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Weinhold anknüpfend einige Nachträge über den Teufel liefern. Jenen Scenen, wo die Teufel ihrem Fürsten die Seelen verschiedener Sünder herbeischleppen", begegnen wir auch in den Tiroler Passionsspielen; so liegt uns ein selbständiges Stück aus dem Archive von Sterzing vor, welches, eine eigentliche Teufelscomödie, den Schluß des auf mehrere Tage vertheilten Passionscyklus bildet. Es ist mit Rothstift unten. an den Rand des ersten Blattes geschrieben: „Von Hall 1514." Gerade zu Hall wurde die Passion häufig aufgeführt.

Zuerst tritt „Luciper" auf und beruft die Teufel zu einem Landtage, um zu berathen, wie die Hölle zu füllen sei. Ein Teufel nach dem andern erbietet seine Dienste, indem er seine Aufgabe charakterisiert. Voran

trieb.

fürst Satanas,

Der wider got ye u. ye was.

Er kennt:

Manige hoffart und vpikait

Vnd ander vble beschait,

Wie man sol stechen vnd turnieren
Singen, springen vnd hofieren. -

Auch kan ich den frauen vnd ir dieren
Anstreichen die wang vnd die stieren.

Dann lehrt Fürst Rosenkranz":

Kranzl vnd puschle (Sträuße) machen.
Das mugen dan die gar wol lachen,
Dens gepunden wirt von veil vnd rosen,
So hebt sich dan ein liebkosen.

Dann Fürst Welczebub:

"

Ich lern sy die leut betruegen

Mit valschet vntreu vnd mit liegen.
Ich laß den man woll ze kirchen gen,

Aber sein andacht mueß im schrein sten.

Dann vertritt Weliall", Fraß und Völlerei.

"

Dann Astaroth, der Teufel des Neides, der Judas zum Verrathe

Dann „Ruffo":

Er macht die straßenrauber fro.

Dann „Amon", der Teufel des Argwohns und übler Nachrede. Dann "Belphegor", der Teufel des Zornes und der Rachsucht. Dann „Titinill", der die Leute von der Andacht und guten Werken abhält:

GERMANIA XI.

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Ich laß auch niemanz gern vasten,

Aber am suntag mach ich die leut rasten,

Das sie lang luntschen in irem pett

Bis das die sun allenthalben ufget.

Dann „Baall", der die Leute lehrt spotten, nachreden und lügen.
Dann Spranczl":

Meine wonung hab ich in dem Etschland,

Die wirt sind mir darin vast wol bekant
Mit iren vielen valschen maßen,

Die sy brauchen vor den vassen.

Dann „Lesterer", der Zwietrachtsteufel, der den Kaiser erwecken kann wider den Pabst.

Dann Sturpaus", der Teufel der Wechsler und Geldfälscher.
Dann Nicht umbsunst", der die Hexen Wetter machen lehrt:
Bis das sy etwa gerichtet werden

Mit feur vnd prant auf der erden.

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Dann der Teufel Vntreu", der die „Kerzlmacherinnen" anleitet, die Kerzeln klein zu machen, daß nichts daran ist, dan der zachen" und auch die erhitzen will, die an den Sonntagen vor und auf dem Friedhof sitzen und „prenten (Fässer) wein vnd lebzelten vail haben.“ Zum Schlusse noch Vrnell":

"

ain getreuer pote schenk,

der sich Lucifer zu Bestellungen nach allen Ländern der Welt erbietet. Nachdem so alle vor Lucifer defiliert sind, fordert er sie, damit ihnen alles besser gelinge, zum Sang und Tanz auf.

„Et sic canit Satanas incipiens:
Luciper im trone - das re

Der was ain engel schone

Er was ain engel wunicklich

das re, ra.

das re

Nun ist er worden greulich das re, ra!

Luciper dicit:

Ach wie woll habt ir gesungen,

Es hat in ainem alten padkubl so woll erklungen,

Ich gebeut euch an allen haß

Das ir mir singendt paß.

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Nach diesem Lobgesange gehen die Teufel auf Fang aus und schleppen Sünder jeder Art herbei: Schneider, Wucherer, Metzger,

Kaufleute u. s. w. Sie geben ihre Sünden an und erhalten von Luzifer das Urtheil.

Schließlich führen die Teufel unter lautem Geschrei: „Ha, ha, ha!“ die Verdammten an Ketten in die Hölle.

