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heim sein Unwesen treibe. Die dortigen Prediger täten weiterhin alles, um mit ihren sehr hitzigen, gotteslästerlichen Reden den gemeinen Mann zu verhetzen, so daß dieser selbst auf die Gefahr des Verlustes von Gut und Blut bei seiner vermeinten Religion ausharre. Sähe man da länger zu, so sei nichts anderes denn ein neuer Aufstand zu besorgen. Da in den anderen Städten, und auf dem flachen. Lande jedermann sein Auge auf Linz und Wels wirft', winke immer die Aussicht, die abgeschafften Prädikanten wiederum zu begehren, und so sei kein Ende abzusehen. Überdies beziehe sich die von dem vorigen Kaiser ausgestellte Religionskonzession, soweit sie für die Städte in Frage komme, lediglich auf die Mitglieder des Herren- und Ritterstandes, ihre Angehörigen und Diener und es sei deshalb völlig unzulässig, daß an dem sektischen Gottesdienst in Linz die Bürgerschaft und auch Bauern teilnähmen. Das Landhaus sei für die Ratsversammlungen bestimmt und gehöre den Katholiken gerade so gut wie den Protestanten. Die Beseitigung des verderblichen Landhausgottesdienstes könne auch ohne Gefahr bewerkstelligt werden, denn es seien doch nur etliche wenige', welche sich bisher um die Sache so stark angenommen hätten, und auch diese würden sich zum Gehorsam bereit finden, wenn sie den Ernst sähen. Löbl schlägt vor, den Landtag bis nach Ostern zu verschieben und mittlerweile die sektischen Prediger aus Linz und Wels abzuschaffen."

Erzherzog Matthias griff freudigst den Vorschlag des Landeshauptmanns auf und legte ihn dem Kaiser mit seiner wärmsten Empfehlung vor. Die oberösterreichischen Protestanten, so schreibt er seinem Bruder, haben auf ihren Landhausgottesdienst keine besseren Ansprüche als die von Niederösterreich. Dagegen haben sie die an die Erteilung der Religionskonzession geknüpfte Bedingung einer Kirchenordnung nicht erfüllt. Wohl ist von ihnen eine solche dem früheren Kaiser überreicht worden, doch hat sie Maximilian II. nicht angenommen, sondern die Stände angewiesen, es mit den Niederösterreichern gleichförmig zu halten. Weder die einen

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Archiv 109. Band. I. Hälfte.

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noch die anderen aber haben den in der Religions-Assekuration verlangten Revers ausgestellt, dagegen über die Konzession hinausgegriffen, einen Gottesdienst in der Hauptstadt eingerichtet und hätten schon ,um des großen Despekts und Seelenschaden willen' jene Begünstigung verwirkt. So lange dieses Nest in Linz nicht zerstört ist, werden die Stände des Landes unter der Enns und die Steirer keine Ruhe geben, die Oberösterreicher aber beständig in Unruhe gehalten werden. Der Kaiser möge daher so bald als möglich Kommissäre nach Linz abordnen und unter Androhung des Entzuges der Konzession die Einstellung des Landhausgottesdienstes wie aller anderen Mißbräuche anbefehlen.70

Die Vorstellungen des Statthalters fanden am Kaiserhofe Gehör. Landeshauptmann Löbl erhielt den Befehl, den protestantischen Ständen wie den Predigern in Linz strenge zu verbieten, bei der Bürgerschaft oder den Bauern gottesdienstliche Handlungen vorzunehmen. Sie sollten sie daran erinnern, daß Kaiser Maximilian II. in der den zwei oberen Ständen in Österreich unter der Enns bewilligten, in Österreich ob der Enns aber bisher ,allein aus sonderen Gnaden tollerierten' Religionskonzession alle Städte und Märkte ausdrücklich ausgenommen und den Schutz der katholischen Pfarren angeordnet habe. Wiederholt habe auch der jetzige Kaiser, besonders in seiner Resolution vom 18. Oktober 1598, seinen Willen kundgegeben. Den Ständen wird sohin bei 2000 Dukaten unnachläßlichen Pönfalls allen Ernstes auferlegt, dergleichen Eingriffe bei den Predigern einzustellen. Die dabei betretenen Prädikanten sollten noch überdies strenge gestraft werden.71

