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der Scene hatte, wie die jeßige, so blieb nichts übrig, als die veränderten Scenen in Abtheilungen neben oder hinter einander auf die Bühne zu stellen, wie wir es in dieser Zeichnung sehen. In diesen Abtheilungen blieben die Schauspieler ruhig jeder auf seinem Plage, bis die Reihe des Stückes in die Abtheilung und an ihn kam.

Wie die Häuser auf der Bühne beschaffen waren, gibt die Zeichnung nicht an. In dem Holzschnitt der ältesten Uebersegung des Terenz, den auch Gottsched wieder abbilden ließ, haben die Häuser Mauern und Wände. Waren aber die Buden mit Bretterwänden auf der Bühne versehen, so hinderten sie die Zuschauer, je nach ihrem Plage Alles zu sehen. Sicherlich hat man diesen Uebelstand vermieden, denn die Zuschauer, die gerade hinter einem Hause standen, hätten sich vor oder seitwärts gedrängt, um die Handlung zu sehen, und dadurch hätte es mancherlei Störung gegeben. Bestanden aber die Häuser nur aus vier Pfosten mit einem Dache, waren sie also ohne Wände und durchsichtig, so hinderten sie die Zuschauer nicht. Ich kann aber nicht nachweisen, daß es so war. In diesem Stücke war wenigstens das heilige Grab mit Wänden versehen, denn (V. 3664) wird angegeben, daß Jesus aus dem Grabe weg schleicht, sich anderst ankleidet und zur Auferstehung wieder hinein legt. Das geschah wohl nicht vor den Augen der Zuschauer, sondern hinter Bretter = oder Tuchwänden.

Für den großen Inhalt der alten Schauspiele waren aber so viele Dertlichkeiten nöthig, daß man sie nicht alle in drei oder auch mehrere Abtheilungen bringen konnte. Im Eingang dieses Stückes werden 18 Dertlichkeiten angeführt, die auf der Bühne seyn sollten, darunter auch die ganze Stadt Nain, und obige Uebersicht zeigt, daß die Handlung bald in Jerusalem, bald auf dem Lande vorgeht. Man mußte daher einen und denselben Ort zum Schauplag verschiedener Handlungen gebrauchen, ohne daß man wie jegt die Dekoration

ändern konnte, also nicht einmal dem Scheine nach einen andern Ort hatte. Daher heißt es im Eingang dieses Stückes, daß die Geisselung, Krönung und das Abendmal „und andere Dinge" an einem und demselben Orte,,,auf einer gemeinen Burg" der Bühne vollbracht wurden, weil man eben keine Maschinerie hatte, um die Dekoration zu ändern, noch den Plaz, um so viele Abtheilungen auf der Bühne zu machen.

Bei Spielen, die mehrere Tage dauerten, konnte man auch die nöthigen Dertlichkeiten nach und nach auf die Bühne stellen; wenn man also z. B. die Hölle am ersten Tage nicht brauchte, sondern am zweiten, so that man sie erst an diesem auf die Bühne. Diese Aufeinanderfolge entspricht einigermaßen der jeßigen Veränderung der Scene. Im französischen Schauspiel scheint man es so gemacht zu haben, denn bei Jubinal (2, XII.) werden die Dertlichkeiten nach den Tagen angeführt und zwar so, daß z. B. Morgens eine Abtei noch nicht auf der Bühne erwähnt wird, sondern erst Nachmittags. Man spielte nämlich in Frankreich wie in Teutschland den ganzen Tag und segte nur während dem Mittagessen aus (Jubinal 1, XLIII.).

Wie ich unten bemerke, so führen die Franzosen den Ursprung ihres Schauspiels auf die römische Zeit zurück. Der christliche Inhalt des Drama's im Mittelalter gibt dafür keine Vergleichpunkte, aber die Bühneneinrichtung ist dabei zu berücksichtigen. Obige Abbildung des Theaters gibt zu folgenden Bemerkungen Anlaß. War die Scene, wie gesagt, durchsichtig, d. h. nur mit Pfosten und Stangen abgeschlossen, so konnten die Zuschauer rund um dieselbe stehen. Die Scene war alsdann der Durchmesser des Kreises der Zuschauer, und das Ganze ein Amphitheater. Ich habe daher auf der Abbildung diesen Umkreis der Zuschauer angedeutet.

Die Ueberbleibsel des großen Amphitheaters in Trier würden eine ähnliche Einrichtung zeigen, wäre es nicht für Thierhegen bestimmt gewesen, wodurch der innere Boden frei

bleiben mußte. Die Reste anderer römischer Theater am Oberrhein sind nur halbe Bühnen, die unsern jeßigen gleichen, wie zu Augst bei Basel und zu Mandeure.* Wurde die Scene im Mittelalter an eine Wand angelehnt, so konnten die Zuschauer auch nur in einem Halbkreis herum stehen, und dann war die Einrichtung ähnlich dem einfachen Theater, war aber die Scene auf einem freien Plage, wie gewöhnlich, so standen die Zuschauer in zwei Halbkreisen um dieselbe, das Theater war also ein doppeltes oder Amphitheater. Gebäude wie im Alterthum hatte man dafür nicht mehr, manmußte daher mit ärmlicher Nachahmung vorlieb nehmen (S. oben 129).

