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Instrumental statt des erwarteten Dativs vorkommt, so ist dies noch keineswegs ein Grund, für das Geschäft der Vergleichung ebenfalls den Instrumental anzunehmen. Außerdem führt Grimm ausdrücklich einen Umstand an, der entschieden gegen die Ansicht spricht, als sei der Dativ nach Comparativen ein instrumentaler, nämlich, daß im Griechischen der Genitiv nach der Vergleichung steht; es steht aber fest, daß der Instrumental im Griechischen durch den Dativ, der Ablativ aber durch den Genitiv ausgedrückt wird. Die Annahme von der ablativischen, nicht instrumentalen, Natur des Dativs nach Comparativen wird also durch die Analogie des Griechischen und Lateinischen bestätigt, und zudem hat ja auch der Ablativ eine weit bessere Berechtigung als der Instrumental, bei der Comparation angewandt zu werden, denn ein Ding ist nicht größer, besser u. s. w. durch ein anderes, sondern rücksichtlich eines anderen, das die verglichenen Eigenschaften in geringerem Grade besitzt.

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Was den Instrumentalis und den Dativ als Stellvertreter desselben anlangt; so kann ich nur auf Grimm IV, 741 f. und 750 f. sowie auf v. d. Gabelentz und Löbe II, 2, 231 f. verweisen. Wo ich mit deren Ansichten nicht übereinstimme, habe ich meine abweichenden Ansichten oben gehörigen Orts angegeben.

Cap. III.

Der absolute Dativ.

Zum Schluß haben wir noch den absoluten Gebrauch des Dativs zu behandeln. Grimm bespricht das Capitel der absoluten Casus überhaupt S. 887-919. Ich kann mich auch hier nur darauf beschränken, einen kurzen Auszug aus Grimm's Resultaten zu geben und muß mich darauf beschränken, daß ich einige Stellen, an denen er mir Unrecht zu haben scheint, zu corrigieren versuche.

„Absolute Casus", sagt Grimm (S. 887), „sind, welche nicht regiert werden. Wenn ein Casus weder abhängig zu machen ist von einem herrschenden Verbo, noch von einem Nomen oder einer Partikel des Satzes, so verdient er jene Benennung. Er tritt, für sich bestehend, in den Satz ein. - Solche absolute Casus haben die Natur des Adverbs, und man darf auch alle aus dem Nomen entsprossenen Adverbia absolute Casus heißen." Dies Letzte hat seine volle Richtigkeit bei Casus von Substantiven, welche ohne Hinzutritt eines Adjectivs oder Particips absolut gesetzt sind, wie dagis, nahts, nicht aber bei

Substantiven, die mit einem Adjectiv oder Particip verbunden, absolut gesetzt sind.

Ebensowenig, wie im Lateinischen, gibt es absolute Participia, bei denen das Subject im Dunkel gelassen und nicht gesetzt wird, wie im Griechischen, z. Β. ΰοντος, σαλπίζοντος. Absolute Substantiva und Adjectiva werden im Gothischen nicht gefunden, dagegen äußerst häufig Substantiva mit Participien als absolute Dative, denen häufig die Präposition at voransteht, oft zur Wiedergabe von ní, das sich jedoch nicht immer findet, wo der Gothe at setzt. Bemerkenswerth ist, daß das Participium bei absoluten Dativen stets prädicativ steht, nie attributiv.

Von anderen Casus, die außer dem Dativ absolut vorkommen, führt Grimm zunächst den Nominativ an und bringt als Beispiele dafür Marc. 6, 21 jah varpans dags gatils, pan Herodis nahtamat vaurhta und Joh. 11, 44 jah vlits is auralja bibundans, ǹ ővis avtov covdaqiw лεqiεdídeτo. Maßmann fügt an beiden Stellen, eine Ellipse vermuthend, in Parenthese vas hinzu. An der Johannisstelle bietet die Ellipse von vas sich sehr deutlich dar, besonders wegen der Fassung des griechischen Textes; auch Grimm weist den Gedanken einer Ellipse nicht direct zurück, obgleich er ihm bedenklich vorkommt. An der andern Stelle, Marc. 6, 21, hält Grimm eine Ellipse von vas aus dem Grunde für bedenklich, weil Ulfilas für vaurpans vas vielmehr einfach varp gesetzt haben würde. Diese Einwendung würde ganz gerechtfertigt sein, wenn hier einfach das Präteritum ausgedrückt werden sollte, aber es wird ganz speciell das Plusquamperfectum verlangt „als ein passender Tag gekommen war", wie es im Griechischen heißt: xai yevouévns ηuéqas súnaigov, und dieses Plusquamperfect konnte nicht anders ausgedrückt werden als durch die Umschreibung vaurpans vas. Wir werden also beide Stellen, wo Grimm absolute Nominative erkennen will, als solche nicht anerkennen dürfen, sondern als unabhängige Sätze, in denen das Hilfsverbum, vas, ausgelassen ist.

