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sêhe 12591, bei Ebernand und huotest der die liep hânt dich 609, bei Jerosch. sô habin si in lîp îdoch Gl. 188. In den md. Evang. lib haben überaus häufig für amare und diligere, liber haben für plus amare, plus diligere. Durch Verschmelzung beider Worte zu einem Begriffe das Subst. liephabêre, lîbhaber: s. mhd. Wb. I, 601, wo ein einziges Beispiel aus Myst. 67, 19. Schon bei Ebernand liephabêre (: gewêre) 3415. Das Wort wird sich gewiss noch häufiger finden lassen.

sân adv. erscheint in Hs. A nur einmal außer Reim 27, 14 [hs. b 482 abw.], in hs. b selbständig im Reime mit gegân 339; beidemal richtig in der mitteld. Form: vgl. Pfeiffer in der Germ. 6, 242.

gen.

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selben sw. selbes (woraus unser selbst). Rückert hat hl. Ludw. S. 109 zu p. 12, 16 bei Besprechung von selbis auf den schwachen Gen. selben aufmerksam gemacht, der sich einigemal in den von Leyser herausgeg. Predigten des 14. Jhds. finde. Dieselben Citate auch im mhd. Wb. II2, 245. In Gr. 3, 5. 646 wird selben nicht erwähnt; die Form, welche an sich ebenso wie selbes und selber ausgedehnt auf alle Fälle Berechtigung hat, verdient nicht unbeachtet gelassen zu werden; in kritischen Ausgaben mag sie wohl stillschweigend getilgt worden sein. Wie in jenen vielfach mitteld. gefärbten Predigten, so erscheint selben auch in unserem Spiele in Hs. A [hs. b. selbes], wo die Beziehung auf das Subject nicht bezweifelt werden kann ich wel ûch selben brenge ûz deseme enelende 21, 25. ich wel ûch selben lônen 22, 3. Ebenso im Sp. von St. Kath.: di wârheit wil ich selben sên 55. ich wil selben met di gê 359. daz salt du selbin ervinden wol 380. Dieser Gebrauch berührt sich mit dem niederd. sulven: z. B. dei dûvel hat dat sulven schreven Trierer Theoph. 387. twâr, jode, ik weit dat sulven wol das. 492. Vgl. auch Frommann's deutsche Mundarten III, 186, 55: dort eine mundartliche Form selm aus Österreich angeführt, ferner das. VI, 38, 24 selm aus dem Oberinnthal und 344 aus der Mundart der Heanzen.

susi, sie, siu fem. und pl. des 3. Personalpr. erscheint öfters in mitteld. Quellen, von denen nur die genannt werden sollen, deren Heimat bekannt ist: in den Nordh. Weisthümern (in den neuen Mittheilungen, s. o. eder), in den alten Gesetzen von Nordh. (3, 3 u. 4), in Citaten zweier Mühlh. Hss. in Stephan's Verzeichniss 22 S. 128 und 35 S. 141. Hieraus kann geschlossen werden, daß su dem nördlichen Thüringen eigen ist. - Wegen Reimmangels kann über die phonetische Bedeutung des u nicht entschieden werden. Daß su sú siu und nach Analogie für alle Fälle durchgedrungen sei, ist nicht wahrscheinlich die älteren Denkmäler sprechen dagegen. Es kann u in su ein

=

dunkler Laut sein aus der Schwächung se, aber auch ü, Verdunkelung aus i, wenigstens für die Zeit des Schreibers, darum wohl auch hds. sû. Thüringische Mundarten der Gegenwart werden hoffentlich über vieles noch Auskunft geben, bis jetzt sind sie wissenschaftlich auffällig vernachlässigt. Im Hennebergischen hört man sû statt sie.

