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zen eingegraben hatten, so war es natürlich, dass man auch die alten „,Sueven-" Schanzen in Schweden-Schanzen verwandelte und die gefürchteten Schweden als ihre Erbauer betrachtele, ein Irrthum, der jedem denkenden Soldaten sofort ohne weitere Beweise bei näherer Betrachtung dieser Schanzen einleuchten muss. In einzelnen Gegenden, namentlich in Böhmen und Bayern, tragen sie auch den Namen Hussitenschanzen, ein weiterer Beweis für die obige Behauptung. Warum die Schanzen,,Sueven"-Schanzen heissen müssen, wird in einem späteren Abschnitte klar werden, in dem wir die verschiedenen Ansichten über die Frage, wer die eigentlichen Erbauer der Schanzen seien, näher prüfen werden.

Unsere Oberlausitzer Heidenschanzen sind der Zahl nach nur ein kleiner Theil der über Deutschland verbreiteten, und selbst in Polen, in Russland, ja sogar in Asien vorkommenden uralten Befestigungswerke, aber sie nehmen ihrer Grösse, Anlage und Beschaffenheit wegen unstreitig mit den ersten Rang unter allen ein, weil in ihnen ein grossartiges Vertheidigungssystem gleichsam seinen Gipfelpunkt erreicht, weshalb sie auch verdienen, zum Gegenstand einer eingehenderen Betrachtung gemacht zu werden.

Bevor wir aber zur speciellen Beschreibung der Lausitzer Schanzen übergehen können, erscheint es nothwendig, um ein klares Bild und auch ein erhöhtes Interesse für dieselben zu gewinnen, diese alten Werke der Vorzeit mehr im Allgemeinen nach verschiedenen Richtungen hin zu betrachten, sowie auch des Vergleiches halber den altheidnischen Befestigungen des übrigen Deutschland, namentlich der Rheinlande und Böhmens, unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Dabei werden wir Gelegenheit haben, so manchen Blick in die Vorgeschichte deutscher Nation zu thun und die Überzeugung zu befestigen, dass jenes Volk, welches vor Jahrtausenden unsere Wohnsitze einnahm, ein Volk voll Kraft, Treue, Verstand und kriegerischem Sinne war, dass es also bereits damals die vorzüglichen Eigenschaften in sich trug, welche noch heute den germanischen Stamm vor allen übrigen auszeichnen.

Erster Theil.

Die alten Heidenschanzen Deutschlands.

I. Die Erdwälle.

In den folgenden Kapiteln des allgemeineren Theiles der vorliegenden Abhandlung sollen zunächst die Erdwälle, hierauf die Steinwälle, ihrer Form, Anlage und dem Materiale nach beschrieben, dann die alten Heidenwälle vom militärischen Gesichtspunkte aus betrachtet werden, und schliesslich wollen wir den Beweis zu führen versuchen, dass diese altheidnischen Befestigungen germanischen Ursprunges sind und auch wieder im Kampfe germanischer Stämme unter einander ihre erste Verwendung gefunden haben müssen.

Form, Anlage und Material der Scha nzen.

So einfach und ungekünstelt die Sitten und das Leben der alten Germanen waren, so einfach und kunstlos sind auch die Werke, die sie uns als Beweis ihrer Existenz und Kraft hinterlassen haben.

Sämmtliche Schanzen haben eine rundliche Form, wenn es geschlossene Werke sind, oder laufen in unregelmässigen Linien fort, wenn sie eine grössere Terrainstrecke decken sollen.

Wir sehen hier vorläufig von den Steinkreisen und Steinwällen ab, welche in den gebirgigen Gegenden zuweilen die Kuppen von Bergen umgeben und auch zu den uralten germanischen Befestigungen gehören, und widmen uns hier, indem wir dieselben in einem besonderen Abschnitte behandeln, nur der Betrachtung der mehr im Hügellande und in Niederungen zahlreich zu findenden Erdwälle.

