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die so kostspielig und grossartig begonnene Befestigung seiner Küste zum grössten Theile eingestellt.

Dieser Erkenntniss ist es auch zuzuschreiben, dass man jetzt in England einer Abtretung Gibraltars an Spanien, wogegen sich früher der englische Nationalstolz ebenso empört hätte, wie der unserige gegen die seinerzeitige Insinuation der Abtretung des Festungsviereckes, nicht mehr so abgeneigt ist, da es durch die Einführung der Panzerschiffe seine ganze frühere Bedeutung verloren.

Eine ebenso bekannte Thatsache ist es, dass man jetzt versucht, die Forts ebenso wie die Schiffe zu panzern, wie dieses bei Spithead, Portsmouth und Kronstadt der Fall ist, da man eingesehen, dass keine bis jetzt construirte Befestigung der Wirkung der an Bord adoptirten schweren Geschütze zu widerstehen vermag.

Nun kommen wir auf die erfolgreiche Abwehr der Festungswerke von Lissa zu sprechen, die gewiss viele der Leser als Argument gegen unsere Behauptung anführen würden, und zwar wollen wir damit ebenfalls nur die Richtigkeit unserer Ansicht darthun.

Wenn wir behaupten, dass die Insel Lissa in ihrem damaligen Vertheidigungszustande in eben so vielen Stunden zu nehmen war, als die Italiener Tage lang die Insel erfolglos belagerten, so machen wir uns hiemit keiner Übertreibung schuldig, wie wir es gleich beweisen wollen.

Die Insel Lissa wurde damals, in Würdigung der neuen Angriffswaffe, in competenten Kreisen als ein sogenannter verlorner Posten betrachtet, und man beeilte sich daher, das dort stationirte 4. Bataillon Jellachich-Infanterie der operirenden Armee in Italien zuzuführen.

Bekanntlich geschah dies zwei Tage vor dem Angriffe auf Lissa. - Was für Gedanken man sich über das dort exponirt gelassene, die ganze Besatzung der Insel bildende Marine-Infanterie-Bataillon gemacht, vermögen wir nicht zu erklären.

Gross und allgemein war daher das Staunen und die Überraschung, dass Lissa durch drei Tage der ganzen italienischen Flotte zu widerstehen vermochte, und Niemand konnte sich früher diese ausserordentliche Thatsache erklären, als bis die nähern Details bekannt wurden.

Und zwar müssen wir den Italienern wieder denselben Vorwurf, wie in unserem vorhergehenden Abschnitte, machen: dass sie mit den Principien der modernen Seekriegsführung gar nicht bekannt waren und aus dem so instructiven amerikanischen Kriege gar Nichts gelernt hatten.

Statt sich mit den hochgelegenen Forts in einen weitläufigen Artilleriekampf einzulassen, hätten sie, die Festungswerke ganz ignorirend, da ihnen deren Schüsse gar keinen wesentlichen Schaden zuzufügen vermochten, wie Admiral Farragut bei Mobile in den Hafen einlaufen, die tief gelegene Batterie Schmidt im Vorüberfahren zum Schweigen bringen und ruhig im Hafen ankern können.

Wenn die Besatzung nicht schon diesem moralischen Eindrucke erlegen wäre, so konnten sie dann im innern Hafen selbst ganz unbelästigt ihre Ausschiffung vornehmen und die wenigen schwach besetzten Forts im Handstreich von der Kehle aus nehmen. Dass dieses in der That möglich gewesen, beweist:

1. dass vier italienische Panzerschiffe, u. z.: der „Formidabile“, „Principe di Carignano“, „Ancona“ und „Castel Fidardo", auch wirklich ohne jeden Anstand in den Hafen einfuhren und der „Formidabile" vor der Batterie Madonna Anker warf;

2. der innere Hafen konnte, mit Ausnahme der Geschütze der schon erwähnten à fleur d'eau gelegenen Batterie Madonna und des Thurmes Wellington, mit Bomben, deren geringe Treffsicherheit bekannt, von den übrigen Forts, deren Geschütze alle gegen die Seeseite installirt waren, nicht beschossen werden;

3. dass es dem „Formidabile“, auf einige Hundert Schritte vor der Batterie Madonna geankert, nicht gelang, dieselbe zu demontiren, dafür gibt es gar keinen Erklärungsgrund, wenn man bedenkt, dass ein Schiff im Stande ist, jede Minute eine Breitseite abzugeben, er, auf diese kurze Distanz, die Batterie noch überschoss und, abgesehen von einigen Streifschüssen an der Escarpe, gar nicht traf.

