Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

den einzelnen Linien waren die Dörfer und Weiler in einer solchen Nähe angelegt, dass der Ruf menschlicher Stimmen von einem zum andern gehört, und durch den Klang der Hörner bestimmte Mittheilungen irgend welcher Art gemacht werden konnten. Zur Eroberung und Zerstörung dieser Linien bedurfte Carl der Grosse acht volle Jahre der Kriegsthätigkeit.

2. Die Langwälle.

Dieselben sind gewöhnlich Erd-, seltener Steinwälle und ziehen sich in geraden, krummen oder gebrochenen Linien, oft meilenlang, namentlich in den flacheren Gegenden Deutschlands hin. Oft sind sie mit Gräben davor, oft ohne diese zu finden, oft einfache Wälle, oft wieder 2 bis 3 unmittelbar hinter einander, was alles sich nach den Formen des Terrains, dem Laufe der Gewässer, der Beschaffenheit des Bodens u. s. w. richtet.

Da ihre Höhe und Breite natürlich nicht so bedeutend wie die der Rundwälle ist, aber selbst jetzt meist noch dem Menschen vollständige Deckung gewährt, so hat die Zerstörung und Einebnung derselben dem Landmann natürlich keine solchen Schwierigkeiten bereitet, wie die der Ringwälle, und mögen daher viele derselben im Laufe der Jahrhunderte gänzlich verschwunden sein. Immerhin lässt sich aus den Überresten der Zusammenhang deutlich erkennen, zumal da öfters ein besonderer Umstand nicht wenig zu ihrer Erhaltung beigetragen haben muss. Man findet nämlich, dass diese Wälle noch heutigen Tages sehr häufig die Grenzen von Gemeinden, Bezirken, Provinzen, ja selbst grössere Landesgrenzen bilden, ein Umstand, der noch mehr in früheren Jahrhunderten hervorgetreten sein mag, in welchen die Grenzen nich so geregelt und bestimmt waren, wenn sie nicht durch grössere Terraingegenstände gebildet werden konnten.

Wo solche Langwälle wichtige Terrainpunkte überschreiten, namentlich an Defiléen, finden sich gewöhnlich noch geschlossene Werke, an welche sich dieselben anlehnen, so dass sie in ihrer Anlage ganz den Grenzwällen der Römer gleichen, und man in Folge dessen beinahe annehmen könnte, dass diese die Lehrmeister der Erbauer gewesen wären, wenn nicht der Drang, von Natur schwache oder besonders wichtige Punkte künstlich in ihrer Vertheidigungsfähigkeit zu verstärken, ein so instinctiver wäre, dass man diese forti ficatorische Massregel den urwüchsigen germanischen Stämmen, die in der Anlage ihrer einzelnen Schanzen so bedeutenden militärischen Scharfblick beweisen, recht wohl zutrauen kann.

Wohl mögen auch manche der Wälle, die wir heute mit zu den altgermanischen rechnen, erst in späterer Zeit entstanden sein, da es ja auch uncivilisirten Völkern sehr nahe liegt, sich nicht nur durch Holzumzäunung und Verhaue, sondern auch durch Stein- und Erdwälle als die einfachsten Verschanzungsarten möglichste Sicherheit zu verschaffen. Ebenso häufig mag man auch die vorgefundenen alten Wälle zu neuer Vertheidigung durch Einrammen von Palissaden und Anlegung von Verhauen hergerichtet haben, indem man bei manchen noch Überreste von dergleichen findet.

So ist zum Beispiel das Dannewerk, dessen Errichtung man dem Dänenkönig Gottfried, 808, zuschreibt, ein solcher alter Langwall. Gegenüber demselben finden sich ebenfalls noch Überreste eines alten Langwalles, in dem sogenannten Cograben, welcher von einem Doppelwall herstammt, der 970 von den Deutschen angelegt, 975 von den Dänen erstürmt, aber durch Kaiser Otto II. wieder erobert und in der Mitte durch eine Burg verstärkt worden ist. Viele dieser Wälle, die im Mittelalter vorgefunden und benutzt oder erst neu errichtet wurden, führen noch jetzt von dem Zweck, dem sie gedient haben, den Namen Landwehren.

