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Das Reduit.

Vorbetrachtungen.

Auch hier ist es unumgänglich nothwendig, bei Erwähnung der Gründe, welche für den beiliegenden Entwurf massgebend waren, die bisher bekanntesten Projecte im Allgemeinen zu besprechen.

Gleichwie es das Hauptaugenmerk bei Construction des Walles war, eine zu grosse Längenausdehnung und in Folge dessen die grossen Erbauungskosten für denselben zu vermeiden, ebenso war man bestrebt, die Grösse des Reduits auf ein Minimum herabzudrücken, um auch an Besatzung sparen zu können, ohne jedoch die Widerstandsfähigkeit zu alteriren.

So gewiss es ist, dass die Fortification die Idee von Reduits in Lagerwerken nicht aufgeben darf, ebenso sicher kann man behaupten, dass wohl Nichts so schwierig ist als die glückliche Lösung dieser Aufgabe.

Hat man sehr viel Geld zur Verfügung, dann hören allerdings die Schwierigkeiten auf; denn bei genügenden Mitteln könnte man sehr bald in's Reine kommen, und wer Geld hat, kann auch ein grösseres Heer leichter erhalten.

Da man jedoch diesen glücklichen Zustand als nicht vorhanden betrachten muss, so steigen die Schwierigkeiten ausserordentlich.

Übrigens ist auch nicht einleuchtend, warum selbst bei genügenden Mitteln theurer gebaut werden sollte, als absolut nothwendig ist, wenn man denselben Zweck auf wohlfeilere Art erreichen kann.

Indem nun zur Erklärung des Entwurfes übergegangen wird, unterlässt man es jedoch der Einfachheit wegen, verschiedene Combinationen von Reduits nach derselben Idee zu zeichnen, weil ohnehin jeder Fachmann leicht im Stande ist, den gegebenen Grundgedanken derart zu verwerthen, dass bei Aufrechthaltung derselben Idee eine nur in Einzelnheiten abweichende Zeichnung entstünde.

Es wolle daher bei diesem hier entworfenen Lagerwerke mehr die Idee als das Detail der Beurtheilung unterzogen werden; denn man ist der Ansicht, dass durch Details einestheils zum besseren Verständnisse Nichts beigetragen würde, und dass anderseits die Idee, als Product der Kunst, zuerst Geltung erlangen müsste, bevor man an das Ausmalen derselben gehen kann.

Schon bei Besprechung der verschiedenen Entwürfe wurde erwähnt, dass bezüglich der Reduits (wo solche vorkommen) Anordnungen gewählt wurden, welche den Bau von Lagerforts vertheuern.

Es scheint nicht, dass die Aufgabe, Reduits entsprechend leistungsfähig, zugleich aber möglichst wohlfeil zu bauen, bereits definitiv gelöst worden sei. Man hat sich zwar bemüht, darüber nachzuforschen, konnte aber bisher nichts Derartiges entdecken, daher es auch erlaubt sein möge, mit diesem Projecte zur hoffentlich recht baldigen Lösung dieser Aufgabe beizutragen.

Betrachten wir nun die Reduits in den für den Leser als bekannt vorausgesetzten verschiedenen Projecten.

Dieselben sind meistens gross, den inneren Raum des Werkes beengend und oberirdisch angelegt. Eine ausgiebige Bestreichung des Walles soll vom Verdeck derselben geschehen. Weil jedoch das Reduit sehr geräumig ist, erfordert es auch zu seiner Vertheidigung eine zahlreiche Besatzung.

Auf einen ohnehin schon so theuren Bau noch eine oder zwei eiserne Kuppeln zu setzen, ist allerdings eine Verstärkung (eine gewisse Widerstandsfähigkeit wurde auch nie bestritten), aber auch eine bedeutende Vertheuerung.

In anderen Entwürfen findet man an der Kehle einen bastionsförmigen Vorsprung mit offenem Walle, um von da aus das Terrain zwischen und hinter den Werken bestreichen zu können. Dem Flachbogenschusse aber im Rücken vollkommen ausgesetzt, kann man sich keinen günstigen Erfolg von diesen Anlagen versprechen.

Die crenelirte Mauer in die Kehle des Werkes ist grösstentheils verschwunden, um einem offenen revetirten Walle mit tiefem Graben, oder auch nur letzterem allein Platz zu machen.

Dadurch ist dem Vertheidiger die Möglichkeit benommen, im Falle er das Werk zu räumen gezwungen war, in die Kehle rasch Bresche zu schiessen und einen Angriff zur Wiedereroberung des Werkes noch früher zu versuchen, als der Angreifer sich in demselben eingerichtet hat.

Dass die Erbauung eines Reduits aus Stein und Erde bei Berücksichtigung des Bogenschusses trotz Beengung des Innern auch auf die bedeutendere Ausdehnung des Walles Einfluss nimmt, wurde schon früher erwähnt,

Vorschläge.

