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längliche Anzahl Bedeckung bis nach Nissa angewiesen werden, welche uns auf der Strasse von Niemand einiges Leid zufügen und in Rücksicht des sowohl für unsere Person als Lastthiere nothwendigen Wassers, Holzes, Reis, oder Heu und anderen Erfordernissen keine Noth leiden lassen und, ohne hierüber einen Fehler zu begehen, uns sicher und unverletzt auf den bestimmten Zufluchtsort bringen möchten."

Laudon. „Die Garnison mit ihren Familien und Habseligkeiten wird. zu Wasser bis Orsova geschafft, hiezu die nöthigen Schiffe beigegeben und die Stationen angewiesen werden, wo täglich gelandet wird. Bis in die Stationen, die man nahe an der Donau wählen wird, reiten oder gehen diejenigen, welche gesund sind, zu Lande und treffen also täglich mit den Schiffen zusammen. Für ihre Sicherheit wird durch eine hinlängliche Escorte zu Lande gesorgt werden. Mit Brod und Holz wird man sie versehen lassen; hingegen müssen für unsere mitgehende Escorte 4 ansehnliche türkische Officiere als Geiseln bis zu ihrer sicheren Zurückkunft allhier zurückgelassen werden."

IV. Artikel.

Osman. „Sollen für Waaren und Habschaften, wie auch für mit keinem Vieh versehene Familien und Kinder, Waisen und Weiber, Verwundete und dergleichen die erforderlichen Wagen und Pferde beigeschafft werden."

Laudon. „Ist durch den vorhergehenden Punkt erledigt, und muss nur unverweilt die Zahl der Seelen angezeigt werden, um den Überschlag wegen der Schiffe machen zu können, die erforderlich sind."

V. Artikel.

Osman. Solche Lebensmittel, welche Privatkaufmännern und Bürgern als-ihr Eigenthum zugehören und nicht fortgebracht werden können, und andere Artikel sollen, ohne einen nachtheiligen Preis zu setzen, zu verkaufen erlaubt sein."

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Laudon. Accordirt und können, wenn sie wollen, türkische Commissärs zurückgelassen werden, um solche zu verkaufen."

VI. Artikel.

Osman. „Den Juden und serbischen christlichen Unterthanen soll gleichermassen allen und jeden insbesondere, längs der Strasse oder zur Zeit unseres Aufbruches weder heimlich noch öffentlich, das geringste Leidwesen zugefügt werden."

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Laudon. Die mitgehende Escorte wird in allen Stücken Ordnung und Sicherheit halten."

VII. Artikel.

Osman. „Wofern Jemand mit Forderungen und Processsachen aufgezogen kommen sollte, so sollen dergleichen für jetzt nicht gehört werden." Laudon. Accordirt."

VIII. Artikel.

Osman. „Diejenigen von den serbischen christlichen Unterthanen, so schon eher das mahommedanische Glaubensbekenntniss abgelegt haben, sollen nicht zurückgefordert werden."

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Laudon. Christliche Unterthanen, so selbst freiwillig mit ihnen abziehen wollen, werden nicht aufgehalten, auch kein Christ, der die mahommedanische Religion angenommen, zurückgefordert werden, weil an solchem schlechtem Gepacke1) ohnedies Nichts gelegen ist.

IX. Artikel.

Os man. „Die während dieser Zeit beiderseits gemachten Gefangenen sollen gegeneinander ausgewechselt werden."

Laudon. „Alle Deserteure und Gefangenen müssen getreulich ausgeliefert werden, und kann keine Auswechslung statthaben."

X. Artikel.

Osman. „Bei dem mit der Hilfe Gottes erfolgten Abzuge sollen nicht mehr als 4 oder 5 Stunden täglich zurückgelegt, und auf wasser- und heureiche Gegenden mit den Stationen angetragen werden."

Laudon. „Die Stationen werden so eingerichtet werden, dass man solche, ohne die Truppen zu sehr zu ermüden, zurücklegen kann."

XI. Artikel.

Osman. „Sollen, woferne die obbesagten Artikel zu einem Schluss kommen, die erforderlichen Pferde und Wagen übergeben und, in wie vielen Tagen solches zu Stande kommen könne, wie auch auf welchem Orte innerhalb dieser Zeit die k. k, sowohl als unsere Truppen zu verweilen hätten angezeigt werde."

Laudon. „Sobald man wissen wird, wie viele Schiffe erforderlich sind, wird die Zeit, wenn sie herbeigeschafft sein werden, und alsdann auch der Tag des wirklichen Abzuges bestimmt werden."

XII. Artikel.

Osman. „Den mit uns befindlichen und mit uns abzuziehen verlangenden christlichen Unterthanen soll kein Hinderniss in den Weg gelegt werden."

Laudon. „Ist schon durch den VIII. Artikel beantwortet."

XIII. Artikel.

Osman. „Soll zur Versicherung, dass weder von Seite der kaiserl. Truppen, noch anderer Gattung in diejenige Gegend, wo sich die muselmännischen Weiber aufhalten, gegangen werden möge, von Seite Euer hoch

1) Der ernste Laudon zeigt hier ausnahmsweise eine heitere Miene.

