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Konservativismus der

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von einem äußerst starken Menschheit am Ende der Steinzeit zu sprechen. Nur schwer gewöhnte man sich an das neue Material. Auch haben nicht alle Völkerstämme diese Entwicklung mitgemacht. So standen die Kamtschadalen noch am An- 5 fange des achtzehnten Jahrhunderts in der Steinzeit. So stünden die Südseeinsulaner noch heute in der Steinzeit, wenn ihnen nicht der Verkehr mit anderen Völkern, namentlich den Spaniern, auch das Metall gebracht hätte. Denn ihre Koralleninseln bieten ihnen gar keine 10 Metalle dar. Das Metall einer gewissen Übergangszeit ist das Kupfer, das aber eine wesentliche Bedeutung für die kulturelle oder technische Entwicklung der Menschheit niemals gewonnen hat. Da bewährte sich das alte Steinmaterial oft besser als dieses neue unle- 15 gierte Metall. Das eigentliche Metall, das seinen Siegeszug über die ganze Welt antreten sollte, war die Bronze. Sie stammt aus Asien und kam erst durch den Handel zu den europäischen Völkern. Die Hauptfundstätten sind Mesopotamien, Ungarn und 20 Skandinavien.

Mit der Bronze setzt die Geschichte im engeren Sinne ein. Die Metallwaffe löste neue Kräfte aus: Goldgier, Abenteuerlust, Kampf! Reiche entstanden. Die Weltkonkurrenz geht in ihren Anfängen 25 bis in diese Zeit zurück. Die Kultur macht Riesenschritte vorwärts. Menschliche Kultur erobert sich von nun an die ganze Erde.

Bezeichnend ist, daß die Bronze zunächst nicht als Waffe oder Werkzeug, sondern nur als Schmuck ver- 30 wendet wurde. Erst später erkannte man ihren höheren technischen Wert und schmiedete dann Waffen und

Geräte aus Bronze. Charakteristisch für die ältere Waffentechnik der Bronzezeit sind flache, längliche B eile; daneben schmiedete man Dolche mit dreikantiger, später blattförmiger Klinge. Aus diesen Dolchen ent5 wickelte sich eine der wertvollsten Waffen älterer Zeit, das Bronze schwert. Ferner findet man an Bronzewaffen noch Lanzen, die sog. Palstäbe, das heißt in gespaltene Schäfte eingelassene Beile und Kelte. Letztere sind Hohlbeile, welche mit der ÖffIo nung auf knieförmig gebogene Schäfte gesteckt werden.

Auch die Gießkunst macht jetzt große Fortschritte. Der Verkehr nimmt einen gewaltigen Aufschwung. Man lernt Schiffe und Wagen bauen. Das Pferd dient als Zugtier. Die Funde nordischer Luren, 15 Schallhörner, zeigen, daß man auch die Musik pflegte, daß also die Kunst ebenfalls bereits eine gewisse Höhe erreichte. Diese posaunenartigen Blasinstrumente dienten wohl in erster Linie dem Kultus. Sie geben 12 Töne in einem Umfange von 3 Oktaven. Besucher des 20 Kopenhagener Zoologischen Gartens können sich heute noch davon überzeugen, daß diese Musikinstrumente auch gegenwärtig noch eine starke Wirkung auszuüben imstande sind, da ihnen Wohllaut und Tonfülle, in hohem Maße eigen sind. Die Zahl der Funde aus der 25 Bronzezeit ist überaus groß, die Entwicklung erstaunlich reichhaltig. In jener Zeit war zweifellos die Schmiede kunst die Kunst par excellence. Auch sie mußte eine Entwicklung durchmachen und zeichnet sich anfangs durch eine gewisse Wucht der Formen aus, um 30 dann später eine größere Eleganz der Formen anzustreben. Der Schmied lebte in Mythologie und Sage als eine markante Gestalt. So erinnern die griechischen

Hephästossagen und die germanische Wielandsage an die Bedeutung, die der Mensch einst in alten Zeiten dem Schmiede und seiner Kunst beimaß.

Noch ein paar Worte über die Kleidung der Bronzezeit. Die Kleider wurden aus Wollenstoffen ver- 5 fertigt; man trug Rock, Beinhüllen, Mantel und Mütze, die Frauen Ärmeljacken, lange Röcke, Mäntel und überdies aus Wollfäden hergestellte Haarnetze. Auch hier also nehmen wir einen gewaltigen Fortschritt wahr. Der Mensch der Bronzezeit kleidete sich ganz anders Ic als der notdürftig in durch Spangen zusammengehaltene Felle gehüllte Steinzeitmensch. Man fand diese Kleidung an Leichen, welche in Baumsärgen, d. h. in ausgehöhlten Eichenstämmen, beerdigt worden waren.

