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Die Chancen hiefür wären allerdings sehr bedeutend gewesen.

Durch Detachirungen zur Paralysirung von Mantua, Peschiera, Legnago und Verona, endlich zur Sicherung des Mincio-Überganges in ihrem Rücken um wenigstens 7-8 Divisionen geschwächt, hätten die Italiener überdies nicht vermeiden können, mit auf beiden Etsch-Ufern getrennten Kräften eine Entscheidungsschlacht zu bestehen, in welcher sie nicht auf den Sieg hoffen durften 1).

Auf dem Rückzuge von der Etsch von unserer durch Verona und Peschiera oder durch Mantua und Borgoforte ihr in jeder Richtung zuvorkommenden siegreichen Armee unaufhörlich zu erneuerten Kämpfen genöthigt, bleibt es nur fraglich, bis zu welchem Grade der Auflösung sich ihre Niederlage hätte steigern können ").

Die Aufgabe der Armee des Königs Victor Emanuel war somit auf jedem Wege trotz ihrer grossen Überlegenheit immerhin eine schwierige, doch ungleich schwieriger auf jenem über den unteren Po.

Auf beiden Wegen wurden die Italiener durch Gewässer, feste Plätze und künstliche Hindernisse zur Zersplitterung ihrer Kräfte genöthigt; allein auf jenem über den unteren Po konnten sie, wenn sie sich auch vor diesem Fehler bewahrten, dennoch nie ihre grosse Übermacht im Kampfe geltend machen, weil die Beschaffenheit des Bodens dem entgegen war, während sie zwischen Mincio und Etsch alle ihre Detachements längstens in Einem Marsche an sich zu ziehen und in jeder Schlacht auf diesem Felde mit voller Macht, daher überlegen aufzutreten vermochten.

Wenn also etwas geeignet war, den Italienern einen glücklichen Erfolg in Aussicht zu stellen, so konnte es blos der feste, unerschütterliche Vorsatz sein, mit ganzer, ungetheilter Macht über den Mincio in das Festungsviereck einzubrechen, uns hier zu einer Schlacht in der Ebene zu verleiten, und wenn dieses nicht gelang, den Angriff auf Tirol so zu verstärken, dass wir zu Detachirungen dahin, zur Schwächung unserer Hauptarmee genöthigt waren, dass der Etsch-Übergang und die Verlegung der Operationslinie über die untere Elsch und den unteren Po, dadurch aber die Einziehung aller gegen die festen Plätze vorpoussirten Beobachtungs-Corps auf das linke Etsch-Ufer möglich wurde. Hierauf konnte an die Belagerung der Ostseite Verona's gegangen werden, dessen freilich höchst ungewisse Einnahme beinahe den ganzen strategischen Nutzen des Festungs-Vierecks für uns hätte paralysiren können.

aus

1) Damit sie in der That zu solchen Detachirungen gezwungen seien, mussten unseren genannten festen Plätzen beständige Ausfälle und Angriffe gegen die Flanken und den Rücken der italienischen Armee unternommen werden, auf welche auch vorgedacht war.

2) Cialdini theilt mit, dass eine Zeit lang bei ihnen die Idee bestanden habe, unsere festen Plätze zu belagern.

Mögen nicht gerade die eben gemachten Betrachtungen dem General Lamarmora, wenn er sich wirklich in dieselben vertieft hat, zu dem wieder aufgegebenen Gedanken der Belagerung gebracht haben?!

Allein sie durften auf keinen Fehler, auf keine Blösse beim Gegner rechnen, denn alle diese, sowie überhaupt die Gesammtheit der Verhältnisse des italienischen Kriegstheaters, die Combination aller möglichen Operationsfälle waren seit lange der Gegenstand eingehender Studien und reiflichen Nachdenkens auf österreichischer Seite, so dass keine Operation unser ArmeeCommando hätte überraschen oder unvorbereitet treffen können.

Zeuge, wie eindringlich man sich mit dem italienischen Kriegsschauplatze beschäftigte, sind die Erbauung der Forts bei Rovigo, Pastrengo, auf dem Mte. Croce bei Peschiera, bei Borgoforte, die Verbesserung des für die Manöver unserer Armee ganz besonders ausersehenen Communications-Netzes in der Ebene zu beiden Seiten der mittleren und unteren Etsch u. m. a.

