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usw., d. h. sie geht keine chemische Verbindung ein und wird durch nichts zersetzt. Wenn man das Gas in ein Glasrohr einschmilzt und den elektrischen Strom durchleitet, erhält man ein Licht, das ein charakteristisches Spektrum, das der Radiumemanation, liefert. Nach 5 einigen Tagen hat sich das Glasrohr jedoch violett gefärbt, das Emanationsspektrum ist verschwunden, und an seine Stelle ist jetzt das Spektrum eines ganz anderen Elementes, das Heliumspektrum, getreten, so daß wir hier wirklich zum 10 ersten Mal die Umwandlung eines Grundstoffs in einen anderen beobachtet haben. Der Versuch ist inzwischen von seinem Entdecker Ramsay und anderen (Himstedt) so oft mit dem gleichen Resultat wiederholt worden, daß gar kein 15 Zweifel mehr an der Tatsache möglich ist, daß sich Radiumemanation im Verlauf von etwa 40 Stunden in Helium verwandelt. Die Tragweite dieser Entdeckung ist noch gar nicht abzusehen. Erlaubt sie uns doch neue, ungeahnte Einblicke in den Bau der Atome. Der 20 uralte Traum der Alchymisten, unedle Metalle in edle, Eisen in Gold zu verwandeln, liegt heute durchaus im Bereich des Möglichen. Ein Atom eines Elementes ist ja kein einfaches materielles Teilchen, sondern ein aus vielen noch kleineren Bausteinen zusammengesetzter 25 Körper, von dem einzelne Teile abgeschleudert oder abgespalten werden können, und der dadurch sich wieder in andere Elemente zersetzen kann. Man glaubt sogar, jetzt schon einen ganzen ,,Stammbaum" des Radiums aufstellen zu können, und nimmt an, daß sich 30 das Radium im Laufe von Jahrtausenden aus dem Uran abgespalten hat, und daß es noch nicht das Endprodukt

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dieses Spaltungsprozesses ist, sondern daß es sich noch weiter in Emanation zersetzt, die dann wieder in Helium zerfällt. Dazwischen liegen noch mannigfache Zwischenstufen zu denen vielleicht das Polonium, ein ebenfalls stark radioaktives Element, das kürzlich von Frau Curie rein erhalten wurde, und das Radiothor und Radiowismut gehören. Es wird sogar behauptet, das Endprodukt des Radiumzerfalls sei das Blei, jedoch ist diese Annahme noch nicht genügend begründet, wenn 10 auch Radium sehr häufig mit Blei und stets zusammen mit Uran, Helium und Polonium vorkommt.

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Außer Radium und Polonium kennt man auch noch eine Anzahl anderer radioaktiver Stoffe: das Aktinium, das ebenerwähnte Radiothor und Radiowismut, 15 und neuerdings fand man, daß auch das Kalium schwach radioaktiv ist. Die einzelnen Umwandlungsprodukte des Radiums werden dadurch voneinander unterschieden, daß man die Zeit bestimmt, bis die Stärke ihrer Strahlung auf die Hälfte des Anfangswertes gesunken 20 ist. Man nennt diese Größe die,,Halbierungskonstante". Sie beträgt für Radium etwa 2000 Jahre, für die Emanation dagegen 3 Tage. Induziert radioaktive Substanzen haben Halbierungskonstanten, deren Wert sich nur nach Minuten bemiẞt; daraus geht hervor, daß 25 auf den betreffenden Körpern nicht etwa einfach Emanation,,kondensiert" wird, da ja sonst die Halbierungskonstante ebenfalls 3 Tage betragen müßte.—Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, den Prozeß des Radiumzerfalls umzukehren, d. h. aus seinen Zerfallprodukten 30 wieder Radium aufzubauen.

