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427.980 Behandlungstage, oder mit anderen Worten: durch diese Krankheitsform wird die preussische Armee 11 Tag, die englische hingegen 6-25 Tage dienstunfähig. Die Venerischen nehmen in Preussen den zehnten, in England den dritten Theil aller Spitalskranken in Anspruch.

Mit Frankreich ist ein Vergleich schwieriger, weil dort die Behandlung à la chambre vielfach Platz greift, während in Preussen die Spitalsbehandlung ausschliesslich Norm ist. In der französischen Armee kamen 106 Venerische auf 1000 Mann und 57 auf 1000 Kranke, in Preussen hingegen entfallen auf 1000 Kranke nur 47 Venerische.

Die Regelung der Prostitution in den grossen Städten kann allein die grosse Anzahl der venerischen Erkrankungen in der Armee herabmindern.

Die einzelnen Corps rangirten nach ihren Gesundheitsverhältnissen in nachstehender absteigender Reihenfolge: 9., 3., 4., 8., 5., 6., 11., 7., 2., 10. Gardeund 1. Corps.

28 Tabellen und 2 chromographische Tafeln illustriren die Morbiditätsverhältnisse der einzelnen Corps, von welchen wir hier nur das Resumé geben

Die Erkrankungen in ihrem Verhältnisse zur Iststärke und den Diensttagen. I. Allgemeine Übersicht ohne Unterscheidung der Lazareth

Friedensstand

Diensttage.

und Revierkranken:

Krankenbestand Ende 1866

Zugang an Erkrankungen 1867 in absoluten Zahlen.
Zugang an Erkrankungen 1867 per Mille der Iststärke.

Summa des Bestandes und des Zuganges

Behandlungstage im Ganzen.

Behandlungstage für jeden Kranken

Täglich waren krank

Krankheitstage pro Mann der Iststärke

Von 1000 Mann waren durchschnittlich krank.

Auf Einen Krankheitstag kamen Diensttage.

253.230

92,428.950

10.531

285.812

1.125-6

296.343

3,744.957

12-7

10.260-1

14-8

40.5

24-6

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93 Percent sämmtlicher Krankheitsfälle wurden geheilt, ein überaus günstiges Behandlungsresultat. Die höchste Quote (95-0 und 95.2 Percent) trifft das 10. und 9. Corps, die niedrigste (mit 92.8 und 92.9 Percent) das 2. und 7. Corps. Anderseitig kamen in Abgang 7318 Mann, unter welchen 3 Österreicher beim 4. Corps figuriren.

Als dienstuntauglich wurden 6425, und zwar 6046 von der ausgehobenen Mannschaft, 213 der dreijährig und 166 Mann der einjährig Freiwilligen entlassen; von diesen wurden 2871 vor der Entlassung nicht ärztlich behandelt, 3554 Mann standen in ärztlicher Behandlung.

Die meisten Entlassungen (970 Mann) zählt das Garde-Corps, die wenigsten das 5. Corps (355 Mann).

Der Umstand, dass weitaus der grösste Theil der solcher Art Entlassenen (4701 Mann = 73 Percent) im ersten Dienstesjahr stand, und die besondere Art der Gebrechen führen uns auf die Vermuthung, dass wir es hier mit jener Form der Entlassung aus dem Armee-Verbande zu thun haben, welche bei uns im Wege der Überprüfung als derzeitige Untauglichkeit durchgeführt wird. So finden wir, um nur einige Beispiele herauszugreifen, 13 Mann mit Kopfgrind (Favus), 211 Mann mit Kurzsichtigkeit, 198 mit Schwerhörigkeit, 479 mit Abnormität der Gelenke, 110 mit Missbildung der Knochen, 292 mit Fallsucht, 186 mit Anlage zur Schwindsucht, 53 mit Lungen - Emphysem, 220 mit schwacher, schmaler Brust, 217 mit Plattfuss etc. behaftet. Diese Defecte bestanden offenbar schon vor der Einreihung, wurden bei der Assentirung entweder von den Ärzten übersehen oder mussten trotz der fachmännischen Diagnose, auf den arbiträren Ausspruch des militärischen Vorstandes hin, übersehen werden. Denn der §. 36 der Militärersatz - Instruction für die preussische Armee räumt dem Vorsitzenden der Ersatz-Commission das unbedingte Recht ein, die Körpergebrechen und deren Einfluss auf den Militärdienst nach Anhörung des ärztlichen Gutachtens ohne jedoch an dasselbe gebunden zu sein selbständig zu beurtheilen und die damit behafteten Individuen einzureihen, oder aber bis zur nächstjährigen Musterung zurückzustellen.

