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Das Eine indessen steht fest, dass Belgrad schon im 11. Jahrhundert unter diesem Namen als eine wichtige Festung bekannt war. Denn im Jahre 1072 drang König Salomon von Ungarn in Serbien ein, belagerte durch drei Monate Belgrad, gewann die Stadt durch Sturm und nöthigte die Besatzung des Schlosses, gegen Bewilligung des freien Abzuges sich zu ergeben. Doch behauptete Salomon seine Eroberung nicht, denn Belgrad fiel bald hierauf wieder an Serbiens Herrscher zurück.

1382 nahm Murad I. sie bei seinen Eroberungszügen gegen den Occident den Serben ab; sein Sohn Bajesid I., genannt „Ildirim", der Blitz, gab sie nach seinem Siege am Amselfelde, 1389, dem serbischen Fürsten zurück, welchen er zu seinem Vasallen gemacht hatte. Zu Anfang des 15. Jahrhunderts, als die Osmanen ihre Macht immer mehr ausbreiteten und dem Königreiche Ungarn immer näher kamen, war König Sigismund genöthigt, Grenzfestungen anzulegen, um sein Reich zu decken. Er tauschte daher im Jahre 1408 Belgrad von Georg von Serbien ein und wusste seine Lage durch vortheilhafte Befestigungen zu sichern.

Mehr denn hundert Jahre blieb Belgrad nun in den Händen der Ungarn. Die Türken, welche immer weiter vorrückten, versuchten es einigemale, sich der Feste zu bemächtigen, jedoch vergebens; so unter Murad II., 1440, der Belgrad belagerte, aber durch das Nahen eines ungarischen Entsatzheeres unter Ladislaus III. abzuziehen genöthigt war. Mohammed II. belagerte es endlich 1456 mit seiner gesammten Macht; mehrere Monate lag er vor Belgrad und hatte schon die Aussenwerke erobert, als die Besatzung unter der Anführung des tapfern Johann Corvinus Hunyady, der eben zum Entsatz herbeigeeilt, ausfiel und die Belagerer verjagte.

Im Jahre 1521 kam Suleyman mit einem starken Heere vor Belgrad und nahm es, nachdem die Belagerer 20 Stürme abgewiesen hatten, nach einer 60tägigen Belagerung ein, welcher Erfolg der Verrätherei zweier damaliger Commandanten zuzuschreiben ist. Diese Eroberung behaupteten die Türken durch 167 Jahre.

Unter der Regierung Leopold's I., und zwar im Jahre 1688, wurde der Versuch zur Rückeroberung der wichtigen Feste unternommen. Max Emmanuel von Bayern setzte mit einem fast 70.000 Mann starken Heere bei Sabacz über die Save, schlug den bei Belgrad gelagerten Seraskier und begann die Belagerung des Ortes. Nachdem die Vorstädte eingeäschert und die Wälle durch das Feuer der Geschütze niedergerissen waren, wagle man den Sturm. Der Herzog focht an der Spitze seiner Braven einen 6 Stunden langen hartnäckigen Kampf. Die Türken wurden endlich von den Wällen vertrieben und zogen sich in solcher Verwirrung in das Schloss zurück, dass die kaiserlichen Truppen sich des Thores bemeistern konnten und mit ihnen zugleich eindrangen, Hier kam es zu einer zweiten Schlacht, denn mehr als 9000 Mann der Besatzung fielen, alles Übrige ward zu Gefangenen gemacht.

Aber die Eroberer genossen ihren mit vielem Blut erkauften Sieg nur eine kurze Zeit. Denn schon im Jahre 1690 rückte der siegreiche Grossvezier

Mustapha Kjöprülü mit seinen Schaaren vor Belgrad und schloss es ein. Wenige Tage nach der Beschiessung flog ein grosser Pulverthurm in die Luft, wodurch eine bedeutende Verheerung angerichtet wurde. Die Türken bemächtigten sich bald hierauf ohne viel Mühe der Festung.

Drei Jahre später versuchte der Herzog von Croy, Belgrad einzunehmen; er war es, der es an Kjöprülü übergeben hatte; der äussere Wall war nach einem Monate auch schon zu Grunde gerichtet, als der Grossvezier zum Entsatz herbeieilte und den weit schwächeren Herzog zur Aufhebung der Belagerung nöthigte.

