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Im Allgemeinen sind für solche Übungen die in der Instruction für die Truppenschulen bezüglich der grossen Recognoscirungen enthaltenen Anhaltspunkte massgebend. Überdies ist, wie Eingangs erwähnt, in den Werken über Recognoscirung das Verhalten des Recognoscenten mit aller Sorgfalt und Genauigkeit behandelt, so dass hier nur die wesentlichsten Punkte mit Rücksicht auf die vom Truppen-Officier auszuführenden Übungen anzudeuten sind.

Der Auftrag zu solchen Recognoscirungen ist dem Officier wenn thunlich mündlich zu ertheilen; die näheren Instructionen sind mit Zuhiltenahme der Specialkarte zu geben. In den meisten Fällen wird es zweckmässig sein, durch Vergrösserung eine Skizze des betreffenden Bodenabschnittes oder der zu beurtheilenden Wegstrecke abzunehmen, welche Skizze sowohl als Hilfsmittel bei der Durchführung der Aufgabe, als auch als Grundlage für das Croquis zu dienen hat.

Mit dieser Skizze und dem nöthigen Materiale für Anfertigung des Croquis versehen, begibt sich der Recognoscent zur Arbeit, wobei sich genau so zu benehmen und mit eben solcher Gründlichkeit vorzugehen ist, als es im Kriege geschehen müsste. Überhaupt möge sich der Recognoscent stets daran erinnern, dass ein derartiger Auftrag eine Vertrauensmission ist. indem der Commandant auf Grund des Berichtes disponiren und sich daher vollkommen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten verlassen können muss.

Vor Allem wird der Recognoscent bemüht sein müssen, eine möglichst vollständige Übersicht der betreffenden Gegend zu gewinnen. Er wird daher dominirende Punkte aufsuchen; dort wird er sich mit Hilfe der Skizze leicht orientiren und erkennen, auf welche Art bei der Detail-Durchforschung und beim Croquiren vorzugehen sein wird, um diese Arbeit möglichst rasch und genau durchzuführen.

Der Vorgang ist im Wesentlichen derselbe, wie bei den Übungen in der militärischen Beschreibung und taktischen Würdigung von Terrainabschnitten; nur wird auf eine zweckmässige, d. h. die Arbeit des Croquirens fördernde Wahl der zu verfolgenden Richtungen und der einzuschlagenden Wege zu sehen sein. Über alle Wahrnehmungen sind unter Beobachtung der bisher über die Recognoscirung festgestellten Regeln genaue Notizen zu machen, respective im Croquis praktisch auszudrücken.

Der Recognoscirungs-Bericht ist zwar dem Inhalte nach durchaus sorgsam und vollständig, in der Form aber feldmässig, nur mit Bleistift geschrieben, zu verfassen; in manchen Fällen, z. B. bei der Recognoscirung von Wegen, wird es genügen, ja sogar am zweckmässigsten sein, die an Ort und Stelle gemachten Notizen vorzulegen.

Bei der Verfassung des Berichtes oder der Notizen denke man sich in die Lage des Empfängers und halte sich stets vor Augen, welche Anforderung dieser stellen wird und muss.

Bericht und Croquis sollen sich gegenseitig ergänzen, daher im ersten Nichts aufzunehmen ist, was aus letzterem zu entnehmen, und umgekehrt.

Croquiren.

Die in der Militärsprache übliche Bezeichnung Croquis umfasst so ziemlich jede graphische Terraindarstellung, welche nicht mit Hilfe oder auf Grund geometrischer Vermessungen angefertigt wurde. Der Begriff ist somit sehr dehnbar und findet sowohl auf die flüchtige, etwa während eines Marsches gemachte Skizze, als auch auf die gründliche à la vue Aufnahme Anwendung. Bei den Croquis, welche während der Recognoscirung angefertigt werden, wird der specielle Zweck, sowie die gegebene Zeit den Grad der Ausführlichkeit und Genauigkeit bestimmen.