Die obigen Ziffern bedürfen wohl keines Commentars; sie sind der sprechendste Beleg dafür, welche Nachtheile dem Staatsschatz sowohl, wie auch dem einzelnen Individuum aus einer fahrlässigen Untersuchung der Ärzte oder aus einem eigenmächtigen, wiewohl berechtigten Verfügen des Präses erwachsen. Wir unsererseits glauben, dass der Arzt allein ein competentes Urtheil über die Tauglichkeit eines Mannes abgeben könne, und dass er allein im Stande ist, den Einfluss eines Körpergebrechens auf den Militärdienst abzuschätzen. In solchen Dingen sollte er nicht blos einen Rath geben, sondern ein massgebendes Votum führen. Den übrigen Gliedern der Commission sollte bei Dissens der Ansichten der Appel an die Überprüfungs-Commission offen stehen.

Bei der grossen Präcision der preussischen Nomenclatur hat uns der Ausdruck „Anlage zur Schwindsucht überrascht. Die neuere Medicin nimmt von Disposition als einem vagen und undeterminirbaren Begriff gerne Umgang; die Anlage als solche ist nicht nachweisbar, kann blos subjectiv vermuthet werden. Die wahrnehmbaren Erscheinungen haben bekanntlich ihre angebliche diagnostische Bedeutung verloren. Wir wollen von dem Missbrauch ganz absehen, zu dem ein so vieldeutiges Wort leicht Veranlassung gibt. Die physicalische Untersuchung, welche allein, weil objectiv, hier den sichern Ausschlag gibt, lässt die Lungenschwindsucht, aber niemals die Anlage dazu erkennen. Überdies liess sich ja die „Anlage“ unter Nr. 86 (schwache, schmale Brust) ohne Schwierigkeit subsumiren. Nicht minder ist uns Nr. 39 aufgefallen, wo drei so ganz differente Krankheitsprocesse, als welche sich Blutbrechen, Bluthusten und Blutharnen darstellen, in einer Rubrik, die nur das Blut gemeinsam hat, zusammengefasst werden.

Bei diesem Anlasse möge es uns gestattet sein, eine kleine Digression zu unserer „Übersicht der vorgekommenen Beurlaubungen, Superarbitrirungen und Todesfälle" (Beilage IX der Circular - Verordnung vom 8. Juli 1869) zu machen.

In dieser Rubrik fallen die „Überprüften" mit den Superarbitrirten* zusammen. Wir würden es für zweckmässiger erachten, wenn diese beiden Kategorien in zwei gesonderten Tabellen auseinander gehalten würden, da die Defecte der Ersteren vor der Assentirung respective vor der Einberufung zu den Fahnen bestanden, während die Undienstbarkeit der Letzteren erst nach ihrem Eintritte in das Heer und durch die schädlichen Einflüsse des neuen Berufes hevorgerufen wurde. Und der Zweck der „Übersicht“ soll doch offenbar nur der sein, die Jahresquote der Entlassungen aus dem Armee-Verbande in Folge der im Dienst und durch denselben acquirirten Leiden festzustellen Wird dieser Zweck durch die Verquickung der Überprüften mit den Superarbi

trirten erreicht?

1211 Mann = 4.78 per Mille der Iststärke der Armee wurden als halbinvalid entlassen, darunter befanden sich 837 Unterofficiere und 374 Soldaten. Das Maximum der Halbinvaliden fällt dem 5. (201 = 16 Percent) und dem 8. Corps (177 14 Percent) zu, das Minimum weisen das 11. Corps (45 Mann 3.7) und das 9. Corps (38 3.1 Percent) auf. Mehr als die Hälfte der Halbinvaliden des 5. Corps (108) litt an Gelenksschwäche nach Schussverletzungen.

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Als Ganzinvalide wurden 5971 = 23.58 per Mille der Iststärke classificirt, und zwar: 1709 Unterofficiere und 4262 Mannschaften.

