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ahmung eines römischen oder griechisch-byzantinischen Motivs, welche übrigens unvollkommen genug gelungene Nachahmung besonders deutlich wird, wenn man das Bild von Nr. 28 vergleicht mit dem classisch vollendeten auf der griechischen Silberschale, bei Arneth G. III und G. III, vgl. Text S. 60. Dergleichen war also längst von den Griechen eingeführt, und würde nur empfehlen, einen südgermanischen Stamm als den nachahmenden anzusehen, wenn aus sonstigen Gründen deutsche Art der Verzierung annehmlich wird. Diese sind aber mehrfach vorhanden. Erstlich die Thiergestalten auf Nr. 3, 8 (G. IV) und auf Nr. 13 sind nicht, wie angenommen worden ist, wieder Greifen, sondern da sie nur zwei Füße vorn, und einen mit Ringen versehenen, gewundenen und in ein Fischende ausgehenden Hinterleib haben, deutlich die durch ganz Deutschland bis in den Norden allgemein als Zierrath beliebten geflügelten Drachen. Nach echt germanischer Weise hat jeder der sechs Drachen auf Nr. 13 einen anders gestalteten Kopf, gerade so, wie von den sechs zweifüßigen, geflügelten Drachen auf dem elfenbeinernen Reliquienkästchen in Braunschweig je zwei dieselbe von den übrigen verschiedene Kopfgestalt haben, schon nach demselben Triebe, wonach das Blätterwerk an den Säulen deutscher Dome beständig abgewechselt wird; einer von den Drachen des Goldgefäßes Nr. 13 hat einen adlerähnlichen Kopf, aber gerade so auch mehrere der angelsächsischen Drachen, womit die Unzialen in der Cadmonhandschrift verziert sind *).

Dazu kommen ferner die künstlichen Schlangen windungen mehrerer Ornamente, besonders auf Nr. 11, die Verbindung von Kugeln oder Perlenreihen, und das Blumenwerk mit Lilien formen, Dinge, die in allen Gegenden Deutschlands verbreitet waren, ich erinnere für das Lilienwerk an die Zierrathen des Smaragds mit dem Namen des Königs Alfred bei Hickes und an die Gleichheit der in Nr. 29 aufsteigenden Lilienform mit der auf der fränkischen runden Spange bei Grotefend (Nieders. Vereins. 1860. Taf. II, Nr. 9).

Eine der merkwürdigsten Erscheinungen ist, daß als Verzierung eines kleinen Gefäßes Nr. 9 G. III auch der Stierkopf mit einwärts gebogenen Hörnern vorkommt. Derselbe Stierkopf, halberhaben auf einer Metallplatte dargestellt, mit ebenso eingebogenen Hörnern, den Arneth als fremd bezeichnete, wurde bei den Franken als Stirnschmuck der Pferde gebraucht, wie er aus dem Grabe Childerichs I. von Chiflet,

*) Ellis Account of Caedmons metrical paraphrase, Lond. 1833. 4. auf der vorletzten der nicht numerierten Tafeln, die Figuren mit p. 27. 38 bezeichnet.

und danach von Cochet *) dargestellt zu sehen ist, und dieser Kopfschmuck wenigstens mit den halbmondartigen Hörnern oder lunulae, muß auch bei norddeutschen Völkerstämmen allgemein gewesen sein, da er sich überaus häufig auf den Pferden der Goldbracteaten vorfindet, welche Denkmäler ins 4.-6. Jhd. gehören. Hieran habe ich die eigenthümliche mehrfache Ausschmückung des Pferdes auf dem mit vier kreisförmig eingeschlossenen Bildern ausgestatteten Bauch des goldenen Kruges Nr. 28, G. VI, worauf ein Geharnischter reitet, anzuschließen. Erstlich ist die Mähne des Pferdes mit künstlichen Flechten verziert; dergleichen war im deutschen Mittelalter sehr gebräuchlich. Bereits im eddischen Hammerlied Str. 5 und in der Atlakvida Str. 37 kommt eine Pflege der Mähne vor. Mit Band durchflochten sah ich Mähnenzöpfe, oben auf eine Rosette, unten eine Schleife daran, an den Pferden des noch mittelalterlich ausgestatteten und von Läufern begleiteten Parlamentwagen der Königin von England. — Auf unserm Bilde kommt dazu noch ein Kopfschmuck, der sich noch dreimal wiederholt, indem über der Stirn gerade auf dem Kopfscheitel des Pferdes aufrecht ein spitz zulaufender Büschel steht, der auch am Kinnzaum herabhangt, sowie am Brustriemen und an dem Hinterriemen. Derselbe Büschel erscheint als Kopfverzierung der Ritterpferde auf Münzen und Siegeln des deutschen Mittelalters. Die Sitte des Kopfschmuckes beweist sich schon durch mhd. gügerel, den eigens dafür gangbaren Namen.