Diese bisherigen Untersuchungen haben hoffentlich den Werth des ersten Punktes des preussischen Planes in's wahre Licht gestellt, der für sich das Verdienst in Anspruch nehmen kann, den General La marmora auf die Irrwege der verhängnissvollen Theilung geleitet zu haben.

Wie es mit dem zweiten Punkte dieses Operationsplanes, nämlich mit der Landung Garibaldi's an der Ostküste des adriatischen Meeres und mit der Insurgirung Ungarns bestellt ist, werden wir sogleich sehen.

Zum Gelingen dieses Unternehmens war nicht mehr als Folgendes nothwendig:

1. dass die italienische Flotte die unsrige entschieden auf's Haupt schlage und sich zur unumschränkten Herrscherin der Adria mache;

2. dass die Landung Garibaldi's trotz unserer Anstalten längs der Küste gelinge;

3. dass er von den Croaten und von den Ungarn wirklich als Erlöser empfangen werde, und sofort ein Aufstand ausbreche;

4. dass Garibaldi ihnen auch wirklich genügende Waffen zur Ausrüstung einer ansehnlichen Macht bringe.

Wenn man sich an den Sieg von Lissa und weiters an die Proclamation des preussischen Generals Horn erinnert, durch die er die Ungarn zum Aufstande aufrief, und mit welcher er ein so klägliches Fiasco machte, so reicht dies allein schon hin, um zu zeigen, auf was für schwache Grundlagen der preussische Rath gebaut war.

Gehen wir nun zu dem dritten Punkte jenes Operationsplanes über, d. i. zu der Aufforderung, dass die Italiener, nachdem sie unsere Armee geschlagen, sich nicht an den Grenzen des venezianischen Königreiches aufhalten, sondern um Alles unbekümmert nach Wien marschiren und die Vereinigung mit den Preussen anstreben sollten.

Ob ein Sieg über unsere kleine, aber heldenmüthige und so ruhmvoll geführte Armee so leicht war, wie der preussische Plan es voraussetzt, haben nicht nur unsere Erfolge in Italien verneinend beantwortet: die angestellten Untersuchungen werden auch dargethan haben, dass ein solcher Sieg nicht gar so wahrscheinlich, somit gewiss auch keine gar so leichte Sache hätte sein können.

Die Preussen mussten es wohl am liebsten sehen, wenn die Italiener den Krieg gleich von Anfang auf's energischste und hartnäckigste aufnahmen und unsere Armee in Italien festhielten, vielleicht uns sogar zur Schwächung unserer Nordarmee verleiteten; denn Alles dieses kam ihren Interessen zu Gute.

Hätte das Glück gewollt, dass Benedek, ohne eine entscheidende Schlacht anzunehmen, an die Donau gewichen wäre und es so möglich gemacht hätte, sich an derselben mit den siegreichen Schaaren unseres ruhmgekrönten Feldherrn aus Italien zu vereinigen, um an den Ufern dieses Stromes die Entscheidung des Krieges zu suchen, dann hätten die Preussen schwerlich auf die Gunst des Schlachtengottes rechnen dürfen.

Daraus allein kann man ersehen, wie wichtig es für die Preussen war, die Italiener mit allen Mitteln zu einer sehr energischen Kriegführung zu bestimmen, damit unsere ganze Armee in Italien dort festgehalten werde.

Ob aber ihre Rathschläge den Interessen Italiens, namentlich den thatsächlichen Verhältnissen und der Beschaffenheit des Kriegsschauplatzes mehr oder weniger angemessen waren, scheint sie nicht sonderlich bekümmert zu haben.

Aber angenommen, ein Sieg über unsere Armee wäre den Italienern geglückt, hätten sie hierauf wirklich bis an die Donau marschiren können?! Unsere Armee wäre in Verona geblieben, K u hn war in Tirol siegreich, ebenso Tegetthof auf der See.

Wenige Tage hätten genügt, damit durch die Vereinigung mit Kuhn unsere Armee wieder schlag- und offensivfähig werde und im Rücken des italienischen Hauptheeres sich wieder in den Besitz von ganz Venetien setze. Es ist nicht anzunehmen, dass ein italienischer Militär von gesundem Urtheil unter solchen Verhältnissen seinem Könige den Rath, auf mehr denn 80 Meilen von seiner Basis, d. i. bis an die Donau, vorzudringen, zu geben gewagt hätte.

