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des Rathhauses herunter und über die Straßen schleifte. Ein einmaliges Entkommen, vermittelst eines Durchgangs in ein Seitengåschen, half ihm nichts. Ehe die bewaffnete Macht Zeit gewann, die Pöbelhaufen zu zerstreuen, wurde er zu Tode gemartert, und, wie man sagt, mit Regenschir men erschlagen. Ueber der unseligen That ruht ein tiefes Dunkel, welches die Untersuchungs: Commission nicht zu lichten vermochte. Die Ger rüchte verlaufen sich in's Ungewisse. Daß Fers sen ein zufälliges Opfer der vielleicht nicht so zufälligen Volkswuth gewesen, darüber sind die Meisten einig; man spricht aber in Stockholm nicht gern von dem Vorfall.

Auch im Regen war der Eindruck der ins nern Stadt imposant. Die ehernen Standbils der glänzten nur um so mehr. Doch kostete es Mühe, che wir ein Quartier fanden, denn die Wirthshäuser sämmtlich bis auf eines, das aber im Rufe des allerschlechtesten steht, zweiten Rans ges, sind nur klein und wenig zum långeren Aufenthalte geeignet. Der Besuch eigentlicher Frems den ist zu gering, um dafür größere Hotels in Stand zu halten; die Inländer beziehen aber bei jedem eis nigermaßen verlängerten Aufenthalte Privatquar:

tiere, welche zu diesem Behuf in allen Theilen der Stadt vorhanden sind und für den Reichs: tag, der doch in Friedenszeiten gewöhnlich in der Residenz gehalten wird, nothwendig werden. Strömt indessen zufällig eine größere Menge vom Lande an einem Tage in die Stadt, so ist es möglich, daß der Fremde alle Straßen durchfahren kann, ohne in einem Gasthofe ein Unter: kommen für die Nacht zu finden. Die chambres garnies sind dagegen in gutem Zustande, lassen sich aber bei verspäteter Ankunft nicht sogleich aufsuchen.

Man verlangt kein fortgeschtes Reise-Jour nal von dem Aufenthalt in der Hauptstadt. Wer mehr von den Wirthshäusern, den Preis sen der Lohnkutscher, der Tafeleinrichtung im Cassino, wie viel Fahnen in jeder Kirche-hängen und wie ein Gentleman seinen Tag in Stock holm am besten verbringt, wissen will, erhält darüber exacte Auskunft in der Reisebeschreibung des Engländers Rae Wilson. Eben so wenig darf der Reisebeschreiber den Leser in die geselligen Kreise mit sich führen, wie sehr er ihm auch åhnliche Aufnahme wünscht und versprechen kann. Was in entfernten Landsißen und Städten, auch allenfalls in Drontheim am äußersten Thule er

laubt

laubt war, verbietet schon strenger in dem, uns ferm Leben viel nåher gerückten Stockholm, die gesellige Rücksicht. Nur was durch öffentliche Stellung einmal dem Urtheil blosgestellt ist, darf auch der Reisebeschreiber namentlich vorführen. Wo dies nicht der Fall, kann eine rühmende Er: wähnung oft mehr krånken, als die entgegenges sezte. Aber befreundet mußte schon um deshalb Stockholm dem Deutschen entgegen treten, weil seine Sprache ihm doch so begegnete, daß er als lenfalls ohne Hülfskenntniß der des Landes oder einer gemeinsamen sich hätte durchhelfen köns nen. In den Wirthshäusern ist doch ein Deutsch redender Lohnlaquai, in den Kauflåden ein. Diener, der es versteht, und als es mir im Parquet des Theaters nicht gelang, aus der buns ten Reihe der Sperrsiße den meinen heraus zu finden, waren doch fünf bis sieben Deutsche Stim: men geschäftig, den Unbekannten durch verschie dene Anweisungen noch mehr irre zu führen. Einen Deutschen Autor håtte freilich noch etwas bestechen können, wenn er nåmlich am nächsten Morgen durch die Straßen absichtslos einher: schlendernd, die Augen nur auf die gerdtheten Gipfel der hohen Häuser gerichtet, plößlich und II. Theil.

unerwartet an einem Buchladen die Schwedische Uebersehung eines Werkes erblickt hätte, das er sein Kind nennt. Nimmt man an, daß der Aus tor dieser Reisebeschreibung mit dem des Romas nes Walladmor identisch ist, so ward ihm die angenehme Ueberraschung, in der noch sehr frems den Stadt durch ein ausgehångtes Buch mit fol: gendem Titel freundlich begrüßt zu werden: Walladmor, eller Mördaren fran Cato-gatan. Walesisk Novell. Imitation efter Walter Scott. Oefversättning efter Originalets 2dra Uplaga. Mariefred, Collin et Comp. 1826. Er konnte dem Schwedischen Ueberseher für einen zugefüg ten Prachttitel à la Basse in Quedlinburg vers bunden sein: Walladmor, oder der Mörder aus der Catostraße, eine Waliser Novelle," noch mehr aber für die ziemlich getreue Ueber: sehung, wenigstens der Prosa, eine Achtung für das Original, welche der Deutsche nicht allemal bei Englischen und Französischen Uebersehern wahrnimmt, am allerwenigsten aber jener Autor des Walladmor an der seinigen rühmen konnte.

Die flimmernde Welt Stockholms war noch auf ihren Gütern. Was er aber sonst hier und anderwärts in Schweden über den lebendigen

Volkscharakter, den künstlerischen und literaris schen aufzumerken gefunden, trägt der Reisebe: schreiber wohl am geeignetsten, während er von der Hauptstadt des Landes spricht, in einigen Kapiteln zusammen. In Stockholm löste sich auch die treue Reiseverbrüderung auf. Man streifte von einer Stadt, welche uns nicht mehr an die Fremde erinnerte, in verschiedenen Pare tieen umher, auch mußten die Französischen Reis segefährten voraus nach ihrer Heimath eilen. So angenehm uns ihre Gesellschaft war, ward doch der Reisende auf der großen Tour bis zur Ueberschiffung nur selten die Fremde gewahr. So leicht und sicher reist es sich in Schweden, sobald der Ausländer sich nur einigermaßen mit dem Lande und seinen Einwohnern vertraut ge macht hat.

Zwei Deutsche eilten schon in den nächsten Tagen nach dem berühmten Upsala, um die alts heilige Odinsstadt zu besuchen und die Einwirs fung eines neuen Geistes auf kräftige Gemüther kennen zu lernen, welche das Joch einer fremds artigen und schnell abgewelkten Bildung abges schüttelt hatten. Stockholm lebte damals nur für die Catalani, welche am ersten Tage unseres

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