme der Erbhuldigung in der fürstl. Grafschaft Tirol vor den anderen Fürstenthümern und Landen angeordnet.

Se. fürstl. Durchlaucht, des Kaisers Stellvertreter, habe daher an dem treuen und willigen Erscheinen der Herren Cardinäle, der Capitel und Stände sein besonderes Wohlgefallen und stelle somit an alle Stände das Begehren, dass sie Sr. Majestät und Dero Brüdern und Vettern, Erzherzogen zu Oesterreich, ihren rechten, natürlichen Erbherren und Landesfürsten, die Erbhuldigung, Pflicht, Eid und Gehorsam, wie sichs gebührt und des Hauses Oesterreich Gebrauch und Gewohnheit erfordert, auch wie es von Alters herkommen und bei andern regierenden Landesfürsten in Tirol Tirol vormals stattgefunden, leisten nach der Eides formel, die ihnen am Ende des Vortrags vorgelesen werden solle.

Die Erbhuldigung konnte nur von den vier Ständen verlangt werden, nicht aber von den zwei Bischöfen und deren Capiteln, da diese nicht Stände und Unterthanen des Tiroler Landesfürsten waren.

Sobald die anwesenden Stände die Erbhuldigung geleistet und auch die Zusage gegeben haben werden, dass alle nicht Erschienenen, und auch alle Einwohner der Städte und Gerichte jung und alt, reich und arm, den dazu verordneten Commissarien die Huldigung leisten werden, erbietet sich Se. Majestät für sich und die anderen Erzherzoge, die Landschaft bei ihren Gnaden, Freiheiten, Privilegien, Gerechtigkeiten und guten alten Gewohnheiten und Gebräuchen bleiben zu lassen und dabei handzuhaben, und dieselben, wie dies bei dem Regierungsantritte des Erzherzogs Ferdinand geschah, zu bestätigen. Se. Majestät verspricht ferner, während ihrer landesfürstlichen Regierung für Friede und Recht, für gute Ordnung und Polizei, für Schutz und Vertheidigung gegen Ueberfall und Krieg, für die genaueste Beschränkung aller unnöthigen Ausgaben, und für Einrichtung eines wohlgeordneten Haushaltes Sorge zu tragen, besonders zu dem Zwecke, dass die vorhandene Schuldenlast mit Hilfe und Unterstützung der treuen Lande um so rascher vermindert und gänzlich beseitigt werde. Den beiden Herren Cardinälen, deren Stiften und Capiteln und der ehrsamen Landschaft wurde zum Schlusse noch der besondere Schutz Sr. Majestät zugesichert.

Die hierauf vorgelesene Eides formel lautete: Ihr werdet geloben und schwören, dem allerdurchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Rudolf dem II., erwählten röm. Kaiser, zu Ungarn und Böhem König, Erzherzog zu Oesterreich etc. etc., Grafen zu Habsburg und Tirol, und dessen Brüdern und Vettern des hochlöbl. Hauses Oesterreich etc., dass ihr Ihrer kais. Majestät und den fürstlichen Durchlauchten als eueren rechten, natürlichen Erbherren und Landesfürsten, und nach derselben Abgang ihren nächsten Erben treu, gehorsam und gewärtig sein, auch ihren Frommen fördern und Schaden wenden wollet, wie das mit Recht und von Alters herkommen ist, als euch Gott helfe und alle Heiligen, getreu und ohne Gefährde.‘

Der Landeshauptmann erbat sich im Namen der Stände die Mittheilung der vorgelesenen Proposition sammt Beilagen und versprach Antwort. Diese wurde bereits am 5. August gegeben. Bei der Berathung über die zu ertheilende Antwort stiess man auf nicht geringe Schwierigkeiten. Die Proposition war in vielen Punkten dunkel, und gab über die für Tirol wichtigsten Fragen keine Auskunft. Man ersah aus ihr wohl, was der Kaiser

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