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Cilliers, mit Rücksicht auf die Darstellung unbefangen prüft, so darf man unserer Quelle epischen Fluss und dramatische Lebendigkeit nicht ganz absprechen.

Als Probe dessen möge ein Stück aus dem 33. Capitel, das den Fall des letzten Cilliers erzählt, in möglichst treuer Widergabe hier den Platz finden.

Nach dieser Messe ging Graf Ulrich von Cilli in den Rath, der über ihn beschlossen war (d. i. die Versammlung der Ungarn, die sein Verderben beschlossen). Sobald er unter sie kam, setzte ihn der ungetreue Hunyady Lasla zur Rede, was er in Ungarn zu schaffen hätte; besässe er nicht so viel daheim in seinen Herrschaften, dass er nicht bedürfte in Ungarn noch mehr der Herrschaften und des Gutes zu suchen, und Ehren an sich zu ziehen? Da antwortete er, er wäre seinem Herrn, dem Könige, und dem christlichen Glauben zu Diensten gekommnn, aber ihres Gutes wollte und bedürfte er nicht. Da zuckte der ungetreue Hunyad sein Messer aus der Scheide und schrie laut den Seinen zu: Schlagt ihn, den von Cilli! Der edle Cillier, als er sah, es sollte ihm an's Leben gehen, fasste den Muth des Löwen (da fing er eines Leuen gemüt) und griff ritterlich zu seiner Wehr, und schlug auf den Hunyady Lasla einen geschwinden Schlag, und hätte der Ungetreue diesen Schlag nicht abgelenkt (versezt) und aufgefangen, seine Untreue wäre ihm wohl vergolten worden. Und wie wohl er den Schlag auffing, dennoch ward er von dem Cillier am Haupte und Daumen verwundet, und dieser schlug ihm das Gehölz an dem Messer ab und einen goldenen Ring, den er am Daumen trug, von einander. Indem ward eine Kammerthür geöffnet, daraus liefen die hervor, welche da verborgen (verstossen) waren, mit Schwertern und Tartschen, und schlugen dem Fürsten von Cilli grosse Wunden in Haupt und Füsse. Und als sie ihn zu Tode erschlagen, legten sie ihn auf einen Tisch und schlugen ihm sein Haupt ab.'

Zum Schlusse möge es gestattet sein, die Ergebnisse der gesammten Untersuchungen in einer kurzen Rückschau anzudeuten.

1. Die Cillier Chronik, als Quelle nachweisbar das erste Mal in Megiser's kärnthnerischer Chronik (1612) benützt und angeführt, wurde im Ganzen zunächst von Hahn 1726,

aber nach einer schlechten Handschrift, abgedruckt. Fröhlich's Genealogia Sounekiorum etc. (1755) machte auf die stellenweisen Abweichungen und Vorzüge des Textes einer Handschrift dieser Chronik aufmerksam, und erwarb sich überdies ein unläugbares Verdienst um die chronologische und genealogische Kritik unserer Quelle. J. A. Cäsar bot im III. Bande der Annales ducatus Styriæ den auf vier Handschriften fussenden Abdruck eines,Triplex Chronicon Celejanum', worin hauptsächlich zwei Textirungen zur Geltung kommen; ignorirte jedoch Hahn's Abdruck und verkannte sowohl die Entstehungsgeschichte als auch den kritischen Werth dieser Textverschiedenheiten.