Gewisse unwandelbare Grundsätze müssen aber unter allen Verhältnissen befolgt werden, als da sind: „Es ist unbedingt vorzuziehen, Weniges genau, als Vieles auf Kosten der Richtigkeit darzustellen; je militärisch wichtiger ein Gegenstand ist, desto sorgfältiger und genauer, je weniger von taktischer Bedeutung, desto flüchtiger kann derselbe behandelt werden." Das Croquiren ist somit keine mechanische Arbeit, sondern bedarf der gespanntesten Aufmerksamkeit und eines scharfen militärischen Blickes.

Die Deutlichkeit und Bestimmtheit sind die wesentlichsten Eigenschaften der Zeichnung.

Auf eine gleichmässige Verwerthung der Zeit ist Bedacht zu nehmen, damit nicht im Anfange die Aufnahme detaillirt, und später wegen Mangel an Zeit das vielleicht Wichtigere oberflächlich behandelt werde.

Man versäume nicht, sich aller Hilfsmittel, welche die Arbeit erleichtern und fördern können, zu bedienen, und sei auf deren Beischaffung bedacht, als: Mappen, ökonomische und Forst-Aufnahmen; auch landeskundige Boten, insbesondere Forstleute, können hiebei gute Dienste leisten.

Da das Croquis den Bericht ergänzen soll und umgekehrt, muss zwar alles Wichtige, was im letzteren fehlt, aufgenommen werden, hingegen ist keine Zeit durch Darstellungen zu verlieren, welche aus dem Texte zu entnehmen sind.

Die in der Praxis dem Truppen-Officier verhältnissmässig am häufigsten vorkommenden, daher auch bei den Übungen vorzunehmenden Fälle sind: das Croquiren einer Marschlinie mit dem Seitenterrain; dann von taktisch wichtigen Objecten: das Croquiren eines Defilés, eines Gehöstes oder einer kleinen Dorfschaft mit umliegendem Terrain, von Haltpunkten und Abschnitten im Terrain. Grössere Aufgaben, wie die Aufnahmen von Stellungen oder von ganzen Terrainabschnitten etc., fallen ganz ausserhalb der Wirkungssphäre eines Truppen-Officiers.

Über die Art des Vorganges lassen sich theoretisch nur allgemeine Anhaltspunkte geben, während die Belehrung im freien Felde, sowie die

eigene Erfahrung und Übung die Hauptsache leisten muss. Solche allge meine Anhaltspunkte liefert theils Waldstätten's Terrainlehre, theils sind die selben aus Künnel's "Der Mappeur", und zwar aus dem Capitel über da Detailiren bei der Mappirung zu entnehmen, und ich füge hierüber noc Folgendes bei:

Als sehr zweckmässig und die Arbeit des Croquirens wesentlic fördernd erachte ich die Benützung von Quadratnetzen (Zoll), und zu Darstellung die Anwendung, nebst der schwarzen, auch der farbigen Stift (Roth- oder Blaustift). Bei Benützung des quadrirten Netzes, wo man stet das Mass von 100 oder 200 Schritten vor Augen hat (bei Theilung in / Zo in Doppel- oder einfachem Militärmass) wird die zeitraubende Anwendun des Massstabes und das Auftragen der Masse entbehrlich; die farbigen Stif hingegen unterstützen die Deutlichkeit und die Raschheit der Anfertigun bedeutend durch Übergiessen mit Milch oder selbst mit Wasser wird di Zeichnung leicht fixirt.

Bei den ersteren Übungen ist mit Hilfe einer der Karte entnommene Skizze später ohne eine solche zu croquiren, da beide Fälle in der Wirk lichkeit vorkommen können. Das Wichtigste bei der Arbeit, selbst bei de flüchtigsten Skizzirung, ist die richtige Orientirung, die unverändert be behalten werden muss.