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Für den absoluten Genitiv bringt Grimm nur eine einzige unsichere Stelle bei, Marc. 16, 1 invisandins sabbate dagis, diayevouέvov Tov бaßßátov, cum transisset sabbatum. Grimm bemerkt hiezu (S. 896): „Ulfilas nimmt diaɣívɛodai, für Exıɣívɛodai, instare, scheint aber invisandins attributiv mit dem absolut gesetzten dagis zu verknüpfen. dagis steht, was auch die neuesten Herausgeber bemerken, ganz wie 16, 2 auf die Frage: Wann? Der Sinn ist also: am Vorsabbat. Wäre das Particip prädicativ, so würde der Dativ invisandin daga auf ge

wöhnliche Weise gebraucht sein, freilich mit wenig abweichender Bedeutung."

Absolute Accusative hält Grimm für unbestreitbar. Außer den von ihm (S. 900) angeführten Stellen habe ich keine gefunden, welche auf die Vermuthung von der Existenz absoluter Accusative führen könnte, und unter den citierten Stellen ist keine, die nicht eine andere, mindestens ebenso gute Erklärung zuließe, als mit Hilfe der Annahme eines absoluten Accusativs. Matth. 6, 3 ip puk taujandan armaion, ni viti kleidumei peina, hva tauji taihsvo peina, σοῦ δὲ ποιοῦντος ἐλεημο 6vvηv xrλ. Trotz des absoluten Casus im Griechischen halte ich es doch für bedenklich, hier einen absoluten Accusativ anzunehmen, da sehr wohl der Accusativ puk taujandan armaion von viti abhängen kann und der Nebensatz hva taujip taihsvo peina eine nähere Ausführung zu puk taujandan armaion enthalten. Marc. 6, 22 jah atgaggandein inn dauhtar Herodiadins jah plinsjandein jah galeikandein können die Participien ebensowohl Dative als Accusative sein; zu den Dativen würde aber der Accusativ dauhtar nicht stimmen, indeß durch eine leichte Conjectur, die Stamm vorschlägt, indem man dauhtr für dauhtar schreibt, hilft man dem ab und wir erhalten einen absoluten Dativ, entsprechend dem griechischen absoluten Genitiv dieser Stelle. Ferner wird als Belegstelle für den Gebrauch des absoluten Accusativs citiert Skeir. IV, c. ip po veihona vaurstva, unandsakana visandona, gasvikunþjandona pis vaurkjandins dom, bairhtaba gabandvjandona, sed sanctis operibus irrefutatis, operantis judicium manifestantibus et clare significantibus; Grimm wirft hiebei die Frage auf: „Alle diese Accusative könnten ebensowohl Nominative sein?" Ferner hält Grimm visandona für attributiv und ist ungewiss, ob er nicht auch gasvikunpjandona dafür halten soll; dann müßte es aber auch gabandvjandoa sein; anscheinend ist auch unandsakana visandona in der That attributiv, die anderen Participien aber prädicativ und haben wir keine Accusative in veihona vaurstva u. s. w. zu sehen, sondern Nominative und die Copula sind zu ergänzen. Daß Matth. 26, 71 usgaggandin ina in daur gasahv ina anpara von absolutem Accusativ nicht die Rede sein kann, lehrt schon der griechische Text dieser Stelle, der gleichfalls doppelten Accusativ aufweist: óvta δὲ αὐτὸν εἰς τὸν πυλῶνα, εἶδεν αὐτὸν ἄλλη. Auch Luc. 15, 20 nauhpanuh pan fairra visandin gasahv ina atta is kann unmöglich als absoluter Accusativ gelten, da das erstemal (bei visandin) der Accusativ weggelassen ist; im Griechischen steht der absolute Genitiv. Luc. 9, 42 duatgaggandin ina gabrak ina sa unhulpa haben wir, trotz des absoluten Genitivs im Griechischen, doch wohl nur eine Wiederholung des Ob

jectsaccusativs der stärkeren Hervorhebung des Objects wegen anzunehmen. Demnach werden wir auch schwerlich at maurgin vaurbanana, Matth. 27, 1, als absoluten Accusativ, dem die Präposition at vorantritt, wie so häufig dem absoluten Dativ, anerkennen können, da nach dem oben Gesagten alle sicheren Analogien eines solchen mangeln. Das von Grimm angesetzte maurgin vaurparara als Accusativ der Zeitbestimmung habe ich nirgends finden können.