Noch finden sich in vielen Ländern weit fortlaufende Gräben, „Landgräben" genannt, theils trocken, theils nass, die man auch zuweilen den germanischen Ureinwohnern zuschreibt, und die als Vertheidigungslinien benutzt worden sein sollen; jedenfalls aber stammen sie, obwohl sie sehr alt sein mögen, aus einer späteren Zeit und haben mehr zur Bezeichnung von Gaugrenzen als zu deren Vertheidigung gedient. Zuweilen freilich sind sie auch mit einer Brustwehr versehen, wie zum Beispiel der Teufelsgraben zwischen Buckau und Sarichen, in der Ober-Lausitz. Ferner sind aber zu jenen Langwällen, obwohl sie aus anderem Material bestehen, die durch lebende Hecken oder durch dichte Verhaue gebildeten Vertheidigungslinien zu rechnen, von denen zwar keine Spuren mehr zu finden, die aber nach der Aussage von römischen Schriftstellern, namentlich Cäsar's de bello gallico, vielfach von den im westlichen Deutschland wohnhaften Deutschen zur Verstärkung ihrer Stel lungen benutzt worden sind und den tapferen römischen Legionen viel Schwierigkeiten bereitet und viel Blut gekostet haben. Solche Hecken und Verhaue mögen daher wohl auch schon in früheren Jahrhunderten im östlichen Deutschland errichtet und zur Verstärkung der Langwälle angewendet worden sein.

Das Material,

aus welchem die Schanzen, Rund- wie Langwälle, bestehen, ist, abgesehen von den Steinwällen, Erde. Dieselbe findet sich bei vielen Nachgrabungen meist schichtenweise übereinander und gehört ihrer Gattung nach stets zu der des angrenzenden Terrains. Häufig findet man in der Erde des Walles Asche und Holzkohle mit eingemischt, besonders aber bietet der Boden des inneren Kessels bei einigen, und zwar gewöhnlich den grössten in einer Schanzengruppe, ganze Lagen von Asche, Holzkohlen, verkohlten und auch noch wohlerhaltenen Getreidearten, namentlich Waizen, Korn, Erbsen, Linsen, Hirse, ferner verkohlten Knochen von Thieren, theils zerbrochenen, theils noch unversehrten thönernen Gefässen, Urnen, Krügen etc.; dann endlich Waffenüberreste aus der Stein- und Broncezeit, und nur nahe der Oberfläche finden sich hier und da eiserne, sowie kupferne Geräthe, dagegen sind römische Münzen, die sonst in ganz Europa zerstreut sind, in den Schanzen, wenigstens der Ober--Lausitz, noch nicht gefunden worden.

Es dürfte also das Vorkommen dieser Geräthe aus Stein, Knochen und Bronce ein schlagender Beweis für das hohe Alter dieser Werke sein.

Diese fusshohen Lagen von Asche, sowie andere Überreste und Alterthümer zeigen deutlich, dass die Schanzen Jahrhunderte hindurch von den Bewohnern des Landes zu verschiedenen Zwecken benutzt worden sind.

Jetzt werden besonders die, welche tief im Walle und an entlegenen Punkten liegen, vorzugsweise von Meister Reinecke und Meister Grimmbart zu ihren Burgen erwählt, und trifft man manchen schönen Fuchs- und Dachsbau in ihnen an. Kein Wunder, da die Erde locker ist, häufig sogar noch Nahrungsstoffe enthält und die Anlage des Baues in jeder Weise begünstigt.

Man macht auch die Bemerkung, dass das Holz, mit denen viele derselben bestanden sind, vortrefflich daselbst gedeiht, und hat eben die vorzügliche Qualität des Materials an manchen Orten schon zur Abtragung der Schanzen beigetragen, um den trefflichen Boden in der Landwirthschaft besser zu verwerthen ein Schicksal, welchem wohl leider im Laufe der kommenden Zeiten fast alle erliegen werden.

-

Es ist nun freilich wohl mit Sicherheit anzunehmen, dass in den meisten der alten Heidenschanzen noch besondere Baulichkeiten von Holz, theils zum Schutz gegen die Unbilden des Wetters, theils gegen die feindlichen Schleuderwaffen existirt haben, da diese aber dem Zahn der Zeit nicht zu widerstehen vermochten, so ist keine Spur von ihnen bis auf uns gekommen, denn da, wo sich Überreste von Baulichkeiten aus Holz oder Stein im Innern vorfinden, was bei einigen der Fall ist, müssen wir eine spätere Benutzung des Walles entweder zum Schutz einer kleinen Burg, oder einer Kapelle etc. annehmen.