Die Boussole ist bekanntlich zu diesem Zwecke das beste und untrüg lichste Instrument. Eine Boussole soll jeder Officier im Felde besitzen, un sie gehört zu dessen Feldausrüstung. Ist keine Boussole zur Hand, so kan man zwar durch einen sehr sorgsamen Vorgang mittels des Orientirens nac dem vom vorhergehenden Standpunkte gezogenen Rayon, nach rückwärt einige Zeit lang, insbesondere in mehr offener Gegend, wo man auch we sichtbare Punkte benützen kann, die ursprüngliche Richtung festhalten. Ein auf diese Weise ausgeführte Arbeit wird aber niemals grosse Verlässlichke besitzen.

Gestatten es Zeit und Umstände, das Croquis durch Ausziehen m Tusche (selbst Tinte) oder durch Anwendung von Farben zu vervollkomm nen, so ist dies stets eine erwünschte Beigabe.

Endlich wird darauf hingewiesen, dass durch die Übungen im Croqu ren die richtige und detaillirte Auffassung des Terrains, somit der Endzwec aller unserer Bemühungen in der hier in Betracht kommenden Richtung wesentlich gefördert werde, eine Ursache mehr, auch diesem Zweige mili tärischer Ausbildung alle Sorgfalt zuzuwenden.

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Über die Wahl des Terrains im Allgemeinen.

Bezüglich der Wahl des Terrains für die Recognoscirungs-Übungen de Officiere und Unterofficiere ist man wohl von dem Charakter und den Local verhältnissen der Umgebung des Garnisonsortes abhängig; aber so wie be

der überwiegend grösseren Zahl der bedeutenderen Garnisonen Österreich's, so ist auch die Umgebung Wien's für Recognoscirungs-Übungen aller Art ganz vorzüglich geeignet.

Überdies ist man hiebei durchaus nicht an die in allen grösseren Garnisonen festgesetzte Eintheilung der Übungs-Rayons gebunden, da eine Recognoscirungs-Abtheilung von 10 bis 15 Officieren oder ebenso vielen Unterofficieren wohl keine Störung bei den anderwärtigen Truppen-Übungen

verursachen kann.

Auch der Einwurf, dass die nähere Umgebung einer Garnison nach kurzer Zeit des Aufenthaltes durch die Benützung bei den Truppen-Übungen zu bekannt sei, ist nicht stichhältig. Man wird sich vielmehr durch die genaue Erforschung und Recognoscirung bald überzeugen, wie unvollständig man das Terrain und dessen Detail bei den Truppen-Übungen kennen lernt.

Es wird demnach ausschliesslich die Art und der Zweck der Übung für die Wahl des Terrains massgebend sein. Dabei ist mit aller Sorgsamkeit und Umsicht vorzugehen, und mit Hilfe eines Umgehungsplanes oder des betreffenden Specialkartenblattes hierüber der Entwurf zu machen. Obwohl auf möglichste Abwechslung Rücksicht zu nehmen ist, so kann doch ein und derselbe Terraintheil oder dasselbe Object mehrfach, aber selbstverständlich bei verschiedenartigen Übungen und thunlichst unter einem neuen Gesichtspunkte betrachtet, benützt werden. Es gewährt dies sogar den Nutzen, dem Schüler, indem ihm durch die veränderte Anschauung auch durchaus verschiedene Verhältnisse und neue Bilder entgegen treten, eindringlichst zu beweisen, wie viel es bedarf, um einen halbwegs Abwechslung bietenden Terraintheil vollständig kennen zu lernen.

Nicht zu übersehen ist, dass bei der Recognoscirung Örtlichkeiten der Umgebung benützt werden können, welche sonst von den Truppen bei den Übungen gemieden werden müssen, wie z. B. sehr cultivirte, insbesondere mit Weinbau bedeckte oder vielfach durchschnittene Strecken etc.; auch wird die Recognoscirung, namentlich von den Officieren, wenn wohlfeile Verkehrsmittel zur Disposition stehen, auf entferntere Gegenden ausgedehnt werden können.