Nicht selten kommt es vor, daß im Griechischen wie im Gothischen ein Dativ in einem Satze steht, auf welchen ein zweiter Satz mit wiederholtem Dativ folgt; in solchen Fällen ist ein absoluter Dativ nicht anzunehmen; so Matth. 5, 1. 23; 8, 22; 9, 27; Marc. 5, 2; Luc. 8, 27.

Auch Auflösungen des griechischen absoluten Ausdrucks finden sich zuweilen, wie Matth. 9, 18 ταῦτα αὐτοῦ λαλοῦντος αὐτοῖς, mippanei is rodida pata du im und v. 33 καὶ ἐκβληθέντος τοῦ δαιμονίου, jah bipe usdribans varp unhulpo u. s. w.

In Betreff des absoluten Dativs habe ich Nichts gefunden, was ich gegen Grimm's Resultate einzuwenden oder wodurch ich sie zu vervollständigen wüßte; höchstens hätte ich noch mehr Beispiele sammeln können, bei der unzähligen Menge derselben eine überflüssige Arbeit.

ALTHOCHDEUTSCHE GLOSSEN.

In der Germania I, 110-114, 465-475, VIII, 383-414 ist von Holtzmann nachgewiesen, daß die ahd. Übersetzungen des ersten Evangeliums, des Isidorischen Tractates, der Homilie „de gentium vocatione" und der Predigt „de Petro titubante" von dem Angelsachsen Pirmin, dem Stifter von Reichenau, herrühren, daß ebenderselbe auch ein Glossenwerk über die ganze Bibel gleichsam übersetzte und daß sämmtliche Reste dieser Übersetzungen und Glossen direct oder indirect Abschriften der Pirminischen Sammlung seien.

Diese Sammlung wurde durch unterhaltene Verbindung mit Reichenau und besonders bei Klöstern, welche unter unmittelbarem Einflusse Pirmins gestiftet wurden, für den nothwendigen Bücherbedarf eines jeden Klosters abgeschrieben: wie es von Altaich, Murbach und Pfäffers bekannt ist (Germ. I, 473). Dabei gieng die ursprünglich angelsächsische Übersetzung ins Hochdeutsche über und die Glossare

waren bis ins 13. Jhd. in der anfänglichen Form nach dem biblischen Texte allgemein im Gebrauch.

Auch in der k. k. Studienbibliothek zu Salzburg befindet sich ein Fragment einer solchen Abschrift dieser Pirminischen Glossen aus dem 11. Jhd. auf einem Pergamentdoppelblatte gr. Fol., welches bisher als Einband eines mathem. Werkes des 16. Jhds. diente. Jede Seite hat 3 Spalten und 38 Zeilen; es sind gegen 450 lateinische Ausdrücke angeführt, wovon 170 durch nebenstehende oder übergeschriebene deutsche Glossen erklärt sind. (Die übergeschriebenen, welche vielleicht Zugabe des Abschreibers oder eines Gebrauchenden sind, obschon die Schrift ganz dieselbe bleibt, wurden durch gesperrten Druck kenntlich gemacht.) 50 Worte sind gar nicht glossiert und die übrigen haben Synonyme oder erklärende lateinische Phrasen neben sich.

Das erste Blatt stimmt überein mit den von Graff VP bezeichneten Tegernseer Glossen, welche ich auch in dem schriftlichen Nachlasse Schmeller's auf der k. Hofbibliothek in München unter seinen Glossae interlineares I, 400 und II, 1007 abgeschrieben fand und verglichen habe.

Das zweite Blatt hat mit diesen nichts gemein und stimmt überein mit den Monseer Glossen (p. 380-382 nach Pez). Die beiden Blätter bildeten vielleicht das äußere Doppelblatt einer Lage, welche den Schluß eines Abschnittes der Tegernseer Glossen und den Anfang der Monseer (Pez I, 374-380) enthielt. Sie sind, wie die angeführten Abweichungen beweisen, weder eine Abschrift des einen, noch des andern Codex, haben aber offenbar mit beiden die gleiche Grundlage.

Die Salzburger Hs. zeigt die Consonanten fast durchgehends auf einer andern Stufe als die beiden andern, z. B.: b: p, g: k, c: ch, h: ch, z: c, f: ph etc. Der Schreiber subscribiert meistens das i nach m und n; er setzt im An-, In- und Auslaut nur ein langes, schwankt öfters zwischen e und æ, cio und tio, wechselt jedoch selten zwischen v und u, nie bei vv.

Ich habe nur die deutschen Glossen herausgenommen.

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Abweichungen von Schmeller:

1. fachala. 5. arrabonem. 6. heimzugilinch. heimisci.

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