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sprechend vielleicht auf nachstehende Art am nutzbringendsten und anregendsten zu machen.

Eine Truppe steht in gesichertem Halt oder hinter Vorposten, die andere erkundet in offensiver Absicht deren Stärke und Aufstellung. Beide Gegner werden nun darin wetteifern, sich an Findigkeit zu überbieten; der eine in der Absicht, Nichts sehen zu lassen, der andere, um zu sehen. Die Stärke der für den Nachrichten- und Sicherheitsdienst bei solchen Übungen werwendeten Abtheilungen muss auf beiden Seiten ziemlich gleich sein.

Bei der folgenden Besprechung muss festgestellt werden, in wie weit die Meldungen der Patrullen richtig waren.

Sicherheitsdienst während der Ruhe.

Die Vorposten-Aufstellungen werden noch nicht allenthalben im Geiste der neuen Vorschriften geübt, indem manche Commandanten sich mit den durch Patrullen in Verbindung stehenden Vorpostengruppen nicht befreunden können und bis zu einem gewissen Grade an der zusammenhängenden, in Wirklichkeit nicht vorkommenden Vorpostenlinie festhalten) Zu den Übungen im Nachrichten- und Sicherheitsdienste sollen, wo nur immer möglich, stets Cavallerie und Infanterie gemeinschaftlich verwendet werden.

Scheibenschiessen, Übungen im Feuer, Feuer-Disciplin

Die Vermehrung des Ausmasses an scharfer Munition, die neue SchiessInstruction, die jetzt normirten Schiessplätze, insbesondere die Tirailleur Übungs-Plätze machen es möglich, das Schiessen nach der Scheibe zu einer weit anregenderen und ungleich höhern Nutzen als früher versprechenden Übung zu gestalten, welcher im Allgemeinen auch die ihrer Bedeutung entsprechende Würdigung geschenkt wird. Dennoch reichen diese Übungen nicht hin, die Feuer-Disciplin in thunlichst hohem Masse zu erzielen. Dazu wäre es nöthig, dass, wie schon früher erwähnt, zu der Mehrzahl der Feld-Übungen mit einer entsprechenden Zahl blinder Patronen ausge rückt werden könnte. Die Vermehrung des Ausmasses an blinder Munition wäre daher dringend zu wünschen.

Dann wird es möglich, durch häufige Übung aller Arten des Feuers dem Manne thunlichst den richtigen Begriff der Feuer-Disciplin beizubringen.

1) Der schwächste Punkt der neuen Vorschrift über den Sicherheitsdienst liegt in der Art der Abfertigung bei den Vorposten und zwischen Patrullen, und glaube ich die Wiedereinführung eines zweiten Erkennungszeichens als sehr wünschenswerth bezeichnen zu müssen.

Die jetzige Art der Abfertigung bietet einem aufmerksamen, unternehmenden Feinde die beste Gelegenheit, sich mit verhältnissmässig geringer Gefahr die Kenntniss der Losung zu verschaffen.

Sie macht überhaupt den Eindruck einer Quittung ohne Gegenschein.

welcher sich, vielleicht etwas ideal, etwa in nachstehender Weise feststellen liesse:

Jeder Soldat schiesst nur, wenn es ihm gestattet ist, and trachtet in jedem Falle, seinen Schuss auf die mög lichst beste Weise zu verwerthen.

Übungen im grössern Massstabe, Manöver1).

Bei Manövern treten die Details, überhaupt die Ausbildung der Individuen der untern Grade mehr in den Hintergrund, und sollen hiebei die höhern Commandanten in der Führung des ihrer Charge entsprechenden oder nächst grössern Truppenkörpers geübt, und vor Allem der Wirklichkeit möglichst nahe kommende Gefechtsbilder geschaffen werden.

Da das den kriegerischen Ereignissen erst ihr eigentliches Gepräge verleihende Moment, die Gefahr, und damit auch der Einfluss des moralischen Elements der Truppe, bei Friedens-Manövern gänzlich wegfallen, so werden letztere bis zu einem gewissen Grade immer Zerrbilder bleiben müssen, u. z. umsomehr, je weniger die leitenden Commandanten die Gabe oder den Willen besitzen, die bei irgend einem concreten Falle in Wirklichkeit eintretenden Verhältnisse zu erwägen und nach dem Resultate dieser Erwägung zu handeln ').

In Bezug auf Anordnung und obere Leitung grösserer Manöver dürfte der diesfällige Vorgang im Lager bei Bruck a. d. Leitha als mustergiltig zu bezeichnen sein, da derselbe den vor dem Feinde eintretenden Verhältnissen möglichst Rechnung trägt.

Dass die Durchführung oft so Manches zu wünschen übrig lässt, ist bekannt.

