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Contravallationslinie vorzubrechen und den Feind anzugreifen; sollte es das Unglück haben, geschlagen zu werden, so hatte jede Colonne auf ihrem früher genommenen Wege durch die eben früher passirten Ausgänge sich zurückzuziehen und schnell rechts und links die Linien zu besetzen, sowie alle Geschütze ihre Positionen einzunehmen. Das Observationscorps musste sich derart lagern, dass es à portée war, die Tranchéen besetzen oder unterstützen zu können.

In den Angriffslinien wurden 2 Mörser- und 2 Haubitzbatterien errichtet, und eine dritte für 12 Mörser am Capital des Ravelins rückwärts der Parallele. Brust und Banket der Parallele wurden mit Faschinen besteckt, und die auf dem rechten Flügel der Parallele über die Redoute geführte Verlängerung noch um 40 Schritte weiter hinaus und mittels eines Crochet durch eine fliegende Sappe von 80 Schritten Länge an die Gartenhäuser angeschlossen, um die künftige Arbeit gegen den Saillant der vorliegenden Bastion zu unterstützen und zugleich den rechten Flügel des Angriffes mehr zu sichern. Auf dem linken Flügel hatte man die Querlinien und Epaulements zu Stande gebracht und somit auch diesen Flügel gegen alle Ausfälle in Sicherheit gesetzt.

Die Abtragung der hölzernen Gebäude in der Vorstadt wurde fortgesetzt, und zur Schliessung der Fleschen vor den Ausgängen der Linie, zum Bau der 4 Redouten am Widdiner- und Wasserthore die nöthige Arbeitskraft beordert. Der bedeckte Weg wurde aus den Mörsern mit Wachteln beworfen, und von der Sauspitze die Festung lebhaft beschossen, um den noch nicht erloschenen Brand zu erneuern.

Den Tag über feuerten die Türken sehr heftig, sie schienen ihr ganzes Arsenal geplündert zu haben und schossen unter anderm auch mit Kettenund Stangenkugeln. Laudon liess durch seinen General-Adjutanten, Obersten Hadik, die Artillerie seiner Zufriedenheit versichern.

4. October. An diesem Tage wurde mit der Verfertigung der Brustund Banketschienen in der Parallele auf der Esplanade fortgefahren, und die Batterien vollendet, sowie die Geschütze eingeführt, nicht minder alle Communicationen hinter jenen hergestellt.

Fortgesetzt wurden ferner die Arbeiten zur Schliessung der Fleschen bei den Ausgängen der Linien und an den Widdiner- wie Wasserthor-Redouten. Von den Batterien an der Sauspitze wurde die Festung aus 22 Mörsern und 18 Belagerungs-Geschützen beworfen und beschossen, auch eine Ricochette-Batterie für 4 Kanonen angefangen.

Bis zu diesem Momente schien die Besatzung fest entschlossen gewesen zu sein, noch einige Zeit Trotz zu bieten. Aber das anhaltende Feuer aus allen Batterien von der Raitzenstadt und Sauspitze aus richtete derartige Verwüstungen in Belgrad an, dass die wohlhabenden Türken schon am 5. Osman-Pascha zur Capitulation nöthigen wollten. Seine Partei behielt indess noch die Oberhand, und am 6. Früh sah man auf den Werken die Blut

fahne wehen und einen abgehauenen Menschenkopf auf einem Spiesse ausgesteckt.

Von der Flottille wurden die meisten türkischen Tschaiken, welche bei dem Thurme Neboise gestanden, weggenommen, ebenso zwei in die Festung gehende Wasserleitungen abgegraben, kurz der Feind auf alle mögliche Art beängstigt und bedroht.

