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Landes noch im selben Jahre mit den Arbeiten begonnen. Die Hauptprincipien bei dieser Befestigungsanordnung waren den früher beschriebenen Terrainverhältnissen entsprechend: Die Stadt mit einer Umfassung und das vorliegende Terrain mit detachirten Werken grösserer oder kleinerer Gattung, je nach der Wichtigkeit des Punktes, zu versehen.

Die Hauptumfassung bildet eine zusammenhängende, nur durch den Ein- und Austritt der Seine, dann durch die verschiedenen Eisenbahnen und Strassen durchschnittene bastionirte Befestigung. Die Tafel Nr. 3 zeigt die Grundrissskizze und die Details derselben. Die Polygonsseite ist beiläufig 200 Klafter lang, der Graben 8 Klafter breit und unter Wasser zu setzen; die Contrescarpe ist nur aus Erde, die Escarpe aber aus 30 Fuss hohem Bruchsteinmauerwerk gebildet; die Contrescarpe ist mit keinem gedeckten Weg versehen und schützt nicht das Mauerwerk der Escarpe; die Erdbrustwehr hat eine durchschnittliche Dicke von 18 Fuss. Die ganze riesige Umfassung ist von gleichmässiger Construction, jedoch wo sie Eisenbahnen oder Strassen durchbrachen, waren bis zur gegenwärtigen Vertheidigungs-Instandsetzung sehr breite Lücken von 30 bis 40 Klafter ohne Graben mit einem Erddamme vorhanden. Rings um die innere Seite der Umfassung geht eine Militär-Verbindungsstrasse; weiters läuft nahe, und oft parallel mit derselben die ligne de ceinture, welche alle in Paris einmündenden Eisenbahnen und deren 8 Bahnhöfe unter einander verbindet.

In der ungeheuren gleichmässigen Linie der Umfassung sind feste, in ihrer Kehle geschlossene (also isolirte), sowohl gegen Aussen als gegen Innen wirksame Punkte, gleich bei der Anlage der Befestigung nicht hergestellt worden, welche die Nachtheile eines feindlichen Durchbruches in dieser jetzt gleichsam nur einen dünnen Faden bildenden Linie verringert und die Widerstandsfähigkeit dieser Umfassung ohne belangreiche Mehrkosten bedeutend vermehrt hätten. Wegen der grossen Ausdehnung der Umfassung sind die Polygonwinkel durchweg sehr stumpf, ja die meisten Fronten in langen, fortlaufenden geraden Linien, und theilweise sogar in concaven Bögen angelegt; die Wechselwirkung der Bastionen ist daher eine sehr kräftige, und das Ricochetiren der Bastionsfacen insoferne erschwert, als die Verlängerungen ganz nahe an den Spitzen der Nebenbastion vorbeistreichen, und daher Emplacements für Ricochetbatterien sich erst auf weite, ungünstigere Entfernungen ergeben. Ausser der besagten sehr vortheilhaften Trace sind aber auch, namentlich an den Punkten, wo die Befestigungen sich oberhalb (hinter CharenLon) und unterhalb (bei le point du jour) an die Seine anlehnen, dann wo eine mehr prononcirte Wendung des Umrisses stattfindet (wie hinter Neuilly, dann bei Prés St. Gervais und endlich bei Gentilly), am linken Seine-Ufer namhaft lange, mittels der concaven Biegungen des Umrisses und der über die geraden fortlaufenden Fronten heraustretenden Polygonseiten, flankirende Theile der Hauptumfassung angelegt worden, welche die geraden Fronten sehr kräftig unterstützen können. Bei den am meisten vorspringenden und verhältnissmässig spitzen Ecken wird, und zwar an der nordöstlichen bei la Vilette,

durch die dortigen Canäle ein Abschnitt gebildet, welcher von dem hornwerkartig vorspringenden Theil der Hauptumfassung bei Champerret gut flankirt wird. Zugleich erhält letzterer Theil selbst von der, nächst der nördlichen Ecke des bois de Boulogne angebrachten, einen eingehenden Winkel bildenden Linie seine Vertheidigung. Der stark vorspringende Bogen endlich bei le Point du jour an der Seine bietet zwar einen von den Nebenlinien wenig bestrichenen Theil dar, jedoch kann sich der Angreifer in dem engen, von dem Flusse gebildeten Sacke vor diesem Bogen nicht hinlänglich ausbreiten. Sollte es bei dem gegenwärtigen Kriege bis zu einer Vertheidigung der Umfassung kommen, so ist sicher anzunehmen, dass diese, verstärkt durch die bedeutenden Arbeiten während der Vertheidigungs-Instandsetzung, einen kräftigen Widerstand leisten wird. Ja sogar nach der theilweisen Wegnahme der Hauptumfassung ist es sehr leicht möglich, dass die nunmehrige provisorische Regierung, gestützt auf das fanatisirte Volk, sich auf eine abschnittsweise Vertheidigung der Stadt und der mit Wachhäusern und Gitterthoren versehenen, hinter der Umfassung befindlichen Octroi-Mauer ein ässt.

