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Ferner gebe ich zwei Verbote aus Straßburg von den Jahren 1524 und 1535 gegen satirische Lustspiele, wobei jedoch nicht bemerkt ist, ob sie gegen Fastnachtstücke oder andere gerichtet sind.

In einer handschriftlichen Straßburger Chronik ohne Nr. in der dortigen Bibliothek steht Bl. 351 eine Rathsverordnung vom 12. September 1524, welche gegen die damaligen Schmähschriften gerichtet ist und unter andern auch deren -Aufführung verbietet, woraus man sieht, daß damit Lustspiele gemeint waren. Die Stelle lautet: Die Stelle lautet: . . . so gepieten wir und unsre fründ die ein und zwanzig allen und jeden besonder unsern malern, buchtruckern, buchführer oder andre, so solch schmachbüecher, schriften oder gemähld dichten, schreiben, trucken, spielen, mahlen oder fail haben, inhalt oder vermög diß unsern mandats oder gebotts, daß ir keiner, was stat, grad oder wesens er sey, fürthin kein schmach- oder lasterbuch, oder geschriften, auch kein spiel oder gemähld, dadurch der gemein christenmensch gegen seinen nebenmenschen zu anraizung, gespött oder ergernus bewegt würdt, weder in unser statt Straßburg, unser oberkeiten und gepieten dichten, schreiben, singen, sprechen, trucken, failhaben 2.

In einer andern Rathsverordnung vom 7. Februar 1535, welche daselbst Bl. 343 steht, lautet der sechste Artikel also: daß man kein schmachbüechlein oder schantlich spiel oder gemähld fail haben, spielen noch verkaufen soll.

Die Nachricht über eine Volkssitte, welche mit den Osterspielen zusammenhängt, mag hier auch ihre Stelle finden.

Lehntgenrufen.

In dem Visitationsprotokoll des Bisthums Speier von 1683 im Karlsruher Archiv, Bd. 3 S. 83 heißt es von dem Dorf Rheinsheim bei Philippsburg also:

Superstitiones hoc loco gliscunt diversæ. vir certus novit benedictiones fur die ungenante franckheit. Abusus in

juventute mit dem Lehntgen-rufen, quod fit hoc modo. Convenit juventus utraque una cum civibus et quotquot possunt domo abesse ad ingressum in silvam, ubi duo designatį duas ascendunt arbores, sibi invicem respondentes, aliis sub illis hærentibus. fitque hoc loci pridie sancti Georgii, quando horum unus altissima voce incipit in hunc modum:

Höret ihr burger überall,

was gebeutet euch des Königs hochwürdiger Marschall?
was er gebeut und das soll seyn:

Hanß Clausen foll Margrethen Lols Buhler seyn. 1
Drey Schritt ins Korn und drey wieder zurück,

über ein Jahr gehet es ein Braut heraus.

2

Hac ratione omnibus solutis, tam viduis quam aliis suum assignant procum, et sæpe non absque gravi læsione famæ et causâ gravium dissidiorum, immo turpitudinum, cum procus teneatur illam curare in symposiis, saltu etc., illa suo proco offerre flores etc.

D. Sprache des Stückes.

Dieser Untersuchung stelle ich einige Bemerkungen über das Alter des Schauspieles voran. Im Vers 47 wird die Hausfrau gewarnt, Alles wohl zu verschließen, denn die Heiden seyen im Lande und könnten stehlen. Diese Heiden sind Zigeuner (3eginer 92. 3iginer 104), welche man. auch Aegypter und Sarazenen hieß. Sie kamen im Jahr 1417 nach Oberteutschland und wurden aus Erbarmen durch Almosen unterhalten. Das mochte aber für ihre Menge nicht ausreichen, daher findet man schon 1445 bis zu Ende des fünfzehnten Jahrhunderts Klagen über ihre Diebstähle.

3

geht ein Brant

3 S. meinen

1 Dabei steht auf dem Rande exempli causa. Die zwei leßten Zeilen scheinen auch gereimt gewesen, etwa so: wieder heraus, ins Haus. 2 soluti sind ledige und verwittwete Leute. Anzeiger 5, 395 folg. 6, 377. Quellensammlung der badischen Landesgeschichte 1, 298. 334.

Nach diesen Angaben scheint obige Beziehung auf die Zigeuner in die Mitte oder in die zweite Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts zu fallen, und da die Beziehung wesentlich zu dem Schauspiele gehört, so kann dieses selbst nicht älter seyn.

Daß dieses Stück, wie seine Handschrift, in die Schweiz gehöre, möchte schon die Zurzacher Messe, die zweimal erwähnt ist (V. 288. 495) annehmen lassen. Die Mundart unterstüßt diese Vermuthung, denn es gibt viele Reime in dem Neujahrspiel, die nur in der Schweizersprache richtig sind, wie die Vergleichung mit Stalders Landessprachen der Schweiz (Aarau 1819) beweist. Manche Reime lassen sich freilich durch Stalder nicht als schweizerisch nachweisen, entweder, weil sein Buch unvollständig ist (was ich nicht tadle, denn eine geschichtliche Dialektologie ist ein schweres Werk), oder weil solche Reime der Schweizermundart nicht angehören. Ich trenne daher diese beiden Arten der Reime und stelle zuerst die schweizerischen zusammen.

