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unter der ganzen Schiffsgesellschaft geschlossen schien, vergeblich die wunderbare Kette nackter Schären an Schwedens Küste. Im Abendroth schifften wir hindurch durch diese seltsamen Fel: seninseln, wo nur hier und da eine rothe Fischers und Schleichhändlerhütte die gespenstische Dede belebte. Der Lootse leitete uns bis vor Gothens burgs Hafen, und die ruhig stille Kahnfahrt durch den reizenden Hafen in die schöne Handelsstadt mit Venetianischen Kanälen und Italiänischen Häusern in der heiter klaren Gegend am Gos thaelf verscheuchte die lehte Uebelkeit.

Erfahrnere Seefahrer versicherten uns, seit lange keine ähnliche Sturmnacht erlebt zu haben, wiewohl die Fahrt über das Kattegat selten ganz ruhig bleibt.

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Drittes Kapitel.

hettafall.

Eintritt in Schweden. Gothenburg. (Götheborg.) Der Trolls Der Kanal. - Nackte Felshaiden. Wege, Wagen, Pferde. Wenersee. Udevalla.

Von Felsen umgårtet, nie erobert seit Odins

Tagen, steht Schweden in jungfråulicher Inselreinheit da, und sein Volk blickt stolz hinauf durch große Zeiten, über große Namen bis zu jenem göttlichen Heros. Alte Geschlechter zäh; len ihre Ahnen bis zu ihm zurück, eine Adels: aristokratie herrscht aus mythischer Vorwelt, kaum modificirt' durch das spåtere Lehnwesen, alles Be: stehende, das Königthum wie die Freiheit des Volkes, hat seine Wurzel in den ersten Anfån: gen der Geschichte; und doch zeigt kein Staat so ein Gegenstück dessen, was heut Legitimität heißt, als der uralt Schwedische. Keine Herr scherdynastie scheint hier für die Ewigkeit zu

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bauen, mag ihr Grundstein die göttliche Abkunft aus dem Nebel der Vormelt sein, oder Großtha: ten der Ahnen, das blutige Beil des Tyrannen oder der einstimmige Jubel des Volkes. Wer seine Kräfte aufbot zur festerern Begründung eilte nur dem Untergang entgegen. L'etât c'est moi! sagte Ludwig XIV, und er hatte Recht; nur wo die Interessen des Volks und seines Regentens hauses eins sind, existirt der Staat. Die Aufs gabe für Schwedens Könige war die schwie: rigste. Getrennte Interessen mit dem ihrigen zu vereinigen gelang nur wenigen, wo es aber eis nem wahnsinnigen Stolze gelang, das Interesse aller Stånde von dem seinigen zu lösen, konnte keine moralische Kraft, keine glorwürdige Erin: nerung das gelöste Band wieder knüpfen. Es herrschen hier keine Theorien, die Geschichte spricht deutlich durch ein Jahrtausend. Durch alle Umwandlungen der Zeit, das eigentliche Mittelalter existirte nie in Schweden - hat sich das alte Verhältniß, nur mit veränderten Nas men, bis auf die neusten Tage erhalten. Nur der allgemeine Sturz der Hierarchie im Euro: påischen Norden brachte einige Veränderung hers vor; doch selbst noch heute besißt die Schwedi:

sche Geistlichkeit mehr Rechte als die der meisten protestantischen Lånder. Aber von eigentlichem Druck, von einem Zwange, der den Geist ers lahmte, der Anstrengungen fruchtlos machte, ist nirgend die Rede. Der Handelsstand, also der Bürger, leht an den Gränzen in geringerm Vers kehr mit dem Binnenlande als mit der Fremde, und neben dem Adel spricht der Bauer, einzig und allein in diesem Lande als solcher, mit in den größten Versammlungen, welche die Nation vertreten. Auch die Aristocratie kann nicht dråk: kend werden, wo dem Kastenwesen wie hier ent: gegen gearbeitet ist, und der Adel es in seinem Interesse von Alters her fühlt, die Sprache des Liberalismus zu führen. Seine Schåren sind eine unüberwindliche Festungsreihe für den Schweden. Sie schließen indessen seine Küsten nur vor fremden Flotten, nicht vor neuen Ideen. Wo diese aber am Stolze des Eingebornen abprallen, ist von daher keine Gefahr, daß die eigenthüm liche Entwickelung gehemmt werde. Weit öfter griff der Schwede ein in den großen Entwicke lungsprozeß des Europäischen Lebens, als dieses auf den Sohn des starren Nordens zurücks wirfte.

So erscheint dem Fremden ein Land, dessen Volk bei allen Südländern den stehenden Beis namen eines „édlen“ führt. Schon in Schwe: den las ich einigen dortigen Freunden diese ein: leitenden Worte vor. Sie schienen ihnen, die durch långern Aufenthalt mit den Mångeln vertrauter geworden, zu pomphaft. Sind sie doch nur das Portal zu einer Reisebeschreibung, und auch dem flüchtigen Reisenden begegnete mans ches, was nicht so glänzend und rein war, ohne daß ihm deshalb, was er als Eindruck einer Totalanschauung niedergeschrieben, unwahr dünkte.

Vom Uranfang bestanden die Rechte des Volks neben dem seiner Fürsten. Spätere Kd: nige, müde des innern Haders, wandten ihre Kräfte nach Außen. Bewußt oder unbewußt das bei die Absicht durch Ruhm und Ansehn eines Kriegers und Eroberers, im ererbten Königreiche die geringe ererbte Macht zu stärken! Ihr Wille war gewaltig, ihre Anstrengung außerordentlich, aber die Mittel genügten nicht für das unge: wöhnliche Ziel. Schwedens Name ward groß, Schweden nicht selbst. Es trat ehrenvoll ab von dem großen Europäischen Schauplak, auf dem es geglänzt. Erschöpfung hinderte es in den

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