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Am 3. wurde das grosse Hauptquartier des Königs von Preussen nach Mainz verlegt. Die I. Armee kam mit dem Hauptquartier und dem 7. ArmeeCorps nach Merzig, mit dem 8. Armee-Corps nach Saarlouis, mit der Cavallerie-Division Hartmann nach Lebach; die Cavallerie-Division Groeben blieb auf dem Marsche. Die II. Armee etablirte das Hauptquartier in Kirchheim, das 3. Armee-Corps blieb in Homburg, das 4. Armee-Corps in Pirmasenz, das 10. Armee-Corps kam nach Kirchheim, das 12. Armee-Corps nach Wörrstadt, das Garde-Corps blieb bei Mainz, die Cavallerie-Division Rheinbaben concentrirte sich bei Neunkirchen, die Cavallerie-Division Mecklenburg debarkirte bei Neustadt a. d. Haardt. Von der III. Armee wurde das Hauptquartier in Landau etablirt, das 5. Armee-Corps gelangte nach Billigheim, 11. Armee-Corps nach Rohrbach, das 6. Armee-Corps war auf dem Marsche, das halbe 2. bayerische Armee-Corps (Division Bothmer) kam nach Bergzabern, die zweite Hälfte desselben Corps (Division Walther) verblieb bej Borheim, das 1. bayerische Armee-Corps rückte nach Germersheim, das combinirte 13. Armee-Corps (Württemberger und Badenser), überschritt den Rhein bei Maxau, die 4. Cavallerie-Division Prinz Albrecht Vater verblieb bei Borheim, die 2. Cavallerie-Division Stollberg war auf dem Marsche 1).

Am 3. August Abends standen also der in der grossen Kriegsorganisation begriffenen, 160.000 Mann starken französischen Armee, die erst nach Vereinigung des 6. Corps Canrobert mit Bazaine und des 7. Corps Douay mit Mac Mahon 225.000 Mann erreicht haben würde, folgende deutsche Streitkräfte gegenüber: An der Saar die erste Armee Steinmetz (2 Corps, 1 Cavallerie-Division), 50 Bataillons, 40 Escadrons, 180 Geschütze oder 56.000 Mann streitbar. Zwischen der Saar und dem Rhein von Saarbrücken über Homburg, Kaiserslautern bis Mainz echelonnirt die II. Armee Prinz Friedrich Carl (5 Armee-Corps und 2 Cavallerie-Divisionen), 142 Bataillons, 136 Escadrons, 456 Geschütze oder 162.000 Mann streitbar. An der Lauter zwischen Weissenburg und Germersheim die III. Armee Kronprinz von Preussen (5 Armee-Corps und 1 Cavallerie-Division), 141 Bataillons, 108 Escadrons, 480 Geschütze oder 158.000 Mann streitbar.

Die Gesammtstärke der deutschen Heere belief sich demnach in erster Linie auf 333 Bataillons, 284 Escadrons, 1116 Geschütze oder 376.000 Combattants. In zweiter Linie rückten noch 4 Arinee-Corps (1., 2., 6., 9.) und 2 Cavallerie-Divisionen (2., 3.) mit 98 Bataillons, 76 Escadrons, 351 Geschützen oder 110.000 Mann streitbar nach.

Sowie die Franzosen einen diplomatischen Überfall auf die Preussen ausführten, indem sie plötzlich den Krieg declarirten, so setzten die Preussen einen strategischen Überfall in Scene, indem sie rasch ihre gewaltigen Massen an die Grenzen Frankreichs warfen und dessen Streitkräfte völlig erdrückten.

1) Siehe den officiellen preussischen Bericht über das Gefecht bei Weissenburg am 4. August, welcher die Aufstellung der Corps von der III. Armee am 3. Abends enthält.

Bei dem zwischen den kriegführenden Mächten von allem Anfang obwaltenden Missverhältniss der Zahl konnte von strategischen Combinationen und Operationen nicht die Rede sein, und es entziehen sich demzufolge auch die Thätigkeit der Kriegs-Oberleitungen und die Leistungen der Armeen und ihrer Theile jeder eingehenden kritischen Beurtheilung. Jener Theil, welcher fast über die dreifache Übermacht verfügte, durfte sich gegen den andern Alles erlauben.

Die Franzosen besassen niemals ein besonderes Verständniss für Kriegsorganisationen, wie dies die Feldzüge in der Krim und Mexico beweisen, wo in dem einen Falle 30.000 Mann bei Gallipoli landeten, um Russland zu bekriegen, und in dem andern 5000 Mann bei Veracruz ausgeschifft wurden, um Mexico zu erobern. Im Jahre 1859 kam den Franzosen die sich in die Länge ziehende diplomatische Action (vom 1. Januar bis Ende April), dann das wenig freundschaftliche Verhältniss der grossen Mächte Europa's gegen Österreich zu Gute, sonst wäre der Krieg schon damals in eine Katastrophe für Frankreich ausgelaufen.

