REINHOLD KÖHLER, ZU H. SACHS, DIE ACHTZEHEN SCHÖN etc. 217 land, Galileo land, Judeô folk (liudi, cuning) Kananêô land, Ponteô land, Romanô liudi, Sidonô burg, Sodomô land (burg). Am auffallendsten ist, daß Heyne auch für v. 704, wo die beiden Wörter, wie im Texte richtig steht, durch den Versschluß getrennt sind und land in v. 705 die Alliteration trägt, gleichwohl im Glossar das Compositum Egyptôland (Egypteô-land) ansetzt. ZU DEM GEDICHT VON HANS SACHS DIE ACHTZEHEN SCHÖN EINER JUNGFRAUEN'. Hans Sachs hat ein Gedicht verfasst, welches 'Die achtzehen Schön einer Jungfrauen' überschrieben ist und also beginnt: Nechten zu Abend ich spaciert Dergleich ich mein Tag nie het gsehen. Deß ich mich gleich verwundern gund Die doch all siben traget ir. Da sprach die zart Jungfrau zu mir: Seind denn der Schön nit mehr denn siben? Wo habt ir das funden geschrieben? Ich sprach: Ich hab bei meinen Tagen Von siben Schönen hören sagen. Sie sprach: Der Schön sind wol achtzehen, Die werden außgetheilt darbei In sechs Theil, jeder Theil hat drei. Zum sechsten drei kolschwarz sind not. Im Folgenden theilt dann die Jungfrau dem Dichter auf sein Befragen mit, welchen Theilen des Körpers jene Eigenschaften zukommen, wir aber müßen dem neugierigen Leser überlassen, dieses Nähere bei Hans Sachs selbst nachzulesen *). Wenn Hans Sachs sagt: 'Ich hab bei allen meinen Tagen Von siben Schönen hören sagen', so müßen wir annehmen, daß zu seiner Zeit 'sieben Schönheiten der Frauen' sprichwörtlich waren, und man sollte daher erwarten, denselben öfters in der Litteratur jener Zeit zu begegnen. Ich meinerseits kann bis jetzt nur zwei Stellen nachweisen, wo sie erwähnt werden, eine ebenfalls bei Hans Sachs, eine andere bei Fischart. In dem Fastnachtspiel des Hans Sachs 'Der alt Buler mit der Zauberei' (Werke II, 4, 22a der Nürnberger Ausgabe von 1590) sagt ein verliebter Alter von seiner Geliebten : 'Und wenn ich die Warheit soll jehen, Hets der sibn Schön wol dreizehen'. Und Fischart sagt in der Geschichtklitterung (Cap. 6) von der Braut Grandgosiers: 'Sie hatte die vier Schöne anstatt der vier Tugenden, ja der sibn Schöne wol vierzehen, samt dem Löchlin im Backen, wann sie lacht, und dem Grüblin im Kinn'. Um so mehr war ich überrascht, in italienischen Liebesliedern, wie sie in neuerer Zeit aus dem Volksmund gesammelt worden sind, die 'sieben Schönheiten' zu finden, und zwar nicht nur im Allgemeinen erwähnt, sondern auch einzeln aufgeführt. Ich glaube den Lesern der Germania, denen die italienischen Volksliedersammlungen nicht zur Hand sind, einen Gefallen zu erweisen, wenn ich hier diese lieblichen und wohlklingenden Liederchen mittheile. *) Werke I, p. CCCCCVII der Nürnberger Ausgabe von 1558 oder I, p. 380 der von 1589. Ein toscanischer Rispetto bei Tommaseo Canti popolari I, 46 (darnach auch bei Tigri Canti popolari toscani, 2da ediz., pag. 22, Nr. 79) lautet: Sette bellezze vuole aver la donna, Prima che bella si possa chiamare: Alta dev'esser senza la pianella, E bianca e rossa senza su' lisciare: Larga di spalla, e stretta in centurella: La bella bocca, e il bel nobil parlare. Se poi si tira su le bionde trecce, Decco la donna di sette bellezze *). Ähnlich die vicentinische Vilota bei Alverà Canti popolari tradizionali vicentini, Vicenza 1844, Nr. 87: Sète belezze deve aver la dona, Coi òci mori e con le bionde drezze; Questa è la dòna de sète belezze. Ferner das ligurische Lied bei Marcoaldi Canti popolari inediti umbri, liguri, piceni, piemontesi, latini, Genova 1855, pag. 77: Sette bellesse a deve avei 'na fija, E gli occhi neri colle biunde tresse: Unvollständig sind die Schönheiten in einem zweiten bei Alverà Nr. 86: Sète belezze ghe vole a una dona, Avanti la se faça ciamar bèla; Prima de tuto una bèla andatura, Larga de spale e streta in la cintura; Prima de tuto un' andatura bèla, Larga de spale e streta in centurela ; Prima de tuto de un bel cao de drezze, E quele se ciama la sète belezze. *) Ich erinnere die Leser an die schöne Anzeige, mit welcher Jacob Grimm in dieser Zeitschrift II, 380 die Tigrische Sammlung geehrt hat. Ebenso in einem veronesischen bei Righi Saggio di canti popolari veronesi, Verona (1863), pag. 15: Sete beleze ghà d'aver 'na dona, Quando che bela se vol far chiamare; Sete beleze ghà d'aver 'na bela; I oci mori cole bionde treze, Quele se ciama le sete beleze. Endlich erwähne ich noch