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Tristan und Isolde und das Märchen von der goldhaarigen Jungfrau und von den
Wassern des Todes und des Lebens. Von Reinhold Köhler.
Bruchstücke aus dem Leben des heil. Eustachius und aus den sieben Schläfern.

Von Franz Roth

Die Holden am Niederrhein. Von Alexander Kaufmann

Seite

389

406

411

Die gothischen absoluten Nominativ- und Accusativ-Constructionen. Von Heinrich
Rückert..

415

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Baldur. Von Theophil Rupp

425

Ein altes Kindergebet. Von Reinhold Köhler

435

Über die Betonung viersilbiger Wörter im Mittelhochdeutschen. Von Frz Pfeiffer 445 Zur deutschen Märchenkunde. Von Karl Schenkl.

450

Über die tonlangen Vocale des Niederdeutschen. Von K. Nerger
Zusammenhang der indischen und deutschen Thiersage. Von A. Meier

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Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jhd., gesammelt und
erläutert von R. v. Liliencron. I. Von Karl Bartsch

Ulfilas oder die uns erhaltenen Denkmäler der gothischen Sprache. Herausgegeben
von Stamm, besorgt von Dr. Moritz Heyne. Von A. Holtzmann
Heliand, mit ausführlichem Glossar herausgegeben von Moritz Heyne. Von Dem-
selben.

Paris, Gaston, histoire poétique de Charlemagne. Von Karl Bartsch

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Die Magdeburger Fragen, herausgegeben von Dr. J. Fr. Behrend. Von Siegel. 230 Koch, C. Friedr., Die Satzlehre der englischen Sprache. Von C. W. M. Grein 231 Proben eines Wörterbuches der österreichischen Volkssprache von H. Mareta. Von Schröer.

235

Uhland's Schriften zur Geschichte der Dichtung und Sage. Erster Band. Von
K. Bartsch .

459

Rymkronyk van Vlaenderen etc. Von Eduard v. Kausler
Tristan et Iseult etc. par A. Bossert. Von J. Lambel

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Bibliographische Übersicht der Erscheinungen auf dem Gebiete der germanistischen
Philologie im Jahre 1865. Von Karl Bartsch.

MISCELLEN.

Zur Geschichte der deutschen Philologie. I. Briefe von Jacob Grimm:
A. an Franz Pfeiffer

B. an Hoffmann v. Fallersleben

Für Herrn J. Zacher in Halle. Von Franz Pfeiffer.

Berichtigungen zu den Kosenämen der Germanen. Von Franz Stark

325

111. 239

375. 498

257

512

DAS ALLERSEELENBROD.

AUS DER GESCHICHTE DES DEUTSCHEN GRABCULTUS,

VON

E. L. ROCHHOLZ.

I. Das Kornopfer.

Die Keimkraft des Getreidekornes erscheint als etwas nahezu Unvergängliches; ackerbautreibende Völker schütten es daher mit in die Gräber, den ewigen Schläfern zur immerdauernden Speise; Culturvölker haben es zum Sinnbild einer über das Grab hinaus reichenden Fortdauer erhoben. Herkömmlich sieht man auf Kirchhöfen katholischer oberdeutscher Dörfer in dem Weihwasserbecken neben dem Grabkreuze einen aus Kornähren geflochtenen Sprengwedel liegen; er ist ein Symbol des hier gleich einem Weizenkorne in die Erde gesenkten Lebens, das durch den Thau des Weihwassers wieder erweckt und gezeitigt werden soll. So galt es schon vor Jahrtausenden; aus Korn und Brod bestanden die frühesten Todtenopfer, so beweist es der Gräberfund, so drücken es die Sprachen aus. Den Thraziern und Hellenen waren die Namen für Getreidehaufen, für Korn- und Todtenbehälter sprachlich synonym, den Etruskern und Tusken galt die Pforte der Unterwelt für einen Kornbehälter, wie die ägyptischen Pyramiden sowohl Königsgräber als auch Kornkammern hießen. Bei der Öffnung antiker Gräber im oberägyptischen Theben, auf denen das Siegel von Jahrtausenden unverletzt geruht hatte, fand man Todtenbrode mit in die Leichenbinden eingewickelt, Weizenkörner in den Händen der Mumien. Als von solcher Frucht der Franzose Guerin Mineville im Jahre 1849 fünf Weizenkörner ausgesäet hatte, erhielt er mit einem 1200fachen Ertrage ein der heutigen ägyptischen Weizenfrucht völlig gleiches Product. Nicht bloß Decandolle's Ansehen verbürgt die Thatsächlichkeit dieser naturhistorischen Angabe, es haben die seither mit dem Mumienweizen weiter fortgesetzten Versuche in der Landwirthschaft Frankreichs einen entschieden ernsten Charakter angenommen. Doch der Brauch selbst des Korn- und Brodopfers bei Leichenbegängnissen findet sich, wie im alten Nillande, ebenso durch das Morgen- und Abendland verbreitet, bei dem einen Volke bald öffentlich und rituell

GERMANIA XI.

