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Eder zu verdanken, welchem der Prior zum grössten Glücke die Aufsicht über den Keller übergeben hatte 1).

Überdies war das Stift wenigstens so glücklich, dass es nicht gezwungen wurde, ausser der Weinlieferung unter irgend einem Vorwande und Namen sonst eine Contribution zu leisten, was doch das traurige Loos aller übrigen Stifte war. Ja, als Murat hörte, es wäre auf seine oder eines andern französischen Individuums Rechnung eine beträchtliche Contribution von mehreren tausend Gulden erhoben worden, legte er, aufgebracht über diese Nachricht, dem Prior die Pflicht auf, ihn von dieser Thatsache mit Abschriften der Bescheinigungen und anderer Verhältnisse - allsogleich in Kenntniss zu setzen und allenfalls einen Abgeordneten an ihn zu senden 2).

Im Jahre 1809.

Die Zeit zur Erholung nach den Beschwerden des Kriegsjahres 1805 war kurz bemessen, denn schon im Jahre 1809 begann die vierte Periode des grossen Kampfes zwischen Österreich und Frankreich. Die Franzosen, mit den Völkern des rheinischen Bundes vereinigt, näherten sich neuerdings der Grenze unseres Vaterlandes, überschritten den Inn und rückten auf dem rechten Ufer der Donau gegen Wien vor. Am vierten Mai war Napoleon's Hauptquartier zu Enns, am fünften erschien der Vortrab unter dem Herzoge von Montebello (Lannes) zu Amstätten, unweit welchem Markte General Colbert in einem Angriffe der Reiterei einige hundert Uhlanen, und der Herzog von Rivoli (Massena) am folgenden Tage ungefähr eben so viel österreichische Krieger gefangen nahm.

Am sechsten Mai kanı der Nachtrab des fünften Armeecorps der Öster

1) Da von sämmtlichen Truppen des Prinzen Murat und der Marschälle Lannes, Ney, Soult, Bernadotte, mit Ausnahme der Holländer und Bayern, im Stifte jeder Mann Eine, die Officiere zwei Bouteillen Wein fassten, und sich nicht vermuthen lässt, dass von den angewiesenen Portionen etwas zurückgelassen wurde, vielmehr viel Wein durch Verschüttung, Beraubung und Unordnung zu Grunde ging, dessenungeachtet aber der im Monate November abgegebene und für die eigene Einquartierung in beträchtlicher Menge verbrauchte Wein nur 94 bis 95.000 Bouteillen betrug, so ist hieraus zu schliessen, dass die Franzosen ihre Anzahl übertrieben, und die vorbenannten fünf Corps, ohne die Holländer und Bayern, jedoch sammt den ebenfalls an jener Weinfassung theilhabenden Garden, nicht über 60.000 Mann ausmachten.

2) Schreiben von dem Generalcommissär Murats, Hazzi, aus dem Hauptquartier des Prinzen, im Palaste des Herzogs Albert zu Wien, vom 19. December 1805. Am 23. December langte sogar ein Schreiben aus Linz an, worin der Oberst Dufey, vom Bataillon d'Élite des zwölften leichten Infanterie-Regimentes der Grenadier-Division Oudinot, dem Prior die Anzeige machte, ein Officier dieses Regimentes Namens Bénoit hätte bei der Anwesenheit des Prinzen Murat im Stifte mehreres Silberzeug gestohlen und in Wien an einen Juden verkauft. Der Oberst forderte im Namen gesammter Officiere des Regimentes den Prior auf, dem bereits von dem Officierscorps ausgestossenen Elenden kein Certificat, im Falle er welches würde erbetteln oder ertrotzen wollen, zu ertheilen. Wir glauben, dass man solche einzelne Züge zur Charakteristik der „grossen Nation" nic t ohne Interesse lesen werde, und bemerken übrigens, dass unsere Nachrichten über diese Vorfälle aus den Ephemeriden des Priorates und aus einer schon angeführten „Relation“ des Stiftsoberbeamten an das Kreisamt zu St. Pölten geschöpft sind.