Auch das neuere Bauernspiel beschäftigt sich gern mit dem Teufel, den das Volk wohl auch „Gangerl" oder „Gabelelitz“ nennt. Bezüglich der Geschichte des Tiroler Bauernspiels verweise ich auf einen längeren Aufsatz von mir: „Über Bauernspiele in Tirol" in den „österreichischen Blättern für Litteratur und Kunst" Nr. 34, 35, 36 (August bis September) 1854. Das Tiroler Bauerntheater oder Bauernspiel, wie es sich aus dem vorigen Jahrhundert in die Gegenwart fortsetzt, hat mit dem Drama des Mittelalters nichts zu schaffen; es ist mit seinen Alexandrinern ein eigentliches Produkt der Rococozeit und leitet, wie ich Schritt für Schritt nachgewiesen, seinen Ursprung von den Jesuitenschauspielen ab.

EIN FUCHSMYTHUS.

Es ist ein in manchen Orten Deutschlands herrschender Gebrauch, am Osterfeste im Walde auf Eichhörnchen Jagd zu machen und sie so lange zu verfolgen, bis sie todt niederfallen, s. Kuhn und Schwartz Nordd. Sag. S. 511, Anm. zu Nr. 26 (27). In England, wo sich derselbe Brauch wiederfindet (s. Kuhn in v. d. Hagens German. 7, 433), hat er zwar zu Weihnachten statt, jedoch weist letzterer darauf hin, daß die Weihnachtsfeier gewissermaßen ein Vorspiel zum Sommerempfang sei, und bemerkt ferner ganz richtig (S. 432): „Die Farbe des Thieres war es gewiss, die es dem Donar heilig machte; auch der rothe Fuchs heißt im Isländischen holtathorr (Grimm, Myth. 162) und ich vermuthe, daß auch das Eichhörnchen aus demselben Grunde ihm heilig gewesen sein wird." Daß die Eichhörnchen als Opfer in das zu Ehren Donars und Freirs (Kuhn, Westphäl. Sag. 2, 137) angezündete Osterfeuer geworfen wurden, ist zwar nirgends gesagt 1), jedoch allerdings wahrscheinlich, wie Kuhn (Germ. a. a. O.) bemerkt. Was den Fuchs betrifft, so wurde er auch bei Sommerverkündigungen umhergetragen, was ihn gleichfalls als ein dem Thor geweihtes Thier erkennen lässt: Simrock, Mythol. 566. 579 (2. Aufl.). Grimm RF. CCXIX. Daß auch dieser einst als Opfer verbrannt wurde, ist ebenfalls höchst

1) Man berichtige hiernach Mannhardt German. Mythen S. 137. 238.

wahrscheinlich, wobei man sich erinnere, daß zu Rom (Carseoli) im April (also auch im Ostermonat) an den Cerealien Füchse mit angezündetem Fell in die Felder gejagt wurden, Ov. Fast. 4, 681 ff. 2). Auch dies deutet auf ein altes, irgend einer Frühlingsgottheit dargebrachtes Opfer. Man hat längst auf die augenfällige Ähnlichkeit bingewiesen, welche zwischen dieser Sitte und der bekannten That Simsons (Richter 15, 4) statt findet. Bochart wollte sogar erstere von letzterer herleiten; vgl. Raskoff, Die Simsonssage, Leipzig 1860 S. 104 3). Daß bei den Griechen einst ein dem römischen ähnlicher Gebrauch vorhanden war, lässt sich aus Babrius Nr. 11 ("Avdowños xai άλшxη) mit größter Wahrscheinlichkeit folgern. Die hebräische Sage, die römische und deutsche Sitte, so wie die griechische Fabel weisen offenbar auf gleichen Ursprung, der auf das fernste Alterthum zurückführt. Der all' diesen Überlieferungen zu Grunde liegende gemeinschaftliche Zug ist aber der angezündete Fuchs, statt dessen auch das Eichhörnchen eintritt und zwar nicht bloß der gleichen Farbe wegen, sondern auch weil es ihm in dem buschigen Schwanze ähnlich ist; wozu dann vielleicht noch kommt, daß es zahlreicher und leichter anzutreffen ist als der Fuchs, der allem Anschein nach das eigentliche, ursprüngliche Opferthier war), wenn er nicht selbst etwa in zoomorphischer Götteranschauung für irgend ein mit Feuer, Sonne u. s. w. in Verbindung stehendes Wesen galt oder dasselbe repräsentierte 5). Wie dem auch

2) Die wichtigsten Stellen lauten so:

Cur igitur missæ vinctis ardentia tædis

Terga ferant vulpes, causa docenda mihi...