I

fortdauernd, bei einem andern nur heimlich geübt oder stillschweigend von Oben her geduldet, und gerade die Art und das Alter seines außerchristlichen Vorkommens wird öfters im Stande sein, ein aufklärendes Licht auf unsere eigene Christensitte zu werfen. Man vergönne uns, zu diesem Zwecke sogleich ein paar Beispiele anzuführen.

Bei arabischen Beerdigungen zu Kairo, wie solchen i. J. 1860 Dr. Frankl aus Wien (Aus Egypten, S. 33) als Zuschauer beiwohnte, eröffnen den Zug zwei Kamele, das eine Brod in Körben tragend, das andere in Schläuchen Wasser, hinter ihnen ein Ochse, der am Grabe geschlachtet und stückweise sammt den Broden unter die Anwesenden vertheilt wird. Der Alttürke füttert gefangene Vögel und lässt sie am Feste der Gräber fliegen; er zerbröckelt viele Laib Brode und wirft sie am gleichen Tage den Fischen ins Wasser; er legt süße Kuchen in die müßigen Flammen und schüttet ganze Metzen Korns in die Ameisenhaufen; er beköstiget und nährt mithin an diesem Tage alle vier Elemente, in denen die Abgeschiedenen ihre Wohnstatt nehmen könnten. Wie müßen wir aber wohl staunen, wenn eben dieses Verfahren und zu demselben Zwecke in den religiösen Bräuchen unserer oberdeutschen Bauernschaft wiederkehrt, wie es in der nachfolgenden Beschreibung des Allerseelenfestes noch weiter mitzutheilen sein wird. Und wer wird dabei voreilig an eine Entlehnung denken dürfen! Denn diese dem Islam jetzt ausnahmslos gebotene Todtenspende war vor dessen geschichtlichem Auftreten schon altarabische Sitte gewesen, wie das Fest der Todten", eine besondere Erzählung in Fr. Rückert's Morgenländischen Sagen 2, 309 unwiderleglich darthut; sie verräth sich aber eben so ursprünglich in jenen Theilen des Orientes, in welche der Islam niemals vorgedrungen ist. Als Wilhelm Heine mit der nordamerikanischen Expedition Japan besuchte (Japan und seine Bewohner 1860, 306) war er dorten Augenzeuge des Todtenfestes, das der Japanese am fünfzehnten Tag seines siebenten Monats begeht. Man pflegt da die Speisen, die man über Tag auf die Gräber gestellt hat, Abends auf kleinen, kerzen erhellten Booten, mit Papiersegeln versehen, in die Gewässer zu setzen, so daß am Festabende tausende solcher Fahrzeuge auf den Wellen sich schaukeln. Zu Ähnlichem verpflichtete Menu's Gesetzbuch den Inder. Dieser hat alljährlich zehn Tage hindurch zur Beruhigung der Jüngstverstorbenen Reiskuchen zu opfern, Pinda genannt; er hat Grabfeuer anzuzünden für Groß- und Ältervater, und für sämmtliche Ahnen Wasserspenden auszugießen; erst nach dieser Verrichtung kann der Überlebende den rechtlichen Besitz des ihm von dem Verstorbenen zugefallenen Erbes