Das Misslingen manches Manövers hat gewiss darin seinen Grund, dass der Commandant es unterliess, die Unter-Abtheilungs - Commandanten über seine Absichten entsprechend aufzuklären. Bestanden solche Absichten überhaupt nur in einer unbestimmten, klare Dispositionen nicht zulassenden Form, so erklärt sich das Fehlschlagen des Manövers wohl von selbst.

Zum Gelingen einer Übung im grössern Massstabe gehört also vor Allem eine klare, der Aufgabe entsprechende Absicht des Commandanten, Bekanntgabe der Mittel zu deren Erreichung, Vertheilung der Rollen und sodann gemeinschaftliches Zusammenwirken zum angestrebten Zwecke. War die Grundidee im Ganzen richtig, und entsprach derselben die Führung im Detail, so wird meistens ein annähernd getreues Bild entstehen.

1) Bei Übungen in grossen Körpern wird es, wie schon erwähnt, meist unvermeidlich sein, von Ahtheilungen auf Kriegsstärke abzusehen.

*) Im Lager bei Bruck hörte ich mehrmals die wohl etwas barbarisch klingende, aber gewiss sehr treffende Bemerkung, dass man weit besser manövriren würde, wenn im Laufe der Lagerperiode, an einem natürlich unbekannten Tage, nur Ein scharfer Kanonenschuss abgefeuert würde.

Manches Manöver scheitert auch daran, dass das durch die Supposition für den Beginn festgestellte Verhältniss beider Gegner willkürlich abgeändert wird, indem z. B. der eine nicht die ihm angewiesene erste Aufstellung einnimmt, zu früh oder zu spät seine Bewegungen beginnt u. dgl.

Wenn im Kriege sich die gegenseitigen Verhältnisse von selbst ergeben, so ist es im Frieden Sache der Anordnung des die ganze Übung Leitenden, selbe für den Beginn zu schaffen. Seinen Befehlen muss aber auch unbedingt Folge geleistet werden, und können selbst die geistreichsten Erwägungen eine eigenmächtige Abänderung niemals rechtfertigen, weil eine solche leicht den Nutzen der ganzen Übung in Frage stellt.

Die grösseren Übungen bieten, wegen der damit in Verbindung stehenden Concentrirung aller Waffengattungen, die sonst häufig mangelnde Gelegenheit, das vereinte Wirken der drei Hauptwaffen im Sinne der in dieser Beziehung sehr belehrenden neuen Vorschriften zur Anschauung zu bringen.

Ein, namentlich grössere Übungen ohne Nutzen bis in's Unendliche verlängernder Umstand liegt in dem übertriebenen, durch die allgemeinen und örtlichen Verhältnisse oft gar nicht gerechtfertigten Streben, den Gegner zu umgehen. In Folge dieser Tendenz sah ich bei Manövern beide Gegner sich mit grossem Zeitverluste umschleichen, um schliesslich doch in der Front zusammenzustossen.

Es ist ein Irrthum, in der Umgehung um jeden Preis allein sein Heil suchen zu wollen: vielmehr muss als Grundsatz festgehalten werden, dass jeder Angriff in der dem angestrebten Zwecke und den Terrain-Verhältnissen entsprechendsten Weise erfolge.

Dass kein Angriff, und wäre er noch so zweckmässig eingeleitet, ohne Verluste ausgeführt werden kann, ist eine Wahrheit, welche erst jene Armee zu Schanden machen wird, welche in der glücklichen Lage ist, die Tarnkappe des gehörnten Siegfried als Adjustirungsstück für alle ihre Individuen einzuführen.

Über die Unvermeidlichkeit der Verluste muss die Mannschaft auch belehrt werden. Anderseits darf man in derselben niemals die Vorstellung erwecken und nähren, dass die Durchführung irgend eines Angriffes ganz unmöglich ist, weil vor dem Feinde der Fall eintreten kann, dass ein solcher auch unter sehr ungünstigen Verhältnissen unternommen werden muss.

Erfolgt bei einer Übung ein Angriff, der in Folge seiner ganzen Anlage in Wirklichkeit allerdings nur sehr geringe Chancen des Erfolges hätte, so wäre es fehlerhaft, wenn der die Übung Leitende diesem Umstande öffentlich Ausdruck geben würde. Er soll vielmehr seine Ansicht nur gegenüber den Officieren in ruhig belehrender Weise aussprechen.

Gewöhnt man die Mannschaft schon im Frieden an allzu grosse Vorsicht, was lässt sich dann im Kriege erwarten? Es ist überhaupt eigentlich überflüssig, die Vorsicht gleichsam anzuerziehen, weil es erfahrungsgemäss vor dem Feinde doch immerhin leichter bleibt, die Mannschaft in Deckungen hinein, als sie aus denselben heraus zu bringen.