5. October. Früh 8 Uhr kam Laudon in die Tranchéen und liess den Batterien den Befehl zum Beginne eines Feuers zurück, das Alles übertraf, was man bisher gehört. Die Hölle schien offen, so donnerten die wackern Kanoniere darauf los, und in einer Stunde waren alle Batterien demontirt, die Merlons und Scharten zerschmettert, das feindliche Observatorium in Flammen gesteckt und in Trümmer geschossen, auch das Haus des Pascha einigemale angezündet. Dieses fürchterliche Feuer währte bis 2 Uhr Nachmittags. Die Türken aber hielten standhaft aus und regten sich nicht: es schien, als hätte man es mit leblosen Mauern zu thun. Laudon verliess um die genannte Stunde die Tranchéen und befahl, das Feuer zu mässigen, um 5 Uhr aber es wieder zu verschärfen. Die feindliche Kanonade blieb dagegen in ihrer vorigen Ohnmacht; nur dann und wann pfiffen einige kleine Kugeln aus dem gedeckten Weg herüber.

An diesem Tage wurde die Faschinirung der Brustwehr und der Bankets in dem Hauptangriffe auf die Festung vollendet, das feindliche Geschütz auf den vorliegenden Festungswerken durch die Tags vorher eingeführte Artillerie fast ganz demontirt, damit man aus der Parallele à sappe pleine vorrücken und sich der Krönung des bedeckten Weges um so schneller nähern konnte. Die Abtragung der hölzernen Häuser, der Bau einer neuen Redoute, Erweiterung der Ausgänge, Beschliessung der Fleschen an diesen letzteren, Herstellung von Communicationen waren weitere Anstrengungen des 5. Octobers.

Auf dem rechten Flügel der verlängerten Tranchée führte man in die errichtete Batterie 1 Mörser und 4 Haubitzen ein, die ihr Feuer auch sogleich begannen. Von den Batterien der Sauspitze wurde mit Bewerfung und Beschiessung lebhaft fortgefahren und dadurch in der Festung wieder mehrere Gebäude in Brand gesteckt.

Auf der Kriegsinsel begann man mit dem Bau einer Batterie für 8 Piècen.

6. October. Alle zum Bombardement der Festung ringsumher angelegten Batterien, die sich nun im fertigen Zustande befanden, eröffneten um 8 Uhr Früh ihr Feuer gegen die Festung, in welcher Mittags schon die grösste Anzahl ihrer Kanonen demontirt und mehrere Orte in Brand gesteckt

waren.

Mit diesem Feuer wurde ununterbrochen auf das lebhafteste fortgefahren, um Belgrad zu beängstigen. Gegen Mittag sandte der Pascha ein Schreiben, in welchem derselbe um einen 15tägigen Waffenstillstand ansuchte, um in dieser Zeit wegen der Übergabe die Stimmen seines Volkes zu sammeln;

Österr. militär. Zeitschrift 1868. (3. Bd.)

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er verlangte ferner, dass während dieser Zeit die Beschiessung eingestellt werden sollte.

Laudon erwiderte dieses Begehren durch eine Depesche, in welcher er sich äusserte, wie er sich über den stolzen Antrag hinwegsetzen wolle, obschon es ihn äusserst befremden müsse, wie eine Festung in einem solchen Zustande sich noch erkühnen könne, einen Waffenstillstand auf 15 Tage zu verlangen. Wenn sie vielleicht auf Succurs hofften, so versichere er, dass er sich um ihren siegreichen Seraskier Abdy-Pascha, auf den er mit seinen 30.000 Mann schon durch 3 Wochen umsonst warte, gar Nichts kümmere, und dass er, wenn dieser auch heranrückte, die Belagerung keine Minute einstellen, ja noch schrecklicher fortsetzen werde; doch wolle er seines Monarchen menschenfreundlichen Gesinnungen zuvorkommen und ihm noch 6 Stunden Bedenkzeit geben, nach welchen er freien Abzug erhalte, im Falle der Nichtannahme seines Antrages aber Alles, Weiber, Kinder, Hab und Gut seinen Soldaten Preis gegeben würden.

Laudon, der wohl merkte, dass die Belagerten zur Capitulation nicht ungeneigt wären, und dass sie zu diesen plötzlich geänderten Gesinnungen Nichts anderes als das fürchterliche Artilleriefeuer bewogen haben dürfte, liess nun, um seiner Antwort den gehörigen erschütternden Nachdruck zu geben, das Feuer mit nur möglichster Kraft fortsetzen.