Warum schliesslich diese vier Schiffe und der Formidabile", sogar mit Zurücklassung seines Ankers, den Hafen verliessen, ist Niemanden, ausgenommen den Italienern selbst, einleuchtend, da sie darin gar keinen erheblichen Schaden erlitten und überhaupt während der ganzen Zeit der Belagerung kein Schiff gefechtsuntauglich gemacht wurde, während Batterie Schmidt in die Luft gesprengt, Fort Georg zum Schweigen gebracht und die übrigen Befestigungen alle mehr oder minder stark beschädigt waren. Selbst der 600 Fuss hoch gelegene Thurm Wellington wurde öfters getroffen, ja noch bedeutend hoch überschossen.

Ein weiterer Beweis noch für unsere Behauptung ist, dass man in competenten Kreisen von der angeblich bewiesenen Widerstandsfähigkeit der Festungswerke nicht so erbaut und überzeugt war, da man gleich nach der glücklichen Entsetzung der Insel mit der Legung von unterseeischen Minen in der Hafeneinfahrt von Lissa und Castel nuovo begann').

Die Anlage von Küstenbefestigungen ist heutzutage weder mehr, wie einst, ein Schutz für schwächere oder geschlagene Flotien, noch ein Schutz der Häfen, denn während sich jetzt jede mit Geschützen noch so gut bespickte Hafeneinfahrt (mit alleiniger Ausnahme unterseeischer Hindernisse)") von

1) Dies war schon früher beschlossen; da jedoch in Österreich kein eigenes Torpedo-Corps besteht, und die Legung von Seeminen in vier Kriegshäfen (Venedig, Pola, Lissa, Cattaro), erst im letzten Moment angeordnet, einem einzigen Mann übertragen war, konnte man zur rechten Zeit nur in Pola fertig werden.

2) General Bixio verlangte in einer der letzten Sitzungen des italienischen Parlaments: die Bewilligung der Mittel zur Vertheidigung der Häfen durch Torpedos, wie sie die österreichische Regierung besitzt.

Panzerschiffen forciren lässt, ist dieser angebliche Schutz umgekehrt eine Gefährdung des Handels und sonstiger Interessen.

Denn nachdem, Dank der völkerrechtlichen Praxis, offene Städte einer Bombardirung etc. nicht mehr ausgesetzt sind, hätten z. B., bei einem für uns unglücklichen Ausgange der Seeschlacht bei Lissa, die Paar elenden StrandBatterien von Triest den Italienern leicht den Vorwand zu einem Bombardement und zur Brandschatzung der Stadt bieten können, da sie nicht mehr wie 1848 und 1859 die schwarz-roth-goldene Flagge schützte.

Und besonders unsere steile, den grössten Schiffen die Annäherung erlaubende Küste eignet sich schon durchaus nicht zur Anlage permanenter Befestigungen. Der Feind wird die Küstenbefestigungen ganz einfach bei Seile liegen lassen und nicht ein Schiff wegen derselben riskiren, wie dieses die Franzosen 1859 gethan haben).

Und für den angeblichen Zweck zur Hinderung von Landungen, deren Nutzen an unserer steilen Küste wir zwar nicht einzusehen vermögen, würde, abgesehen von dem national-ökonomischen Nutzen, die Anlage einer Eisenbahn durch Dalmatien einen weit grössern Vortheil gewähren als alle Küstenbefestigungen zusammen.

Es ist daher lange schon die Rede von der Auflassung der Festungswerke Zara's, die höchstens heute nur noch einen historischen Werth besitzen und die commercielle Entwickelung dieser Stadt hemmen).

Die Vertheidigung unserer und überhaupt jeder Küste muss in der offenen See geschehen. Nur eine active, offensive, dem Feinde gewachsene Flotte vermag den Handel und die Küsten zu schützen.

Wenn es den Italienern gelungen wäre, unsere Flotte zu schlagen, so wäre ihnen auch die ganze Küste sammt allen Befestigungen) von selbst in den Schooss gefallen.

Unsere Aufgabe daher ist es, nicht Küstenbefestigungen, sondern Schiffe zu bauen.

Die Stärke der Seemacht eines Staates richtet sich unserer Ansicht nach nicht nach dem bis jetzt gebräuchlichen Axiome der Küstenausdehnung, sondern nach dem commerciellen und politischen Interesse, welches dieser Staat hat, seine Verbindung mit dem Meere zu erhalten, und wenn wir von unserer Küste Nichts weiter als Triest allein besässen, so ist es unser vitalstes Interesse, dasselbe um jeden Preis zu behaupten.