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Die meisten Ganzinvalidisirungen fanden beim 4. (916) und 5. Corps (842), die wenigsten beim 9. (216) und beim 11. Corps (113 Mann) Statt.

Unter den 3052 Schussverletzungen, welche als ursächliches Moment der Ganzinvalidität angeführt werden, nimmt das 5. Corps mit 614 den ersten Platz ein; ihm reiht sich das 4. mit 601 Fällen an. 174 Amputationen verschiedener Gliedmassen hatten die Ganzinvalidität zur Folge; die meisten (24) fanden sich beim 4. Corps vor; beim 10. und 11. Corps wurde kein Mann wegen Verlust einer Gliedmasse durch Amputation invalidisirt.

Nach der Körpergegend betrafen 44 Absetzungen den Oberarm, 7 den Vorderarm, 10 die Hand, 45 den Ober-, 58 den Unterschenkel und 10 den Fuss

Die preussische Armee verlor im Jahre 1867 durch den Tod 1570 Mann, und zwar starben 1288 Mann in Folge von Krankheiten, 127 von Verunglückung und 155 von Selbstmord. Dieses Mortalitätsverhältniss ist ein überaus günstiges, es entspricht 6.196 per Mille der Kopfstärke, 4.55 per Mille sämmtlicher Kranken und 8.75 per Mille der Spitalskranken. Es kommt eine 80 geringe Sterblichkeit selbst bei der Civilbevölkerung in dem Alter von 15 bis 30 Jahren nur unter besonders günstigen Verhältnissen vor.

Die höchste Sterblichkeitsziffer finden wir beim 1. Corps, die niedrigste beim 8. Ersteres zählte bei 15.495 Lazarethkranken 205 Verstorbene = 12-58,

während das letztere von 15.545 Lazarethkranken nur 96 Todte = 6·17 per Mille aufweist.

Von Interesse erscheint uns der Nachweis, dass sich im Jahre 1867 in der ganzen Armee kein Todesfall in Folge eines Aneurysma, eines Blasenleidens, von Altersschwäche oder Gangräa ergab.

Ein Todesfall trat durch Scharlach, acute Rotzvergiftung, Quetschung und Gefässberstung, Kehlkopfsentzündung, acutes Lungenödem und durch eine unbestimmte Krankheit ein.

Je 2 Mann starben in Folge der Pocken, von Erfrierung, von Muskelruptur, von Zuckerharnruhr, von Karbunkel, Venenentzündung, Starrkrampf, innerer Verblutung, eingeklemmter Brüche und Zehrfieber.

7 Mann erlagen der Trichinose von 26 Erkrankungen in Aschersleben und Halberstadt (in den Tabellen sind nur 6 Todesfälle ausgewiesen).

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Die meisten Opfer hat der Typhus (450 Mann 35 Percent) gefordert. Ihm folgt die Lungenschwindsucht mit 252 Todten = 19 Percent und die Lungenentzündung mit 149 Fällen 11 Percent.

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45 Mann erlagen der Cholera, 38 der Pleuritis, 29 der Gehirn-, 26 der Bauchfellentzündung, 23 der Ruhr, je 22 den Schusswunden- und der Nierenentzündung.

Dass 7 Todesfälle in Folge von gastrischem Fieber und 4 Fälle von Bronchitis verzeichnet sind, legt Zeugniss ab für die Treue und Wahrhaftigkeit des Berichterstatters.

Der Charge nach waren unter den Verstorbenen 15 Feldwebel, 46 Sergeanten, 83 Unterofficiere, 66 Gefreite und 1078 Gemeine.

Dem Lebensalter nach waren 25 unter 20 Jahre alt, 104 zwischen 20 und 21, 228 zwischen 21 und 22, 354 zwischen 22 und 23, 378 zwischen 23 und 25, 142 zwischen 25 und 30, endlich 57 über 30 Jahre alt.

Aus der Zusammenstellung der Todesfälle nach der Dienstzeit geht unzweifelhaft hervor, dass das 1. Dienstjahr, indem es 40 Percent aller Todesfälle für sich beansprucht, das Leben der Soldaten am meisten gefährdet.