Wenn Sie sich das über Radium Gesagte noch einmal ins Gedächtnis zurückrufen, werden Sie sich nun ein

wesentlich anderes Bild eines Atoms machen können, als wir es zu Anfang unserer Betrachtungen taten. Statt eines einfachen Körpers sehen Sie jetzt eine Art Planetensystem auf engstem Raum zusammengedrängt, in dem vielleicht größere und kleinere materielle Teilchen 5 um eine große ,,Zentralsonne" schweben und teilweise mit enormer Gewalt und Geschwindigkeit fortgeschleudert werden. Dies soll Ihnen das Bild (Fig. 13) erläutern, das natürlich nicht den geringsten Anspruch auf Richtigkeit macht, sondern lediglich Ihre Vorstellungskraft unterstützen soll. Sie sehen da die Teilchen um den Zentralteil ringförmig angeordnet, die größeren mit einer durch ein Kreuz angedeuteten positiven, die kleineren mit der durch einen Strich bezeichneten negativen Ladung.

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FIG. 13. Radiumatom.

Pfeile sollen ausdrücken, daß die Teilchen fortgeschleudert werden.

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So weit wir auch in die Tiefe chemischer und physikalischer Erkenntnis einzudringen versuchen, immer bleiben noch Fragen übrig, auf die wir keine Antwort finden können.,,Was sind die kleinsten Teilchen, aus denen die Atome bestehen?" Welche Kraft schleudert 25 sie weg, welche hält sie in der Schwebe?",,Wie sollen wir uns eine elektrische Ladung denken?" Hierauf kann nur gesagt werden, daß bei solchen Fragen, die den Urgrund aller Dinge berühren, die exakte Forschung einstweilen Halt machen muß, da hier für unsere Vorstel- 30 lungskraft die äußerste Grenze erreicht ist. Trotzdem brauchen wir nicht mutlos zu werden. Die Wissenschaft

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hat noch unendlich große andere Probleme zu lösen, und das Glück des Menschen hängt nicht davon ab, ob er die Urkraft wirklich,,versteht" oder nicht. Die Vorstellung versagt gleicherweise gegenüber dem unendlich Großen und dem unendlich Kleinen. Freuen wir uns, daß es uns vergönnt ist, in unverdrossener Forschung einen immer tieferen Einblick in das Triebwerk der Welt zu erlangen, zu sehen, daß die gleiche Kraft, die Sonnen um Sonnen kreisen läßt, wahrscheinlich auch das kom10 plizierte Bauwerk eines Atoms zusammenhält.

GEOLOGIE

EIGENSCHAFTEN DER ERDE

Der wichtigste Charakter der heutigen Erde ist ihre kugelrunde Form. Mit feinsinnigen Methoden hat man zwar festgestellt, daß die Oberfläche der Erde keine richtige Kugelfläche ist, sondern einer ziemlich unregelmäßigen Fläche (Geoid) entspricht, die nicht nur an 5 den Polen abgeplattet, sondern auch in anderer Hinsicht verändert ist; aber diese Abweichungen von der Kugelgestalt sind nur geringfügig.

Auf einem Globus von Manneshöhe beträgt der Unterschied beider Erdachsen 5 mm; der höchste Berg der 10 Erde ragt dann 1 mm über ihre Länder empor, die größten Meerestiefen aber sinken nur 1 mm unter die normale Kugelfläche. Der etwa 2000 m tiefe Taleinschnitt des Colorado in Arizona würde etwa mm betragen; der höchste Berg würde, neben die größte 15 Ozeantiefe gestellt, nur einen Höhenunterschied von 2,5 mm erkennen lassen. Noch viel geringer erschienen aber die Unterschiede der mittleren Höhe der Kontinente, die 700 m über der mittleren Tiefe der Ozeane von 3500 m aufragen. Auf einem manneshohen Globus 20 ergibt dies einen Unterschied von 0,5 mm-so dünn ist das Wasserhäutchen, das wir als ,,Weltozean" bezeichnen.

Der Erdball wird nach außen von der Atmosphäre umgeben, die von unten nach oben dünner 25

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