1717 ging der unsterbliche Eugen über die Donau und schloss Belgrad von diesem Flusse bis an die Save ein. Sobald die Laufgräben eröffnet waren begann auch das Bombardement, und die Anstalten zum Sturme waren eben getroffen, als der Entsatz sich näherte. Nur die Entschlossenheit, wie die Kriegsgeschicklichkeit des Prinzen rettete die von allen Seiten bedrohte Armee; er griff den herbeigeeilten Grossvezier an und brachte ihm eine Niederlage bei, welche nur wenige Moslims entrinnen liess. Belgrad, das inzwischen unausgesetzt beschossen worden, musste sich Tags darauf ergeben. Der Besatzung wurde der freie Abzug bewilligt.

Im Jahre 1739 wurde die Festung wieder von den Türken belagert, aber ohne Erfolg. Sie erhielten dieselbe erst in Folge des bald hierauf unter den ungünstigsten Umständen abgeschlossenen Friedens und behaupteten sie bis zu dem Momente, in welchem sie ihnen durch die Meisterschaft eines Laudon entrissen werden sollte.

Es war die letzte glorreiche Waffenthat des greisen Helden, der noch im späten Alter mit immer neuen Lorbeern seine Heldenstirne schmückte, der würdige Schluss seines ruhmvollen Lebens und thatenreichen Wirkens.

II.

Correspondenzen zwischen Josef II. und Laudon, das Unternehmen auf Belgrad betreffend. Äusserungen von der Wichtigkeit desselben durch Josef und Kaunitz, von der schwierigen Ausführung durch Laudon. Dispositionen zum Aufbruch und Überschreiten der Save von der k. k. Armee.

Am 13. August begab sich Laudon mittels Post nach Mittrovitz; hier empfing er des Kaisers Briefe vom 8. und 10. d. M. Am 14. reiste er über Boliefze und Zabrescht, um die dortige Gegend des hier beabsichtigten Überganges der Armee wegen zu recognosciren, dann nach Semlin und besprach sich hier am 15. mit dem Fürsten Colloredo wie mit dem Prinzen de Ligne. Tags darauf wurde der Weg nach Weissenkirchen fortgesetzt, woselbst er am 17. eintraf. Am 18. berief Laudon sämmtliche Generäle en chef der verschiedenen Waffengattungen, um mit ihnen über die Gegenstände des von Hadik entworfenen Planes, wegen des Unternehmens auf Belgrad zu berathschlagen. Sie alle waren darin einstimmig, dass es an Nichts zur Ausführung des beab

sichtigten Vorhabens gebreche und daher zur That geschritten werden könne. Laudon aber, dessen Raschheit in der Kriegführung immer noch das Resultat kalter Überlegung war, und der alle Umstände wohl abwog, sah das Unternehmen auf Belgrad in jener Zeit nicht mit den günstigsten Augen an. Er erfährt, dass die Wässer heuer noch nicht zu jener Austrocknung gekommen seien, wie es zu den Übergängen erwünscht wäre; er meinte, dass die Truppen nicht vor dem 15. September zusammengezogen sein könnten, und die Türken, welche sich allerorts bereit hielten, schon dem Übergange wesentliche Hindernisse in den Weg legen dürften; dass ihm nur schwache Streitkräfte von 68-70 Bataillons und 40 Divisionen Cavallerie zur Verfügung stünden, welche wegen der aufs Neue eingerissenen Epidemie höchstens 46.000 Combattants zählten, wovon er nur 30.000 zur Belagerung und 16.000 zu deren Bedeckung verwenden könne und müsse. Laudon sieht es ferner als kein unbedeutendes Übel an, dass das Banat fast ganz von Truppen entblösst werde, da daselbst nur 14 Bataillone zurückbleiben, und sieht so den Erfolg der Belagerung wie ein Hazardspiel an. Die späte Jahreszeit, die kalte Witterung und die in Folge derselben eintretenden Krankheiten müssten so die Armee aufreiben und ihn der Gefahr aussetzen, die Belagerung mit Nachtheil aufzuheben, wobei schliesslich der Verlust der Belagerungs-Artillerie auch noch zu befürchten wäre.