Über die übrigen Vorschläge des preussischen Planes, als die Insurgirung Ungarns, die gemeinschaftliche Bestreitung der hierauf zu verwendenden Kosten dürfen wir wohl schweigen, da sie bereits dem Urtheile der Welt und der Geschichte verfallen sind, die gewiss gerecht richten werden.

Österr. militär. Zeitschrift 1868. (3. Bd.)

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Die Ergebnisse der Landwirthschaft Österreichs im
Vergleiche mit andern Staaten.

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Schon oft und besonders in dem Artikel Österreich am Schlusse des Jahres 1866 (I. Band, 1867) haben wir die Überzeugung ausgesprochen, dass Österreich mit der Verbesserung der Landwirthschaft seine Einnahmen so wie seine Wehrkraft bedeutend steigern könne. Wir bringen als Beweis hiefür aus FilTunger's Statistik 1) die „Landwirthschaftliche Gruppe" in ausführlicher Besprechung. Ausserdem soll dieser Auszug Gelegenheit bieten, die landwirthschaftlichen Zustände der österreichischen Militärgrenze mit jener anderer Länder vergleichen zu können.

J. Fillunger's vergleichende Statistik volkswirthschaftlicher Zustände der Kronländer des österreichischen Gesammtstaates gibt uns eine summarische Übersicht über die in der Landwirthschaft überhaupt in Verwendung stehenden produktiven Bodenflächen, dann der auf den Culturflächen durchschnittlich erzielten Bodenerzeugnisse und deren Werthe, ferner über das im österreichischen Staate vertheilte Vorkommen der Bergbauprodukte und deren Werthe, endlich über die vorhandenen Verkehrs- und Communications-Anstalten (Strassen, Eisenbahnen, Dampfschifffahrt, Post und Telegrafen), welche Übersicht durch die Form der Darstellung einen eindringenden, sachgemässen Überblick bietet, den wir bisher in andern ähnlichen Schriften vergebens gesucht haben.

Statistische Schriften sind in der Regel nicht anziehend, sie haben im Allgemeinen nur einen kleinen Leserkreis, wenn sie auch noch so belehrend sind. Wenn im Tone des Vorwurfs behauptet wird, die Statistik bestehe nur aus Zahlen und geistlos angefertigten Tabellen, so beweist dieser Ausspruch 'nur das fehlende Verständniss, da sich die Statistik der Zahlen bedienen muss, um die thatsächlichen Zustände der Länder und Staaten in volkswirthschaftlicher Beziehung zu constatiren, sachgemäss zu gruppiren und synoptisch neben einander zu stellen. Der vorliegenden vergleichenden Statistik kann man den Vorwurf einer geistlosen Auffassung nicht machen: sie behandelt die volkswirthschaftlichen Zustände sachgemäss in logischer und ausführlicher Weise, macht auf Thatsachen und irrthümliche Anschauungen aufmerksam und berichtigt vorgefasste Meinungen, und es wird dadurch jede der besprochenen Gruppen mehr oder weniger interessant. Den statistischen Arbeiten stehen mancherlei Schwierigkeiten entgegen, welche um so grösser werden, wenn sich die Nachforschungen über Länder erstrecken, über die weder genügende noch sachgemäss durchforschte statistische Sammlungen zur Benützung vorliegen. Wer statistische Studien über staats- und volkswirthschaftliche Zustände je einmal ernsthaft betrieben hat, dem wurde die Unvollständigkeit ämtlicher statistischer Sammlungen zur Genüge bekannt, was nicht überraschen kann, da die Staatsstatistik der früheren Periode keine andere Aufgabe hatte, als entweder der Ostentations

1) J. Fillunger. Vergleichende Statistik über die Real- und Produktionswerthe der Landwirthschaft, der Montan-Industrie, der Verkehrs- und Communications-Anstalten, dann Erörterung des Staatshaushaltes im österreichischen Kaiserstaate. Wien 1868. Selbstverlag.