Hierbei unterscheiden wir:

1. Ring- oder Rundwälle.

Sie sind entweder von runder oder ovaler oder halbrunder Form. Ein künstlich aufgeworfener Erdwall von sehr verschiedener Höhe, zwischen 5 und 6 Fuss (und darüber), umschliesst einen Kessel, der gewöhnlich über dem Niveau des angrenzenden Terrains liegt und meist eben, zuweilen aber auch mit Vertiefungen oder Erhöhungen, selbst mit Terrassen versehen ist. Der innere Raum des Kessels ist oft so bedeutend, dass er weit über 1000 Mann fassen kann, oft aber auch so beschränkt, dass kaum 100 Mann Platz darin finden würden. Es variirt demnach auch der Durchmesser von einigen 20 Schritten bis zu mehreren hundert. Die Abdachung nach Aussen ist 25-40 Grad, nach Innen theils steil, theils flach verlaufend. Selten findet sich in solchen Wällen eine Art Banket vor, welches den Vertheidigern Platz zu einer gedeckten Aufstellung bei der Vertheidigung hinter der Krone des Walles gewährt hätte, so dass zu vermuthen steht, dass die Besatzung beim Sturm des Feindes unmittelbar auf die gewöhnlich 2-4 Schritt breite Krone des Walles getreten ist. Bei einigen derselben zieht sich noch um sie eine Art niedriger Vorwall, aber nur selten sind Wallgräben, wie sie heutzutage doch bei keiner Verschanzung fehlen dürfen, vorhanden; ebenso wenig finden sich Spuren von breiten Wegen, welche in die Schanzen geführt hätten, denn meist sind es nur schmale Fusspfade, welche schräg den Wall hinaufgehen und vielleicht erst späteren Bewohnern zuzuschreiben sind, obwohl sie gewöhnlich an denjenigen Stellen angelegt erscheinen, die schon durch die Natur am meisten gegen feindliche Angriffe geschützt sind.

Solche vollständig geschlossene Ringwälle finden sich nur in ebenen, gewöhnlich sumpfigen Gegenden, und möge hier beispielsweise kurz die Beschreibung von zwei noch ausgezeichnet erhaltenen folgen, welche, obwohl in ganz verschiedenen Gegenden gelegen, doch einander in Form und Anlage beinahe gleich sind:

1. Die sogenannte Claus Limbecks-Burg auf der holsteini. schen Insel Föhr).

Die Burg besteht der Hauptsache nach aus einem hohen, mächtigen, fast cirkelrunden Walle, der einen inneren flachen Raum umschliesst. Der Wall ist etwa 40 Fuss hoch und steigt aus der flachen Marsch, in der er steht, ziemlich steil an. Der innere Raum hat etwa 400 Fuss im Durchmesser und also gegen 1200 Fuss im Umkreis.

Ausserhalb des Walles befindet sich ein jetzt ziemlich verschütteter Graben, und jenseits des Grabens ein zweiter sehr schmaler und etwa 6 Fuss hoher, aber in seinen Trümmern noch sehr deutlich erkennbarer Wall. Der innere Raum ist, wie gesagt, ganz flach, hat aber im Centrum einen kleinen Wassertümpel, der, wie es scheint, durch zusammenlaufendes Regenwasser entsteht.

Der hohe Wall ist 40 Fuss hoch und fällt nach Aussen hin ziemlich steil ab, nach Innen aber hat er ganz nahe unter seinem oberen Rande einen breiten Absatz, der rund herum läuft. Der Rand selbst wird noch durch einen Einschnitt oder eine kleine, etwas unregelmässige, aber überall leicht zu erkennende Vertiefung in zwei Theile getheilt. Die innere Fläche steigt nicht so tief hinab wie der äussere Marschboden; vielmehr ist diese innere Fläche durchweg noch etwa 18 Fuss über der sie umgebenden Marsch erhaben. Der äussere schmale Wall ist nur ungefähr 6 Fuss hoch.

Wir mögen noch hinzusetzen, dass der Wall an zwei entgegengesetzten Seiten durchbrochen ist, und dass man durch die entstandenen Eingänge hineinfahren kann. Das Ganze ist mit einer Grasdecke überzogen und wird jetzt im Innern wie an den Abhängen vom Vieh beweidet.