Ist es nicht auffällig, dass der Kriegsminister Leboeuf wenige Wochen vor der Kriegserklärung vor den gesetzgebenden Körper mit dem Antrage treten konnte, das Jahres-Recruten-Contingent für 1870 von 100.000 auf 90.000 Mann zu reduciren?

(Fortsetzung im nächsten Hefte.)

Die Recognoscirung des Terrains als Friedens - Übung.

(Mit einem Holzschnitte.)

Einleitung.

Bekanntlich sind die wichtigsten und einflussreichsten Factoren im Kriege :

Das Kräfteverhältniss nach Zahl und Waffe, das Benehmen des Gegners, die Zeit und die Bodengestaltung.

In der neueren Kriegführung gewinnt aber, insbesondere in Folge der erhöhten Waffenwirkung, die Bodengestaltung, also im Allgemeinen das Terrain, stets mehr und mehr an Einfluss und Bedeutung; es wird daher dessen möglichst genaue Kenntniss, richtige Beurtheilung und sorgfältige Ausnutzung zur gebieterischen Nothwendigkeit, um den Erfolg wahrscheinlich zu machen.

Die Mittel, welche uns zu Gebote stehen, uns über die Beschaffenheit des Terrains Kenntniss zu verschaffen sind: Karten und Pläne, die auf genaue Erforschung des Bodens gegründeten Beschreibungen, der eigene Augenschein, sei es bei gründlicher Besichtigung, sei es durch den successiven Überblick im Laufe der Begebenheiten; endlich können auch einzuziehende Erkundigungen einigen Aufschluss geben.

Die richtige Beurtheilung und die zweckmässige Benützung des Terrains ist aber Sache des geübten militärischen Blickes, des von den Franzosen mit Recht so hoch gehaltenen Coup d'oeil, - eine der wichtigsten Eigenschaften des Truppenführers, das Kriterium der echten militärischen Begabung.

Da nun das Terrain, wie alle Schöpfungen der Natur, wohl nach gewissen Systemen geschaffen, aber unendlich vielseitig in seinen Gestalten ist, so wird uns in dieser Beziehung stets Neues, oft Überraschendes entgegentreten. Nur ein gut geschultes, vielfach geübtes Auge wird sich schnell in allen Verhältnissen des Bodens zurechtfinden, dieselben richtig auffassen und ausnützen können. Überdies ist die Zeit, welche man diesem Gegenstande im Kriege widmen kann, meistens verhältnissmässig karg zugemessen; ja gerade in den wichtigsten Momenten, im Gefechte, muss oft dem Erblicken auch das Erkennen und die richtige Auffassung auf dem Fusse folgen. Häufig wird es nothwendig und von grossem Nutzen sein, wenn man im Stande ist, von dem Erblickten eine mehr oder weniger sichere Schlussfolgerung über dasjenige zu ziehen, was dem Auge verborgen

ist u. s. w.

In Folge dieser Verhältnisse hat sich ein eigener Zweig des militärischen Wissens nach und nach herangebildet, welcher, unter der Bezeichnung Recognoscirung des Terrains", die Geschicklichkeit, sich Kenntniss über die Beschaffenheit des Terrains zu verschaffen und diese richtig zu verwerthen, umfasst, und der sich, in natürlicher Folge des wachsenden Bedarfes, langsam aber entschieden Bahn bricht und zur Anerkennung gelangt.

Erwägt man ferner, dass die Kriegführung der neuesten Zeit immer höhere Anforderungen an die geistigen Potenzen stellt, dass sich in Folge dessen bei allen europäischen Armeen ein kräftiges Streben nach grösserer Intelligenz der Officiere und der Soldaten bemerkbar macht, so darf auch in der hier in Rede stehenden Richtung der nothwendige Aufschwung nicht fehlen.

Es kann sonach die bisherige, rein empirische Schulung im Frieden durch Feldmanövers, wo die Aufmerksamkeit so vielfach durch anderweitige Thätigkeit und Eindrücke in Anspruch genommen wird, nicht mehr als genugend angesehen werden; sondern es muss die Ausbildung in der Erforschung, Beurtheilung und Benützung des Terrains als selbständiger Gegenstand und als Vorbereitung für die Truppenführung behandelt werden.

In richtiger Auffassung dieser Sachlage wurde diesem Unterrichte schon seit geraumer Zeit bei der Cavallerie und Artillerie viel Aufmerksamkeit geschenkt, während bei der Infanterie dies eine mehr sporadische Erscheinung war.