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ansehnlichen Excellenz ein scharfes und ausgiebiges Document erlassen werden."

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Laudon. Versteht sich von selbst, und kann kein giltigeres Document als die von mir unterfertigte Capitulation ausgestellt werden.

„Übrigens wird ausdrücklich bedungen, dass die Belgrader Garnison von dem Commandanten zu Orsova erwirken müsse, unsere Schiffe nach geschehener Debarquirung in der Gegend von Orsova frei und ungehindert bei Alt-Orsova oder oberhalb Alt-Orsova, wo wir es wollen, anlegen, aufbewahren und jetzt oder künftig durch den Gegenzug wieder heraufbringen zu können, ohne dass durch türkische Tschaiken oder auf andere Art die geringsten Hindernisse in den Weg gelegt werden dürften."

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Nachdem man mit göttlichem Beistand über bevorstehende Capitulations - Punkte sich vollkommen einverstanden hat, so sind solche zu mehrerer Bekräftigung von beiden Seiten unterschrieben, und zwei gleichlautende Exemplare gegeneinander ausgewechselt worden. Gegeben in dem Feldlager vor Belgrad, den 8. October 1789.

(L. S.)

Laudon m. p.,
General-Feldmarschall.

Hier sind unterschrieben nebst dem Commandanten der Festung die Vorsteher der Truppen und Ämter.

Laudon stellte Osman-Pascha auch noch ein Zeugniss aus, WOmit derselbe sich beim Divan wegen der Übergabe Belgrads zu rechtfertigen und zu beweisen im Stande war, dass er den Platz, so lange es möglich gewesen, als ein rechtschaffener Soldat vertheidigt habe.

In den Bedingnissen war auch die Übergabe von Semendria mitbegriffen, bei welchem Punkte Osman-Pascha zwar Einwendungen machte, sich aber endlich zur Nachgiebigkeit bestimmt sah.

Ein sonderbarer Zufall bei der Eroberung von Belgrad war folgender: Als diese Festung im Jahre 1739, also gerade 50 Jahre vorher, an die Türken verloren ging, befand sich der damalige Herzog Franz von Lothringen bei der Armee. Sein Enkel, Erzherzog Franz, schoss 1789 die erste Kanone auf Belgrad ab. General Wallis commandirte 1739 die Armee vor Belgrad, und sein Sohn wurde jetzt der Commandant desselben. Endlich war der jetzige Befehlshaber Osman-Pascha, welcher Belgrad übergeben musste, ein Sohn jenes Pascha, dem es von den Österreichern damals übergeben wurde.

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Also hatte Laudon die Weissagung seines grossen Gegners Friedrich II., der zu Kaiser Josef gesagt: „Mit diesem Manne werden Euer Mäjestät noch die sieben Thürme erschüttern!" auf das glänzendste erfüllt.

Noch nie wurde Belgrad mit so geringem Menschenverlust als diesmal erobert: der Feldherr war seines Kaisers Willen, der ihm sagte: weder Pulver noch Kugeln zu scheuen, wenn nur das Blut meiner braven Krieger geschont wird," auf das möglichste nachgekommen. Er schonte Menschen und siegle doch! Ein herrlicher Lorbeer in der Heldenkrone des Unsterb

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lichen! Betrachten wir nun näher den Erfolg wie die Verluste dieser denkwürdigen Belagerung, bei welcher Laudon Alles gethan, was militärische Kunst und Wissenschaft vermag.

Durch die Übergabe der Festung erhielten die Sieger an metallenen Kanonen 351 Stück, sodann 34 metallene Pöller, 10 eiserne Geschütze und 50 eiserne Gabel- oder Tschaikenstücke, alle vom verschiedensten Kaliber, 6000 Centner Pulver, 2500 Centner ungegossenes Blei, 24.000 Kugeln aller Gattung, einen grossen Vorrath von andern Artilleriegeräthschaften nebst jenen von Lebensmitteln, die aber meistens verdorben oder mit Blut benetzt

waren.

An Fahrzeugen wurden dem Feinde 20 Tschaiken und 45 Schiffe minderen Werthes abgenommen. Die Anzahl der Einwohner, welche nach der Übergabe Belgrads auszogen, bestand in 25.000 Menschen; darunter waren 2000 vornehme Geistliche und Legisten, 9000 Weiber, 4000 Mädchen, 3000 Knaben und die Besatzung von 7000 Mann, unter welch letzteren sich 1000 Verwundete befanden.

Laudon liess die Türken sehr gut behandeln und mit allem Nöthigen auf den Weg versehen; die zurückgebliebenen Geiseln waren Ahmed Efendi, Defertar, Schatzmeister der grossherrlichen Kammer; Jusuf A ga, General der Artillerie, (war ein Abkömmling Mahommeds); Ibrahim Aga, Janitscharen-Oberst, Abdi Aga, Platzmajor, und Isman Ceri Pascha, Vorsteher und Truppen-Commandant von Semendria.

