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doch von den Grundregeln der Fortification wird man nicht abweichen dürfen; diese sind:

1. Einfachheit,

2. Stärke, und

3. möglichst geringe Erbauungskosten.

Entwurf eines Lagerforts.

Der Wall.

Vorbetrachtungen.

Bevor wir zu dessen Beschreibung übergehen, erscheint es vortheilhaft, den Standpunkt klar zu machen, von welchem aus der Gegenstand betrachtet wird, und einen kurzen Rückblick auf die Entwicklung der Fortification seit Einführung der gezogenen Geschütze zu werfen.

Letzteres ist deshalb nothwendig, weil seit jener Zeit fast eben so viel Wege zur Lösung der Aufgabe eingeschlagen wurden, als Vorschläge darüber zum Vorschein kamen.

Für kein Project scheint man jedoch bisher Lust gezeigt zu haben. sich endgiltig zu entscheiden; darunter ist jedoch nicht etwa die unveränderte Aufnahme eines Entwurfes zu verstehen, sondern die leitende Idee, welche demselben zu Grunde liegt und welche die Art und Weise des Angriffes und der Vertheidigung beherrscht.

Dass die zu grosse Kostspieligkeit ein Haupthinderniss für die meisten Entwürfe bildet, ist ohnehin allgemein bekannt.

Einige Vorschläge haben die Lagerforts, wie sie zur Zeit ihrer höchsten Entwicklung, kurz vor Einführung der gezogenen Geschütze bestanden haben. zur Grundlage ihrer Entwürfe genommen.

Man ist nun der Ansicht, dass Diejenigen, welche die damals als vollkommen richtig anerkannten Anordnungen bei Erbauung von Lagerforts möglichst beizubehalten trachteten, auf dem richtigsten Wege vorschritten, Jene aber, welche Ausserordentliches schaffen wollten, auch Unausführbares geliefert haben.

Als man sich daran machte, nach den in Jüllich, Rothneusiedel, Verona . u. s. w. gemachten Erfahrungen Verbesserungen vorzuschlagen, wurde man nur über den einen Punkt allseits einig, dass das Mauerwerk, weil es durch den Bogenschuss aus grösserer Entfernung selbst dann in Bresche gelegt werden konnte, wenn es auch den Blicken des Angreifers entzogen war, besser zu decken sei.

Diese Deckung wurde hauptsächlich dadurch erreicht, dass man den Graben schmäler machte und die Sturmfreiheit in die Contrescarpe verlegte.

Wie tief man mit dem Cordon der Escarpen zu gehen habe, wurde somit im Allgemeinen festgesetzt; doch ist es klar, dass auf Anhöhen, denen keine

solchen gegenüber liegen, ein anderes Verhältniss Platz greift, wie in der Ebene.

Dies ist aber auch Alles, worüber alle Ansichten sich einigten; es war auch das am leichtesten Ausführbare und vorderhand Nothwendigste. Alles Andere ist noch offene Frage, und wird das Meiste, des Kostenpunktes wegen, es auch bleiben. Der Hauptsache nach besteht der Rest der vorgeschlagenen Verstärkungen in gepanzerten Wallgeschütz - Casematten, eisernen Drehthürmen in den Schulterpunkten der Werke oder auf dem Verdecke der Reduits, Anlage grosser Reduits mit oder ohne Deckwa, oder von Werken mit Wallgeschutz-Casematten, jedoch ohne Reduits.

Ausserdem kann man noch die mehrere Etagen hohen gepanzerten Drehthürme und auch die Thurmforts aus Stein und Erde erwähnen.

Es soll hier keine Kritik irgend eines Projectes geschrieben werden; aber zur Feststellung des Standpunktes, von dem aus man eine Sache betrachtet, ist es nothwendig, dass die Vorschläge Anderer beleuchtet werden und man Gründe angebe, warum man es nicht auch so machen will.

Wir sehen nun, dass fast alle Vorschläge die Geschütze durch Scharten feuern lassen; diese aber sind meistens Minimalscharten in Panzerwänden.

Ein Panzer, welcher stark genug wäre, um den schwersten Projectilen. zu widerstehen, und doch so billig zu stehen käme, dass man ihn zur Deckung für Tausende von Positions-Geschützen verwerthen könnte, soll aber trotz mehrjährigen Suchens erst noch gefunden werden.

Wallgeschütz-Casematten ohne Panzer oder ähnliche Constructionen, welche das Mauerwerk zeigen, werden jedoch wohl von Niemanden als Verbesserungen angesehen werden können.

Wallgeschütz-Casematten vertheuern aber den Bau ausserordentlich.
Der Beweis ist nicht schwer herzustellen.

Nach einer Elementarregel der Fortification haben Scharten in Erdbrustwehren derart weit von einander abzustehen, dass die Stärke des zwischenliegenden Merlons an der äussern Brustwehrböschung gleich sei der für nothwendig erachteten Brustwehrdicke.