Um daher all' diesen unangenehmen Consequenzen mit Einem Schlage auszuweichen, wird in dem hier beiliegenden Entwurfe der eigentliche Reduitbau versenkt und nur ein nicht drehbarer eiserner Thurm als Kern der innern Vertheidigung über den Bauhorizont hervorragen gelassen..

Durch diese Anordnung entstehen zu Gunsten des Entwurfes von selbst zahlreiche Vortheile, die man nur aufzugreifen und auszubeuten braucht.

Zuerst kann man die Behauptung wagen, dass nach dieser Anordnung endlich ein nicht zu theurer und doch vollkommen schussfester Panzer gefunden ist, und zwar deshalb, weil der Wall, mindestens gleich hoch mit dem Reduitthurme (in der Planskizze wurde dieser Fall gewählt), den letzteren absolut gegen jeden directen Schuss aus der Nähe und Ferne deckt.

Es bleibt zum Zerschmettern des Panzers nur der Bogenschuss und der Bombenwurf übrig.

Der Bogenschuss ist aber bekanntlich gegen Mauer und Erde nur aus

der grossen Entfernung von mindestens 2000 Schritt von besonderer Wirkung; für diese Panzerwand hat man aber von dem Bogenschusse um so weniger zu besorgen, als schon die kreisrunde Form einestheils eine Verstärkung bildet, und anderseits ein voller Treffer auch deshalb rein vom Zufalle abhängt, weil der kleine Thurm vom Angreifer gar nicht gesehen werden kann. Je näher aber der Angreifer steht, desto wirkungsloser ist der Bogenschuss.

Das Wurf-Feuer, an und für sich schon unsicher und kostspielig, hätte aus demselben Grunde gar keine Aussicht auf Erfolg; und sollte uns auch die Zukunft gezogene Bomben-Mörser mit grösserer Treffsicherheit und schwereren Projectilen bringen, so ist es sicher, dass diese kleinen eisernen Reduits am wenigsten dadurch leiden werden.

Den ersten Anforderungen an ein Reduit ist somit entsprochen, nämlich dass der Angreifer nicht im Stande sein soll, den Wall und dessen Reduit gleichzeitig zu bekämpfen.

Der eiserne Thurm, 18 Fuss hoch (über dem Bauhorizont, im Ganzen jedoch 21 bis 22 Fuss hoch), ist im Innern in 3 Etagen getheilt, und zwar wurde hier die unterste und oberste für Kleingewehr, die mittlere für Geschütz angenommen. Man könnte jedoch auch eine andere Eintheilung wählen.

Würden schon Kartätschen und Hinterladungs-Gewehre verheerend wirken, so ist es um so gewisser, dass die in neuester Zeit auftauchenden Repetir-Geschütze und Gewehre, solchen Reduits beigegeben, deren Widerstandsfähigkeit auf's Äusserste erhöhen müssten.

Man denke sich nur 6 bis 8 solcher Geschütze, wovon eines im Stande ist, in der Minute mehr als 1000 Projectile zu schleudern, nur 5 Minuten gegen den eingedrungenen Feind in Thätigkeit, so wird man wegen der grossen Nähe, aus welcher die Schüsse abgegeben werden, auch auf die furchtbaren Verluste des Angreifers und dessen moralische Niederlage schliessen können.

Der eiserne Thurm steht auf solidem Fundamente, welches Mauerwerk jedoch gleichzeitig dazu dient, die Munitions- und sonstigen Depôträume einzuschliessen.

Wie diese Depôts herzustellen, zeigt die Planskizze; dieselben können nach Belieben abgetheilt werden.

Der äussere ringförmige Raum, von welchem sich die Minengallerien abzweigen, kann als Nothbelag während der Belagerung und als Depôtraum für das Minenmateriale verwendet werden.

Je nach der Bodengattung wäre ein Brunnen oder eine Cisterne anzulegen.

Eine bequeme breite Stiege führt in die das Terrain hinter und zwischen den Werken so wie die Einfahrten beherrschenden Casematten das Kehlwerk.

Das Kehlwerk.

Daselbst können 9 bis 11 Geschütze (je nach der Laffetirung) untergebracht werden.

Die Eindeckung dieser Casematten hätte nach der früher beschriebenen zweiten Methode mittels schmiedeiserner Barren und dazwischengelegter Ziegelgewölbe und Erde zu geschehen.

Bekanntlich hat die Barren construction auch den Vortheil, dass man keine ungleiche Belastung der Eindeckung (resp. Einwölbung) zu fürchten braucht, da hier ein Seitenschub auf Widerlager nicht vorkommt.

Diese höchst angenehme Eigenschaft hat man hier benützt und die Erddecke auf diesem Casemattenbau ungleich hoch aufgetragen (Profil A B), um dieselbe einestheils möglichst zu verstärken und anderseits von der oberen Etage des Reduitthurmes aus, sei es nun mit Geschütz oder Kleingewehr, mit voller Sicherheit jeden Punkt oberhalb dieser Casematten bestreichen zu können.