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Diese Bedenklichkeiten"

so schreibt er an Josef aus Weisskirchen am 18. „als auch diejenigen, welche er durch den Oberst Hiller S. M. mündlich vortragen lasse, legen es ihm zur Pflicht auf, seine Entscheidung abzuwarten und bei einem für den Staat und die Armee so wichtigen Schritt S. M. ausdrücklichen Willen zu erbitten." Laudon erwähnt ferner, dass er ohne diesen Befehl sich auf dieses Unternehmen nicht einlassen könne. Josef II. antwortete aus Laxenburg, den 23. August, seinem Feldherrn hierauf wie folgt:

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Lieber FM. Laudon! Ich habe Ihr wichtiges Schreiben vom 18. d. durch den Obersten Hiller gestern Nachmittag übernommen und mit selbem auch, obwohl Ich bettlägerig bin, persönlich gesprochen. Nichts Übleres, nichts Unglücklicheres könnte für den Staat schier erfolgen, als wenn in dieser Campagne Nichts geschähe. Sein Ansehen, jenes der ganzen Armee würde verkleinert, die Feinde des Staates ordentlich angereizt, ihn anzugreifen, und seine Freunde von ihm abwendig gemacht, ohne zu rechnen, dass keine Hoffnung zum Frieden dadurch erzielet, so viele Menschen durch Krankheiten nur aufgerieben, Millionen verworfen und die Monarchie sowohl in ihrem äusserlichen Ansehen als an innerlichen Kräften herabgesetzt werden würde. Geschehen wird und kann Nichts als unbedeutende Kleinigkeiten, wenn wir nicht offensive vorgehen, den Feind in seinem Land aufsuchen, oder ihn nöthigen, um eine ihm schätzbare Festung nicht zu verlieren, das Äusserste zu wagen und es auf eine Schlacht ankommen zu lassen."

Josef entwickelt nun seine Ansichten über jene Offensiv-Unternehmungen, welche weitaus nicht von der Wichtigkeit in ihren Folgen wären, als

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sich eben solche gegen Belgrad erzielen lassen müssten: „Durch die Übersetzung der Save und durch die Berennung Belgrads" fährt der Kaiser fort kann eine Schlacht veranlasst werden, welche, wenn sie von glücklichem Erfolge ist, uns die Einnahme Belgrads sehr erleichtert; wo nicht, so kann es, wenn die Belagerung noch nicht angefangen ist, und da wir bei Zabrescht Brücken haben, von keinen so ausserordentlichen Folgen sein, welche so bedenklich in den Zeiten des Prinzen Eugen waren. Wann und ob die Belagerung vorzunehmen sein wird, kann allein von Ihnen in loco bestimmt werden; so viel aber ist immer zu trachten, die Türken aus den Vorstädten zu delogiren und ihre allda habenden Vorräthe, ja vielleicht die Vorstädte selbsten nach Umständen ganz zu verbrennen; dadurch wird wenigstens dieser Vortheil erzielt, dass sie in die nicht sehr weitschichtige Festung eingesperrt würden und im Winter allda keine so starke Garnison wie jetzo halten könnten, welche Syrmien und das Banat in beständiger Sorge hielte."

Josef bespricht im Verlaufe seines Schreibens noch die geringe Wahrscheinlichkeit des thätigen Auftretens der Russen und meint, dass auch dieser Factor das Unternehmen nicht nur erwünscht, sondern unentbehrlich mache, als das einzige, das zu thun erübrigt. Mit Sorgfalt geht er auf den Zustand der Donau ein und schliesst endlich damit, dass er Laudon, weil dieser einen,,positiven Auftrag von ihm verlange, und da er ihm keinen andern geben könne, befiehlt:,,die Sau zu übersetzen, offensive zu agiren und Belgrad, wo möglich, zu belagern; das Übrige überlasse Ich vollkommen Ihrer Einsicht und bekannten Erfahrung.

,,Auch wird mein Neffe" (der nachmalige Kaiser Franz I.) in den ersten Tagen des Septembers in Semlin ankommen, um den Operationen der Armee, welche über die Sau setzen wird, lediglich als Volontaire zu seiner Belehrung beiwohnen zu können.

,,Wie leid es Mir ist, dass meine zerrültete Gesundheit Mich ganz in die Unmöglichkeit setzt, Mich selbst zu Ihnen zu verfügen und mit Ihnen Sorge und Mühe zu theilen, kann Ich Ihnen nicht genugsam beschreiben. Ich bin wirklich schon den 9. Tag bettlägerig, ohne einen Augenblick wegen der an Mir gemachten Operationen aufzustehen, und Ich weiss noch nicht, wie lang es dauern wird, obwohl Alles so gut als möglich geht, und Ich ohne Fieber bin.