Das ganze Artilleriepersonale wurde aufgeboten und im Laboratorium verwendet, indessen das in den Tranchéen stehende den Befehl erhielt, von 9 Uhr Abends bis 9 Uhr des folgenden Vormittags alle Kräfte anzustrengen, keine Munition zu sparen und jegliche Projectile gegen die Feste zu schleudern. Um es noch auffallender und fürchterlicher zu machen, schwieg die ganze Artillerie von halb 9 bis 9 Uhr, und auf ein gegebenes Signal ging sie wieder mit einemmale los, so gleichsam in Einen grossen Feuerschlund verwandelt. Diese fürchterlichen Unterhandlungspräliminarien des ,,deutschen Teufels" wurden selbst über die Erwartung der Artillerie derart fortgesetzt, dass in jeder einzelnen Secunde 5-6 Projectile über der Festung schwebten.

Das Leuchten der sich in der Luft kreuzenden Bomben, Granaten, Wachteln u. a. m., die gesammten in Flammen gesetzten Häuser und Thürme, das Geheul der verzweifelten Türken, welche ausser einigen Bombenwürfen noch immer sich in wehrloser Ohnmacht verhielten, bot ein schrecklich erhabenes Beispiel. Man kann sich einen schwachen Begriff von der Heftigkeit des Bombardements machen, wenn wir erwähnen, dass in den letzten 17 Stunden von serbischer Seite über 37.000, von der Sauspitze 150.000 Würfe und Schüsse gethan wurden. Auf 6-8 Meilen Entfernung sah man den Rauch gleich einer finstern Wolke über Belgrad hängen. Indessen wurde in der Nacht aus der Parallele an den bestimmten Orten die Capitale mittels 3 Sappen durchgebrochen.

Links und in der Mitte wurden die Capitale à Sappe volante viermal durchgekreuzt und jede mit einer halben Parallele an ihrer Spitze geendigt;

rechts aber konnte wegen des feindlichen Gewehrfeuers aus dem bedeckten Wege, und des Kanonenfeuers aus dem Hornwerke nicht mehr als 1 Boyau 36 Schritte lang à Sappe volant hergestellt und mit einem Crochet gedeckt werden.

Überhaupt wurde in dieser Nacht allenthalben die Hälfte der Distanz zurückgelegt, die zwischen unserer Parallele und dem bedeckten Wege noch übrig war. In der Vorstadt fuhr man mit der Abbrechung der hölzernen Häuser fort, ebenso mit der Erbauung der neuen Batterie an der Donau bei der Wasserstadt. Auf dem Myrinberge legte man ein Retrenchement an und liess an den Communicationen Herstellungen durchführen.

Auf der Kriegsinsel wurde die am 5. begonnene Batterie für 4 Mörser und 4 Haubitzen vollendet und das Feuer aus denselben vor Tagesanbruch eröffnet 1).

7. October. Der letzte Tag der Belagerung war angebrochen und die Stunde da, in der man den Beängstigten noch einmal Gnade anbieten und ihre am vorhergehenden Tage gestellte Frage beantworten wollte. In den Tranchéen wurde ein 6stündiger Stillstand des Feuers befohlen, und man hatte nun Zeit, die angerichtete Verwüstung zu sehen. Die Thürme waren zusammengestürzt, alle Häuser lagen schon in glimmender Asche, nur das Haus des Pascha loderte noch in zerstörenden Flammen. Die Brustwehren waren zu unregelmässigen Erdhaufen umgewühlt, und hinter den in grosse Öffnungen verwandelten Scharten ragten demontirte Kanonen hervor, nur die mit Absicht geschonten Mauerwerke der Festung waren unbeschädigt.

Das war Belgrad's Zustand, als Laudon einen Corporal mit dem Dolmetsch unter dem Schutz der Parlamentär-Flagge gegen die Festung sandte und Omer-Pascha sagen liess: „dass er des Stolzes und Sträubens der Türken müde sei; jedoch lasse er ihnen zur besondern letzten und einzigen Gnade auf ihr gestriges Gesuch statt 15 Tage eine 6stündige Bedenkzeit anbieten. Ergäben sie sich nicht, so wäre an keine Bedingung mehr zu gedenken. Man nähere sich, wie sie selbst sehen könnten, mit starken unaufhaltsamen Schritten der Bresche und dem Sturm."