ein latinisches Lied (Marcoaldi pag. 131), in welchem der sieben Schönheiten gedacht wird: Oh vedi quant'è bello il paradiso! Che vi stà bene l'occhi bianchi ancora. Gegenüber den sieben Schönheiten, von denen Hans Sachs sein Lebtag hat sagen hören. stellt also in dem Gedicht die schöne Jungfrau nach der Lehre der 'natürlichen Meister' *) achtzehn Schönheiten auf. Ob nun wirklich in irgend einem gelehrten Werk des Mittelalters von den achtzehn Schönheiten gehandelt wird, ist mir unbekannt, wohl aber kann ich ähnliche Aufzählungen der zu einer vollkommenen weiblichen Schönheit nothwendigen Eigenschaften beibringen, die alle das gemeinsam haben, daß immer eine Eigenschaft je drei Theilen des Körpers zugetheilt wird. Ich begnüge mich, im Folgenden nur kurze Nachweise zu geben und überlasse dem Leser die Einsicht und die Vergleichung der Aufzählungen. Die älteste mir bekannte derartige Zusammenstellung ist ein französisches Gedicht vom Jahr 1332 'Ce sont les divisions des soixante et douze beauté qui sont en dames' in Méon's Nouveau recueil de fabliaux et contes inédits I, 407 ff. Weiter nichts als ein unvollständiger prosaischer Auszug aus diesem Gedicht ist die Liste von sechzig Schönheiten hinter dem Gedicht 'La louenge des dames' in A. de Montaiglon's Recueil de poésies françoises des XV et XVI siècles, Paris 1857, VII, 299 ff., wozu man auch Brunet Manuel du libraire, 5ième éd., III, 1182 vergleiche **). Ein und zwan *) In Albrecht von Eybe's Ehebüchlein findet sich dieser Ausdruck mehrfach und er bezeichnet Naturkundige und Philosophen. **) Montaiglon hat das Gedicht bei Méon nicht gekannt und verglichen; sonst hätte er pag. 299 nicht Longues [cuisses], sondern Long nez geschrieben. zig Schönheiten zählt Heinrich Bebel in seinen Adagia Germanica auf, s. Bebeliana opuscula nova, Argent. Jo. Grüninger 1508, F VII”, dann auch in das 3. Buch der Facetic aufgenommen. Ein lateinisches Gedicht in Distichen über die dreißig Schönheiten von Franciscus Corniger theilt Joannes Nevizanus in seinem wunderlichen, 1521 erschienenen Werke 'Silvæ nuptialis libri sex' mit (Liber II, §. 93), wo er zugleich auf zwei denselben Gegenstand behandelnde, mir unzugängliche, italienische Gedichte des Vincentius Calmeta hinweist *). Auf Corniger's Gedicht sind zurückzuführen das anonyme deutsche Gedicht 'Dreißig Stück werden an einer recht schönen Jungfrau erfordert' in dem 'Kurtzweiligen Zeitvertreiber von C. A. M. v. W. [d. i. Simon Dach]', o. O. 1668, S. 234 f., dann auch in dem 'Politischen und kurtzweiligen Stock-Fisch von Christoph Platt-Eiß', Frölichs-Burg 1724, S. 104 ff, und das Gedicht von Hoffmanns waldau 'Abbildung der vollkommenen Schönheit' in Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen .... Gedichten, Leipzig 1697, Theil II, S. 62 ff. Endlich stimmt mit Corniger fast ganz überein die spanische Liste von dreißig Schönheiten, die Brantôme in seiner Abhandlung 'de la vue en amour' (Oeuvres complètes, Paris 1822, VII, 229) nach der Mittheilung einer spanischen Dame gibt. WEIMAR, März 1865. LITTERATUR. REINHOLD KÖHLER. Ulfilas oder die uns erhaltenen Denkmäler der gothischen Sprache. Text, Grammatik und Wörterbuch, herausgegeben von Stamm. Dritte Auflage, besorgt von Dr. Moritz Heyne. Paderborn 1865. XVI und 387 SS. 1 Thlr. 20 Sgr. In dieser neuen Auflage der mit Recht beliebten Stamm'schen Ausgabe des Ulfilas sind die Lesarten nicht mehr hinter, sondern unter dem Texte gegeben, was viel bequemer ist. Ferner hat Heyne an der Stelle von Stamms w wieder hy gesetzt, und häufig die componierten Präpositionen vom Verbum getrennt. Zu diesen beiden Änderungen hätte Stamm seine Einwilligung nicht gegeben. Was ist z. B. gewonnen, wenn Röm. 9, 1 miþveitvodjandein in miþ veitvodjandein getrennt wird? Die Stelle wird dadurch nur unverständlich, die Trennung ist sogar ein wirklicher Fehler, da mip ebenso untrennbar componiert wird wie ga, in u. s. w. Eine weitere Abweichung von der zweiten Auflage besteht darin, daß manche von Stamm nicht aufgenommenen Lesarten Upp und *) Auf Nevizan's Hochzeitwald verweist Fischart in dem oben angeführten Capitel der Geschichtklitterung und A. M. von Thümmel theilt in einer Anmerkung seiner 'Reise in die mittäglichen Provinzen von Frankreich' (Werke, Leipzig 1839, V, 191) das ganze Gedicht Corniger's mit aber ohne diesen zu nennen und als wäre es von Nevizanus selbst. |