Da aber die Ausbildung in diesem Gegenstande für die Infanterie, die Hauptwaffe der Armeen, nicht weniger nothwendig ist, als bei den anderen Waffengattungen, so muss es als höchst willkommen erscheinen, dass hierauf in der Instruction für Truppenschulen bezüglich der Officiere, sowie im Abrichtungs- Reglement (§. 80) bezüglich der Unterofficiere, voller Nachdruck gelegt, und selbe so zu sagen auch für die Infanterie als obligatorischer Gegenstand eingeführt wurde.

Wie gestalten sich nun die Verhältnisse, wenn wir uns nach den Lehrbehelfen umsehen, welche uns zur systematischen Durchführung dieses Unterrichtes zu Gebote stehen? Es finden sich verhältnissmässig wenige Werke vor, welche diesen Gegenstand ausführlich behandeln. In den meisten wird die Recognoscirung des Terrains nur im Anhange zur Terrainlehre, mit welcher allerdings eine enge Wechselbeziehung besteht, erörtert. Von diesen Werken liefern einige, nämlich die im Allgemeinen vorzüglichen Schriften: Etzel's und Waldstätten's Terrainlehre, Pz (Pönitz) „Praktische Anleitung zur Recognoscirung und Beschreibung des Terrains" etc., treffliche Lehrbehelfe und bieten stofflich hinreichende Quellen zum Studium des Gegenstandes.

Die meisten dieser Werke wollen jedoch, ihrer ausgesprochenen Tendenz nach, den Officier als Recognoscenten, respective als Berichterstatter herangebildet wissen, welche Geschicklichkeit für den Truppen

Officier erst in zweiter Linie in Betracht kommt; die praktische Behandlung und systematische Durchführung dieses Lehrgegenstandes für den Unterricht der Truppen-Officiere und Unter-Officiere ist jedoch, wie später näher ausgeführt werden soll, von einem anderen Standpunkte zu behandeln. Ich habe daher versucht, im Nachfolgenden die mir für die rationelle Behandlung dieses Unterrichtszweiges mit Rücksicht auf die Belehrung des TruppenOfficiers und Unterofficiers zweckdienlich scheinenden Directive zusammenzustellen und hauptsächlich den hiebei zu beobachtenden praktischen Vorgang zu erörtern.

Standpunkt, Zweck.

Der Standpunkt, welcher bei der Behandlung des in Rede stehenden Gegenstandes einzunehmen, sowie der Zweck, welcher dabei anzustreben ist, lässt sich durch nachfolgende kurze Betrachtung genau präcisiren.

Das Endziel aller unserer Bestrebungen muss die wahrhaft kriegsmässige Ausbildung der Individuen des Heeres sein.

Die Anforderungen der realen Wirklichkeit des Krieges sind es somit, welche die Gesetze für unsere Friedensthätigkeit vorschreiben; sie dienen uns aber auch dabei als untrügliche Wegweiser.

Die wichtigste Aufgabe des Truppenführers, sei es selbst im beschränkten Wirkungskreise des Truppen-Officiers und Unterofficiers, ist die zweckmässige Verwendung der seiner Leitung anvertrauten Truppe in allen Situationen des Krieges, somit das richtige Disponiren. Es ist dies die Kunst, bei geschickter Combination der im Kriege zum Einfluss gelangenden Factoren den Entschluss zu fassen und darnach zu handeln und zu befehlen. Von diesen Factoren ziehen wir hier nur das Terrain in Betracht.

Über die Beschaffenheit desselben gelangt der Truppen-Officier und Unter-Officier in den überwiegend meisten Fällen erst im Momente des Bedarfes, und zwar durch eigenen Augenschein zur Kenntniss. Das genaue, vollständige Sehen, wobei Nichts der Aufmerksamkeit entgeht, ist somit die erste Bedingung.

Nun muss aber das gut geschulte, geübte Auge sofort das militärisch Unwichtige von dem militärisch Wichtigen zu trennen, den Einfluss des Letzteren auf die auszuführende kriegerische Thätigkeit zu erkennen, d. h. die Terrain-Verhältnisse taktisch zu würdigen wissen.

Um endlich bündig befehlen oder berichten zu können, bedarf es einer präcisen und kurzen Ausdrucksweise der speciellen Begriffe. Um alle diese geistigen und physischen Functionen zu unterstützen, werden überdies noch andere Geschicklichkeiten nothwendig sein und gelehrt werden müssen. So viel über die Beziehungen des Officiers und Unterofficiers in seiner Eigenschaft als Truppenführer im Kriege.

Nun wird aber in Folge des Umstandes, dass die höheren TruppenCommandanten oft nicht in der Lage sind, sich persönlich die nöthigen

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