Übungen bei Nacht.

Übungen während der Nacht haben zunächst und hauptsächlich den Nutzen, die Mannschaft abzuhärten. Die Kriegsgeschichte weist nur wenige Beispiele von Gefechten bei Nacht auf, weil man es gerne vermeidet, eine Bewegung bei der meistens auf beiden Seiten nur mangelhaften Kenntniss der Gegend gleichsam tappend und ohne irgend eine sichere Aussicht auf Erfolg zu unternehmen.

Man weiss aus Erfahrung, dass selbst die Verfolgung nach einem errungenen Siege bei Nacht meist nur lässig betrieben oder sogar ganz unterlassen wird1). Gefechte bei Nacht zu üben, dürfte also ziemlich zwecklos sein.

Dagegen haben die Vorposten-Aufstellungen und die Übung im Patrullendienste bei Nacht mehr praktischen Werth. Bezüglich der erstern dürfte es sich, namentlich bei dunkeln Nächten, empfehlen, erst nach Mitternacht auszumarschiren, die Vorposten zu beziehen und so den Tagesanbruch zu erwarten, um die Aufstellung nun auch beurtheilen und gemachte Fehler wahrnehmen und verbessern zu können.

Die Übung im Patrullengange, welche sowohl in Verbindung mit dem Vorpostendienste als für sich allein bei Nacht vorgenommen werden kann, soll der Mannschaft hauptsächlich lehren, auch in der Dunkelheit Verbindung und Fühlung zu erhalten.

Die wichtigste Unternehmung bei Nacht, die Alarmirung, kann im Frieden nicht geübt werden.

Schluss-Bemerkungen.

Die Haupt-Hindernisse, welche sich im Frieden der Anordnung zweckmässiger Übungen entgegenstellen, sind:

1. Der geringe Friedensstand und dadurch die, namentlich in kleinern Garnisonen hervortretende Schwierigkeit, Abtheilungen auf Kriegsstärke zusammen zu setzen;

2. die aus der gegenwärtigen Dislocation entstehende Schwierigkeit, gemeinsame Übungen der drei Hauptwaffen vorzunehmen;

3. die Schwierigkeit, bei der immer mehr fortschreitenden Bodencultur durch Wechseln des Terrains Mannigfaltigkeit in die Übungen zu bringen. Zu 1. und 2. Bei dem so geringen Stande der Abtheilungen, insbesondere der Infanterie, müssen alle Commandirungen, sowie der Garnisons-Dienst thunlichst beschränkt werden).

Wird die vom Reichs-Kriegsministerium angestrebte, mit grösseren Garnisonen verbundene stabile Friedens-Dislocation durchgeführt, so werden sich die Verhältnisse in Bezug auf die Übungen weit günstiger gestalten, und

1) Was freilich niemals zu rechtfertigen ist.

2) Wachen gebe es nur dort, wo wirklich etwas zu bewachen ist.

Trotz der schon jetzt bedeutenden Verminderung des Garnisonsdienstes gegen frühere Jahre ist in dieser Richtung doch noch nicht überall genug geschehen.

wird dann den für die zweckmässige Anordnung derselben früher aufgestellten Grundsätzen leichter Rechnung getragen werden können.

Zu 3. Es ist einleuchtend, wie ermüdend und wenig belehrend es ist alle Übungen in demselben schon bis in's kleinste Detail bekannten Terrain vornehmen zu müssen, wie dies gegenwärtig leider in vielen Garnisonen geschieht.

Diesem Übelstande kann aber wegen des diametralen Gegensatzes, welcher hier zwischen den Interessen des Militärs und jenen des Besitzenden besteht, nur schwer abgeholfen werden. Der Militär verlangt Abwechslung im Terrain und freie Benützung desselben, um allen seinen Bewegungen das Gepräge der Wirklichkeit aufdrücken zu können; der Besitzende verlangt, und mit Recht, Schonung seines Eigenthums, Beschränkung aller Bewegungen der Truppen auf die gebahnten Wege und weiss für diese Forderungen, wie allen Territorialbehörden nur zu wohl bekannt, mit grösserer oder geringerer Energie auch einzustehen.

Nur im Herbste bietet sich einige Gelegenheit, die Übungen mit grösserer Freiheit in den Bewegungen und darum auch mit mehr Wahrscheinlichkeit vorzunehmen.

Es wäre zu wünschen, dass bei Durchführung der stabilen Dislocation, wo die Anzahl der Garnisonen und daher auch der Übungsplätze ohnehin vermindert wird, auf die Erwerbung entsprechende Abwechs lung bietender Übungsplätze Bedacht genommen würde.

Bn., Generalstabs-Officier.

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