sunder, sundern praep. erscheint nur einmal in der im Mitteld. beliebten Phrase sundern spot 16, 11 [17], dagegen begegnet sunder wân nicht; häufiger ist âne: âne ende 29, 37. âne orteil 24, 32. 26, 21 [448]. âne rûwe und âne bîcht 32, 12 [660]. âne zel 25, 19 [interp. St.]. âne zal 30, 16 [605]. Umgekehrt im Sp. von St. Kath. sunder häufig, âne niemals. Ob n in sundern als eine sogenannte unorganische euphonische Gestaltung anzusehen ist, lässt sich nicht ohne Weiteres bestimmen. Sollte sundern nicht eine bewusste Adverbialbildung sein im Gegensatze zum Adj. sunder, welche sich später auf die Conjunction beschränkte?

swevil 25, 20 [interp. St.], ebenso Kath. swevel 472, Myst. swevel 1, 86, 15. sweval 102, 36, mittel- und niederd. Mittelglied zwischen mhd. swebel und nhd. swefel, Schwefel (goth. svibls). In den md. Evang. schon swefil Lucas XVII, 29.

tempeltrete sw. subst. 18, 2. 6 [94] nachzutragen mhd. Wb. III, 101, 37, wo nur ein Beispiel aus den altd. Schauspielen.

vere adv. 15, 8 statt verre oder verne. Sollte Schreibfehler vorliegen oder ist vere eine berechtigte Form des alten fer, oder hier ein ähnlicher Process wie bei here statt herre? In Lewenhagen's Hs. von Heinr. u. Kuneg. steht 4118 ver adv.

vormunde[n] Hs. A: (weme sul wî'z den kunde[n]?) sô mogen wî iz wol vormunde u. s. w. 30, 5. Stephan fasste das Wort auf als Verbum mit der Bedeutung 'sagen, aussprechen', was aber sonst nicht nachgewiesen und auch an sich unwahrscheinlich ist. Hs. b: (wem sullen wir es dann kunden?) so mogen wir uns wol vermunden 593. Hier kann das refl. vermunden kein anderes Wort sein, als welches Schmeller 2, 596 citiert in der Bedeutung sich in den Schirm eines andern begeben', und ist dasselbe mhd. Wb. II, 1, 238" nachzutragen.

weis, weges gen. In V. 25, 8 [interp. St.] kann boses weis nichts anderes bedeuten als 'böses Weges'. Es ist dies ein sehr frühes Beispiel vom Gebrauch des adverb. Gen. von wec, den die neue Zeit weiter und zum Theil nach falscher Analogie ausgebildet hat; vgl. Gr. 3, 143. 4, 681. Vernaleken d. Syntax II, 37. 160.

wênig îman 30, 9 [598] 'kaum jemand'. Weitere Beispiele mhd, Wb. III, 559, 48 und Bech, Germ, 5, 246.

wirtschaftgezouwe stn.] In Hs. A ist die Stelle 19, 11 ff. wi wizzen nicht wanne der brûtegum kumet; sô hâ wi leider wenig gevrumet unse wirtschaft geschouwe[n], wenn auch an sich nicht ohne Sinn, doch matt und deutet ein Missverständniss an. Für geschouwen vermuthete ich zunächst gezouwen und dachte auch an wirtschaftgezouwe, was nun durch hs. b bestätigt wird in V. 143. Außerdem kommt es in den Theilen, welche hs. b selbständig aufzuweisen hat, noch zweimal vor V. 196. 237. Das Wort ist mhd. Wb. III, 943 nachzutragen. zû und zu (czû) für mhd. zuo, ze und zer wie in allen mitteld. Schriften.

VERS UND REIM.