Entsprechend der früher beschriebenen Beschaffenheit des äusseren Terrains vor Paris wurden die wichtigsten Punkte mit detachirten Befestigungswerken versehen, um die Hauptumfassung vor einer Beschiessung und einem Angriffe, und die Stadt selbst vor einem Bombardement so viel als möglich zu sichern.

Die vor Paris angelegten Forts zeigen im Allgemeinen einen gleichen normalen Typus; sie sind bastionirte Vier- oder Fünfecke, je nach der Wichtigkeit ihrer Lage. Die beigefügte Tafel versinnlicht einen Detail-Grundriss und Durchschnitt eines solchen Normal-Forts. Die Polygonseiten wechseln zwischen 90, 150 und 180 Klafter Länge mit wenig geböschter, 26 bis 30 Fuss hoher, aus Bruchsteinen gemauerter Escarpe, einem 7-8 Klafter breiten Graben und einer 12-15 Fuss hohen, gleichfalls gemauerten Contrescarpe, vor welcher ein 5-6 Klafter breiter, bedeckter Weg angebracht ist; Wallgang und Brustwehr sind längs allen Linien aus Erde und von entsprechender Breite; weiters sind die grossen Bastionen mit Hohlräumen versehen, während die kleinen voll sind. Zuweilen ist an der Kehlfront die Erdbrustwehr vom Cordon der Escarpe in der Art zurückgezogen, dass ein Rondenweg mit Banket und Brustmauer, oder mit 8-9 Fuss hoher crenelirter Mauer angebracht werden konnte; man beabsichtigte wahrscheinlich eine bessere Vertheidigung des Einganges des Werkes durch diese Anordnung und war zur Zeit des Entwurfes dieser Forts wegen des damaligen nicht so wirksamen Bresch-Schusses nicht besorgt, dass der freistehende Theil der Escarpe zerstört werden könne.

Anf diesen Rondenweg führen entweder aus dem Innern des Werkes oder vom Wallgange ausgehende, unter der Brustwehr laufende gewölbte Durchgänge. Ein Erddamm über den Graben stellt die Verbindung zu dem Thore in der Kehlseite her, vor welchem eine Aufzugsbrücke angebracht ist. Rechts und links der gewölbten Thorhalle liegen einige durch den Wall

durchgehende Casematten, die theilweise zu Depôts, Wohnungen und Stallungen benützt werden. Der Zugang zum Eingangsdamm ist durch einen vor der Mitte der Curtine im bedeckten Wege angelegten Waffenplatz mit einem gemauerten Tambour versichert.

Die Curtine der vordern, dem Thore gegenüberliegenden Front beim Vierecke bei dem Fünfecke aber jene der beiden vorderen Fronten ist mit durch die ganze Wallbreite reichenden 18 Fuss breiten und 12 Fuss hohen Wohncasematten versehen. In einigen der grösseren Forts sind an 1 oder 2 Fronten auch unter den Flanken 2-3 Casematten hergestellt, die nicht durch die ganze Wallbreite reichen. Die Casematten der Flanken und der Cartine sind zur Gewehrvertheidigung hergerichtet. In dem sehr geräumigen Hofe jedes Forts sind freistehende Wohngebäude errichtet, und zwar rechts und links des Thores je ein Officierspavillon, und senkrecht darauf Mannschaftskasernen für etwa 800 Mann und bombensicher eingedeckt; die kleinen Forts haben nur eine Kaserne und einen Officierspavillon.

In den hohlen Bastionen oder an der Kehle der vollen befinden sich in jedem Fort zwei, in den grössern Forts auch drei freistehende, mit einer Zwingmauer umschlossene Pulvermagazine von etwa 16 Fuss Breite und 24-30 Fuss Länge. In jeder Curtine führt aus dem Innern des Werkes eine Poterne in den Graben, woselbst eine niedrige Tenaille in Erde zur Sammlung vor Ausfällen errichtet ist, und eine doppelte Erdcaponnière den Zugang zur Contrescarpe sichert, über welche man mittels einer Stiege in den vor der Mitte jeder Front befindlichen Waffenplatz des bedeckten Weges gelangt. Diese eingehenden Waffenplätze sind mit Traversen geschlossen und überdies theilweise mit gemauerten bastionsförmigen Tambours versichert, welche entweder nur aus einfachen, 2-3 Fuss dicken. 9 - 10 Fuss hohen, crenelirten Mauern gebildet, oder aber etagirt sind.