Der Sohn eines Landmannes zu Carseoli fängt einen Fuchs, der den Federviehhof oft geplündert hatte. Dann heißt es weiter:

Captivam stipula fænoque involvit et ignes

Admovet. Urentes effugit illa manus.

Qua fugit, incendit vestitos messibus agros.
Damnosis vires ignibus aura dabat.

Factum abiit: monumenta manent. Nam vivere captam

Nunc quoque lex vulpem Carscolana vetat.

Utque luat pœnas, gens hæc, Cerealibus ardet;

Quoque modo segetes perdidit, ipsa perit.

3) Rosenmüller, Altes und neues Morgenland 3, 50 ff., auf den Roskoff verweist, kann ich leider nicht nachsehen.

Über die rothe Farbe des Fuchses und seinen Schwanz vgl. Grimm RF. XXIX f. XLI.

5) Grimm RF. XXX bemerkt: „Ich finde, daß die Finnen für das Nordlicht den Namen rewon tulet die Lichter oder Feuer des Fuchses haben, sei es von der bloßen Farbe dieser Erscheinung oder einem Mythus." Einen japanesischen Volksglauben über

sei, jedenfalls möchte ich die Frage aufwerfen, ob nicht mit den bisher besprochenen Sagen und Gebräuchen eine altitalische Mythe in irgend welchem Zusammenhang steht, wonach bei der Gründung Laviniums ein Fuchs sich mit seiner in den Fluß getauchten Ruthe einen großen Brand auszulöschen bemühte, zu welchem ein Wolf Holz herbeitrug, während ein Adler ihn mit seinen Flügeln anfachte. Dion. Hal. 1, 59. Auf die genaue Übereinstimmung dieser Sage mit mehrfachen indischen und andern habe ich in meiner Anzeige von Preuners Hestia-Vesta in den Gött. Gel. Anz. 1866 hingewiesen und hebe ich hier besonders noch nachträglich hervor, daß in dem von Benfey Pantschat. 1, 236 mitgetheilten buddhistischen Dsckâtaka zwar statt des in den meisten andern Versionen eintretenden Brandes von einer Sturmflut die Rede ist, dagegen an der Stelle des Fuchses der lavinischen Legende ein Eichhörnchen erscheint, welches mit seinem Schwänzchen den Ocean auszutrocknen unternimmt. Also auch hier sehen wir wie schon oben Fuchs und Eichhörnchen einander vertreten. Ob diese beiden Hilfebringer sich übrigens in letztgenannten Sagen an ihrem rechten Platze befinden, möchte ich jedoch bezweifeln, wenigstens finden wir statt ihrer in den übrigen Wendungen auch andere Thiere genannt und in der ältesten Form, älter als die buddhistische und lavinische, dürfte der Fuchs (das Eichhorn) das Feuer genährt, dagegen ein anderes Thier dasselbe zu löschen gesucht haben. Wenn dem so war, dann müßen in dieser weitverbreiteten Mythe Fuchs und Eichhorn ebenso gedeutet werden, wie in dem hier zu Anfang besprochenen deutschitalischen Gebrauch, welcher Art auch sonst diese Deutung sein möge. Man darf hierbei wohl fragen, ob das Ganze vielleicht ursprünglich einen Kampf zwischen Sommerglut und Regenzeit vorgestellt haben und der die erstere repräsentierende Fuchs verbrannt worden sein mochte, welche letztere Sitte sich später in einigen Ländern allein erhielt.

Schließlich noch die Bemerkung, daß unter den das Feuer löschenden Thieren in einigen Versionen auch Vögel genannt werden,

den Fuchs s. DM. 634. Bei den Peruanern fand sich ein Gott in Gestalt eines Fuchses. Müller, Amerikanische Urreligionen S. 320, und die Tapuya's besitzen einen Mythus, wonach einmal ein Fuchs sie bei dem Gestirn des großen Bären in Ungnade gebracht habe. Vorher hätten sie ein gar bequemes Leben geführt und nicht nöthig gehabt, für die Nahrung zu sorgen. Von nun aber müßten sie ihr Leben in Mühe und Anstrengung zubringen; ebendas. S. 256. F. L. W. Schwartz in seinen Naturanschauungen u. s. w. Berlin 1864, Bd. I. 130 ff. 220 f. fasst Simson als Sonnenheld und die an die Schwänze der Füchse gebundenen Feuerbrände als Gewittererscheinungen. Herakles, mit dem andere Forscher den Simson zusammenstellen (s. Roskoff a. a. O. S. 100 ff.), ist gleichfalls ein Sonnengott.

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