Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

welche in der Idee das Niveau aller dieser See'n gleich machen, und dienen sollen, die Produkte des höheren Landes bis zur Meeresküste hinun: ter zu schaffen. Diese Kanåle allein schon müß: ten uns mit Achtung erfüllen für den kräftig ausdauernden Sinn des Schwedischen Volkes. Der Trollhätta Kanal war in der Idee das kühnste und auch in der Ausführung das schwierigste Unternehmen. Hiermit war die Bahn gebrochen. Der hohe meerartige Wener-See, mit den vielen Städten an seinen Ufern, auch seinen Vorgebir gen, mit seinen Inseln und Flotten, ist mit der Nordsee verbunden, die Meeresschiffe steigen eta: genweise durch die Schleusen hinauf und die Seeschiffe hinunter. Der Gdta-Kanal verbindet auf ähnliche Weise das ungleiche Niveau des Wetter:See's mit dem Wener, und aus dem Wet: ter arbeitet man jest, den schon berühmt gewors denen Motala-Kanal nach dem Bottnischen Meere auszuführen. Der Målar ist mit dem Hielmar und es wird kein Jahrhundert vergehen, so ist auch der Hielmar mit dem Wener und Wetter verbunden. Geschickt weiß man auch die tief einschneidenden Meeres:Buchten zu benußen, wie der Kanal von Södertelge beweist. Ein dauern

der Friede, das, was der Schwedische Patrio: am eifrigsten wünschen muß, wird diese Commut nication auch noch weiter hinaufführen; gegen: wärtig aber entbehren mehrere Låne noch dieses einzigen Mittels, welches sie aus ihrer Dürftig: keit reissen könnte, indem es ihnen die Mittel an die Hand gåbe, ihren Holzreichthum nach den Hafenstådten zu schaffen. Ich brauche nur anzu: führen, daß ich die meisten Jämteländischen Ka: tarakten frei von Sågemühlen gesehn habe, um einen Begriff vom Zustande des Verkehrs zu ge ben. In dem südlichern Herjedalen sicht es da: mit noch wüster aus. Man hat vor einigen Jahren einen noch nicht reifen Plan entworfen, jenen größten Jämteländischen See, den Storsid, durch einen Kanal mit südlichern Abflüssen in Verbindung zu bringen, allein die Gefahr war sehr nahe, daß der ganze See ablief und das un: tere Land überschwemmte. Gegenwärtig beschåf: tigt man sich mit dem bescheidenern, einen kleinen Mühlenkanal anzulegen, um Bretter stückweise bis Sundswall am Bottnischen Meere hinab zu schwemmen. Was sonst geschehen, den inneren Verkehr der Provinz zu beleben, hat bis jeht wenig Früchte getragen. Dahin gehört die An

legung einer Stadt und Hauptstadt mitten in dem Lande, wo bis dahin kaum ein Dorf zu fin den war. Seit ungefähr sechszig Jahren steht das von Gustav III. erbaute Oestersund, dicht am Stor-See, ohne seit der Zeit zu irgend ei: ner städtischen Blüte gedichen zu sein. Die Pro: vinzial-Regierung residirt daselbst in der Person des Landshöfdings; dennoch ist es eine stille Landstadt geblieben, durch deren Straßen selbst der Fremde gehen kann, ohne daß sein fremdes An: sehn einen Bewohner ans Fenster lockt.

Aber am Anfang des Kala:See's waren wir noch weit entfernt von diesem Mittelpunkt Jäms teländischer Cultur und Bevölkerung. Nur die einzelnen Nachen in den Buchten sprachen dafür, daß an den Ufern Menschen leben, so todt und öde waren die waldbewachsenen Uferberge, aus deren Rihen noch in handgreiflicher Nähe der Sommerschnee herunterblinkte. Auf einer hohen Bergesspiße grüßte ein Gaard. Von dort soll: ten wir den ersten sogenannten Wasser: Schuß (Skiuks) den Kala-See hinunter bis zum Flecken Kala erhalten. Denn auf allen Schwedischen See'n ist diese Wasserposteinrichtung eben so ge nau regulirt, als die Pferdepost auf dem Lande.

Ehe jedoch für die seltenen Fremden die Ruderer zur weiten Fahrt bereit waren, vergingen Stun: den. Der Wirth, ein hoher ståmmiger Jåmte: lånder, lebte hier mit einer kranken Frau auf der isolirten Höhe. Nur zu Wasser dürftige Com: munication; hundert Schritte von der Haus: schwelle schon wieder der Bergmorast, und doch war das Erstè, was uns ins Auge fiel, eine Doc: torrechnung; und der Bauer fragte, ob wir nicht Kaufleute wåren, oder ihm doch eine Karte von Europa ablassen könnten? Er habe ein so schd: nes Geographiebuch, aber was helfe es ihm, nun alle Länder dem Namen nach zu kennen, da er sich doch keine Vorstellung davon machen könnte, wie sie an einander grånzten. Es lag so viel Aufrichtigkeit in dieser Aeußerung, ein so klas rer, tüchtiger Sinn sprach sich in seinen Fragen aus, daß wir in der That bedauerten, ihm mit dem gewünschten Gegenstande nicht dienen zu können. Vortheil oder practischen Nußen dachte der Einsiedler am Kala: See wohl nie davon zu ziehen, eben so wenig war es leere Neugier; im Gegentheil haben wir hier, wie überhaupt in den dürftigern und entfernteren Schwedischen Pro: vinzen eine edle Wißbegier, ja wenn man es so

nennen will, einen wissenschaftlichen Sinn bei den Bauern angetroffen. Die Sorge um Kartof: feln und Branntwein hat ihn noch nicht so er: griffen, wie unsern Niederdeutschen Landmann, der bei jedem darüber liegenden Gedanken einen Frevel am Allerheiligsten, dem Nüßlichkeitsprinzip, zu begehen denkt. Kenntnisse sind, wie ge sagt, nicht weit ausgebreitet, aber desto mehr er: freut das einzelne Aufleuchten wißbegieriger Geis ster. Bei einer trüben Nachtfahrt streichelte mir einst der betrunkene Bauer den Rücken, als er hörte, daß ich ein Deutscher und kein Englån: der sei, und lallte dabei: „Ach, Deutsche sind gute Leute, ein gelehrt Volk!" Aufrichtigkeit, Gutmüthigkeit und Wohlwollen spricht sich über: dies in den Jámteländischen Gesichtern aus; das mit, vertrågt sich ihre Handlungsweise. Wir mochten nachher, wo wir in andern Provinzen einen Jämtelånder fanden, ihn wie einen lieben Bekannten begrüßen. Auf diese liebenswürdige Treuherzigkeit seines Nachbars ist der Norweger Stolz, indem er behauptet: die Einwohner der Provinz, welche so lange mit Norwegen vérei: nigt gewesen, gehörten eigentlich mehr zu ihm, als zu Schweden. Doch findet sich dieselbe Bie:

« ZurückWeiter »