II. Steinwälle.

1. Allgemeines.

Noch heute wollen manche Alterthumsforscher den kriegerischen Zweck dieser mächtigen Umwallungen, dieser Zeugen der Kraft und des Willens eines alten Volkes ableugnen, indem sie dieselben als einfache Grenzmauern, wo sie sich als Langwälle hinziehen, ausgeben, oder behaupten, sie hätten nur zur Abschliessung der heidnischen Opferorte, der sogenannten Göttervesten, gedient, oder auch der Ding- und Malstätten, wie man die Volksversammlungs-Orte der alten Germanen nannte. Alle sind aber darin einig, dass sie entschieden germanischen Ursprungs sind, indem sie sich am zahlreichsten in denjenigen Ländern Europa's finden, wo erwiesenermassen nie slavische Völker hingedrungen sind, das heisst namentlich in den Rheingegenden, anderentheils aber auch in Gegenden vorkommen, in denen wiederum die Celten höchstens auf kurze Zeit ihre Wohnsitze aufgeschlagen haben können.

-

Sind die Steinwälle also germanischen Ursprung's, so lässt sich ihre Lage meist auf hohen, schwer zugänglichen Punkten nicht damit vereinigen, dass sie nur religiösen Zwecken gedient haben sollen, da für den heidnischen Cultus die Priester der Germanen stets solche Örtlichkeiten aussuchten, an

welchen fliessendes Wasser, das sie zu den Opfergebräuchen nöthig hatten, in reichlicher Menge vorhanden war. Dass die Langwälle nur zur Bezeichnung von Grenzen gedient haben sollen, widerlegen alle römischen Schriftsteller, welche die Kämpfe der Römer gegen die Deutschen beschrieben haben, und sagt zum Beispiel Vellejus Paterculus II., 120:

Tiberius habe, als er nach der Niederlage des Varus vom NiederRhein aus die römischen Heere gegen Arminius führte, den Krieg in das Land des Feindes getragen und sei, die „Grenzwälle durchbrechend“ (aperit limites), in das Innere gedrungen." Es stände auch wohl der enorme Aufwand an Kräften und Mühen, welchen die Erbauung dieser Wälle erforderte, durchaus in keinem Verhältnisse zu dem einfachen Zweck der blossen Grenzbezeichnung. Am meisten aber für die Errichtung der Wälle zu Kriegszwecken spricht ihre Lage auf schwer zugänglichen und doch dominirenden Punkten, da sie entweder auf in der Ebene isolirt liegenden Bergen und Berggruppen oder in Gebirgen an solchen Stellen zu finden sind, wo sie die Hauptcommunicationen durch dasselbe, also die Pässe und Gebirgsdefiléen am geeignetsten sichern konnten.

Ebenso weisen Gestalt, Ausdehnung und Construction unzweifelhaft auf eine fortificatorische Bestimmung hin.

Tacitus erwähnt und beschreibt in seiner Germania mehrere solcher Steinwälle und nennt sie Burgen, z. B. die Teutoburg, Asciburg, Mundraburg, Dittelsburg, was eine kriegerische Verwendung derselben ebenfalls beweist.

Die Langwälle laufen in gebrochenen und krummen Linien gewöhnlich so, dass sie alle diejenigen Punkte berühren, welche ein Feind, der in das Innere des Landes eindringen will, unbedingt passiren muss.

Wahrscheinlich bleibt es allerdings, dass vorzüglich die grösseren Steinringe zugleich zum Schutze mancher dem Volke heiligen Opferorte dienten, dass also, wie auch bei den Grenzmauern, kriegerische mit religiösen oder politischen Zwecken vereinigt wurden.

Im Volksmunde heissen diese Steinringe Hünenburgen oder Hünenringe, was ebenfalls auf Erbauung durch germanische Völkerschaften hindeutet. Ausser in Deutschland finden sich noch deren in Frankreich, England, Skandinavien und den russischen Ostseeprovinzen, lauter Ländern von ursprüng

lich germanischer oder doch celtischer Bevölkerung.

