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flohen waren, und setzten sich dort fest, wobei es nicht ohne Plünderung abging. Aber am sechzehnten Mai wurden sie von dem österreichischen General von Reinwald, der das bei Krems stationirte Corps befehligte, mit ziemlichem Verluste wieder vertrieben, und darauf die Wege bis Persenbeug mit österreichischen Truppen schwach besetzt. Am vier und zwanzigsten Juni machte der Feind unter gleichen Vorbereitungen Mittags einen neuen Überfall, schoss drei Stunden lang aus zehn im Melker-Stiftsgarten aufgepflanzten Kanonen das Dörfchen Hain in Brand und vertrieb dadurch die wenige österreichische Mannschaft. Zweihundert Franzosen fuhren auf zwölf sogenannten Zweispitzen schnell hinüber, plünderten in der Gegend und eilten gegen Abend, wo eine kleine Anzahl österreichischer Truppen an der Donau heraufgerückt war, auf das rechte Ufer zurück, worauf die Österreicher die verlassenen Posten wieder besetzten, dabei zwei Officiere und ein und sechzig Mann theils verwundeten, theils gefangen nahmen und vier Mann todt auf dem Platze fanden. Das kaiserliche Lustschloss oder vielmehr Landhaus Lubereck wurde von den Franzosen beschossen, gerieth zwar nicht in Brand, ward aber rein ausgeplündert, und was der Feind nicht fortschleppen konnte oder mochte, zerstört 1).

Am 16. Juni wurden die Serviten von Schönbühel, deren Kloster ausgeraubt, sie selbst aber misshandelt worden und jetzt, im Walde flüchtig umherirrend, nirgends mehr sicher waren, durch einen Stiftspriester abgeholt und einige Wochen in Melk mit nachbarlicher Gastfreundlichkeit beherbergt. Nach den Schlachten von Aspern und Wagram (21. und 22. Mai, 5. und 6. Juli) brachte man eine grosse Anzahl Verwundeter nach Melk, wo nun wieder ein Feldspital im Stifte errichtet ward. Da die Pfarrkirche fort während zur Aufbewahrung der gefangenen Österreicher dienen musste, so wurde vom 16. Juli bis nach dem Abzuge der Franzosen der pfarrliche Gottesdienst in der Stiftskirche gehalten. Am 21. Juli beherbergte das Stift den Kronprinzen Ludwig von Bayern, welcher alles Merkwürdige mit vielem Wohlgefallen besah und hier übernachtete. Am 15. August wurde der Napoleonstag, wie zu Wien, St. Pölten, Göttweih und an anderen Orten, auch in Melk durch einen feierlichen Gottesdienst, Lösung der Geschütze u. s. w. begangen. Am 14. September nahm Marschall Marmont im Kloster die Abendmahlzeit, wozu er den Prior und den Gastmeister Ballas einlud. Dieser begleitete ihn über die Donau nach Spitz, da seit der Schlacht von Wagram das Land jenseits des Flusses in der Gewalt der Franzosen war. Marmont bewies auch hier seine vielgerühmte Artigkeit und nahm die Bittschrift des Priors und Conventes an Napoleon mit sich, in welcher man diesen um die Belassung des vom Bedarfe des Spitals erübrigten Weines und um Beschränkung der starken Einquartierung bat. Am 16. October Abends um 9 Uhr kam der Kaiser mit dem Marschall

1) In Emersdorf wurden 41 Häuser und die im Markte an der Donau gelegene Capelle, zu Hain 16 Häuser eingeäschert. Der Schaden, welcher rücksichtlich dieser zwei Ortschaften auf 224,202 und 40,953 Gulden in Bancozetteln geschätzt war, wurde sogleich von dem Kaiser Franz I. ersetzt. Feil, Donauländehen.

Duroc und dem Generaladjutanten Savary unangesagt nach Melk, liess aber Niemand vor, gab „pour les services et pour les domestiques" dreissig Napoleonsd'or und reiste am anderen Tage um sechs Uhr Morgens wieder ab.

