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und Weissenburg wurde ein Ausfall in's Gebirge gegen herumstreifende Mordbrenner-Banden unternommen; einige derselben wurden verjagt, wobei die Besatzung 3 Mann durch tödtliche Verwundung verlor.

Am 29. Juli kam die Nachricht, dass sich bei Kleinzell mehrere hundert Feinde mit viel Beute und gefangenen Christen festgesetzt hätten. In Folge dessen wurden Geistliche mit 300 auserlesenen Schützen hingeschickt, welche schon von Ferne eine ungeheure Rauchwolke aufsteigen sahen; zugleich hörten sie das Getöse von einem furchtbaren kannibalischen Geschrei. Die türkischen Vorposten, Nichts ahnend, waren mit Bereitung des Essens beschäftigt, als sie sich plötzlich angegriffen sahen und ihr Heil in der Flucht suchten. Die Haupttruppe, beschäftigt vor einer Schlucht ein ungeheures Feuer zu unterhalten, um viele dahin geflüchtete Christen im Rauche zu ersticken oder zum Herauskommen zu zwingen, hatte kaum Zeit, sich zur Wehr zu setzen, wurde vertrieben und mit Wuth verfolgt. Eine grosse Anzahl fiel den zur rechten Zeit angerückten Bauern von Hohenberg und St. Egid in die Hände, worauf im Verein mit diesen eine furchtbare Metzelei begann, wobei 60 Türken auf der Wahlstatt blieben, 3 Fahnen, 30 Pferde mit kostbaren Sätteln, und 3 vornehme Türken gefangen, noch andere reiche Beute gemacht und ausserdem auch 200 gefangene Christen befreit wurden. Die todten Körper wurden nackt ausgezogen und neben einander auf die Strasse gelegt, so dass ein anderer türkischer Haufe, welcher nach mehreren Tagen vorbeizog, bei diesem Anblicke von panischem Schrecken ergriffen, umkehrte und aus der Gegend flüchtete.

Den 30. Juli hielt die tapfere Schaar einen triumphirenden Einzug in's Kloster Lilienfeld, wobei die zurückgebliebene Besatzung Spalier machte; 18 Türkenköpfe wurden auf Stangen vorgetragen, darunter der Kopf eines bildschönen Jünglings, dessen Züge noch im Tode friedlich lächelten: er war der Sohn eines türkischen Pascha. Von den Gefangenen erhielt man die erste Gewissheit über die Belagerung Wiens.

Dies war einer der schönsten Tage in der Vertheidigung Lilienfelds. Am 31. Juli kamen Weissenburger und boten sich freiwillig an, dem Kloster bei Vertreibung der Türken behilflich zu sein.

Am 1. August wurde ein Ausfall gemacht, bei welchem viel Vieh erbeutet wurde. Darüber entstand ein Zank mit den Weissenburgern, in Folge dessen diese heimkehrten, von den Türken aber verfolgt wieder die ganze Beute verloren. Am selben Tage kam die Nachricht, dass Schloss Bergau niedergebrannt worden sei, ferner, dass die Türken Wien auf's Heftigste bombardiren und bestürmen. Grosser Schrecken erfasste die Garnison, so dass ein Tumult entstand, bei welchem die gefangenen drei Türken enthauptet und vom Volke zerfleischt wurden. Nur mit höchster Anstrengung gelang es dem Abte, die Muthlosen aufzurichten und die Ruhe wieder herzustellen.

Am 3. August theilten die Weissenburger mit, dass die Türken bei Geiseben ein Lager bezogen hätten. In Folge dessen wurden 160 Mann hingeschickt, welche mit den Türken bis in die Nacht kämpften und viele Leute

verloren. Kein Weissenburger war erschienen, und dem Commando gelang es, nur durch die Dunkelheit der Nacht begünstigt, einen Wald zu erreichen und sich dann in's Kloster zu retten.

Denselben Tag hatten 650 Türken das Schloss Kreisbach, welches dem Kloster gehörte, fruchtlos gestürmt. Sie hatten sich dabei auf ihre Pferde gestellt, um über die Mauern zu klettern, wurden aber mit blutigen Köpfen abgewiesen und endlich mit vielem Verlust in die Flucht geschlagen.