Nicht minder hat der freilich sehr verzeichnete gewaffnete Reiter dieses Bildes, der an der linken Hand ein dem Feinde abgeschlagenes Haupt trägt und zugleich einen gefangenen Feind mit hinten gefesselten Händen am Schopfe führt, durchaus ungriechische, germanische Art. Nicht nur war es Sitte der deutschen Stämme, den überwundenen, nicht gefallenen Gegner auf dem Kampfplatze zu fesseln (Beov. 964), und daher eherne Fesseln mit zum Wahlplatz zu nehmen (Cädm. Exod. 176. 218. El. 24), wie denn 'siegen' und 'binden' selbst in denselben deutschen Worten zusammenfällt (J. Grimm in Hpt. 8, 6. 7), sondern auch die gesammte Rüstung stimmt, indem die Waffe der Geer ist mit schmaler Fahne und oben herabhängendem Doppelband, die Hauptwaffe aller germanischen Stämme, goth. gairu(s), ahd. gêr, ags. gâr, die auch El. 23 den gegen Constantin kämpfenden Franken und Gothen beigelegt ist, noch im elften Jahrh. zeigt sich der Geer

*) Abbé Cochet, Le Tombeau de Childeric I., roi des Francs, Rouen 1859 p. 295 (hier von Gold). Ähnliche bronzene Stierköpfe aus Havre, Avenches in der Schweiz und aus dem Mosellande sind hier p. 296 f. dazugestellt.

mit Fahne und Bändern an den Kriegern Wilhelms des Eroberers auf der Tapisserie de Bayeaux, und hier finden wir ebenfalls noch den einfachen spitzen Helm, von dem an der Ringpanzer beginnt, der auf unserm Bilde bis auf die Füße herabgeht, nur daß Beinharnisch, Handwehr und Halsberge besondere Stücke sind; dieselbe zugespitzte Art des Helms trägt außer der Ringbrünie auch der Ritter, welcher aus dem elften Jahrh. im Codex Eberhardi T. II fol. 52 dargestellt ist. Über die Alterthümlichkeit des aus Ringen bestehenden Panzers, den auch die Dacier hatten, und der in unserm Hildebrandsliede 'die Ringe' schlechthin genannt werden konnte, brauche ich kein Wort zu verlieren; der Helm des Bildes aber ist so einfach eingerichtet, daß er in sich selbst das Zeugniss des Alters trägt. An seinem untern Rande läuft ein Schmuck her, der nur ein Stirnband oder Diadem sein kann, welches hinten gebunden ist, die Enden des Bandes stehen hinten weit und steif hervor, wie es fast an allen diademierten Häuptern der Goldbracteaten zu sehen ist, wo sich der diademförmige Schmuck ebenfalls auf den Helmrändern zeigt, z. B. Nr. 118 des Kopenhagner Atlas. Übrigens wurden solche goldene Stirnbänder nicht nur von Fürsten, sondern von allerlei vornehmen Herren getragen.

Etwas Fremdartiges ist allerdings der Gegenstand des mittelsten Bildes auf demselben Gefäße Nr. 28, nämlich der kronenähnlich geschmückte, geharnischte Reiter, der seinen Bogen auf einen von hinten her aufspringenden Panther richtet, nicht wegen des Panthers, der sicher einst auch die Donaugegenden besuchte, sondern wegen des orientalischen Kopfschmucks, und besonders wegen des phantastischen, cherubähnlichen, aus Löwe, Adler und Mensch zusammengesetzten Thieres, worauf der Ritter reitet. Zwar sind Centaurengestalten nicht etwas im deutschen Alterthum ganz unerhörtes, seien sie nun durch Nachahmung eingeführt oder einheimisch, genug sie zeigen sich schon auf dem gleichzeitigen goldnen Horn von Tondern. Hier aber sehen wir einen gekrönten Kopf mit langem spitz auslaufenden Barte auf dem geflügelten und gemähnten Thiere, wie auf den assyrischen und persischen Denkmälern *). Dergleichen bildliche Darstellungen konnten aber den Griechen der Kaiserzeit und den in ihren Heeren dienenden Germanen um so weniger fremd bleiben, als sehr viele Kriege mit großen Söldnerheeren im Orient geführt wurden. Es wäre selbst nicht zu verwundern, wenn bei den Germanen jener süd

*) Vgl. Arneth S. 24 und 26 des Textes, der an den Martichoras der Perser bei Ktesias erinnert.

lichsten Gegenden solche mythologische Vorstellungen selbst Eingang gefunden hätten. Denn wenn doch schon die westgothische Sprache, die wir allein kennen, auffallend mit slavischen und andern uns wildfremden Wörtern gemischt ist, warum sollte das mythische Gebiet der länger heidnisch gebliebenen Ostgothen nicht auch fremde Elemente haben enthalten können? Ohnehin bestand ja zwischen Persern und Gothen Verwandtschaft des Blutes und der Sprache. Solche Dinge konnten dann aber leicht auch bis in die christliche Zeit der letzteren hinein als Verzierungen fortdauern.