reicher unter dem Erzherzoge Ludwig und Hiller in grösster Verwirrung in Melk an, deren Truppen im Stiftsgarten grossen Schaden verursachten, und zog am nächsten Morgen nach St. Pölten. Nach elf Uhr rückten die ersten französischen Jäger zu Pferde hier ein, deren Anführer Lannes und Oudinot Mittags im Markte blieben. Um halb sieben Uhr Abends verkündigte das Feiergeläute aller Glocken die Ankunft Napoleon's mit dem Marschall Prinzen Berthier, Herzog von Neufchatel. Von dem Prior Christoph Sporrer und dem ganzen Convente eben so, wie das erste Mal empfangen, dankte der Kaiser und bemerkte, dass jetzt mehr Geistliche da wären als im Jahre 1805. Unter dem Abendessen, an welchem Berthier und Lannes Theil nahmen, indess mehrere Marschälle, Generäle und Adjutanten in grösster Gala um ihren Kaiser herumstanden, liess dieser den Prior rufen, welcher ihn um Schutz für das Stift und um den Befehl bat, den Wein und die Lebensmittel nicht so sehr zu verschwenden, damit die Geistlichen nicht so bald ausser Stand gesetzt würden, die Officiere, Truppen und das Spital damit zu versehen. „Er versicherte mich dessen“ erzählt der Prior ,,sprach mir Muth zu, und sagte, er sei vor drei Jahren mit Melk zufrieden gewesen, sei es auch jetzt. Unsere Personen, Eigenthum, Wohnungen würden durch Sauvegarden, wo ich sie immer brauchen werde, geschützt sein; nur müssten die Truppen, die sehr zahlreich nachkommen würden, nach Möglichkeit bedient, und auf das Spital vorzüglich Rücksicht genommen werden. Benedictiner, bei welchen die meisten seiner Generäle studirt hätten, schätze er. Nun fing er zu fragen an: Wie stark die österreichische Arrière-Garde gewesen sei? Wie viel man bisher an Truppen verloren zu haben glaube? Meine (des Priors) besondere Meinung über Beides? Er (Napoleon) sagte: 60.000 Mann Gefangene und Todte. Ob unser Kaiser oder ein Prinz im Stifte gewesen sei, welcher und wie lange? Was man von dem Kaiser erwartete und jetzt erwarte? Was wir von diesem Kriege und dem Urheber desselben dächten? Wie das Volk und die Bürgerschaft in Wien gestimmt sei? Welche Minister, Beichtväter unser Kaiser und der Hof habe? Wie sich der Erzbischof c'est un jesuite befinde? Welche Revenuen, wie viel Wein das Stift habe? Wo der Prälat sei, ob er ein Fürst und auf Lebenslang, von wem er gewählt oder bestätigt sein müsse? ob er eigene Revenuen habe? Um mein (des Priors) Vaterland, Amt, Einkünfte, Zahl der Geistlichen, Correction? In welchem scientifischen Fache ich Geistliche hätte, die excellirten? Und auf meine Antwort liess er Herrn Philipp Seiberl, Professor der Kirchengeschichte, rufen 1)."

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Am 8. Mai liess Napoleon während des Frühstückes den Prior wieder kommen und fragte weiter um den Prinzen Carl; um die Auslagen des vorigen Krieges, besonders des französischen Spitals; ob etwas und wieviel davon vergütet worden sei? Der Prior musste den Kaiser und dessen

1) Diesem ausgezeichneten Gelehrten, damals auch Professor des Kirchenrechtes, legte er unter anderen Fragen auch diese vor, ob der Papst als weltlicher Souverain abgesetzt werden könne?

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Generalstab in den Garten führen. Auf des Priors Äusserung, dass wir uns bei diesem Feldzuge auf einen dauerhaften Frieden Hoffnung machten, erwiderte er mit bedeutender Miene: mit dem jetzigen österreichischen Hofe sei kein dauerhafter Friede zu erwarten. Im Garten äusserte er über die Aussicht ein besonderes Vergnügen und bemerkte: „Meine Truppen haben bei Ihnen einen guten Tag; aber der Wein schmeckt ihnen nicht so, wie vor vier Jahren. Sie werden ihn doch nicht mit Wasser gemischt haben?" Er lächelte, und erhielt die Antwort: Sire! mich freut es, wenn die fatiguirten Truppen bei uns einen Ruhetag gefunden haben; wir gaben den Wein, wie er in den Keller kam. Es mag sein, dass die Bauern, weil es meistens Zehentwein ist, nicht rechtlich damit, wie gewöhnlich, umgegangen sind." Er verlangte hierauf! „Führen Sie mich auf dem kürzesten Weg wieder zurück." Alle Generäle verliessen ihn; er ging mitten durch die Truppen, welche nahe von ihm assen, tranken und schrien : Vive l'empereur!" Auf ein Mal machte er eine Wendung links, schwang sich auf das Reitpferd und ritt mit den Worten: „Adieu, mon Prieur!" davon nach St Pölten. Durch seinen Leibkoch wies er 450 Stück österreichische Zwanzigkreuzerstücke von neuem Schlage für die Dienerschaft des Hauses an.