Da die Befestigungen vor der Erfindung der gezogenen Kanonen entworfen und ausgeführt wurden, konnte damals auf die mächtige Wirkung dieser Geschütze bei der Anlage der Werke und bei den Bau-Details keine Rücksicht genommen werden.

Die Werke sind gegen den indirecten Schuss nicht gedeckt, sie haben zu wenig Traversen am Walle und sind daher Enfilir- und Rückenschüssen ausgesetzt; endlich haben sie keine genügende Grabenvertheidigung. So war es erst der Vertheidigungs-Instandsetzung des vorigen Jahres vorbehalten, die Fehler und Mängel der bestehenden Werke nach Möglichkeit zu beheben und durch Anlage von neuen Befestigungen die vorhandenen Lücken auszufüllen, um auf diese Weise den Anforderungen der Neuzeit Rechnung zu tragen.

Die bestehenden Befestigungen vor der Vertheidigungs-Instandsetzung des vorigen Jahres waren folgende:

1. Nordöstlicher Terrainabschnitt.

Fort von Nogent.

Lunette de la Gravelle.

Lunette de la Faisanderie sammt Verbindungslinie.

Das alte Schloss und das neue Fort von Vincennes.

Fort Rosny.

Fort de Noisy.

Fort de Romainville.

Erdwerke in den Intervallen der drei zuletzt genannten Forts.
Fort d'Aubervilliers.

Erdwerke vor den Übergangspunkten und Schleussen der Canäle St. Denis und de l'Ourcq.

Die Befestigungen von St. Denis, bestehend in: Fort Couronne de la Briche.

Fort Double couronne du Nord und
Fort de l'Est.

Zur Beleuchtung der Werke dieser Gruppe muss erwähnt werden, dass die Werke von St. Denis gegenwärtig durch Feldbefestigungen mit einander verbunden und als eine selbständige Festung betrachtet werden können. Die durchschnittliche Entfernung der Werke von einander ist 3 bis 4000 Schritte; sie sind gegenwärtig durch eine Reihe von Verschanzungen unter sich in Verbindung gebracht und verstärkt worden: so die Befestigungen bei den Canälen von St. Denis und Ourcq, die Redouten von Noisy, Montreuil, Boissière, Fontenay, der Werke bei Drancy, Bobigny, la Coureuve etc.

Diesen Terrainabschnitt durchschneiden die Eisenbahnen nach Enghien und Montmorency, nach Soissons, nach Strassburg, nach Mühlhausen und nach Lyon.

2. Südwestlicher Terrainabschnitt.

Fort Charenton.

Fort Ivry.

Fort de Bicêtre.

Fort de Montrouge.

Fort de Vanves und

Fort d'Issy.

Die mittlere Entfernung der Werke dieser Terraingruppe von einander ist bei 3000 Schritte; sie sind ebenfalls gegenwärtig durch neue Feldbefestigungen verstärkt und auf diese Weise in einen innigeren Zusammenhang gebracht worden: so die Werke von Vanves bis Bicêtre und von da bis an die Seine durch eine hergestellte Verbindung von Fort Vanves über die Strasse, die nach Chatillon führt, bis zu den Forts Montrouge und Bicêtre, und von hier durch die vielgenannte Schanze bei Villejuif eine Verbindung mit

dem Fort d'Ivry und der Seine; die der neuen Forts von Meudon und Clamart ete. Zwischen denselben geht die Eisenbahn nach Limures (Sceaux), nach Versailles und nach Orleans.

3. Nordwestlicher Terrainabschnitt.

Forteresse du Mont Valerien.

Diese Befestigung ist bei 17.000 Schritte von St. Denis und bei 10.000 Schritte vom Fort d'lssy entfernt.

Auch wurden daselbst in der jüngsten Zeit mehrere bedeutende Feldbefestigungen rechts und links des Mont Valerien erbaut; hauptsächlich wäre das grosse Werk auf dem Montretout anzuführen. Hier sind noch die Eisenbahnlinien nach Versailles, St. Germain, Rouen und Argenteuil zu erwähnen.

Leider erlaubte der geringe in dieser Zeitschrift zu Gebote stehende Raum nicht, in nähere Details der einzelnen detachirten Werke einzugehen und Zeichnungen hierüber dem Leser vorzulegen. Wir mussten uns auf die allgemeine Anführung der vor der Vertheidigungs-Instandsetzung im verflossenen Jahre bestandenen Befestigungen beschränken. Selbstverständlich ist, dass gegenwärtig durch die grossartigen, in den letzten Monaten ausgeführten Instandsetzungs- und Neu- Arbeiten viele Veränderungen stattgefunden haben, deren Details dem Blicke des nicht an Ort und Stelle Anwesenden entzogen sind.

Wien, den 13. Jänner 1871.

Freiherr v. Glanz,

k. k. Hauptmann im Genie-Stabe.

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