Am 5. August langte die Nachricht ein, dass der Feind eine halbe Stunde vor Lilienfeld, 7000 Mann stark, ein Lager bezogen habe. In Folge dessen wurden die Vorposten in Marktel eingezogen, worauf unter der Besatzung die grösste Muthlosigkeit ausbrach. Alles stimmte für die Flucht in die Berge, und das Kloster seinem Schicksale zu überlassen, indem man sich gegen eine solche Macht nicht halten könne. Da erklärte der Abt mit seinen Geistlichen, das Kloster auf keinen Fall zu verlassen und lieber den Kampf mit dem Feinde allein aufzunehmen; er erinnerte die Besatzung an ihren freiwillig geleisteten Eid, und dass sie vereinzelt gewiss viel eher in den Bergen unterliegen würden. Nur mit der grössten Mühe gelang es der Beredsamkeit des Abtes, die Furcht zu bannen und die Leute im Kloster zu behalten:.. es war die höchste Zeit! Mittags kamen ausgesendete Boten mit der Nachricht zurück, dass ihnen eine starke Abtheilung des Feindes auf dem Fusse folge, auch hörte man gleich darauf ihr wildes Geschrei. Einzelne Reiter sprengten heran, und hierauf rückte das Fussvolk in drei Haufen, bei 2000 Mann, längs der Berglehne vor und stürmte gegen das Kloster. Hier waren aber alle Schützen aufgestellt, welche ein mörderisches Feuer unterhielten, worauf der Feind unter Mitnahme der Todten schnell wieder retirirte. Da hierauf Alles still blieb, sendete der Abt 300 Mann nach Marktel ab, welche diesen Ort ohne Anstand besetzten. Den andern Tag brachten ausgeschickte Leute die Meldung, dass der grösste Theil der Feinde gegen Wien abmarschirt sei, die Colonne solle 8 Stunden betragen haben.

Am 9. August wurden 7 Wagen mit Proviant unter 100 Mann Bedeckung nach Kreisbach gesendet und unterwegs vom Feinde angegriffen, welcher aber zurückgeschlagen wurde, wobei man ein Pferd erbeutete. Tags darauf, am 10. August, kehrte die Bedeckung wieder in's Kloster zurück.

Am 11. August geschah ein Ausfall mit 400 Schützen. Der Feind ergriff gleich die Flucht, und wurde im Lager das Fleisch in den siedenden Töpfen und viele Beute gefunden. Bei der Theilung entstand abermals Zank unter der Mannschaft. Am 14. August wagte sich ein Knecht zu weit aus dem Rayon des Klosters und wurde vom Feinde gefangen.

Am 15. August sprengten plötzlich 15 Türken bis zum Diener-Thor, wo ein daselbst aufgestellter Wachposten erschossen wurde, worüber die andern gleich die Flucht ergriffen. Nachmittags wurde mit 470 Mann ein Ausfall unternommen. Diese jagten in der grössten Hitze den Türken mehrere mit Wein beladene Wagen ab, womit die Leute gleich ihren Durst stillten und sich so arg berauschten, dass beim weiteren Vorrücken Nichts mehr mit ihnen

anzufangen war. Die Türken jedoch, als sie das Anrücken erfuhren, ergriffen noch rechtzeitig die Flucht. Im Lager fand man abermals Wein, welcher ebenfalls ausgetrunken wurde, und nun waren alle Bande der Ordnung gelöst. Beim Rückmarsch geriethen sie aneinander, Zank und Rauferei dauerte bis in's Kloster, wo eine völlige Meuterei auszubrechen drohte. Da liess Abt Kolweis 200 Mann der zurückgebliebenen Besatzung aufmarschiren, mit gespanntem Hahn auf die Trunkenbolde anschlagen, und erklärte, wenn sie nicht sogleich die Waffen ablegen würden, unter sie feuern zu lassen. Dies wirkte; die ärgsten Schreier und Tumultuanten wurden verhaftet, welche dann den andern Tag nach ausgeschlafener Trunkenheit um Verzeihung baten, worauf sie der Abt begnadigte.

Am 17. August wurde bei einem Ausfall ein Türke erschossen. Beim Ausfall am 18. flüchtete der Feind sogleich und liess 20 Stück Vieh im Stich, auch wurden 16 Pferde erbeutet. Beim weiteren Vorrücken über Traisen wurde der Feind beim Abkochen überrascht, wobei plötzlich zwei churbayerische Officiere mit 5 Dragonern erschienen, die, von Melk auf Recognoscirung gesendet, das Schiessen hörten, sogleich den Feind attakirten und zu dessen Vertreibung kräftigst mitwirkten, wobei mehrere Türken blieben, deren schöne und reiche Waffen in's Kloster gebracht wurden. Die beiden Officiere mit ihren Leuten wurden im Kloster aufgenommen.

Am 19. August brachten Kundschafter die Nachricht, dass einige Hundert Türken in den Eschenauer Bergen lagerten. Der Abt bestimmte 200 Mann zum Überfall und übergab das Commando den beiden Officieren, welche mit vieler Klugheit anrückten, dann das Lager mit Blitzesschnelle überfielen, wodurch der Feind in Unordnung gerieth und die Flucht ergriff, grösstentheils aber in die Traisen gesprengt wurde. Jedoch formirte er sich wieder und griff unter furchtbarem Geschrei dreimal an, wurde aber immer mit einem mörderischen Feuer empfangen und zurückgeschlagen, wobei sich bei 30 Türken auf eine Höhe flüchteten, wo sie von den nachsetzenden Bauern überwunden und hinabgeworfen wurden. 150 Türken blieben todt, 120 Pferde und viele Waffen wurden erbeutet, und über 100 gefangene Christen befreit.

Mit grossem Jubel wurde das Commando bei der Rückkehr in's Kloster empfangen. Die bayerischen Officiere, denen man die ganze Beute zuerkannte, nahmen nur einige Pferde und ein Andenken des Prälaten, rückten auch schon den andern Tag zum Regimente ein.