Am achten Mai Nachmittags rückte Marschall Massena, ein düsterer, unfreundlicher Mann, an der Spitze seines Corps im Stifte ein; am nämlichen Tage kamen der General-Intendant Daru, die Generäle Goudin, Moronde, Molitor, Friant, Sellier, der Marschall Davoust und Vandamme mit den Württembergern hier an, welcher letztere zweimal Geschenke für seine Diener begehrte. Von allen Vorhergehenden betrug sich Bernadotte, der am dritten Juni anlangte, auf eine sehr ausgezeichnete Art herablassend und human und bedauerte die Stiftsgeistlichen herzlich wegen des ausgestandenen Ungemaches. Des anderen Tages folgte er der grossen Armee.

Die beständige Besorgniss vor einem Überfalle der Österreicher, welche noch im Besitze des Landes jenseits der Donau waren, und noch mehr die unverhohlene Furcht, in Folge einer verlorenen Schlacht zum Rückzuge genöthigt zu werden, war Ursache, dass die Abteien Melk und Göttweih so stark befestigt wurden, als nothwendig schien, um sich wenigstens einige Tage lang halten zu können. Die Schanzarbeiten nahmen zu Melk im Juni ihren Anfang, umfassten nicht blos den Stiftsgarten, sondern dehnten sich noch eine Strecke über denselben aus und wurden grossentheils unter der Aufsicht und Leitung des Divisionsgenerals Van da'mme bis zum Rückzuge des feindlichen Heeres eifrig betrieben. Man verwendete dazu sehr viel Landleute aus Oberösterreich, besonders aus der Gegend von Steyer, welche haufenweise requirirt wurden. Am dreizehnten Mai veranstalteten die Franzosen früh Morgens Weiteneck gegenüber auf Schiffen einen Überfall, liessen deshalb aus dem Melker-Stiftsgarten mehrere Kanonen hinüber spielen, warfen einige Haubitzkugeln nach Emersdorf, zündeten dadurch den Ort an, bewerkstelligten unter dem Donner der Kanonen ihre Landung etwas unterhalb Lubereck, stürmten in das brennende Emersdorf, woraus die Bewohner ent

reicher unter dem Erzherzoge Ludwig und Hiller in grösster Verwirrung in Melk an, deren Truppen im Stiftsgarten grossen Schaden verursachten, und zog am nächsten Morgen nach St. Pölten. Nach elf Uhr rückten die ersten französischen Jäger zu Pferde hier ein, deren Anführer Lannes und Oudinot Mittags im Markte blieben. Um halb sieben Uhr Abends verkündigte das Feiergeläute aller Glocken die Ankunft Napoleon's mit dem Marschall Prinzen Berthier, Herzog von Neufchatel. Von dem Prior Christoph Sporrer und dem ganzen Convente eben so, wie das erste Mal empfangen, dankte der Kaiser und bemerkte, dass jetzt mehr Geistliche da wären als im Jahre 1805. Unter dem Abendessen, an welchem Berthier und Lannes Theil nahmen, indess mehrere Marschälle, Generäle und Adjutanten in grösster Gala um ihren Kaiser herumstanden, liess dieser den Prior rufen, welcher ihn um Schutz für das Stift und um den Befehl bat, den Wein und die Lebensmittel nicht so sehr zu verschwenden, damit die Geistlichen nicht so bald ausser Stand gesetzt würden, die Officiere, Truppen und das Spital damit zu versehen. „Er versicherte mich dessen" erzählt der Prior , sprach mir Muth zu, und sagte, er sei vor drei Jahren mit Melk zufrieden gewesen, sei es auch jetzt. Unsere Personen, Eigenthum, Wohnungen würden durch Sauvegarden, wo ich sie immer brauchen werde, geschützt sein; nur müssten die Truppen, die sehr zahlreich nachkommen würden, nach Möglichkeit bedient, und auf das Spital vorzüglich Rücksicht genommen werden. Benedictiner, bei welchen die meisten seiner Generäle studirt hätten, schätze er.“

„Nun fing er zu fragen an: Wie stark die österreichische Arrière-Garde gewesen sei? Wie viel man bisher an Truppen verloren zu haben glaube? Meine (des Priors) besondere Meinung über Beides? Er (Napoleon) sagte: 60.000 Mann Gefangene und Todte. Ob unser Kaiser oder ein Prinz im Stifte gewesen sei, welcher und wie lange? Was man von dem Kaiser erwartete und jetzt erwarte? Was wir von diesem Kriege und dem Urheber desselben dächten? Wie das Volk und die Bürgerschaft in Wien gestimmt sei? Welche Minister, Beichtväter unser Kaiser und der Hof habe? Wie sich der Erzbischof c'est un jesuite befinde? Welche Revenuen, wie viel Wein das Stift habe? Wo der Prälat sei, ob er ein Fürst und auf Lebenslang, von wem er gewählt oder bestätigt sein müsse? ob er eigene Revenuen habe? Um mein (des Priors) Vaterland, Amt, Einkünfte, Zahl der Geistlichen, Correction? In welchem scientifischen Fache ich Geistliche hätte, die excellirten ? Und auf meine Antwort liess er Herrn Philipp Seiberl, Professor der Kirchengeschichte, rufen 1)."