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2. Eine kritische Vergleichung der Drucktexte und der wesentlichsten Handschriften, insbesondere der der Univeritätsbibliothek und des Landesarchives in Graz, anderseits der Wiener Hofbibliothek, lässt drei zeitlich und inhaltlich verschiedene Redactionen der Cillier Chronik annehmen, und zwar: 1. die ursprüngliche oder doch vor der Hand älteste, die sich in dem Abdrucke bei Hahn und in der (schon von Fröhlich gekannten) Handschrift des Daniel Cupitsch auf der Wiener Hofbibliothek vorfindet; 2. die in Zusatzcapiteln und stellenweisen Abweichungen an Haugen's von Freyenstein ungarische Chronik gelehnte, sonst aber den Kern und Wortlaut der ursprünglichen Anlage und Textirung wahrende zweite Redaction in der Handschrift des Georg Vinckh vom Jahre 1542 auf der Grazer Universitätsbibliothek, von Cäsar als Manuscriptum III seines,Triplex Chron. Celejanum' grösstentheils abgedruckt, und 3. die Redaction von 1594, eigentlich eine Umarbeitung der Cillier Chronik, im Wege fortlaufender, Wort und Gehalt der ursprünglichen Fassung zersetzender Benützung Bonfin's und der Weltchronik Hartmann Schedel's, aus der Feder eines gewissen Solidus (Fest?) von Meissen (?), Schulmeisters im steierischen Markte Gonobiz; eine Redaction, in Text und Gehalt die werthloseste unter den dreien, aber die geläufigste und durch die meisten Handschriften vertreten ; bei Cäsar a. a. O. als Mscr. I. II. abgedruckt.

3. Der meist benützte aber ungemein verderbte Text der Cillier Chronik im Abdruck bei Hahn macht der Werthschätzung dieser Quelle, die nur in den einleitenden Legenden eine bestimmte Anlehnung an Fremdes verräth, sonst aber ihren eigenständigen Charakter wahrt, wesentlichen Eintrag.

Um so wichtiger erscheint deshalb die Möglichkeit der Verbesserung dieses Fehlerwustes mit Hülfe der Wiener Handschrift des Cupitsch und des Vinckh'schen Exemplares vom J. 1542, und diese Aufgabe versucht der 4. Abschnitt vorliegender Abhandlung zu lösen, indem hier zugleich auf den Text der Bruchstücke aus der alten cilerischen Chronik' bei Megiser Rücksicht genommen wird.

4. Was die Abfassungszeit der Cillier Chronik in ihrer ursprünglichen Form betrifft, so sprechen innere Gründe für die Vermuthung, dass wir sie der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, nicht lange nach dem Erlöschen des Grafenstammes, zuweisen dürfen. Ja es ist nicht unmöglich, dass der Beginn der Chronikenabfassung noch vor jene Katastrophe fällt.

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5. Der Verfasser, unstreitig ein Geistlicher, darf am ehesten als Inwohner von Cilli und Angehöriger des dortigen Minoritenklosters gedacht werden, wenn auch Einiges für das Karthäuserkloster Plettriach in Krain zu sprechen scheint. Dass er dem Grafengeschlechte näher stand und in pietätvoller Erinnerung seinen Anwalt macht, beweist die genaue Kenntniss der Familiengeschichte, beweisen die urkundlichen Belege und charakteristischen Detailzüge, beweist die ganze Darstellung, die den Tadél meidet, aber ebensowenig zu niedriger Schmeichelei oder hämischer Entstellung der Thatsachen Zuflucht nimmt.

6. Die Cillier Chronik, für den Zeitraum von 1341-1422 in ihren Angaben lückenhaft und dürftig, wenn auch immerhin von Belang, bietet für die spätere Epoche eine Reihe von Daten, die wir vergebens in anderen Quellen suchen. Selbst dort, wo sie von anderen Quellen wesentlich ergänzt oder theilweise berichtigt wird, zeigt sich die Eigenständigkeit und Eigenthümlichkeit der Quelle, die aus Ueberlieferung, Erinnerung, zeitgenössischen, Mären oder Zeitungen und mitunter aus urkundlichen Behelfen schöpfte, eine schlichte Natürlichkeit offenbart, und nicht ohne epischen Farbenton und dramatische Lebendigkeit den Faden der Erzählung fortspinnt, fallen lässt und wieder aufgreift, um so den Pragmatismus der Geschichte, wenngleich mit dem beschränkten Gesichtskreise und der ungelenken Darstellung eines mittelalterlichen Specialchronisten, zur Geltung zu bringen.

BEITRÄGE

ZUR

GESCHICHTE DER VERHANDLUNGEN

ÜBER DIE ERBFÄLLIG GEWORDENE GEFÜRSTETE

GRAFSCHAFT TIROL

NACH DEM TODE DES ERZHERZOGS FERDINAND

VON 1595-1597.

VON

ALBERT JÄGER.

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