Ein anderes rein orientalisches und zwar ursprünglich persisches Bild kam ganz sicher auf seiner Wanderung über Byzanz auch früh zu den alamannischen und zu noch nördlicher gelegenen deutschen Christen, indem es dem christlichen Vorstellungskreis angepasst wurde. Ich meine den von den lebenden Wesen, welche in geflügelten Thieren dargestellt und zusammengefasst sind, angebeteten Baum des Lebens. Der vielfältig als Palme im Orient dargestellte persische Lebensbaum Hom, wahrscheinlich schon übertragen auf Christus, dessen Symbol so früh und so oft ein Leben spendender Baum ist, findet sich deutlich mit der heimischen Umgebung von geflügelten Gestalten, welche Anbetung darbringen, auf dem vielverzierten Griff der Schale aus dem Banater Funde Nr. 29, bei Arneth Tab. G. V. Zur Rechten und Linken steht zunächst je ein geflügelter Löwe, sie bringen mit emporgehobenem Vorderfuß einen Kranz dar, hinter jedem derselben steht ein geflügelter Greif, der in erhobenem Vorderfuß eine Lilie oder einen Zweig hält. Im Orient selbst sind, wie Piper gezeigt hat, das von den geflügelten Thieren dargebrachte gewöhnlich andere, aber ebenfalls für Weihe und Anbetung symbolische Dinge; eine Übertragung aber wenigstens dieses Motivs auf christliche Kirchen hat derselbe Gelehrte nachgewiesen, z. B. auf einer portalähnlichen Tafel der Domkirche zu Chur aus dem 10. oder 11. Jahrhunderte, auf dem zwischen zwei ruhenden Löwen die Palme als Baum des Lebens erscheint *). Eine ähnliche Darstellung, zwei Löwen, die sich gegen einen, da nur kleinen, Baum mit dem Vordertheil erheben, gibt von einem fränkischen Denkmal der Abbé Cochet a. a. O. S. 408. Ich bemerke noch, daß es seit den frühesten Zeiten in der christlichen Kirche gewöhnlich war, nach Vorgang von Joh. 1, 4. 11, 25. 14, 6 Christus das Leben zu nennen. Belege gibt Suicerus aus den griechischen Kirchenvätern, in

*) Piper über den Baum des Lebens, im Evang. Kalender, Berlin 1863, S. 79 ff. und das Bild zu S. 81.

Osterliedern hieß es sogar ἡ ζωὴ ἐν τῷ τάφῳ ἔκειτο (Octoechus von Johannes Damasc. p. 118); und die Benennung tritt an einem Gebrauchsgegenstande, der einem Christen angehörte, auch in der Anrede auf, indem die Inschrift des dreifachen Goldringes im Wiener Cabinet, bei Arneth Nr. 167 auf p. 34 des Textes, lautet: AMO TE VITA. Daß in bildlichen Darstellungen, wie bei christlichen Dichtern, nicht nur das Kreuz, sondern auch Christus selbst als Baum des Lebens aufgefasst ist, hat Piper hinlänglich bewiesen. Das Kreuz von Ruthwell aus dem 8. Jahrh. gibt einen Weinstock mit allerlei Thieren, die von ihm genießen, als Symbol des geistigen Lebensquells der Christen, und zwar des Lebens, welches vom Kreuzestod des Erlösers ausgeht. Wenn es sich aber in dem vorliegenden Falle fragt, was denn eine schon vollzogene Übertragung des uralten Lebensbaumes, zwar nicht auf das Kreuz, aber doch auf Christum selbst wahrscheinlich mache, so liegt sie unzweideutig in dem mehrfachen Gebrauch des christlichen Kreuzes zu Anfang und Ende und in der Mitte der Runeninschrift auf der besprochenen Schale, ferner in der Gesellung mit zwei ähnlichen Schalen, deren griechische Inschrift dem Psalter entnommen ist, und in dem geistlichen Inhalt der eigenen Inschrift unserer Schale, der weiterhin (Inschr. 9) nachgewiesen wird.

Zur Bestätigung des bisher aus der Betrachtung des Bildwerks gewonnenen Ergebnisses, daß der Schatz der Banater Goldgefäße einem christlich gewordenen germanischen Volksstamme angehörte, dient nun auch die auf dem Goldgefäße Nr. 13 häufige und auf Nr. 28 nur ausgefallene Verzierung mit Glas pasten, die zwar auch schon auf einer Goldmedaille des Maximianus, nach Arneth's Text S. 20 u. 44, vorkommt, die aber nirgends beliebter war als bei den Völkern germanischer Abkunft. Diese Einfassung von farbigen Glasstücken in einem Goldrand zeigt sich auf den Goldbracteaten aller Gegenden, von Hannover an bis in den fernsten Norden, und ist besonders häufig auf den goldenen Schmucksachen, die in den burgundischen Gräbern von Charnay gefunden und dem fünften Jahrhundert, wie Baudot ganz klar gemacht hat, angehörig sind *).

*) H. Baudot, Mémoire sur les sepultures des barbares de l'époque Mérovingienne découvertes en Bourgogne et particulièrement à Charnay... A Dijon 'à Paris' 1860. 4. Man vgl. besonders Pl. XII, 1. 3—6. 9. Pl. XIII, 1. 2.

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