Dass wir uns nicht im ruhigen, ungestörten Besitze desselben wiegen dürfen, und dass, trotz der anerkannten internationalen Bedeutung Triest's

1) Wo wäre aber unsere Marine, wenn sie 1859 nicht den befestigten Hafen von Pola gehabt hätte? D. R.

3) Über die Auflassung der Befestigungen Dalmatien's überhaupt, dann speciell jener von Lissa siehe die beiden Artikel des Aufsatzes: „Dalmatien und seine Befestigungen August-September- und October-Heft 1870, Jahrgang XI, Seite 125, dann 31-35. D. R.

Und sammt der Flotte.

D. R.

für ganz Mitteleuropa, man auf preussischer Seite bereit war, es Sonderinteressen zu opfern, und von welcher Seite uns dessen Besitz streitig gemacht wird, brauchen wir hier nicht zu erörtern, ebensowenig, wie viel wir uns auf die so viel gerühmten Allianzen verlassen dürfen.

Der Spruch: „Wer sich selbst hilft, dem hilft auch Gott" hat sich 1866 nur zu sehr bewahrheitet. Und so möge die nachfolgende Vergleichs-Tabelle unserer und der italienischen Panzer-Flotte beredter als alle Argumente zeigen, was uns auf diesem Felde noch zu thun erübrigt.

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Kaiser (Linienschiff) soll in ein gepanzertes Casemattschiff umgewandelt werden. Bauzeit zwei Jahre.

Erzherzog Albrecht | deren Bau soeben angeordnet wurde, sollen Casemattschiffe werden. Sind Custozza. nur erst auf den Papieren und könnten ebenfalls in zwei Jahren fertig werden.

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III. Der Unterwasserkrieg 1).

Wir kommen nun auf das letzte Capitel des modernen Seekrieges, das ist den Unterwasserkrieg, zu sprechen und beschliessen hiemit den Cyclus unserer kriegsmaritimen Causerien.

Der Unterwasserkrieg, obzwar nicht neu, ist doch erst durch die Einführung der Panzerschiffe zu seiner vollkommenen Ausbildung gelangt und gibt ein glänzendes Beispiel von dem regen Wirken des menschlichen Geistes. Kaum dass ein anscheinend vollkommenes Werk aus den Händen eines Menschen hervorgeht, so findet sich auch bald ein Anderer, der die schwache Seite dieses Werkes aufsucht, und so war die Achillesferse der Panzerschiffe, das ist ihre Verwundbarkeit unter Wasser, bald entdeckt; und wieder sind es die genialen Amerikaner, welche, wie in Allem so auch hier, gleich die praktische Seite erfassten, und ihnen verdankt der Unterwasserkrieg jene hohe Bedeutung, die er heutzutage im modernen Seekriege behauptet.

Es ist bekannt, dass auf keinem Panzerschiffe der Panzer tiefer als 6 Fuss unter die Wasserlinie reicht. Die Ingenieure fanden es nicht nothwendig, damit tiefer zu gehen, in der Voraussetzung, dass auf diese Tiefe eine Wirkung der Geschosse entweder unmöglich oder nur unbedeutend sei. An einen unterseeischen Feind hatten sie dabei nicht gedacht; und wenn sie es auch gethan hätten, gegen denselben wäre all ihre Kunst ohnedies hilflos.

Der Unterwasserkrieg theilt sich, wie jeder Krieg überhaupt, in einen defensiven und offensiven, und zwar verstehen wir unter ersterem die Vertheidigung der Küste durch fixe unterseeische Minen, und zu letzterem rechnen wir den Angriff gegen Schiffe mit Torpedobooten oder andern beweglichen unterseeischen Zerstörungs-Maschinen. Wir wollen beide gesondert ausführlicher behandeln.

In dem defensiven Unterwasserkriege gebührt den Russen die Ehre der Initiative. Sie wendeten zuerst unterseeische Minen zur Zeit des Krimkrieges an, um Kronstadt gegen die alliirten Flotten zu vertheidigen. Ihre vom Professor Jacobi hergestellten Seeminen waren Concussions-Torpedos, kamen jedoch nie zur Wirkung, waren von sehr unvollkommener Construction und verdarben bei längerem Liegen unter Wasser.

Den nächsten Gebrauch von unterseeischen Minen machten wir in Österreich 1859 zur Sicherung von Venedig, ohne dass man in der Lage war, sie praktisch zu erproben, da die Franzosen, vielleicht gerade wegen

1) Die meisten der hier angeführten Daten sind dem Archive für Seewesen sowie einem ähnlichen Aufsatze des preussischen Corvetten - Capitäns Werner entnommen, und ich eigne mir daher kein anderes Verdienst als das der Zusammenstellung zu.

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