antreten, so daß somit Familienverband, Vermögensbesitz und Todtenopfer als eine unzertrennliche Einheit erscheinen. Gans, Erbrecht 1, 80. Damit wird das Todtenopfer zu einer Satzung gestempelt, die unabänderlich über aller Willkür des Lebenden und über dem bloßen Wunsch und Willen des Verstorbenen steht. Die Legende lässt es auch nicht an beweisführenden Beispielen solcher Art mangeln. Sie berichtet im indischen Epos Mahabharata von dem edelmüthigen Wettstreit, welcher zwischen Jajati, einem nach seinem Tode wieder zur Erde gekommenen Könige, und dessen vier Enkeln entsteht. Jajati trifft jene am Altare, da sie eben das Opfer für die Ahnen entzünden, und weigert sich großmüthig, die Frucht und das Verdienst ihrer frommen Handlung diesmal auf seine eigene Person übertragen zu lassen. Doch die Viere erwiedern ihm: Allein an den Menschen liegt die Schuld, wenn die Verstorbenen nicht im Himmel zu bleiben vermögen; wenn du durch uns den Himmel verlierst, so ist ja deiner Nachkommen Loos gleichfalls die Hölle. So tief verwachsen mit dem Organismus des religiösen Gesetzes und des bürgerlichen Sachenrechtes, erweist hier der indische Brauch sich um ein Bedeutendes ursprünglicher, also auch weit folgenreicher, als jene althebräische Satzung, Tobiä 4: Stelle dein Brod und deinen Wein auf das Grab des Gerechten. Denn in dieser Stelle raisonnirt eine bereits nach willkürlichen Ausnahmen sich selbst beschränkende Sitte, dorten spricht ein ausnahmsloses Gesetz. Um so überraschender für uns wird es sein, dasselbe Rechtsverhältniss auch im altdeutschen Todtenmahl mitbegründet zu finden. Denn auch nach diesem durfte der Überlebende so lange nicht sich in den Besitz der Erbschaft setzen, bis nicht Erbmahl und Erbtrunk (altnordisch Arföl, das Erb-Ale) feierlich abgehalten und damit des Verstorbenen Gedächtniss (minne) getrunken war. Der Brauch des Leichtrunkes besteht in diesem rechtsgiltigen Sinne des Erbbieres jetzt noch. Der SchleswigHolsteiner umschreibt den Namen Grabbier mit der Phrase den Doden sîn Hût vertêren; denn eben die Haut und Bedeckung (Hut und Hütte), aus welcher der Todte gefahren ist, verbleibt nun seinen Erben. Im Aargauer Reuß- und Bünzthale, deren Bevölkerung ungemischt katholisch ist, wird zum Gedächtnisse des Verstorbenen ein dreimaliger Seelgottesdienst abgehalten, am Tage der sg. Begräbde, am Siebenten darnach, schließlich am Dreißigsten. Eben so oft findet auch im Trauerhause ein Trauermahl statt, das herkömmlich mit Rothenrüben-Salat und Rothwein schließt. Bei der dritten Mahlzeit am Dreißigsten werden die Kleider des Verstorbenen verschenkt und zugleich geht hier die Ausscheidung des Erbes vor sich. Ist Letzteres geschehen, so legt die

männliche Verwandtschaft den am Lande noch üblichen Leidmantel für immer ab; man hat darin dem Freund nach Vorschrift das Geleite gegeben zu Kirche, zu Straße und übers Grab", und somit ist seinem Andenken kirchlich und weltlich Genüge gethan.

Der Leser, welcher die innere Übereinstimmung dieser so verschiedenartigen Völkern angehörenden Leichenbräuche zuzugeben geneigt ist, wird das höhere Alter derselben beim Germanenvolke doch wohl beanstanden, in so ferne er das Todtenopfer auch hier grundsätzlich als eine Kornspende auffassen soll und sich erinnert, daß Cäsar und Tacitus dem Germanen den Ackerbau nahezu absprechen. Dieses chemalige Bedenken ist aber durch eine richtige Interpretation jener Schriftsteller ohnedies bereits verringert und durch den neuerlich gemachten Gräberfund vollends zum Schweigen gebracht. Die ostdeutschen Leichenfelder und Opferschanzen zwischen Elbe und Weichsel, also in jenen Landstrichen, wo die früheren Wohnsitze des Vandalenstammes gewesen waren, haben bisher nicht bloß beträchtliche Massen gerösteten. Weizens ergeben, sondern auch kugelförmige Klumpen, laibleinartig aus gestoßenem Korn und aus Thonerde zusammengebacken und von der Flamme des Leichenbrandes mitcalciniert, die man mit allem Grunde für Opferbrode anzusehen hat. Solcherlei aus Gräbern erhobene Brodkugeln, in ihrer Gestalt den nachher noch zu beschreibenden Seellaiblein gleich, finden sich aufbewahrt in der Preusker'schen Alterthumssammlung zu Großenhain. Außerdem aber haben die seitdem erst entdeckten Pfahlbauten, die mit der germanischen Urzeit an Alter jedenfalls sich messen, eine immer noch sich mehrende Ausbeute an Weizen, Körnerbrei und Brodkuchen geliefert. Zu Wangen im Bodensee allein hat man an Weizen und Gerste ein zu hundert Sestern ansteigendes Quantum aus der Tiefe des dortigen Seedorfes erhoben. Es bewährt sich damit, daß das Korn eine urzeitliche Pflanze, ein Gemeingut der frühesten Menschheit gewesen ist, und in diesem Sinne haben. es auch die ältesten Mythen aufgefasst. Nicht bloß Abraham vermag den sammt den Engeln zu Besuch kommenden Herrn mit frischgebackenen Weizenkuchen zu bewirthen. Durchwandert einmal der Germanengott Rîgr ebenso die Welt, um das Menschengeschlecht in Stände zu ordnen, so findet er dasselbe überall schon mit dem Ackerbau beschäftigt und erhält zur Einkehr in dem einen Hause grobes Gerstenbrod, in dem andern feine Weizenkuchen vorgesetzt. So erzählt das Eddaische Lied Rigveda. Das altnordische Alvîssmâl ist zwar ein um Vieles jüngeres Gedicht, enthält aber sammt einer poetischen Umschreibung der mehrfachen Namen der Gerste zugleich den sprechenden

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