Wie in allen Dramen des Mittelalters, ist auch im Spiel von den zehn Jungfrauen der Vers der Kunstepik, die kurzen Reimpaare angewandt (vgl. W. Wackernagel Litteraturgesch. 310), jedoch mit allen Freiheiten, welche die Verskunst überhaupt gestattet. Es lässt sich nicht leugnen, daß für das Drama jene Kunstform wegen ihrer engen Grenzen nicht sonderlich praktisch war. Volle Freiheit in der Ausübung musste namentlich in einer Zeit erstrebt werden, welche die überlieferte Strenge als lästig empfand und nach neuen Formen suchte. Den Ausdruck 'Reimprosa', welchen Rieger (314) für die kunstlose Form des Dialogs gebraucht, wird man in gewissem Sinne billigen können, doch ist nicht außer Acht zu lassen, daß die Grundform immer rythmisch ist und daß selbst in jüngeren und schlechteren Überlieferungen der viermal gehobene Vers vorwiegt. Eine zusammenfassende historische Darstellung der dichterischen Formen in unserem Drama des Mittelalters würde für die Geschichte der Poesie und Metrik eine sehr lohnende Aufgabe sein.

Unser Spiel ist hinsichtlich der dichterischen Form, wie Rieger mit Recht betont hat, deshalb von so besonderem Interesse, weil am Schlusse der episch-dramatische Vers in die Strophe des Waltherliedes übergeht. Schon diese Wahl eines lyrischen Metrums würde vermuthen lassen, auch wenn wir es nicht durch die ausdrückliche Vorschrift in Hs. (A) prima cantat u. s. w. wüssten, daß dieser Schluß mit Gesang vorgetragen wurde. Auch ist der erste Vers der ersten Strophe in Hs. unterstrichen, ebenso wie außer den Scenerieangaben die lateinischen Stellen, welche bekanntlich alle gesungen wurden, auch wenn die Vorschrift nicht besonders bemerkt steht.

Diese erste Strophe ist nun aber in beiden Überlieferungen nicht die des Waltherliedes, sondern die Nibelungenstrophe. Rieger

hat deshalb V. 618 eine Ergänzung der 4. Zeile (7. Halbzeile) um zwei Hebungen vorgenommen. Trotz dieser Änderung unterscheidet sich die erste Strophe wesentlich von den andern in der 3. und 4. Zeile, indem sie nicht wie diese Cäsur-Reim oder mindestens Casur-Assonanz aufzuweisen hat. Allerdings fehlt nach der Überlieferung noch in einer andern Strophe dieser künstlerische Schmuck, aber die Herstellung des Echten ergibt sich dort ohne Schwierigkeit (s. u. K.). Vielleicht hat die Form der Nibelungenstrophe doch Geltung, denn ihre Wahl im Drama steht nicht vereinzelt, ja selbst der erste Vers der ersten Strophe nu hebet sich grôz schrigen und weinen ummermê findet sich angewandt am Schlusse einer (Trierer) Marienklage (Hoffmann's Fundgruben 2, 206 ff.). Dort wird ebenfalls in der vorhergehenden Scenerieangabe eigens bemerkt: Maria cantat quod sequitur. Der ohne Zweifel verdorbene Text dieser Strophe (S. 272) lautet in Hoffmann's etwas willkürlicher Umschrift:

Nu hebet sich grôz weinen unde schrien immermê.

Nú enweiz ich arme vrouwe wie ez mir nú sül ergên.
Nú bin ich arme vrouwe verweiset alsô gar:

Minen trôst hat mir benomen diu valsche judenschar.

Es ist anzunehmen, daß jener erste Vers noch öfters in typischer Weise zur Anwendung kam: neue Quellen werden dies vielleicht bestätigen.

Wenn es auch als das Einfachste und Natürlichste erscheint, daß sämmtliche Strophen nach einem Ton gesungen wurden, so ist es doch auch nicht undenkbar, daß ein Wechsel, ein Übergang von einer Strophe in die andere stattgefunden hat, der noch dazu so leicht zu bewerkstelligen war.

Im Allgemeinen finden sich im Spiele reine Reime einschließlich derer, welche mundartlich rein sind. Daneben aber herrscht auch Freiheit.