Am 11. October Früh wurde das Te Deum über den errungenen Erfolg abgehalten, die Belagerten waren Augenzeugen der Festlichkeit, und es schmerzte die Muselmänner nicht wenig, ihr Belgrad, auf dessen Festigkeit sie so sehr gebaut, bezwungen und den Fall desselben gefeiert zu sehen.

Osman-Pascha wurde mit einem Gefolge von dreissig seiner vornehmsten Officiere durch Laudon auf Mittags zur Tafel geladen. Der türkische Befehlshaber selbst wurde in einem besonders dazu errichteten Zelte bewirthet, während seine Umgebung vor demselben nach türkischer Art auf der Erde sass. Laudon hatte so viel Aufmerksamkeit für seinen besiegten Feind gehabt, dass er die Tafel von drei türkischen Köchen zubereiten liess, und diese aus mehr als 40 Speisen bestand.

Gegen Ende des Males trat Laudon in der Feldmarschalls-Uniform und mit dem grossen Ordensstern, von einigen Generalen begleitet, in's Zelt. Die Türken zeigten sich von Ehrfurcht durchdrungen. Nach einigen Complimenten fragte unser Held den Pascha: „Aber wie konnten Sie sich bei so grossen Kriegsvorräthen entschliessen, die Festung so bald zu übergeben?" „Verzeihe!" erwiderte Osman, „Dein Name war meinen Leuten zu schreckbar (Laudon hiess unter den Türken schlechtweg: Der deutsche Teufel), Dein Feuer zerschmetterte die Felsen, und Deine Kanonen flogen den Bewohnern auf der Strasse nach. Ich musste ihrem wüthenden Zudringen und ihrer Verzweiflung nachgeben." - Die Türken meinten auch, dass Laudon Pascha vom Allmächtigen besonders gelicht werden müsse, da er eine

Festung nach der andern wegnimmt." Os ma n-Pascha verehrte bei seinem Abschiede Laudon einen prächtigen Schimmel mit einem überaus kostbaren Reitzeuge zum Geschenke; dieser schlug es Anfangs aus und gab zuletzt nur der dringenden Bitte des Pascha nach.

Nach dem Abzuge der Türken besah Laudon mit dem Erzherzoge Franz die Festung, in der alle Strassen mit Leichnamen von Menschen und Vieh voll lagen, die einen grässlichen Gestank verbreiteten. Er beorderte sogleich einige Tausend Arbeiter, um die Festung und Stadt zu reinigen, und liess solche indessen durch 5 Bataillons besetzen.

Nicht minder wurden eine grosse Anzahl Civil- wie Militärarbeiter unter den Befehlen des Genie-Oberstlieutenants von Hofmann zur Rasirung der Belagerungs- und Herstellung der Festungswerke angestellt.

Um seinem geliebten Monarchen von der Einnahme Belgrads Kunde zu geben, schickte Laudon seinen Neffen Klebek nach Wien, der am 12. October im festlichen Zuge, von 4 Postofficieren und 24 blasenden Postillonen begleitet, daselbst eintraf. Ganz Wien schien von einem Freudentaumel ergriffen zu sein, welcher um so grösser wurde, als Josef von seiner gefährlichen Krankheit wieder so weit hergestellt war, um mit dem gesammten Hofstaate am 14. dem überaus glänzenden Te Deum bei St. Stefan beiwohnen zu können. Der Donner der Kanonen von den Basteien fiel in das Halleluja des Chores, und seit langem versetzte Wien keine frohe Nachricht in solche Freude wie die vom Falle Belgrads.

Freiwillig und ohne alle Abrede wurde die folgende Nacht die ganze Residenz auf das Festlichste erleuchtet, und viele Häuser waren herrlich verziert. Nur das bekannte Steinbild des Türken, an der Ecke des Heidenschusses, wurde, etwas kindisch, mit schwarzem Flor verhüllt. In den Schauspielhäusern war freier Eintritt, Bier und Wein wurde, wie Geld, unter das jauchzende Volk vertheilt.

Um neun Uhr Abends zogen die Schüler der juridischen und medicinischen Facultät, gegen 900 an der Zahl, unter Fackelglanz in die Burg und dann vor Laudon's Haus (stand damals in der Wollzeile, ein palastartiger Bau, Nr. 771, dem Fürsten Schwarzenberg gehörend, 1700 von der Gräfin Dorothea von Rabutin, Herzogin von Holstein, welche die bekannte Lady Montague die geistreichste Frau Wiens nennt, bewohnt, 1847 von Baron Sina erworben und mit Nebenhäusern in Eines umgebaut), hier der Gemalin des Türkenbesiegers Serenaden bringend.

Damals erschien auch Blumauer's Lied von Belgrad, (und viele andere) welches den grossen Laudon feierte und im Tone des allgekannten franzö sischen Volks- und Kinderliedes: „Marlborough s'en vat-en guerre etc." gedichtet ist. Wie 1717 Eugen's Eroberung von Belgrad Anlass zu dem bekannten Liede gab, so sehen wir jetzt nach 72 Jahren dieselbe Volkspoesie von Neuem geweckt.

Aber nicht nur in Wien feierte man Laudon's Ruhm, die ganze Monarchie nahm an der Freude Antheil, umsomehr, als Josef II. den Befehl

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