Indessen war der zu Znaim am 12. Juli geschlossene Waffenstillstand am 14. October in den Frieden von Wien verwandelt worden. General Berthier, welcher am 7. November in Melk ankam und den Prior zum Nachtmahle beizog, drückte seinen Glückwunsch hierüber mit den Worten aus: Meine Österreicher! Ihr habt den Frieden, aber wir Franzosen noch nicht." Am folgenden Tage übernachteten Massena, am 10. November Oudinot, Lauriston und Dupas im Stifte.

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Batterien,

Der Officier, welchem der Befehl bei den vom Feinde angelegten Befestigungswerken übergeben war, und welcher durch den Kriegscommissär dem Stifte 2000 Gulden abgelockt hatte, versprach, es dahin zu bringen, dass dasselbe nach dem Frieden alles zu diesen Arbeiten gebrauchte Eisen, Holz und anderes Material sammt den drei errichteten Backöfen behalten sollte. Allein es musste dafür den Franzosen die Demolirungskosten mit fünf Gulden für die Klafter, zusammen mit 4040 Gulden vergüten. Im Weigerungsfalle drohten sie, die zwei Basteien und übrigen Werke zu sprengen, und alle Gegenvorstellungen bei dem Fürsten von Eckmühl (Davoust) und bei dem Kreisamte zu St. Pölten waren vergebens. Am 12. December war Alles Parapete, Palissaden u. s. w. der Erde gleichgemacht und weggeräumt. Man kann sich vorstellen, wie sehr durch diese Arbeiten der Garten und die Grundstücke nächst demselben verwüstet wurden. Im grossen Sommerhause lagen Anfangs kranke Württemberger, dann bewahrte man Pulver darin auf. Es kam zwar während dieser zweiten Anwesenheit der Franzosen einigemal im Stifte Feuer aus, jedoch ohne besonderen Schaden. Ungeachtet aller Unordnungen, welche dieselbe reichlich mit sich bringen musste, waren die Gymnasialschulen nur einige Wochen geschlossen, und die öffentlichen Prüfungen wurden ohne Störung gehalten. Als die letzten feindlichen Truppen bereits das Land geräumt hatten, blieb hier das Militärspital noch lange, bis zur gänzlichen Herstellung der darin befindlichen Kranken zurück. Der Schaden, den dieser unglückliche Krieg und der verlängerte Aufenthalt des Feindes dem Stifte und dessen Besitzungen zufügte, war noch weit grösser und empfindlicher als der vorige, und Jahre vergingen, ehe man Muth und die Hoffnung fassen durfte, dass diese noch tieferen Wunden, welche jetzt den Wohlstand des Klosters zu Grunde gerichtet zu haben schienen, sich wieder vernarben würden.

Die Türken vor Lilienfeld im Jahre 1683.

Von Ritter von Treuenfest.

(Aus dem vaterländischen Pilger, von Kerschbaumer).

Auf dem Wege von St. Pölten nach Mariazell liegt das berühmte Cisterzienser-Kloster Lilienfeld. Einer seiner berühmtesten Prälaten war Matthäus Kolweis, welcher 1650- 1695, also durch 45 Jahre, demselben vorstand. Abgesehen von seinen sonstigen ruhmvollen Thaten hat er sich durch die tapfere und heldenmüthige Vertheidigung des Klosters Lilienfeld gegen die Türken grosse Verdienste um das Vaterland erworben, welche mit goldenen Lettern in der Geschichte prangen, so dass sein Name mit Recht an der Seite der Berühmtesten jener Zeit genannt wird.

Die Vertheidigung des Klosters Lilienfeld gegen die Türken wird jetzt fast nur mehr wie eine Sage erzählt, ja selbst in der Geschichte wird nur einfach erwähnt, dass der tapfere Abt Matthäus Kolweis zwei Stürme der Türken abschlug. In dem folgenden Aufsatze soll nun die ganze Begebenheit, soweit sie sich aus den bisher bekannten Quellen in Archiven und Bibliotheken erheben liess, geschildert werden.

Der Schreck vor den Greueln der im sechzehnten Jahrhundert gegen Österreich anrückenden Türken und Tartaren war insbesondere auf dem Lande ein so panischer, dass Niemand an Widerstand, sondern Alles an Flucht dachte. In Folge dessen wurde es den türkischen Streifcommando's ein Leichtes, die grössten Dörfer einzunehmen, zu plündern, die Einwohner niederzumetzeln oder in die Sklaverei fort zu schleppen. Um die christliche Religion auszurotten, wurden die Kirchen beraubt, zerstört und verbrannt, welches Los gewöhnlich auch die Ortschaften traf.

