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in ecclesia ludi fiunt theatrales, et non solum in ecclesiam introducuntur monstra larvarum, verum etiam presbyteri, dyaconi et subdyaconi insaniæ suæ ludibria exercere præsumunt, facientes prandia sumptuosa et cum vigellis, tympanis et cymbalis ducentes coreas per domos et plateas civitatis, non attendentes, quod apostolus non solum a malo sed ab omni specie mali præcipit abstinere: igitur ne id quod ob devotionem inchoatum est, ad indevotionem ac ludibrium vergat populorum, omnium nostrûm approbante consensu statuimus: ut nulli canonici vel præbendarii ecclesiæ nostræ talia præsumant de cetero exercere. præterea districte inhibemus, ne sacerdos, qui ut in festo s. Johannis more solito missam celebret, assumetur, aliquam personam ecclesiasticam vel mundanam, mimas, vigellatores vel tympanatores ad cœnam vel ad prandium vocet vel invitet; nec vigellatores, tympanatores vel eos, qui in aliis musicis instrumentis canere consueverunt, nisi essent personæ ecclesiæ nostræ, in ecclesia vel extra in domo vel platea eundo vel corizando sequatur, sed ut devotius et sollempnius officium sibi injunctum valeat celebrare, a crapula et ebrietate illa nocte abstineat reverenter; de mane vero officio cum omni sollempnitate curali completo potest, si voluerit, sacerdotem, qui sibi tanquam capellanus astitit in altari, dyaconum et subdyaconum, qui ei concelebraverunt ministrando, ad prandium vocare et eis præbendam suam cum gratiarum actione benivole impertiri. prandio autem facto prædictus sacerdos non equo vel asino, more insani, per vicos equilet et plateas, sed si aliquantulum jocundari delectat, ecclesiam cum religione intret et circumstantibus non impetuose sed cum mansuetudine aquam projiciat et aspergat. Si quis vero canonicorum vel præbendariorum ecclesiæ nostræ contra

1 vigella für fidella, Geige, Fiedel. 2 D. i. Wimpfen am Berg, was ganz nahe bei dem Stifte liegt.

hoc statutum in aliquo præmissorum forefecerit, sciat se a beneficio ipso facto suspensum et antequam restituatur, carcerem claustralem intraturum nec inde exiturum, donec decanus de consensu capituli ipsum abinde libere recedere faciat et exire, sciat et rigidius contra se procedendum, si id meruerit protervitas delinquentis. Das Datum ist nicht beigefügt.

Die Nachrichten dieser Urkunde geben schäßbare Auskunft. Ursprünglich war die Feier ein religiöses Fest, es artete aber aus, und zwar in folgender Art: 1) es wurden in der Kirche Schauspiele gehalten, 2) Maskeraden in die Kirche gebracht, 3) außerhalb der Kirche wurden Gastmähler gehalten, Musik gemacht, und in Häusern und auf der Straße getanzt, 4) nach dem Gastmahl ritt der Priester, welcher an diesem Johannistag (27. December) den Bischof machte, auf einem Pferd oder Esel durch die Straßen der Stadtviertel, 5) er überschüttete die Leute beim Eintritt in die Kirche mit Wasser. Dieser Ausgelassenheit gaben sich Geistliche und Laien hinz daß sie verboten werden mußte, war nothwendig. Für uns wäre es aber belehrend, wenn wir noch den Text eines solchen Schauspiels hätten, oder die Lieder, welche bei dem Tanze gesungen wurden.

Wenn auch das Spiel aus der Kirche vertrieben war, so konnten es doch die Laien außer derselben fortsegen, und zu dieser Klasse scheint mir eben das Neujahrspiel zu gehören, das ich hier mittheile.

B. Ursprung der Neujahrspiele.

Die gänzliche Verschiedenheit dieser und der Fastnachtspiele von dem religiösen Drama fällt Jedem auf. Sie müssen daher wohl auch einen andern Ursprung haben, zu dessen Erforschung ich Einiges anführen will.

In diesen Stücken ist die spielende Person etwas anders als sie scheint, sie ist verkleidet, und zwar vermummt; die

Mone, Schauspiele. II.

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Mummerei gehört wesentlich zu dieser Komik. So wird ein Geistlicher auf Johannestag Bischof, mithin verkleidet; so spielen in Belgien noch heute auf den unschuldigen Kindleinstag die Kinder im Hause die Rolle ihrer Eltern, ziehen deren Kleider an, und die Eltern und Erwachsenen gehorchen an diesem Tage den Kindern; so ist ferner in Frankreich der Bohnenkönig auf Dreikönigstag ein häufiger Gebrauch. Alle diese Feste fallen zwischen Weihnacht und Dreifönig.