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Am 8. Mai liess Napoleon während des Frühstückes den Prior wieder kommen und fragte weiter um den Prinzen Carl; um die Auslagen des vorigen Krieges, besonders des französischen Spitals; ob etwas und wieviel davon vergütet worden sei? Der Prior musste den Kaiser und dessen

1) Diesem ausgezeichneten Gelehrten, damals auch Professor des Kirchenrechtes, legte er unter anderen Fragen auch diese vor, ob der Papst als weltlicher Souverain abgesetzt werden könne?

Generalstab in den Garten führen. Auf des Priors Äusserung, dass wir uns bei diesem Feldzuge auf einen dauerhaften Frieden Hoffnung machten, erwiderte er mit bedeutender Miene: mit dem jetzigen österreichischen Hofe sei kein dauerhafter Friede zu erwarten. Im Garten äusserte er über die Aussicht ein besonderes Vergnügen und bemerkte: „Meine Truppen haben bei Ihnen einen guten Tag; aber der Wein schmeckt ihnen nicht so, wie vor vier Jahren. Sie werden ihn doch nicht mit Wasser gemischt haben? Er lächelte, und erhielt die Antwort: „Sire! mich freut es, wenn die fatiguirten Truppen bei uns einen Ruhetag gefunden haben; wir gaben den Wein, wie er in den Keller kam. Es mag sein, dass die Bauern, weil es meistens Zehentwein ist, nicht rechtlich damit, wie gewöhnlich, umgegangen sind." Er verlangte hierauf! „Führen Sie mich auf dem kürzesten Weg wieder zurück." Alle Generäle verliessen ihn; er ging mitten durch die Truppen, welche nahe von ihm assen, tranken und schrien : Vive l'empereur!" Auf ein Mal machte er eine Wendung links, schwang sich auf das Reitpferd und ritt mit den Worten: „Adieu, mon Prieur!" davon nach St Pölten. Durch seinen Leibkoch wies er 450 Stück österreichische Zwanzigkreuzerstücke von neuem Schlage für die Dienerschaft des Hauses an.

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Am achten Mai Nachmittags rückte Marschall Massena, ein düsterer, unfreundlicher Mann, an der Spitze seines Corps im Stifte ein; am nämlichen Tage kamen der General-Intendant Daru, die Generäle Goudin, Moronde, Molitor, Friant, Sellier, der Marschall Davoust und Vandamme mit den Württembergern hier an, welcher letztere zweimal Geschenke für seine Diener begehrte. Von allen Vorhergehenden betrug sich Bernadotte, der am dritten Juni anlangte, auf eine sehr ausgezeichnete Art herablassend und human und bedauerte die Stiftsgeistlichen herzlich wegen des ausgestandenen Ungemaches. Des anderen Tages folgte er der grossen Armee.

Die beständige Besorgniss vor einem Überfalle der Österreicher, welche noch im Besitze des Landes jenseits der Donau waren, und noch mehr die unverhohlene Furcht, in Folge einer verlorenen Schlacht zum Rückzuge genöthigt zu werden, war Ursache, dass die Abteien Melk und Göttweih so stark befestigt wurden, als nothwendig schien, um sich wenigstens einige Tage lang halten zu können. Die Schanzarbeiten nahmen zu Melk im Juni ihren Anfang, umfassten nicht blos den Stiftsgarten, sondern dehnten sich noch eine Strecke über denselben aus und wurden grossentheils unter der Aufsicht und Leitung des Divisionsgenerals Vanda'mme bis zum Rückzuge des feindlichen Heeres eifrig betrieben. Man verwendete dazu sehr viel Landleute aus Oberösterreich, besonders aus der Gegend von Steyer, welche haufenweise requirirt wurden. Am dreizehnten Mai veranstalteten die Franzosen früh Morgens Weiteneck gegenüber auf Schiffen einen Überfall, liessen deshalb aus dem Melker-Stiftsgarten mehrere Kanonen hinüber spielen, warfen einige Haubitzkugeln nach Emersdorf, zündeten dadurch den Ort an, bewerkstelligten unter dem Donner der Kanonen ihre Landung etwas unterhalb Lubereck, stürmten in das brennende Emersdorf, woraus die Bewohner ent

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