2. Form, Anlage und Material.

Die Form der Steinwälle ist völlig unregelmässig und richtet sich lediglich nach dem Terrain, welches den zu sichernden Ort umgibt. Kleinere allerdings, von blos 2-300 Schritt Umfang, sind völlig ringförmig, die grösseren umschliessen gewöhnlich ebene Gipfel von Bergen oder Bergvorsprünge und sind oft 1000 Schritt und darüber lang. Ihre Höhe beträgt bis zu zehn Fuss, ihre Stärke 10-20 Fuss. Das Merkwürdige an ihnen ist, dass ein Bindemittel zwischen den Steinen, aus denen sie bestehen, vollständig fehlt, ein Beweis, dass ihre Erbauer den Kalkmörtel noch nicht gekannt haben, dass

die Werke also vor der Berührung mit Culturvölkern entstanden sein müssen. Freilich mögen zur Herbeischaffung des Materials, das fast immer von der nämlichen Gesteinsart wie die des angrenzenden Terrains ist, fast übermenschliche Kräfte gehört haben, denn die Mauern enthalten viele grosse Felsblöcke, aber an die Herbeischaffung von Felsblöcken aus entlegeneren Gegenden, namentlich bei den Wällen im nördlichen und östlichen Deutschland, den Ostseeprovinzen und Skandinavien, ist wohl nicht zu glauben, da in den genannten Ländern zahlreiche erratische Blöcke liegen, welche ein treffliches Material zur Erbauung der Wälle liefern mussten.

Eine merkwürdige, in ihrem Entstehen noch nicht völlig aufgeklärte Eigenschaft ist mehreren dieser Steinwälle und namentlich denen der OberLausitz eigen. Es erscheinen nämlich die Steine, welche den Wall bilden, an vielen Stellen und besonders im Innern des Walles theilweise zusammen und aneinander geschmolzen, verschlackt und verglast, so dass man beinahe annehmen möchte, die Erbauer der Wälle hätten das ihnen fehlende Bindemittel durch Schmelzen der Steine zu ersetzen gesucht.

Dass die Steine an Ort und Stelle einer enormen Hitze ausgesetzt und nicht erst an einem anderen, vielleicht dazu besonders eingerichteten Ort geschmelzt worden sind, beweist der Umstand, dass sich zwischen den Steinen noch eine Menge von Holzkohlen, und namentlich auf dem Boden des Walles grössere Mengen davon vorfinden. Bestehen auch die Gesteinsarten daselbst meist aus leichter schmelzbaren vulkanischen Gebilden, wie Basalt, Dolerit etc., so findet man doch auch diese Erscheinung bei der schwerer schmelzbaren Grauwacke, wie der Steinwall auf dem Schafberge bei Bukowetz in Böhmen bezeugt.

Es ist bereits so manche Erklärung für diese eigenthümliche Erscheinung gesucht worden, immer aber berücksichtigen sie nicht genügend, dass unter freiem Himmel Steinmassen durch Holzfeuerung nur äusserst schwer in flüssigen Zustand zu versetzen sind. Die Wälle gleichen daher in dieser Beziehung den sogenannten „verglasten Burgen Schottlands." Dieselben sind nämlich nach Geheimrath von Leonhardt's geologischen Vorlesungen Räume, zum Theil von ansehnlicher Grösse, ihrer Lage nach bald mehr, bald weniger zu Vertheidigungsplätzen geeignet und umgeben mit einem Steinwall, mit einer Trockenmauer, das heisst, wo Steine ohne Bindemittel neben und aufeinander gesetzt werden; die Aussenseiten der Mauern tragen aber die unverkennbaren Spuren erlittener Feuereinwirkung. Die ausgezeichnetsten Schlacken trifft man an den niedrigsten Stellen der Mauern, an ihrem Fuss e Aufwärts zeigt sich ein Gemenge von porösen Schlacken und Steinen, die nur hin und wieder geschmolzen, aber demungeachtet mit den Schlacken fest verbunden sind.

Noch höher haben blosse Röstungen stattgefunden. So vermindern sich allmälig aus der Tiefe nach oben diese Erscheinungen, und die höchsten Theile der Mauern bilden ein Werk unverbundener Steine. Von blossen Sammelplätzen der Clans (Stämme), oder von Lärm- und Wachtthürmen kann

« ZurückWeiter »