So stiegen gleich nach der Belagerung Wiens die Rauchsäulen um Lilienfeld auf; Bergau, Eschenau, Traisen lagen sammt ihren Kirchen in Asche, überall herrschte Schrecken, Rath- und Thatlosigkeit. Das Stift Lilienfeld wäre gewiss demselben Schicksale anheimgefallen, wenn nicht Abt Kolweis für die Sicherheit seines Klosters mit Jünglingsmuth und wie der erfahrenste Krieger gesorgt hätte. Er befestigte die haltbarsten Punkte, liess die Engpässe nach Steiermark verrammeln und vermauern (wie noch heut zu Tage am Pass zu Freyland zu sehen ist), stellte Vorposten aus und bewaffnete die Unterthanen. Aus diesen nahm er 1000 der Tapfersten und Muthigsten heraus und legte sie in's Kloster; die Geistlichen und der Hofrichter Michael Wüschletisch übernahmen die Untercommando's, vertauschten den Habit

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mit dem Kriegsrocke und das Scapulir mit dem Schwerte. In dem sonst so stillen Kloster ertönte statt der Davidischen Psalmen Trommelwirbel und Pfeifenspiel und der Lärm des Lagers. Täglich zogen die Wachen unter Paukenund Trompetenschall auf, die Geistlichen sassen in voller Kriegsrüstung zur Tafel, die Glocken verslummten, statt ihrer hallte der Donner der Karthaunen und Hakenbüchsen; denn es galt ja, das Kreuz auf seiner Höhe zu erhalten, und da waren Thten nöthig.

Diese Zurüstungen brachten einen militärischen Geist und Zuversicht unter die Besatzung, welche von hohem Vertrauen zu dem stets unter den Seinigen befindlichen Abt beseelt war. Abt Kolweis war damals 63 Jahre alt. Seine bisherigen Arbeiten waren Werke des Friedens, der Religion und Wissenschaft, und nun war er plötzlich General-Festungs-Commandant geworden! Die weitere Erzählung der Begebenheiten wird zeigen, dass er seinen Platz vollkommen ausfüllte und seine Aufgabe glänzend löste.

Kaum waren die erwähnten Zurüstungen fertig, so kamen schon eine Menge Flüchtlinge aus der Umgebung Wiens, welche das Anrücken des Feindes und seine Grausamkeit verkündeten. Der Abt nahm sie in's Kloster auf, aber diese Leute waren nicht zu halten; von panischem Schrecken erfüllt, eilten sie weiter in's Gebirge, wo sie aber bald den herumstreifenden Türken in die Hände fielen und elend umkamen.

Hierauf liess der Abt das Schloss Arraberg, Dorf und Kirche Kaumberg und Hainfeld besetzen, während in Marktel die Vorposten des Klosters aufgestellt wurden. Der Feind rückte an und wurde von den Besatzungen unter Anführung der Kloster-Geistlichen tapfer zurückgewiesen; da er aber immer stärker andrang, wodurch diese Besatzungen in Gefahr geriethen, abgeschnitten zu werden, gab der Abt Befehl zum Rückzug in's Kloster, welcher ohne Verlust ausgeführt wurde. Die Türken gingen nun im Gebirge vor, erstiegen die höchsten Berge und Felsen, suchten dort die versteckten Christen auf, mit welchen sie auf das Unmenschlichste verfuhren. Da sich der Feind in der Nähe des Klosters zeigte, liess der Abt hinter demselben beim Wiesenbach einen Graben ausstechen, mit dreifachen spanischen Reitern verstärken, Traversen anlegen und mit Mannschaft besetzen. Der Feind kam mit Macht über die Höhe und stürmte so heftig, auch brachte sein kannibalisches wildes Geschrei und hässliches Aussehen einen so schauerlichen Eindruck auf die Leute hervor, dass der Abt, um seine ganze Macht beisammen zu haben, nach glücklich abgeschlagenem Sturm den Rückzug in's Kloster befahl. Dieses war bereits stark verbarrikadirt und beim Thor mit einer Wagenburg versehen worden. Der Feind wiederholte den Sturm, konnte aber Nichts ausrichten und zog sich hinter die Höhe zurück.

