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Alleine! wenn sich solche schon wirklich in dem Staat befinden; so bleibt kein anderes vor Gott und dem Staat zu verantwortendes Mittel übrig,

Als entweder dergleichen Leute, zu Ausübung ihrer Religion, wenn es sich thun lässt, in andere Gegenden des Staats emigriren zu machen,

Oder aber denenselben eine mehr oder weniger erstreckte Toleranz zu gestatten, wenn man sie da wo sie sind, be

halten will.

Nach diesen Sätzen, welche ich in so lang für ohnwidersprechlich ansehen muss, als ich nicht des Gegentheils mit gleich ohnwidersprechlichen Gründen werde überzeugt worden seyn, ist also nicht wohl zu begreiffen, wie man in vorigen Zeiten sowohl des Kaysers Carl des VI. Mayt. als der Kayserinn Königinn Mayt. Selbst jemals die Erlassung der Patente von respective 1726 und 1754 hat anrathen können; Da sich solche weder nach den Satzungen des wahren Christenthums, noch denen Regeln der vernünftigen Staats-Klugheit vertheidigen lassen.

Zu deme kommt noch, dass deren Vollziehung vom ersten Augenblick an ohnmöglich gewesen, wie sie es dann noch izt, und ewig verbleiben wird: Indeme, Menschen durch Furcht oder Gewalt anderst denken oder glauben machen zu wollen, als dieselbe zu denken oder glauben zu sollen erachten, vernünftiger Weise wohl niemand sich beygehen lassen kann; der Religion und dem Staat hingegen durch dergleichen eben so unverantwortlich als unbescheidene Vorschläge nichts anders als Abneigung und der grösste Schaden zugezogen wird.

Bey denen dermaligen Religions-Umständen in Mähren sind also nur folgende Partheyen zu ergreiffen.

Ewer Mayt. wären befugt, nach meinem Begriff, das Patent von 1754 gänzlich aufzuheben, weilen es in sich selbst unverantwortlich, und zudeme unnütz, da es nimmer mehr befolgt werden kann, aus allen den Ursachen, welche immerfort zu allen Zeiten und bis hieher dessen Befolgung entgegengestanden sind; und könnten folglich denen Protestanten in Mähren, sowie in anderen Staaten der Monarchie, das offentliche Exercitium Religionis gestatten, woferne solches mit andern StaatsBetrachtungen sich vereinbaren liesse.

Oder allerhöchst dieselbe könnten diesen Leuten das Exercitium privatum mit einigen privat-Capellen an bestimmten Orten, auf dem nemlichen Fuss erlauben, auf welchem es denen Catholicken in verschiedenen Protestantischen Staaten Deutschlands zugestanden wird.

Oder aber, anstatt dieser beyden Wege, um sich ruhige und, anstatt zweifelhaften, decidirte Christliche Unterthanen zu verschaffen, einen dritten Weeg erwählen; Und dieser wäre

In Ansehung der Religionsunruhen nichts weder zu widerruffen, noch neuerdings zu publiciren, sondern sich damit zu begnügen,

Dass denen Landes-Guberniis eine umständliche, und nach allen möglichen Fällen abgemessene geheime Instruction, wie sie sich künftig zu betragen hätten zugefertiget würde; dass von deren Innhalt zu gleicher Zeit denen Bischöfen die ihnen erforderliche Känntniss in geheim mitgetheilet; Und dass sodann der genauen Vollziehung der Allerhöchsten Anordnung beständig und auf das schärfeste nachgesehen würde.

Eine dergleichen Instruction müste aber, nach meinen Begriffen, im wesentlichen nach folgenden Grund-Sätzen eingerichtet Und zwar

seyn;

1o. Dass Ewer Mayt. die in einigen Gegenden von Böhmen, Mähren und Schlesien, sich aufhaltende Protestanten daraus zu verdringen nicht gedächten, weilen, so lang dieselbe noch unter den Catholischen lebten, sich noch immer mehrere Hofnung zu ihrer Bekehrung machen liesse.

2o. Dass, da solche zuvörderst von der Gnade Gottes, und nachhero die Uebergehung zum wahren Glauben nur von denen Wirkungen eines bescheidenen Apostolischen Eifers der Geistlichkeit, und dessen mit christlicher Liebe begleitetem aufferbaulichen Betrag anzuhoffen stünde, hierzu aber keine Zeit bestimmt werden könne, Ewer Mayt.

3o. bis dahin, zu Vermeidung aller Entehrungen unserer heiligen Religion, und unserer Gottes Häuser, verlangten und wolten:

Dass weder von denen Obrigkeiten, weder von der Geistlichkeit keinem Irrglaubigen, in Ansehung der Ausübungen des Catholischen Glaubens, nichts zugemuthet werde, was er nicht selbst und aus eigener Bewegung oder Ueberzeugung zu thun für gut finden dörfte; dass folglich denen Pfarrern zwar frey

Archiv. Bd. XLVIII. I. Hälfte.

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stünde, die Bewegungsgründe, welche sie für die anständigste halten würden, um die Leute zu bewegen, bey dem Catholischen Kirchen-Dienst und Kirchen-Lehren sich einzufinden, anzuwenden; Das man aber, wenn dieselbe nicht freywillig und aus eigener Bewegung sich dabey einfänden, solches, und noch viel weniger die Ausübung unserer hochheil. Sacramenten zu erforderen sich beygehen lassen, sondern mit Geduld abwarten solle, bis Gottes Gnade und wahrhafte Bekehrung dieselbe, anderst zu handlen, bewegen würde.

DAS TAGEBUCH

DES GRAFEN

FERDINAND BONAVENTURA VON HARRACH

WÄHREND SEINES

AUFENTHALTES AM SPANISCHEN HOFE

IN DEN

JAHREN 1697 UND 1698.

NEBST ZWEI GEHEIMEN INSTRUCTIONEN.

HERAUSGEGEBEN VON

DR. A. GAEDEKE.

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