Inzwischen die 6stündige Bedenkzeit verstrich, besserte man in den Batterien, die von dem anhaltenden Feuer viel gelitten hatten, die entstandenen Schäden aus und fuhr eifrigst mit den Sappen fort.

Ungeachtet die Bedenkzeit vorüber war, erschien doch Niemand von ⚫eindlicher Seite. Allsogleich wurden die Belagerten noch einmal aufgefordert, und die Batterien bekamen schon den Befehl, sich in Bereitschaft zu setzen, als drei vornehme Türken erschienen, welchen der FML. Browne entgegenging.

Nach einer kurzen Unterredung reichten beide Parteien sich einander die Hände, die drei Türken wurden in das Hauptquartier geführt, während man von der k. Armee 1 Stabs- und 2 Oberofficiere in die Festung sandte.

1) Vom 30. September bis zum heutigen Tage waren 20.273 Arbeiter, mithin binnen den 22 Tagen der Belagerung 80.000 Arbeitskräfte verwendet.

Laudon erliess allsogleich nach Semlin und Peterwardein den Befehl, dass binnen 48 Stunden keine ordinäre Post, keine Staffete und kein Passagier befördert werden dürfe; diese Anordnung wurde den Postmeistern bei Cassation eingeschärft.

Sodann begann man mit der Feststellung der Capitulationspunkte, welche auf folgende Art abgefasst waren.

,,Capitulationspunkte, welche von dem Osman-Pascha, Gouverneur von Belgrad, vorgelegt worden sind."

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I. Artikel.

Osman-Pascha. Da durch göttliches Verhängniss die Übergabe der Festung Belgrad von Ewigkeit her einmal beschlossen war, so soll bei Überantwortung des mittels der betreffenden Specification darin vorfindigen grossherrlichen Mund- und Kriegsvorrathes Niemand von den k. k. Truppen sich unter die Unsrigen mischen, noch etwas von ihren Waffen begehren, oder Jemand Grossen oder Kleinen mit der Forderung, dass er seine Waffen hergeben möchte, belästigen."

Laudon. Obschon die Garnison, weil sie meinen ersten Antrag, nach Eroberung der Stadt, halsstarrig abgewiesen, nicht verdient hätte, ihr einen honorabeln und freien Abzug zu gewähren, so werde ich jedoch blos hiezu bewogen, weil mir die Gesinnungen von Gnade und Menschlichkeit, welche Se. Majestät der Kaiser, mein allergnädigster Herr, selbst gegen ihre Feinde beobachtet wissen wollen, bekannt sind. Die Garnison wird also mit ihren Familien und Habseligkeiten frei abziehen, alles grossherrliche Gut aber, es bestehe in Artillerie, Munition, anderen Kriegsgeräthen, Tschaiken und anderm Wasserarmement, oder an Mundvorrath, Fourage und Cassen, soll treulich ausgeliefert, auch alle Festungswerke, die sich ober und unter der Erde befinden, ordentlich übergeben werden. Gleich nach unter fertigter Capitulation soll von der obern Festung das Constantinopelerthor, und von der untern die beiden Wasserthore eingeräumt werden, wo sodann die waffenfähige Mannschaft auszieht und sich in die an der Donau liegende Seite der Stadt begibt; die Weiber und Kinder mit ihren Habseligkeiten können bis zum wirklichen Abzug in der Festung bleiben, und wird bewilliget, dass die zu ihrer Aufsicht und Sicherheit erforderlichen Männer dabei zurückgelassen werden.

II. Artikel.

Osman. Seide, Teppiche oder andere Dinge und Habseligkeiten sollen frei passiren und von keinem Menschen das Geringste davon gewaltsamer Weise abgefordert werden."

Laudon. Accordirt."

III. Artikel.

Osman. „Sollen zur gänzlichen und vollkommenen Sicherheit vor allem Unfuge an unserer Ehre und Leben, Weibern und Kindern, eine hin

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