Trotz dieses glücklichen ersten Erfolges verfiel die Besatzung in höchste Muthlosigkeit. Viele weigerten sich ferner die Waffen zu führen, in der Hoffnung von den Türken begnadigt zu werden; ja, der Schrecken machte solche Fortschritte, dass der grösste Theil der Besatzung sein Heil in der Flucht suchen wollte. Da liess der Abt die Trommel rühren und versammelte die

Besatzung in der Nacht bei Fackelschein im Klosterhof vor dem Portal der Kirche. In einer Hand das Kreuz, in der andern das Schwert, beschwor er die Leute, in dem angefangenen Werke zur Ehre Gottes treu auszuhalten. Gott werde seinen Dienern gewiss den Sieg über die Heiden verleihen, es sei eine Schande, sich durch Feigheit für ewige Zeiten zu brandmarken. Des Abtes liebevolle und energische Rede wirkte zündend auf das Volk. Alle ergriffen wieder die Waffen und gelobten, treu auszuhalten und tapfer den Kampf auszufechten unter dem Commando des resoluten und unerschrockenen Prälaten.

Als sich am 18. Juli mehrere Türken dem Kloster näherten, wurde ein Ausfall über den Brandberg angeordnet, wobei ein Türke erschossen wurde, die übrigen ergriffen die Flucht. Für den überbrachten Kopf erhielt der Schütze einen Dukaten. Denselben Tag wurden 7 Wagen um Proviant mit starker Bedeckung nach Wilhelmsburg gesendet, welche erst am 20. zurückkehrten, worüber im Kloster grosse Sorge war, da die Türken am 19. Eschenau niedergebrannt hatten.

Am 21. Juli wurde ein Commando, welches Kloster-Geistliche im BauernCostüme anführten, den Mordbrennern von Eschenau nachgesendet, welche, auf einer Höhe bei der Mahlzeit überfallen und in die Flucht getrieben, so viel Beute verloren, dass die Mannschaft keine Köpfe der gebliebenen Türken mitbrachte, da sie mit Beute überbürdet war. Am 22. Juli bemerkte man starke Bewegung im türkischen Lager bei der Höhe rückwärts des Klosters, aber der Feind unternahm Nichts. Am 23. Juli sah man den Feind eine gefangene Christentruppe über die Berge treiben, weshalb ein Ausfall unternommen, der Feind zerstreut und die Gefangenen befreit wurden. Inzwischen zeigte sich der Feind plötzlich sehr stark auf der Höhe (Klostereben), weshalb der Maierhof rasch verbarrikadirt und mit Mannschaft besetzt wurde. Später erhielt der Thiergarten drei Blockhäuser mit Besatzung, und der Wald wurde auf Büchsenschuss weite um das Kloster umgehauen.

Am 24. wurde ein Commando von 150 Mann nach Schloss Arraberg gesendet, um die dort befindlichen beiden Geistlichen sammt Mannschaft, denen Munition und Proviant ausgegangen war, abzuholen, was auch gelang, indem sie sich bei der Rückkehr durch eine türkische Abtheilung durchschlugen und noch viel Beute mitbrachten.

Am 25. geschah ein Ausfall auf die türkischen Vorposten bei der Höhe Klostereben unter Anführung der Geistlichen und Klosterbeamten, wobei 15 Türken todt blieben, und viele Beute erobert wurde; doch mussten sie schnell zurückkehren, weil sich in der Flanke starke feindliche Abtheilungen zeigten, welche vorrückten. Als sie dies wieder einstellten und verschwanden, ging ein kleines Commando hinaus, um die Waffen der gebliebenen Türken zu holen, wobei ein türkischer Fähnrich, der sich in einem Felsen versteckt hatte, erschossen und sein Kopf und die Fahne als erste Trophäe in's Kloster gebracht wurden.

In Folge einer Verabredung mit den Dörfern Hohenberg, Rabenstein

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