Dies war der rühmliche Schluss der kriegerischen Action, denn von jetzt an liess sich kein Türke mehr in der Gegend sehen.

Am 22. August erschien ein Regiment Polen, welches vom Kloster bis 6. September verpflegt wurde, aber trotzdem in den Häusern viel Nachsehens hielt, daher man froh war, als es abrückte.

Bald darauf kam die frohe Kunde von dem Entsatze Wiens und der Flucht des türkischen Heeres.

Abt Kolweis hielt hierauf einen feierlichen Dank-Gottesdienst, wobei die eroberten Fahnen in der Josephscapelle aufgestellt wurden.

Die ganze Zeit waren über tausend Mann und auch sonst viele Flüchtlinge vom Kloster verpflegt worden, und zwar täglich zweimal mit Speise und Wein. Alle Anordnungen gingen vom Abte aus und waren vom vollkommensten Erfolge gekrönt. Das Kloster hatte zwei Stürme abgeschlagen, viele Ausfälle unternommen, mehrere schöne Gefechte geliefert, Fahnen und viele Waffen erobert, bei tausend gefangene Christen befreit und dem Feinde den Durchzug nach Steiermark verwehrt, weshalb man es in jener Zeit den Eckstein nannte, an dem sich die Türken den Kopf zerschellten.

Alles Verdienst gebührt dem ruhmvollen Abt Matthäus Kolweis, welcher noch 12 Jahre seine herrlichen Thaten überlebte. Er starb am 9. Februar 1695 und wurde in der Kirche des Klosters begraben, welches noch heutzutage im Besitze seines lebensgrossen Bildes, trefflich in Öl gemalt. sich befindet.

Beiträge zur Geschichte des österreichischen Heerwesens.

Die Heeres-Verpflegung am Schlusse des 18. Jahrhunderts.

(Schluss 1).

III. Sicherstellung des Erfordernisses an Naturalien durch Landeslieferungen.

Die Bedürfnisse für die Armee an Brodfrüchten und Fourage wurden seit 1782 durch Lieferungen vom Lande gedeckt, eine Massregel, die durch die Errichtung der unterthänigen Contributions-Schüttböden leicht durchführbar war und eine weit billigere Verpflegung verschaffte, als der gegenwärtig übliche Ankauf dieser Bedürfnisse. Die erwähnten Schüttböden wurden als ein sicheres Mittel angesehen, der Theuerung und dem Mangel zu entgehen, und deren Errichtung vorzüglich in Böhmen, Mähren und Schlesien schon im Jahre 1779 angeordnet. In denselben sollte von den Besitzern der Rusticalgüter ein Dritttheil des jährlichen Samenbedarfs von den 4 Hauptkörnergattungen: Waitzen, Roggen, Gerste und Hafer aufgeschüttet, mit dieser Hinterlegung durch 3 Jahre fortgefahren und auf diese Weise der ganze Saatbedarf, als ein Fond für ewige Zeiten, zusammengebracht werden.

Diese Aufschüttung, welche die Kräfte vieler Grundeigenthümer überstieg, wurde später (1793) auf den 20. Theil des jährlichen Bedürfnisses an Samenkorn herabgesetzt, und in kornarmen Gegenden dem Grundbesitzer (1799) gestattet, einen Geldbetrag zusammen zu bringen, wovon in wohlfeilen Jahren der Naturalvorrath beigeschafft werden sollte.

Nachträglich wurde auch den emphyteutischen Grundbesitzern gegen Schüttung einer Anzahl Körner ein Antheil an den zusammengebrachten Vorräthen zugestanden, insoferne die Rechte der Rusticalisten dadurch in keiner Weise geschmälert oder beeinträchtigt würden. Die Dominical - Grundbesitzer blieben aber für alle Fälle davon ausgeschlossen (1835).

Zur Aufbewahrung der Körner mussten auf den Staatsgütern die durch die Auflassung der Maierhöfe leer gewordenen Getreideböden, auf Privatherrschaften ein Theil des obrigkeitlichen Schüttbodens mit eigener Sperre, oder nach Umständen alte Schlösser, gesperrte Kirchen und Klöster etc. verwendet und ohne viele Kosten zugerichtet werden. Die Unterthanen sollten nach und nach, wie es ihre Vermögensumstände gestatteten, den Bau eigener ContributionsSchüttböden bewerkstelligen (Verordnung 1789 u. 1829); bis dahin müssten im Nothfalle die erforderlichen Behältnisse gegen einen billigen Zins gemiethet werden. Die Unterhaltungskosten waren nach der Verordnung vom Jahre 1789 jedenfalls von den Unterthanen zu bestreiten.

Die Verwaltung der Contributions-Schüttböden war unter die Aufsicht der Staatsbehörden gestellt, unmittelbar aber den politischen Obrigkeiten übertragen, welche für die Sicherheit und Erhaltung der Vorräthe zu haften und jährlich Rechnung darüber zu legen hatten. Auch die unterthänigen Contribuenten wurden

1) Siehe den frühern Theil im 4. Band des Jahrganges 1867. Seite 341. Österr. militär. Zeitschrift. 1868. (3. Bd.)

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