Der Landeshauptmann entledigte sich prompt des kaiserlichen Auftrages. Darauf begehrten die Stände, Einsicht in denselben nehmen zu können. Dies verweigerte ihnen der Landeshauptmann und wiederholte seinen Befehl. Als ein neuerliches Einschreiten die gleiche Wirkung hatte, beschwerten sie sich wiederum beim Kaiser. Sie beriefen sich auf die von ihm

70 Matthias an Rudolf II., 1600 Jänner 27. Ebenda. Siehe Beilage I. 71 Kaiserliches Dekret an Löbl, 1600 Februar 3. Wien. Landesarchiv, Cod. 149, Bl. 197 f. Vgl. Pritz, a. a. O. 2. S. 308.

bei der Erbhuldigung bestätigten Privilegien und guten Gewohnheiten, worunter sie das freie Religionsexerzitium für das vornehmste Recht und ihren Seelenschatz hielten, und verwahrten sich wie früher sehr energisch gegen die neue Auslegung ihrer Konzession. Wieder betonten sie mit Nachdruck, daß unter Kirchen nicht allein die Pfarren, sondern auch die Kapellen und Benefizien zu verstehen seien und ihnen der freie Gottesdienst nicht nur in ihren Schlössern und Häusern, sondern auch in ihrem befreiten' Landhause zu Linz zustehe. Sie führten auch wieder Klage über die Extraordinariverhöre des Landeshauptmanns.72

Die Vorstellungen hatten keinen Erfolg. Den Ständen. wurde kurz bedeutet, daß man sich bereits endgültig resolviert habe und Gehorsam erwarte." Wenige Tage vorher war vom Kaiser eine Kommission, bestehend aus dem Landeshauptmann Hans Freiherr von Haim und den beiden Reichshofräten Dr. Paul Garzweiler und Hans Adam Gienger von Wolfsegg ernannt worden, mit dem Auftrag, die Abschaffung des Landhausgottesdienstes in Linz durchzuführen. Sie hatten zu diesem Zwecke die Verordneten der Adelsstände vorzuladen und ihnen vorzustellen, wie man eigentlich befugt wäre, die so vielfach mißbrauchte Religionskonzession zu kassieren, aber für diesmal noch davon abstehen wolle, wenn sie ungesäumt alle ihre Prediger und Schulmeister in der Hauptstadt entfernen und sich überhaupt nach dem rechten, gemessenen, lautern Verstand' der Konzession verhalten würden. Falls die Verordneten sich, wie zu erwarten stand, darauf ausreden sollten, daß sie die Sache erst an die Stände bringen müßten, wäre die Schließung des Landhausgottesdienstes und der Schule von den Kommissären selbst vorzunehmen."

72 Petition der zwei Stände an Rudolf II., 1600 Februar 24. Wien, Archiv des Minist. d. Innern, IV. H. 2.

73 Kaiserliche Resolution, 1600 März 14, Pilsen. Wien, Landesarchiv, Cod. 149, Bl. 189 f.

74 Kaiserliche Instruktion und Kredenzschreiben an die Stände der Herren und Ritter wie an Polheim. 1600 März 5, Pilsen. Wien, Archiv d. Minist. f. Kultus u. Unterricht, IV. A. 3. Konzept; Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Oberösterreich 7, Kopie; n.-ö. Landesarchiv, Cod. 149, Bl. 188. Vgl. Pritz, a. a. O. 2, S. 308; Stülz, Wilhering, S. 182.

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Die Kommissäre taten, wie ihnen geheißen worden war, und führten ihren Befehl, nachdem sie den Verordneten mit der unerhörten Strafe von 25.000 Gulden gedroht hatten, am 18. März glücklich durch. Die Prädikanten verließen in den nächsten Tagen Linz und zogen nach Regensburg ab. Gleichzeitig war auch dem Landrat Siegmund Ludwig von Polheim die Entfernung seiner Prediger aus der Stadt Wels aufgetragen worden und er fügte sich ebenfalls dem kaiserlichen Gebot. Die protestantischen Stände hatten angesichts des resoluten Vorgehens der kaiserlichen Kommission der Einstellung ihres Landhausgottesdienstes keinen Widerstand entgegengesetzt, sondern sich mit einem Protest gegen das Vorgehen der kaiserlichen Kommissäre begnügt. Allein es war vorauszusehen, daß sie dieselbe keineswegs als eine endgültige Erledigung anzusehen gewillt waren. Den Kommissären wurde daher aufgetragen, alle Zusammenkünfte der Stände zu verbieten und für die strenge Handhabung der Befehle auch weiterhin zu sorgen.7