Da man nun heutzutage die Brustwehrdicke in permanenten Werken mit vier Klafter annimmt, so müsste der zwischen den Scharten gelegene Erdkörper an der äussern Brustwehrböschung ebensoviel messen.

Die Folge davon ist, dass höchstens von 8 zu 8 Klafter Geschütze unter Wallgeschütz-Casematten placirt werden könnten. Wollte man nun 30 Geschütze auf solche Weise decken, so wären 30 × 8 240 Klafter Tracélänge für das Werk nothwendig, - eine riesige Ausdehnung.

Das Feuer der Infanterie und solcher Geschütze, welche nur zeitweise über Bank zu wirken hätten, ist aber hiebei noch gar nicht berücksichtigt; vernachlässigt kann es nicht werden, man muss also jedenfalls noch etwas den 240 Klaftern hinzufügen, und die kleine Festung mit ungefähr 300 Klafter Tracélänge, d. i. 750 Schritt, ist fertig.

In Folge solcher Massnahmen hat man natürlich auch eine ungeheure Kehllinie, die ohne Übertreibung mit 150 Klafter Länge angenommen wer

den kann.

Den Schluss des Ganzen bildet ein sehr ausgedehntes Reduit verschiedener Form (wo man ein solches anzulegen beabsichtigt), mit oder ohne eiserne Drehthürme, oder eine sogenannte zweite Aufstellung, auf jeden Fall aber nicht mit zu den Erbauungskosten im Verhältniss stehender Wirkung und zu viel Besatzung erfordernd.

Der Aufzug des Werkes muss sehr hoch angenommen werden, um das Mauerwerk des nahe an den Wall angelegten Reduits decken zu können, oder das Reduit gestaltet sich zu einem Werke im Werke, braucht also schon deshalb viel Raum, somit einen sehr ausgedehnten vorgelegten Wall.

Reduits in solcher Weise angelegt, sowie Wallgeschütz-Casematten erfordern sonach eine ausserordentliche Tracélänge des Werkes.

Kann nun nicht geleugnet werden, dass solche Lagerforts sehr stark sind, so muss doch die Frage erlaubt sein, was ein solches Werk wohl koste? Wer halbwegs Erfahrung besitzt. braucht wohl nicht erst weitläufige Berechnungen anzustellen: auf kurzem Wege bringt man schon mit Sicherheit eine Million zusammen. Gefehlt wird wohl nicht viel sein.

Wie viel starke Lagerwerke braucht aber Österreich?

Kann man diese Frage auch nicht gleich ziffermässig beantworten, so steht doch so viel fest, dass Österreich so gut wie gar keine Reichsbefestigung besitzt.

Der Nordosten, Osten, der ganze Süden, zum Theil auch Westen, weisen nicht eine Festung auf, die einer grössern operirenden Armee von besonderm Nutzen sein könnte.

Im Westen hat wenigstens theilweise die Natur durch die Alpen gut gesorgt.

Bedenkt man nun, dass detachirte Werke allein bei keiner Festung genügen, sondern dass auch Etablissements, Communicationen, Wasserbauten u. s. w. (denn von einem Noyau wird überhaupt ganz abgesehen) unbedingt nothwendig sind, und dass, je grösser die Werke, auch mehr für Grundankauf ausgegeben werden müsste, so resultirt aus Allem eine solche Riesenziffer, dass man die Hoffnung aufgeben müsste, eine Reichsbefestigung je in's Leben treten zu sehen:

Hunderte von Millionen, nicht etwa Einhundert, sondern bescheiden gerechnet Vierhundert Millionen Gulden würde daher eine Reichsbefestigung nach so kostspieligen, wenn auch sonst ausgezeichneten Vorschlägen ausgeführt, kosten.

Wollte man die Reichsbefestigung mit Jahresraten von etwa Einer Million Gulden in Angriff nehmen, so würde man die wenig tröstliche Aussicht haben, in ungefähr 400 Jahren fertig zu werden!!

Dass aber eine in dieser Weise auszuführende Reichsbefestigung weniger kosten würde, hiesse sich Illusionen hingeben, sobald ein Werk für

30 bis 40 Geschütze schon mindestens Eine Million Gulden in Anspruch nimmt.

Aber nicht blos an der Geldfrage scheitern alle auf zu grosse Ausdehnung des Walles und der Reduits basirten Projecte, sondern auch an der Frage, womit soll man, falls eine Reichsbefestigung in diesem Sinne fertig da stünde, alle diese grossen Werke besetzen?

Es ist wohl leicht gesagt, dass es an Menschen nicht fehle, und dass nur eine gut angelegte Armee-Organisation dazu gehöre, um anderthalb Millionen Soldaten zur Verfügung zu haben.

Die anderthalb Millionen Soldaten könnte man noch gelten lassen; es fragt sich blos, wie lange der Staat deren Erhaltung auf Kriegsfuss vertragen könnte.