2. Der Schliebener Burgwall, unweit der schwarzen Elster).

Mitten in sumpfiger Umgebung gelegen, erhebt sich der, eine längliche Rundung bildende, 639 Schritt im Umfang haltende Hügel auf 18 bis 24 Fuss Höhe. Er war einst nebst dem daran grenzenden Rasenfleck von einem Steinkreise umgeben. Der vom Wallkranze sich sanft vertiefende, in der Mitte wiederum etwas erhöhte Kessel liegt 8 bis 10 Fuss höher als die Grundfläche des an der äusseren Böschung sehr steilen, 24 bis 36 Fuss im Durchmesser haltenden Walles, süd- und westlich mit zwei Vertiefungen, als Einfahrt eines darüber führenden Weges. Jahrhunderte lang blieb er unbeachtet den Thieren des Waldes zum Aufenthalte überlassen und wurde erst vor

1) Die Marschen und Inseln der Herzogthümer Schleswig und Holstein, von J. G. Kohl, I. 246.

2) Wagner, die Tempel und Pyramiden der Urbewohner auf dem rechten Elbufer. Preusker, III. 99.

wenig Jahrzehnten der Aufmerksamkeit gewürdigt, als, sowohl im Kessel, wie im Aufwurfe, sich merkwürdige Zeugen des dasigen früheren heidnischen Opferdienstes ergaben: Gefässe von Thon, wie metallene Geräthe, Geweihe und andere zum Theil zu Werkzeugen bearbeitete Thierknochen, aber auch verkohltes Getreide und Holz, wie andere Überreste vom Opferbrande.

Häufiger noch als die vollständigen Ringwälle sind die Rundwälle von Halbmondform, weil zur Anlage der Werke von den Erbauern meist solche Punkte gewählt wurden, wo die Natur bereits eine oder mehrere Seiten entweder durch Wasser oder steile Hänge unzugänglich gemacht hatte.

Diese Wälle, wie es bei den meisten Lausitzer Schanzen ebenfalls der Fall ist, schliessen gewöhnlich einen Bergvorsprung oder ein Stück Land an: Zusammenfluss zweier Gewässer gegen das angrenzende Terrain ab, und sind solche so gestaltet, dass sie da, wo der Zugang zur abschliessenden Stelle leichter zu werden beginnt, niedrig anfangen, an Grösse und Höhe bis zu dem wahrscheinlichen Angriffspunkt wachsen und dann wieder abnehmend sich in gleicher Weise verlaufen. Der nach Aussen gelegene höchste Theil des Walles heisst die Stirn. Auch haben die Rundwälle zuweilen noch einen niedrigeren Vorwall, der wie der Hauptwall sich zu beiden Seiten an das ungangbarere Terrain anschliesst. Der Raum zwischen Vorwall und Hauptwall liegt zwar gewöhnlich tiefer als das Innere der Schanzen, aber noch im Niveau des Umterrains, und ist gewöhnlich eben so gross, als der innere SchanzenKessel.

Es findet sich zwar noch eine dritte Art von Rundwällen vor, die augenscheinlich dasselbe Volk wie obige Wälle zu ihren Erbauern haben, aber doch nicht zu Vertheidigungswerken zu zählen sind, weil sie keinen inneren gedeckten Raum einschliessen, sondern nur grosse Erdaufwürfe in kegelförmiger Form sind. Man bezeichnet sie daher am passendsten mit dem Namen:

Spitz wälle. Ihrer Anlage im Terrain und gegenseitigen Lage nach zu urtheilen, sind sie zu Wachposten, Warten, Feuersignalen benutzt worden, da auf manchen von ihnen noch Lagen von Asche unter der obersten Erddecke zu finden sind. Überdies beweist ihre Benutzung zu Signalposten noch der Umstand, dass man von ihnen aus gewöhnlich eine weite Umsicht besitzt. Am zahlreichsten sind diese Wälle im nordöstlichen Deutschland, sowie in Russland und in den kirgisischen Steppen, zwischen dem schwarzen und kaspischen Meer, bis in die Mandschurei, wo sie Kurgane genannt werden. Manche von ihnen haben auf ihrer Plattform zum Schutze des Wachpostens eine niedrige Brustwehr.