Die Mummerei ist aber dem religiösen Schauspiel geradezu entgegen, denn jeder Schauspieler soll wirklich die Person vorstellen, die er spielt, nicht eine andere. Das religiöse Schauspiel soll die Wahrheit darstellen, nicht den Schein, die Passion, Auferstehung u. dergl. sollen eine Wahrheit vor Augen führen, nicht eine Täuschung. Auf gleichem Grunde können diese beiden Arten des Drama's nicht erwachsen seyn.

Die komische Verkleidung ist den Fastnachtspielen und Gebräuchen wesentlich, sie erscheint aber auch bei Volksspielen, die einen dramatischen Charakter haben. Dergleichen sind das Winter- und Sommerspiel auf den Sonntag Lätare, das ich in meiner Kindheit oft gesehen habe. Es gehen zwei Knaben im Dorf herum, der eine als Strohmann verkleidet, welcher den Winter vorstellt, der andere im Sonntagskleid mit einem stumpfen hölzernen Säbel. So stehen sie unter ein Straßenfenster der Bauernhäuser, und zwar der Winter an die Wand, und singen ein Wechsellied, das so anfängt:

Tre, ri, ro!

d'r Summ'r unn d'r Wint'r isch dv.

ringe ringe leison (d. i. Kyrie eleison) u. s. f.

Das Ende des Liedes wird beschleunigt gesungen, und am Schlusse stößt der Sommer mit dem Säbel den Winter, der an die Wand sinkt, also umgebracht ist. Man gibt dann den spielenden Knaben Kuchen oder anderes Backwerk. Die Sitte ist jest abgegangen, ihre Bedeutung aber leicht anzugeben, es ist der Eintritt der Frühlingsnachtgleiche damit

vorgestellt, worin der Sommer den Winter umbringt, eine findliche und unbewußte Nachahmung des Drachenkampfes, die alt seyn mag, denn Beda hat schon ein Gedicht de conflictu veris et hyemis. 1

Auf Pfingsten geht noch hie und da eine ähnliche Mummerei im Schwange, der sogenannte Pfingstlümmel, ein mit Gras und Reisern verkleideter Junge, der von der Waide auf einem Pferde durch das Dorf geführt und manchmal in's Wasser geworfen wird. Diese Mummerei ist eigentlich eine Strafe für denjenigen, der am Pfingstsonntag verschlafen ist. 2

So viel geht aus diesen Spuren hervor, daß diese komischen Spiele einen heidnischen Ursprung haben, und zwar die Neujahrspiele einen teutschen und celtischen, die Fastnachtspiele einen römischen. Das Julfest der alten Nordländer, welches auch drei Tage dauerte, hängt zusammen mit den Neujahrspielen vom 26. bis 28. December, und die Mummerei mit dem Glauben an die Werwölfe, die zeitweis Menschen und Wölfe sind. Denn die nordischen Heiden hatten ihren Glauben an Verwandlungen wie die klassischen Völker, welcher durch die Verkleidung bei solchen Spielen angezeigt ist.

C. Fastnacht- und Osterspiel.

Obgleich kein altes Fastnachtspiel in dieser Sammlung steht, will ich doch Einiges mittheilen, was darauf Bezug hat.

Zuerst ein Wechsellied von Schulknaben und Mädchen, welches man zu Straßburg im vierzehnten Jahrhundert vor

1 S. meine Untersuchung zur Heldensage 169 folg., Wunderhorn 3, Anhang S. 38. 20. 21. Dazu gehört auch das Todaustreiben in Schlesien. Flögel kom. Literatur 4, 10. 11. Das dem Beda zugeschriebene Gedicht steht in der S. Galler Handschrift Nr. 397. 2 S. Schmeller baier. Wörterbuch 1, 320. Schmid schwäb. Wörterbuch 416, u. d. W. Osterspiel, Pfingstlümmel, Wasservogel. Es mögen auch die Pfingstwaiden, die in vielen Gemarkungen vorkommen, damit zusammenhängen. Pingestweide, vom Jahre 1300 bei Böhmer cod. Francof. 1, 336.

den Häusern der Geistlichen an der Fastnacht zu singen pflegte und dafür Lebkuchen (mellitæ crapella) und kleine Honigtorten (honizatæ tortellæ) erhielt.

Cantilena carnisprivii, anno (13)95 (Argentorati 1).

(Pueri.) Venite studentes!

adite canentes

Puellæ. vicinæ domui:

(Pueri.) clerum reverentes

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5

1

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10

15

3

20

honizant tortellæ!

(Pueri.) dantibus sic grate

grates sint relatæ,

Puellæ. si mellitæ crapellæ.

Aus der Straßburger Handschrift E. 60. Bl. 61.

Die eingeschlossenen Worte fehlen in der Handschrift. vicarius vel canonicus. schol. 3 asportate. schol.

2 alias

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