Nach der Waffengattung gehörten 813 der Verstorbenen der Infanterie, 216 der Cavallerie, 153 der Artillerie, 32 den Pionnieren, 25 dem Train, 8 der Landwehr und 6 der Krankenwärter-Abtheilung an.

In Österreich gestaltet sich das Mortalitätsverhältniss weit ungünstiger. Um dies zu veranschaulichen, wollen wir, da uns die Ergebnisse der Krankenbewegung in der österreichischen Armee für 1867 nicht zur Hand sind, die bezüglichen Daten dem Jahrbuch der statistischen Central-Commission für das Jahr 1869 entlehnen.

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davon entfallen 3128 auf die active Armee, 2195 Todte auf die ständig Beurlaubten und Reservisten.

Nach dem Dienstalter und der Charge vertheilen sich die 3128 Todten folgendermassen :

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Hiezu müssen noch 94 Todesfälle bei Officieren gezählt werden. Wir erhalten somit, wenn wir die Kopfstärke der Armee im Frieden, inclusive der 18.839 Officiere, zu 260.835 Mann annehmen, 12:08 per Mille, und im Verhältniss zum Grundbuchstande, der mit 786.518 Mann beziffert ist, 7:41 per Mille der Kopfstärke. Es würde uns vom Gegenstande des Referates zu weit abführen, wollten wir all die Momente, welche die erhöhte Sterblichkeit in der österrei chischen Armee verschulden, eingehend beleuchten. Wir beschränken uns auf die eine Thatsache hinzuweisen, dass bei uns die weitaus grössere Hälfte den chronischen Krankheiten, unter ihnen namentlich der Tuberculose erlegen ist, während in Preussen den acuten Erkrankungen die meisten Opfer fallen. Diese ziffermässig erhärtete Thatsache berechtigt uns zu der Annahme, dass in Öster reich bei der Truppe und in den Spitälern kranke Leute zu einer Zeit verpflegt werden, wo sie in Preussen längst wegen Siechthums aus dem Heeresverbande ausgeschieden worden wären. Es gilt nämlich in Preussen im Interesse des Dienstes, des Ärars und der Lebens-Erhaltung respective Verlängerung der einzelnen Individuen der Grundsatz, dass schwächliche und gebrechliche Leute auf dem kürzesten Wege in die Heimat entlassen werden. Findet dieser richtige Grundsatz auch bei uns allgemeine Verbreitung und Anwendung, so wird die Erkrankungs- und Sterbequote auch des österreichischen Heeres in den nächsten Jahren erheblich herabgemindert erscheinen.

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0.61 vom Tausend der

Durch Selbstmord verlor die Armee 155 Mann Iststärke; es entfällt somit 1 Selbstmord auf 1634 Mann. 8 Selbstmordversuche, welche im weiteren Verlaufe zum tödtlichen Ausgang führten, erhöhen diese Ziffer auf 163. Bezüglich zur Gesammtzahl der Todesfälle ergibt sich auf je 101 Todte Ein Selbstmord.

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Nach der Waffengattung vertheilen sich die Selbstmorde folgendermassen: 103 = 0.59 per Mille auf die Infanterie, 37 0.87 per Mille auf die Cavallerie, 13 047 per Mille auf die Artillerie, 2 0.74 per Mille auf den Train. Es erscheint somit die Cavallerie am meisten bei den Selbstmorden betheiligt, ihr folgt der Train, dann die Infanterie und zuletzt die Artillerie. Die absolut und zugleich relativ grösste Zahl der Selbstmörder weist das 6. Armee-Corps mit 19 Fällen 0.92 per Mille, ihm zunächst das 1. Corps mit 18 Fällen 0.87 per Mille auf. Die geringste Anzahl von Selbstmorden ist beim 7. Corps mit 9 Fällen 0.42 per Mille der Iststärke verzeichnet.

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Die eine Hälfte der Selbstmorde fällt in das 1. Dienstjahr, während die andere Hälfte sich auf die übrige Dienstzeit ziemlich gleichmässig vertheilt. Zugleich stellt sich heraus, dass, je länger die Dienstzeit dauert, um so mehr das Erschiessen das ausschliessliche Mittel zum Selbstmorde wird. Die Artille risten tödteten sich mit Ausnahme eines Einzigen, der sich ertränkte, sämmtlich durch Erhängen.

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