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Kurz vorher hatte die Regierung auch nach einer anderen Richtung hin Maßregeln getroffen, die der Ausbreitung der neuen Lehre einen Riegel vorzusetzen geeignet waren. Landesfürstliche Kommissäre wirkten, wie in Niederösterreich, bei den Bürgermeister- und Ratswahlen mit, um auf diese Weise die Stadtämter katholisch zu machen und den vierten Stand im Landtag besser in der Hand zu haben. Auch hatten sich alle neu aufzunehmenden Bürger und Stadtbewohner dem Landeshauptmann vorzustellen. Den Vertretern der sieben landesfürstlichen Städte, die sich deshalb beim Erzherzog Matthias beschwerten, wurde bedeutet, daß der Landesfürst wissen müsse, was für eine Bürgerschatt

75 Das Datum erwähnt in der Zuschrift Löbls an die Verordneten des Herren- und Ritterstandes, 1600 Dezember 27. Archiv des Minist. d. Innern, IV. H. 2.

76 Pritz, a. a. O. 2, S. 308.

77 Kaiserliches Dekret an Löbl, 1600 März 28. Linz, Landesarchiv, XIII/2, 1; Wien, Landesarchiv, Cod. 149, Bl. 190.

78 Bibl, Die Einführung der katholischen Gegenreformation, S. 110 f.; derselbe, Erzherzog Ernst und die Gegen reformation, S. 594 f.

er habe und wem er die Regierung seiner Städte anvertrane.79

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Die Erbitterung der Protestanten über die Vorgänge der letzten Zeit entlud sich auf dem Landtag, der am 26. April eröffnet wurde. Die Stände fragten sich zunächst bei den kaiserlichen Kommissären an, ob ihre dem Kaiser vorgebrachten Beschwerden bereits eine Erledigung gefunden hätten; denn, bevor dies nicht geschehen, könnten sie, einem alten Brauche nach, in keine Beratung der Landtagsproposition eingehen. Die Kommissäre mußten diese Frage verneinen und nun begann das alte Spiel. Die Stände verharrten bei ihrer Forderung nach einer Resolution, die Kommissäre aber bestanden darauf, daß die Stände auch ohne eine solche die Landtagsvorlagen in Verhandlung zögen. Erst als die Kommissäre, die dreimal vergebens gemahnt hatten, mit einem kaiserlichen Dekret, das die Stände zur ungesäumten Vornahme der Beratungen aufforderte und die Erledigung der Gravamina in Aussicht stellte, dazwischen fuhren, setzten sie sich zum Verhandlungstisch und überreichten sodann die Landtagsantwort, die wieder wenig einer Bewilligung glich.

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Die im Namen der vier Stände gestellte Antwort begann mit heftigen Klagen über das rücksichtslose Vorgehen des Landeshauptmanns wider die Städte, über den Verfall von Handel und Gewerbe infolge des Abzuges der evangelisch gesinnten Bürger und des jüngsten Gebotes, es sollte kein Bürger oder Einwohner aufgenommen werden, ehe er sich nicht dem Landeshauptmann gestellt hätte. Dieses ganze Jahr wären nur zwei neue Bürger hinzugekommen, während deren Zahl früher zwanzig bis fünfzig betragen habe. Wenn der 79 Dekret des Erzherzogs Matthias an die sieben Städte, 1600 März 17. Wien. Haus-. Hof- und Staatsarchiv. Oberösterreich 7.

so Der Landtag war für den 17. April ausgeschrieben worden. Kaiserliches Einberufungsschreiben. 1600 Februar 28. Linz, Landesarchiv, B. II. 1/5.

* Stände an Kommissäre, 1600 April 28. Ebenda.

82 Stände an Kommissäre, 1600 April 30, Mai 4. Ebenda.

83 Kommissäre an Stände, 1600 Mai 4. 6. 7. Ebenda.

84 Kaiserliches Dekret, 1600 Mai 4, Pilsen, präsentiert am 10. Mai. Ebenda.

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