Die ganze Metallzeit als solche kann in verschie- 15 dene, einander ablösende Perioden gegliedert werden. Für diese Art der Klassifizierung sind wiederum einige wertvolle Funde von besonderer Bedeutung geworden, so vor allem die von Hubert Schmidt im nördlichen Persien gemachten Ausgrabungen von As - 20 sar bad. Hier liegen, für den Archäologen deutlich trennbar, drei Schichten übereinander. Am tiefsten gelagert treffen wir auf einige Kulturreste aus der Steinzeit; darüber befindet sich eine zweite Schicht, welche eine reiche Ausbeute an Kupfer- und vor allem an 25 Bronzefunden bot; endlich enthält eine letzte oberste Schicht Eisenfunde in breiter Entfaltung. In der Tat folgt kulturgeschichtlich verhältnismäßig rasch auf die Bronzeperiode die Eisenzeit. Andererseits ist die Herrschaft des Eisens wiederum verhältnismäßig noch 30 recht jungen Datums. Das Eisen stammt aus Mesopotamien, Babylon, wo man es schon etwa 3000 Jahre

vor Christi Geburt verwendete. Erst ungefähr 1000 Jahre aber vor Christo kam es auch nach Europa. Jedenfalls ist das Eisen hier erst etwa 600 Jahre vor dem Auftreten Christi Allgemeingut der Waffen5 und Werkzeugtechnik geworden. In die Metallzeit fallen auch die Funde, welche Schlieman n durch die Ausgrabungen an der Westküste Kleinasiens bei Hissarlik-Troja in die Hände fielen. Die älteste Schicht enthält auch hier Steinwaffen und Steinwerk10 zeuge, aber nur wenige. Daneben finden sich einige Kupfersachen. Das Alter der Schicht wurde auf etwa 3000-2500 Jahre vor Christi Geburt berechnet. Die jüngeren und naturgemäß höher liegenden Schichten enthalten vor allem Bronzegegenstände. Diese sog. 15 mykenische Schicht, deren Alter auf ungefähr 2500-1000 Jahre vor Christo zu schätzen ist, enthält noch gar kein Eisen. Erst darüber in einer wiederum jüngeren Schicht, welche bis zur Zeit der Geburt Christi hinaufreicht, wurden auch wertvolle Eisenfunde gemacht.

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Wir müssen also in der Metallzeit drei einander ablösende Kulturperioden unterscheiden: die ältere Bronzezeit, welche ungefähr die Zeit von 1500800 vor Christi Geburt umfaßt; ferner die jüngere Bronze- oder ältere Eisenperiode, in 25 welcher neben der Bronze auch bereits das Eisen vielfach Verwendung findet, welche etwa die Zeit von 800 bis 400 vor Christo umfaßt und nach dem Hauptfundorte Hallstatt in Oberösterreich auch Hallstattperiode genannt wird. Aus den Abbildungen auf Gürtelblechen 30 und Gefäßen wissen wir, daß es damals schon Kulturvölker mit staatlicher, gesellschaftlicher und militärischer Organisation gab. Die Hallstattkultur ist asiatischen

Ursprungs. Das Niveau ist zuerst im allgemeinen etwas gesunken, typenarm: erst später zeigt sich ein neuer Aufschwung. Charakteristisch für diese Zeit ist eine gewisse Vorliebe für äußeren Glanz, andererseits aber auch eine reich entwickelte Industrie. Endlich folgt die 5 Volleisenzeit, nach dem Hauptfundorte La Tène am Neuenburger See in der Schweiz auch La Tène-Periode genannt. Sie dauerte etwa vom Jahre 400 vor Christo bis in das zweite Jahrhundert nach Christi Geburt hinein. La Tène war eine Militär- 10 station der gallischen Helvetier am Neuenburger See. Die Bronze findet nur noch als Schmuckmetall Verwendung. Sonst gibt das Eisen der ganzen Periode ihr charakteristisches Gepräge. Die Volleisenzeit, die La Tène-Kultur, die Kultur der Kelten greift schon weit 15 über die eigentliche Urzeit hinaus und in die historische Gegenwart hinein.

Die Ausbreitung der Eisenkultur - durch Wanderungen, Völkerverschiebungen haben wir uns so zu denken: Von Hallstatt, der Heimat der Illyrier, aus ver- 20 breitete sich die Kultur nach dem Süden von Europa. So kam sie zu den Griechen und Römern, welche damals schon seßhaft waren. Von La Tène aus wiederum verbreitete sich die Eisenkultur nach Norden, ferner nach den Donauländern und der Balkanhalbinsel hin. Das 25 alte urgermanische Langschwert ist eine Volleisenwaffe. Aber auch die gewaltigen Kulturen Griechenlands und Roms sind, um mit Driesmans zu sprechen,,,Schöpfungen des Eisens"!

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