Man hat ohnehin schon die Anzahl auf Kosten der Besoldung vermehrt, und es ist längst kein Geheimniss, dass die Bezüge bei der jetzigen Theuerung, die gewiss nicht abnehmen, wohl aber wachsen wird, – nicht einmal mehr den dritten Theil des Werthes der Besoldungen von gleicher Zifferhöhe repräsentiren, den sie vor 20 Jahren hatten!

Ein so grosses Fort, wie es in den obigen Zeilen besprochen wurde, kann nun in Kriegszeiten, selbst wenn es entfernt vom Kriegsschauplatze stünde, doch nicht so ganz ohne Besatzung gelassen werden; jene aber, welche sich in der nächsten Nähe des Kriegsschauplatzes befinden oder gar in die Action einbezogen werden, müssen, ihrer ausserordentlichen Grösse wegen, auch mit starken Abtheilungen besetzt werden, ohne deshalb den Angreifer zu zwingen, seine Kräfte auch nur um einen Mann zu vermehren.

Der auf die Defensive angewiesene Feldherr wird jedoch den Abgang so vieler Truppen um so schmerzlicher vermissen, als der Staat, wie gesagt, nicht in der Lage sein dürfte, noch mehr Soldaten zu erhalten und so das Stärkeverhältniss der operirenden Armeen auszugleichen.

Resumiren wir Alles Vorhergesagte, so zeigen sich auf der einen Seite ungenügende Geldkräfte, auf der andern Seite zu grosse Erbauungskosten und zu starke Besatzungen, die jedoch wieder Geld kosten und die operirende Armee zu sehr schwächen; als Totale findet man das Wort „unausführbar", und der Staat stünde sonach wie früher ohne Schutzwehr da. So aber kann es nicht bleiben; dies wird Jedermann zugeben, der die Staatsinteressen nach jeder Richtung gewahrt wissen will.

Was will man also thun?

Etwa erst im Kriegsfalle Festungen aus dem Boden stampfen? Dies wäre sehr unökonomisch in jeder Beziehung.

Dass die Nordamerikaner es so machten, ist für uns durchaus nicht nachahmungswürdig.

Diese konnten nicht anders handeln, da sie vordem vereinigte Staaten waren, viel Geld hatten und auch deshalb keine Festungen

doch von den Grundregeln der Fortification wird man nicht abweichen dürfen; diese sind:

1. Einfachheit,

2. Stärke, und

3. möglichst geringe Erbauungskosten.

Entwurf eines Lagerforts.

Der Wall.

Vorbetrachtungen.

Bevor wir zu dessen Beschreibung übergehen, erscheint es vortheilhaft, den Standpunkt klar zu machen, von welchem aus der Gegenstand betrachtet wird, und einen kurzen Rückblick auf die Entwicklung der Fortification seit Einführung der gezogenen Geschütze zu werfen.

Letzteres ist deshalb nothwendig, weil seit jener Zeit fast eben so viel Wege zur Lösung der Aufgabe eingeschlagen wurden, als Vorschläge darüber zum Vorschein kamen.

Für kein Project scheint man jedoch bisher Lust gezeigt zu haben, sich endgiltig zu entscheiden; darunter ist jedoch nicht etwa die unveränderte Aufnahme eines Entwurfes zu verstehen, sondern die leitende Idee, welche demselben zu Grunde liegt und welche die Art und Weise des Angriffes und der Vertheidigung beherrscht.

Dass die zu grosse Kostspieligkeit ein Haupthinderniss für die meisten Entwürfe bildet, ist ohnehin allgemein bekannt.

Einige Vorschläge haben die Lagerforts, wie sie zur Zeit ihrer höchsten Entwicklung, kurz vor Einführung der gezogenen Geschütze bestanden haben, zur Grundlage ihrer Entwürfe genommen.

Man ist nun der Ansicht, dass Diejenigen, welche die damals als vollkommen richtig anerkannten Anordnungen bei Erbauung von Lagerforts möglichst beizubehalten trachteten, auf dem richtigsten Wege vorschritten, Jene aber, welche Ausserordentliches schaffen wollten, auch Unausführbares geliefert haben.

Als man sich daran machte, nach den in Jüllich, Rothneusiedel, Verona . u. s. w. gemachten Erfahrungen Verbesserungen vorzuschlagen, wurde man nur über den einen Punkt allseits einig, dass das Mauerwerk, weil es durch den Bogenschuss aus grösserer Entfernung selbst dann in Bresche gelegt werden konnte, wenn es auch den Blicken des Angreifers entzogen war, besser zu decken sei.

Diese Deckung wurde hauptsächlich dadurch erreicht, dass man den Graben schmäler machte und die Sturmfreiheit in die Contrescarpe verlegte. Wie tief man mit dem Cordon der Escarpen zu gehen habe, wurde somit Allgemeinen festgesetzt; doch ist es klar, dass auf Anhöhen, denen keine

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