sucht oder der officiellen Schönfärberei zur Unterlage zu dienen. Dass die Statistik eine höhere Aufgabe zu verfolgen hat, dürfte über jeden Zweifel erhaben sein. In dem Vorworte, so wie in der Einleitung dieses zu rechter Zeit erschienenen Werkes bespricht der Verfasser die Aufgabe und den Zweck dieser Schrift und hebt besonders hervor, innerhalb welcher Grenzen die umfassende Aufgabe zu lösen möglich gewesen ist, und verwahrt sich zugleich gegen allfällige Vorwürfe, indem er bei mehreren Gelegenheiten Veranlassung nimmt, zu bemerken, dass weder genügende noch sachgemäss durchforschte statistische Sammlungen über volkswirthschaftliche Zustände Österreich's der Öffentlichkeit vorliegen, und von keinem Privatmann erwartet werden kann, dass er das vorhandene unvollständige statistische Materiale zur Vervollständigung zu ergänzen in der Lage sei, wesshalb er seinen Vergleichungen und Relationen selbstverständlich auch nur eine approximative Richtigkeit beilegt.

Der Verfasser war sich dieses Umstandes bewusst, denn er hebt in dem Vorworte besonders hervor, warum er seine Studien nicht unterbrochen oder gänzlich aufgegeben habe, da er sich zugleich mit dem Gedanken vertraut machte, dass die ämtliche Staatsstatistik in Zukunft auf die Erforschung volkswirthschaftlicher Zustände eindringender eingehen werde, wodurch die von ihm bearbeiteten Gruppen vervollständigt und erweitert werden könnten. Mit dieser sachgemässen Anschauung entschuldigt der Verfasser das Entstehen dieses Werkes, gibt aber zugleich zu erkennen, dass er den statistischen Nachforschungen in wissenschaftlicher Beziehung thätigst ergeben ist, und er hat den Muth, zu behaupten, dass, wenn man bei gewissenhaften statistischen Nachforschungen für die Darstellungen und Relationen das Vollständige nicht zu geben vermag, man das annähernd Richtige nicht unbeachtet lassen solle.

Wir können dieser Ansicht nicht entgegen treten, da wir zugestehen müssen, dass die statistischen Materialien über volkswirthschaftliche Zustände von keinem Staate in Europa, also auch nicht von Österreich, derart gesammelt und durchforscht vorliegen, um behaupten zu können, dass sie in den meisten Zweigen der volks- und staatswirthschaftlichen Zustände auf mehr als annähernde Richtigkeit Anspruch machen können. Vielmehr nehmen wir keinen Anstand, zu erklären, dass die gegebenen vielseitigen Relationen des Verfassers über mehrere Zweige als wesentliche Erweiterungen der Erkenntniss volkswirthschaftlicher Zustände der Kronländer des österreichischen Kaiserstaates anzusehen sind und keinesfalls als eine irreführende, noch weniger als nutzlose Arbeit getadelt werden können, im Gegentheile hat uns der Verfasser mit seinen eindringenden vergleichenden Betrachtungen über volks- und staatswirthschaftliche Verhältnisse auf jenen Weg geleitet, auf welchem man durch analoge Weiterforschungen zu wirklichkeitsgemässen Anschauungen gelangen kann.

In dem Vorwort bemerkt der Verfasser mit richtiger Auffassung, dass man bei Betrachtung, volkswirthschaftlicher Zustände im engeren oder weiteren Sinne und in ihrer umfassenden Beurtheilung der Einsicht und Kenntniss des Staatshaushaltes nicht entbehren kann, welcher Auffassung wir die genaue Darstellung des Staatshaushaltes im Erforderniss und in der Bedeckung nach dem Staatsvoranschlage vom Jahre 1865 zu danken haben.

Der Verfasser hat seine Darstellung volkswirthschaftlicher Zustände nicht auf den österreichischen Staat allein beschränkt, sondern dieselbe in seinen summarischen Betrachtungen auch auf Preussen, Frankreich, Bayern und Sachsen ausgedehnt und uns dadurch Parallelvergleichungen geliefert, welche über den Stand der materiellen Entwicklung der Nachbarstaaten in gedrängter Übersicht Aufklärungen zu geben im Stande sind.

Mit diesen Andeutungen verbinden wir den Zweck, bei Beurtheilung dieses bedeutungsvollen grösseren Werkes den Standpunkt hervorzuheben, den der

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