Länge und Kürze gebunden außer den schon angeführten Fällen (s. o. Quantität): nicht bicht 32, 11 [659]. got: tôt 20, 9 [171 got: nôt]. 22, 21 [353]. tûn : sun 15, 3 [fehlt hs. b].

:

e en gebunden außer den Infinitiven, wo Reinheit des Reimes herzustellen ist: bete: heten 20, 1 [hs. b 163 abw.]. clôster : ôstern 18, 9 [111]. vorsunnen nunne 14, 11 [109 versunne part.: nunne]. trûwen : rûwe 30, 24 [611 rúwen sw. acc. f. oder m.?]. Hieran reiht sich mê: intstên 32, 3 [651]? K.] Consonanz: Consonanz mit t: mich nicht 31, [623] (wenn nicht nich herzustellen). vart schar 32, 1 [649] K.

:

2

Assonanz.

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1. Liquida einfach: wel: hen 31, 11 [633]. teile: cleine 20, 3 [165 deiln : clein]. gram: vorgan 28, 29 [541]. vel : mere 28, 9 K. 2. Liquida in Consonantenverbindung: hochvart: starc 28, 21 [523]. brenge: enelende 21, 25 [271]. vindet : gelinget 16, 27 [39]. darumme : vorgunde 25, 28 [interp. St.].

3. Liquida: Labial: nemet: lebet 29, 14 [561 inf. nemen

leben]. 4. Liquida: Dental: pîne: lîde 29, 11 [hs. b 557 abw. pîn sîn]. 30, 14 [603].

5. Labial: Dental: geschade: habe 18, 23 [123].

6. Labial: Guttural: tagen haben 29, 16 [563]. grap: mac 32, 7 [655]. gelouben: ougen 21, 17 [fehlt hs. b]. ougen: beschouwen 28, 13 [515]. 7. Dental: Guttural: schade: trage 20, 19, [fehlt hs. b].

8. tt in Consonantenverbindung: hât: wart 16, 15 [21].

9. ft cht wirtschaft: gemacht 16, 7 [13].

10. ft rt gespart: wirtschaft 17, 11 [51 gespart: wirtschaftfart] K. 11. ch sch gebrochen: vorloschen 19, 27. 20, 15 [157 gebrosten : verloschen].

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Verletzung der Quantität. leben sterben (hds. sť'byn) 29, 6 [553]. In Hs. A schapel lampeln 17, 23. In hs. b sêre: mere 511. Zu erwähnen sind noch die rührenden Reime itslich [yylich]: tôtlich 16, 31 [37] nicht nicht 32, 13, wo die Änderung nicht: wicht nahe liegt und durch hs. b 661 bestätigt wird. gesûmet hât: gebûzet hât 23, 1, WO hs. b 363 Besseres bietet.

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LESARTEN DER (MÜHLHÄUSER) HANDSCHRIFT A.

Die vorausgehenden sprachlichen Anführungen, sowie die Citate in den folgenden kritischen Bemerkungen weichen in einzelnen Fällen, weil sie sich auf die Handschrift gründen, von dem Texte ab, wie er durch Stephan oder L. Bechstein gegeben ist. Schon in dieser Rücksicht ist es geboten, die hds. Überlieferung im Zusammenhange zu belegen. Hauptsächlich aber möge deshalb eine Zusammenstellung der Lesarten der Mühlhäuser Handschrift folgen, soweit sie entweder von dem einen oder von dem andern Abdrucke abweichen, damit diese Texte künftig für gelehrte Zwecke nach irgend welcher Seite hin benutzt werden können, und niemand mehr die Nichtachtung des Spiels mit der Unsicherheit der Überlieferung entschuldige oder beschönige. Wie nöthig es zudem ist, mit einer Berichtigung der ersten Abdrücke und insbesondere des zugänglichsten nicht länger zurückzuhalten, zeigt uns die Mittheilung Riegers: der Herausgeber des neu aufgefundenen

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