Die schmiedeisernen Träger der Einwölbung wären natürlich, wenigstens in den gegen die Nachbarwerke gerichteten Casematten, nicht auf die Hauptmauern, sondern auf die Scheidenmauern zu legen. Bei den innern Räumen, welche als Munitions- und Proviantdepôts, sowie für die sonstigen Bedürfnisse eingerichtet werden können, ist es gleichgiltiger, in welcher Richtung die Barren liegen.

Verbindung des Reduits mit dem Kehlwerke.

Durch die unterirdische vollkommen gesicherte Verbindung des eigent lichen Reduits mit dem Kehlwerke ist der Vertheidiger in der angenehmen Lage, stets die Kenntniss dessen zu erlangen, was etwa von den eigenen Truppen zu seinem Entsatze unternommen wird, falls die Vertheidiger des Walles denselben zu räumen gezwungen wurden. Er kann sich durch die nach rückwärts sehenden Scharten mit seinem obersten Commando durch Signale verständigen und somit am besten beurtheilen, was zu thun sei.

Erhält er beispielsweise den Befehl, eine Wiedereroberung des Walles vorzubereiten, so wird er durch Minen im geeigneten Momente einen Theil der crenelirten Kehlmauer und den dieselbe deckenden Erdwall in die Luft werfen und durch sein Geschütz- und Kleingewehrfeuer aus dem Thurme den Angriff unterstützen.

Es ist wohl kein Zweifel, dass jeder Angriff, in solcher Weise unterstützt, gelingen müsste.

Selbst angenommen, es sei durch Verhältnisse, die sich nicht voraus bestimmen lassen, dem obersten Commando die Wiedereroberung des Werkes unmöglich geworden, so liegt es dennoch ganz in der Macht des ReduitCommandanten, den Gegner in den Trümmern des Werkes zu begraben, sich selbst aber zurückzuziehen.

Dies geschieht, indem er sämmtliche Minen unter dem Walle und der Kehlmauer, so wie die Demolirungs- Minen des Reduits und des Kehlwerkes laden lässt. Sodann werden zuerst die Minen unter Wall und Kehlmauer gleichzeitig gesprengt (natürlich mit möglichst starken Ladungen); während der darauf folgenden Verwirrung und Flucht aller jener Gegner, denen letztere noch möglich, werden Reduit und Kehlwerk demolirt und der Rückzug angetreten, welcher in diesem Momente gewiss nicht belästigt werden wird.

Crenelirte Kehlmauer.

Die Anlage und Deckung der crenelirten Kehlmauer zu beschreiben, erscheint bei der Einfachheit der ganzen Anordnung, und da die Planskizze dieselbe ohnehin deutlich versinnlicht, nicht nothwendig.

Nur muss bemerkt werden, dass hier zweierlei Anordnungen möglich sind:

Entweder wird die Kehlmauer zum Reduit einbezogen, wie es in der beiliegenden Planskizze der Fall ist, oder man kann dieselbe vom Reduit, resp. Kehlwerk trennen und mit den Casematten des Werkes offen verbinden, statt, wie im ersten Falle, die Galerie derselben mit einem Tambour gegen die Casematten zu schliessen.

Erstere Anordnung scheint die richtigere zu sein, weil es dem Angreifer dadurch unmöglich wird, den das Werk verlassenden Vertheidiger in gedeckter Stellung mit wohlgezielten Schüssen zu verfolgen, sondern ihn nöthigen würde, die Erddecke der crenelirten Mauer und des Kehlwerkes zu besteigen, woselbst er sich jedoch dem Feuer des Reduits vollkommen aussetzen würde.

Wenn noch gesagt wird, dass das Fort auch deshalb gestreckt und möglichst schmal gehalten wurde, um der nachtheiligen Tiefe wegen der Wirkung der neuen Projectile zu entgehen, so ist im Allgemeinen die Beschreibung des vorgeschlagenen Walles, der inneren Einrichtung desselben sowie des Reduits, Kehlwerkes und der crenelirten Mauer hiermit beendet.

Man könnte zwar noch Vieles sagen, z. B. dass man mit den Casematträumen ganz gut noch ein Stück unter die Brustwehr vorrücken könne (wie es in der Skizze angedeutet); dass man vielleicht die Decke des Deckwalles der crenelirten Mauer von 3 auf 4 Klafter verstärken sollte; dass es vielleicht zweckmässig wäre, wenn die Kammlinie des Werkes um 3 bis 6 Fuss den Reduitthurm überragen würde; allein, es sind dies meist Detailanordnungen, die sich nach Localverhältnissen richten müssen.

Die stärksten Werke eines verschanzten Lagers werden auf den wichtigsten Punkten desselben erbaut, und diese sind in der Regel Höhen, woselbst sich also eine Vergrösserung des Aufzuges, falls nicht gleiche Höhen gegenüberliegen, grösstentheils überflüssig erweisen wird.

Bevor zur Taktik der Vertheidigung eines solchen Lager werkes über

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