,,Jetzt komme Ich auf den wichtigsten Punkt, nämlich Sie inständig und nachdrücklich zu ersuchen, Ihre Gesundheit nach Möglichkeit zu schonen, um dieses Werk zum grössten Nutzen des Staates und Ihrem noch weiteren Ruhm glücklich ausführen zu können. Josef."

In einem anderen, einen Tag nach diesem aus Laxenburg datirten Brief an Laudon gibt der Kaiser demselben die Nachricht, dass er dem Fürsten Hohenlohe und Prinzen Coburg befohlen habe: „dass sie Beide in allem demjenigen, was er in Verbindung des ganzen Offensiv- und DefensivSystems dieser Campagne auftragen werde, ohne andere Rücksichten, auch Coburg ohne jene, was die Russen von ihm verlangten, Folge zu leisten

haben; leben Sie wohl und bleiben Sie Meiner hohen Achtung vollkommen versichert."

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Das erstere Schreiben des Kaisers erwiedert der Feldmarschall am 29. noch aus Weisskirchen und meint, dass er diesem Allerhöchsten ausdrücklichen Befehl zwar den schuldigsten Gehorsam leisten werde,,,nur mit keiner Ungnade wollen E. M. es zu bezeichnen geruhen" fährt er fort ,, wenn ich mir die Freiheit nehme, Höchstderoselben in tiefster Ehrfurcht offenherzig zu bemerken, dass ich für den glücklichen Ausgang dieser Unternehmung umsoweniger einstehen kann, als ich, wenn man meine Meinung darüber abfordern wollte, aus Gründen, die ich in meiner Depesche durch Oberst Hiller vorzulegen mir die Freiheit nahm, nimmermehr nach Pflicht und Gewissen dazu würde anrathen können.

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,Nur E. M. höchster Wille und gemessener Befehl allein können mit einem kleinen Corps von 40 Bataillons und 30 Divisionen, welche, wie die nebenliegende Disposition ausweist, erstere in der Stärke von à 500, letztere höchstens 250 Pferde im Durchschnitte zählen, bei der bedrohten Lage des Banates, bei der dem Zweifel noch unterliegenden Möglichkeit der Belagerung dieser Festung, einen so wenig Vortheil versprechenden und den grössten Nachtheil blosgestellten Schritt bestimmen, und dieser höchst gemessene Befehl allein, wird, bei einem misslingenden Erfolg desselben mich auch dereinst bei der ganzen Welt rechtfertigen und von Allem, was meine eigene Ehre hiebei nachtheiligen wollte, zur Last gelegt werden und von aller Schuld freisprechen."

Der Bericht erwähnt weiters die getroffenen Vorkehrungen zum Übergang der Save und den Marsch der Truppen; er bespricht die Regengüsse, welche seit dem 24. dauern und die Wege schon sehr unpraktikabel gemacht haben, welche jeden Marsch erschweren und verlängern, auch die Krankheiten beträchtlich vermehren werden.

Wie glücklich ich mich übrigens gefühlt haben würde" schliesst Laudon, wenn E. M. selbst das Commando bei dieser Unternehmung hätten führen können, lässt sich nur nach meiner Allerhöchst gewissenhaften devotesten Treue, Liebe und Ergebenheit bestimmen, und eben diese müssen auch meinen gerechtesten Schmerz bezeichnen, denn E. M. bettlägerig zu wissen, von da nur die Hoffnung meines treuesten Wunsches einer baldigen Wiedergenesung mich befreien kann."

Die Dispositionen zu dem Übergange über den Savefluss und Weitermarsch nach Belgrad datiren vom selben Tage und bestimmen, dass die Truppen aus der Gegend von Weisskirchen und Oppowa nach Syrmien auf den geradesten Strassen, längs der Berzawa und Temes abrücken sollten, und nicht längs der Donau, damit der Feind den Marsch nicht entdecke. Das Corps des FZM. Clair fayt, bestehend aus 32 Bataillons und 20 Divisionen Cavallerie, blieb bei Pancsova und Kubin (mit 11 Bataillons und 4 Divisionen), bei Moldava, dem Gebirge um Uipalanka (5 Bataillons und 4 Divisionen), auf der Illova-Schanze und Gegend (4 Bataillons und 4 Divisionen), und endlich

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