Bei den militärisch-instructiven Excursionen sind die einzuschlagenden Richtungen derart zu wählen, dass im Laufe dieser Übungen, so weit es die Beschaffenheit der Umgebung überhaupt zulässt, alle Hauptcharaktere der Bodengestalt und die wichtigsten Objecte jedenfalls und ausserdem möglichst viele Einzelheiten vorkommen, und dadurch Anlass zu einem reichhaltigen, thunlichst erschöpfenden Unterrichte gegeben sei.

In der Umgebung von Wien kann dieser Anforderung in ungefähr

drei oder vier Excursionen entsprochen werden, z. B. :

a) über Floridsdorf, Jedlersee, über die schwarze Lacke nach Nussdorf, mit Überfuhr die Donau übersetzend, dann über die Heiligenstädter und

Döblinger Höhen zurück, wobei die offene, bedeckte und theilweise coupirte Ebene, zahlreiche Erscheinungen und Baulichkeiten an einer bedeutenden Stromlinie, ein Defilé von Höhen und dem Strome gebildet, stark bedecktes, hoch cultivirtes Hügelland, alle Arten von Communicationen vor das Auge treten; oder

b) von Hernals, durch das Alsbach-Thal, dann über den Galizin- und Heuberg, Dornbacher-Park, über Neustift am Walde und über die Höhen der Türkenschanze zurück; wobei weite und enge Thäler, Höhenformation vielgestaltigster Art, offen, bedeckt und coupirt, grosse und kleine Waldstrecken, treffliche Übersichtspunkte im Waldterrain (Heuberg), verschiedenartige Baulichkeiten, Gehöfte, Schlösser, Ortschaften und reichhaltiges Terraindetail sich vorfindet; oder

c) über Breitensee und über die Südhänge des Saatzberges zum Defilé bei Mariabrunn und am rechten Wien-Ufer über Hacking längs des Wienflusses zurück, wobei eine offene Hügelgegend mit breiten, mässigen Formen, durch scharfe Thalbildungen, markirtes Bergland, verschiedenartige Defile's, eine Wasserlinie, Eisenbahnen etc. etc. studirt werden können.

Die hier angedeuteten Excursionen werden aber die für die Belehrung nothwendige Zeit in Anschlag gebracht einen ganzen Sommertag in Anspruch nehmen und wären daher, wenn nur ein Vormittag zur Übung benützt werden soll, zweckmässig zu theilen. Für die Übung der Unterofficiere werden bedeutend kleinere Excursionen genügen.

Noch reichhaltiger wird sich die Auswahl bezüglich der für die militärische Beschreibung, taktische Würdigung und für die Lösung von taktischen Aufgaben geeigneten Abschnitte und Objecte gestalten, und man wird hierin, selbst bei langer Dauer des Garnisonsaufenthaltes, nicht leicht in Verlegenheit kommen. Doch bedarf es immerhin der gründlichen Überlegung, um von dem Vielen das Zweckmässigste und Interessanteste auszuwählen und neue Variationen zu combiniren. Dabei muss man sich in mancher Beziehung von der herkömmlichen Anschauung und dem breitgetretenen Wege des Alltäglichen, wie er meist bei der Wahl des Terrains für Truppen-Übungen gebräuchlich ist, emancipiren. Oft bleibt das Nächstliegende, wenn auch ganz Interessante, unberücksichtigt, z. B. dass alle Ausgänge aus dem Garnisonsorte eben so viele Debouché's aus Defiléen und umgekehrt Defilé - Eingänge bilden, und dass die Umfassung des Garnisonsortes selbst in ihren Theilen meist ganz interessante Objecte bietet.

Noch eines anderen Umstandes ist hier zu gedenken. Gewöhnlich werden für Truppen-Übungen oder für schriftlich auszuarbeitende Themata solche Objecte gewählt, bei welchen sich die Verhältnisse für die zu übende militärische Thätigkeit mehr oder weniger günstig gestalten. Da aber in der Wirklichkeit sehr häufig der Fall eintritt, dass man in Folge der allgemeinen Sachlage gezwungen ist, sich auch in eine sehr ungünstige, missliche Situation zu schicken, z. B. einen Ort oder einen Wald zu vertheidigen, der hiezu

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