Am deutlichsten zeigt sich die Schweizersprache in den Formen der Hülfs- und ähnlicher Zeitwörter. Stalder S. 123. 124 gibt die Form hent für habemus, habetis, so steht sie unten im Reim auf erkent V. 534, auf end 206. 415. Stalder hat die Conjunktive hättist 134, heig habeat, het haberet 130, so erscheinen sie im Reim V. 225. 411. 440. 577. 753. Stalder witt vis, went volumus, wett vellem, wettist velles, well velit S. 140-142, so unten im Reim V. 263. 435. 542. 545. 690. 724. 837. St. gan und gon ire, gast is S. 159, ebenso im Reim V. 100. 343. 456. 475. St. lan und lon (laffen) S. 173, desgleichen im Reim V. 640. 670. 627. 335. St. hat thah, gethan factum S. 175, so unten V. 205. 663. St. hat sege, säge dicere, träge ferre S. 166. 168, so unten V. 109. 250. 460. 668. 793. 850.

Auch in andern Laut- und Wortformen findet man schweizerische Mundart. Stalder hat eis unum S. 115, das

erscheint unten mehrmals im Reim S. 276. 339. 386, ferner die Verwechslung des i mit ü St. 74 wird ebenfalls durch Reime bestätigt, V.99 fint: fünt, 140 blick: glück, 240 fint: fünt, 500 nit: schüt, 544 füeren: zidieren, 565 verkündent: hinden, 594 grüft: brist, 779 miet: lied, 805 ieman: rueman, 845 beschiffen: wüssen, 895 füg: vertrieg, 434 zünden: finden.

Außer dem Reime gibt es noch sehr viele Beweise schweizerischer Mundart, z. B. der Wegfall des n im In- und Auslaut, der Conjunktiv auf i, die endung ig für ung u. a., was ich übergehe, denn obige Beispiele sind hinreichend. Dagegen sind solche Formen wohl zu beobachten, welche der Schweizersprache nicht angehören, wenigstens in der heutigen Mundart nicht vorkommen. Stalder hat 3. B. nicht die Formen: tragen, sagen, sage dico, dicat, sie stehen aber unten im Reime V. 91. 187, 568. 647 an Stellen, wo man sie entweder nicht verändern kann, oder in Reimen wie sagen: wegen 604 tragen: wegen 620, wo der Vokal a in tragen und sagen sich nicht als ursprünglich erweist. Stalder hat kein ich segen, sondern ich seg, unten steht aber 379 segen dico im Reim, desgleichen ich gedencken 767, ich anfan 342, ferner ich reden 733 bitten 755 raten 771 hoffen 506 ien 523 geben 257 außer dem Neim. Die Schweizersprache sagt zwar han habere, aber nicht hon, St. 122; cho venire, aber weder kon noch kan, St. 170, dennoch reimt unten 507 gethon: han, 459 kan: man, 473 han: kan, daneben 183 man: kon, 205. 387. 848 gethan: kon, 299 don facere: kon, 303 kon: gnon (genommen), 627 glan: kon. Diese Stellen beweisen, daß in dem Stücke der Anlaut in kon nie geschärft wird, und daß der Vokal bald a bald o seyn muß, was beides der Schweizer Mundart nicht entspricht. Folgende verkürzten Formen stehen im Reime, gschen, gsen 135, gen dare, nen aufferre 309. 587. 665. 699. 625. 658, versen 331, vergen, vernen 355, genan ablatus 665, gen: vernen

744, gsen: zwen 851. Die Reime zeigen, daß diese Formen nothwendig sind, daneben stehen auch die gewöhnlichen, geben: vergeben 706, und mundartlich geschechen: sehen 451 und sechen: zwen 453, wo der Reim sen fordert. Reime wie grommen: kumen 242, truwen: fröwen 286 sind nur niederteutsch zu berichtigen, wie auch dich: mir 715, wenn es stehen bleibt, wett 2 p. sing. præt. 577 im Reim, nempt: kempt 610, sprecht: recht 826, und außer dem Reime sprecht 613, sind nicht schweizerisch. Niederteutsch kommen sie vor (Hagens Köln. Chronik V. 770, vergl. oben 1, S. 208). Don steht im Reim 299 und dü 580, außer dem Reime dûnt 311. Die Schweizersprache hat für die Präpositionen vor und für nur den Umlaut ü, für, füre (Stalder 233), so auch unten. im Neim für 116, aber im Terte oft for 247. 215. 317. 369. 373. 481. Für oder steht regelmäßig ald 420. 453, aber einmal auch och 379 für ocht, und dieses für oft, wie es im Niederteutschen gewöhnlich ist. Well für wol 554 gehört auch zur niederen Sprache. Das Zeitwort können zeigt ebenfalls Formen, die vom Hochteutschen abweichen. Der Wegfall des t im Auslaut erscheint in und außer dem Reim; gedenck: schenck 635, ach octo 294. 611, gemerck 891, grint: fin 908, grich 543, důch 553. 318, villich 444, botschaff 564. Das Wort allde erinnert an das italienische al dio (adieu) 457. 571, und die Anrede her der richter an das französische monsieur le juge 645. 717. Auffallend ist auch comun für Gemeinde 901.

Ungenaue Reime find theils solche, deren Vokale ungleiche Länge haben, die auch im dreizehnten Jahrhundert häufig sind, wie kuchen: brüchen 31, schlän: man 422, herren: erweren 714, stât: stat 605, anen: zannen 755; theils solche, die ungleiche Vokale haben, welche nur nach der Aussprache gleich werden, best: tröst 641, bed: gseit 660, clin: gesin 823, söttist: rettist 843, versezt: geschößt 873, schicken: glücken 84; theils solche, die ungleiche In- oder Auslaute haben, sag; ab 680,

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