Jedenfalls müssen in jener unsicheren Zeit, wo die Völker noch gar nicht oder noch nicht lange ihre stabilen Wohnsitze besassen, und somit fortwährend Reibungen mit den angrenzenden Nationen sowohl, als den benachbarten Stämmen vorkamen, solche Signalposten sehr nöthig gewesen sein, um das Volk auf nahende Gefahren aufmerksam zu machen oder zu grösseren Versammlungen irgend welcher Art zusammen zu rufen, und rühren von

diesem Zweck, dem sie auch gewiss noch in den Zeiten des Mittelalters gedient haben, die Namen von Hut-, Wacht- und Gickelsbergen, sowie Burgwarten und Wartburgen her, die in allen Gauen Deutschlands zu finden sind.

Im südlichen und westlichen Deutschland finden sich auch noch Wallüberreste vor von quadratförmiger Gestalt, die aber jedenfalls einer späteren Zeit angehören, da sie eben nur in den Gegenden liegen, in denen die Römer längere Zeit sich aufgehalten haben, und meist in ihrer Nähe noch Trümmer von Ziegelmauern nach römischer Bauart zu finden sind.

Minder cultivirte Völker wandten aber nur die naturgemässere Ringform an.

General von Peucker erwähnt in seinem vorzüglichen Werk „das deutsche Kriegswesen der Urzeiten" auch noch viereckige alte Schanzen im nördlichen Deutschland und weist nach, dass dieselben von fränkischen Heeren bei ihrem Vordringen in's nördliche Deutschland unter Carl dem Grossen gegen die Sorben, angelegt worden sind. Besonders ein solcher, zwischen Potzdam und Spandau gelegen, mit 200 Schritt langen Seiten, auf drei Seiten von der Havel und auf der vierten von einem Verbindungsgraben geschützt, ist noch recht wohl erhalten, ebenso ein anderer, der sogenannte Carlskessel" oder die „Carlsschanze" bei Wolmirstedt an der Elbe.

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Es dürfte hier auch der Ort sein, noch der avarischen Hringi oder Circuli zu gedenken, die den alten germanischen Heidenschanzen ähnlich sind und oft auch für solche gehalten werden, sich aber gleichwohl in vielen Stücken von ihnen unterscheiden. Fränkische Annalisten beschrieben dieselben mehrfach, besonders aber ist es der Historiker Carl's des Grossen, der bekannte Mönch von St. Gallen, welcher in seinem Werke „De gestis Caroli imp. II. 1" eine eingehendere Schilderung derselben entwirft, welcher auch General von Peucker in seinem obenerwähnten Werke gefolgt ist. Diesem zufolge hatten die Hunnen zur Sicherung und Behauptung ihrer Gebiete einen neunfachen Gürtel von grossartigen Wällen angelegt. Bei ihrer Erbauung wurden in der Richtung der Walllinie starke Stämme von Eichen, Buchen und Tannenholz zu einer Verpfählung so eingerammt, dass der über die Erdoberfläche ragende Theil derselben eine Höhe von 20 Fuss betrug. Parallel damit wurde, in einem Abstande von 20 Fuss, eine zweite gleiche Verpfählung angelegt, und der innere Raum zwischen beiden mit Steinen und zäher Thonerde ausgefüllt, die Oberfläche des so gebildeten Walles aber mit dichtem Rasen bekleidet. Am Fusse dieser Walllinie und in der nahen Umgebung der Schanzen wurden strauchartige Hölzer angepflanzt, und durch Beschneiden derselben dicke Hecken gebildet. Nur schmale Eingänge vermittelten die Verbindung innerhalb der durch mehrere solcher hinter einander liegenden Wälle gebildeten Gürtel. Dann in einer Entfernung, gleich der von Zürich nach Constanz, war hinter der äussersten Grenzlinie eine zweite, dann in einer Entfernung von zehn deutschen Meilen von dieser zweiten Grenzlinie war eine dritte derartige Walllinie, hinter dieser eine vierte und sofort, jedoch in immer geringeren Abständen, noch mehrere bis zu einer neunten angelegt. Zwischen

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