D. Aufführung des Stück e s.

Die Bühne heißt in diesem Stücke der Plaz, wahrscheinlich weil es auf dem Marktplag aufgeführt wurde, im Alsfelder Stücke der Plan, die Ebene (Haupt 3, 483). Es ist darunter auch der freie Raum einer jeden Abtheilung verstanden, der zur Handlung bestimmt war, der Spielraum oder die Scene. Die Schauspieler saßen nämlich an den vier Seiten der Abtheilung herum (V. 504. 648. 762.), und an wen die Reihe kam, der gieng hervor auf den Spielraum, was in diesem Stücke auch „her fur gan“ heißt. In der Frankfurter Rolle steht dafür: surgat a loco suo (Fi chard 138), jede Person hatte ihren Plag (locus suus, locus

*) Ueber die Neste des Theaters zu Augst s. Schöpflin Alsat. illustr. 1, 161. Von Augst gieng eine römische Straße nach Mandeure (Epamanduodurum) am Doubs bei Montbeliard, wo sich ebenfalls Ruinen eines großen römischen Theaters befinden. S. die Abbildungen in den Antiquités de l'Alsace par de Golběry, Mulhouse 1828. planches 3, 4, 5, und Tert Seite 14. Ueber den Hang zum Theater, den die Einwohner von Trier noch im fünften Jahrhundert hatten, spricht Salvian. de gubernat. dei lib. 6 p. 211 ed. Rittershus. Die Abbildung der Neste des römischen Amphitheaters zu Trier fieh in Schmidt's Baudenkmalen der ́ röm. Periode und des Mittelalters in Trier. Lief. 5, Tafel 5.

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Iudaeorum. Fichard 140. 141.), wo sie blieb, bis die Reihe des Spieles an sie fam (donec ordo eum tangat. Fichard 141).

Dieses Spiel hat keine musikalische Ouvertüre wie das Frankfurter, sondern den Ausrufer begleiten nur zwei Hornisten (V. 20). Die Rede jedes Schauspielers heißt ein Spruch, für die Chorgesänge. kommt kein eigener Namen vor.

Das alte Schauspiel hatte so viel darzustellen, daß es sich nicht auf eine täuschende Nachahmung der Wirklichkeit einlassen konnte, wie das jezige Theater, weil die alte Bühne dazu nicht eingerichtet war. * Man behalf sich mit Andeutungen. So besteht das Gastmal Simons in diesem Stücke aus Brot und Fisch (146), zu dem Abendmal kommt noch ein Lamm, der Apotheker ist nur für eine Salbe da, und in dem Frankfurter Spiele ist der Berg, worauf Christus versucht wird, ein aufrecht stehendes Faß, in diesem ein Gerüst (388). Von einer Theaterperspektive ist dabei keine Rede, da die Papierwände (Coulissen) fehlen. Der Brunnen war auch kein laufender, sondern nur eine Cisterne oder ein Loch. War etwas gebraucht auf der Bühne, so wurde es nicht wie jezt hinaus getragen, sondern nur auf die Seite gestellt, wie z. B. die übrigen Speisen und Tischgeräthe nach dem Essen (V. 764.) So wird man es auch mit dem Krankenbett des Lazarus und dem Sarge des Jünglings von Nain gemacht haben. Der Esel, der zum Einritt in Jerusalem nöthig war, blieb den ersten Tag ebenfalls auf der Bühne.

Für die Nachahmung des Donners diente ein Flintenschuß (1604). Die Fußwaschung wurde aber förmlich vorgenommen (1788).

Einige Anfänge von Theatermaschinerie sind auch vorhanden. Um darzustellen, daß der Teufel in den Judas eingegangen sey, mußte dieser einen lebendigen schwarzen Vogel an den Füßen vor den Mund halten und flattern lassen (1844).

* Vgl. Jubinal 1, préf. XLI. flg.

Mone, Schauspiele.

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Wie aber der blutige Schweiß und das Blutvergießen bei der Kreuzigung dargestellt wurde, ist nicht angegeben. Es ist überhaupt schwer, sich eine Vorstellung zu machen, wie bei dem Mangel aller optischen Täuschung die Mißhandlung und Kreuzigung Christi konnte aufgeführt werden. Der Selbstmord des Judas ist eine förmliche Hinrichtung durch den Belgebub, der das Geschäft des Henkers versieht. Der Teufel steigt dem Judas auf der Leiter voran und zieht ihn an dem Stricke nach. Den Judas konnte man aber nicht henken lassen, das hätte eine gefährliche Mechanik werden können, daher ging ein Seil mit Rollen von dem Baume bis in die Hölle, um darzustellen, daß die Seele des Judas verdammt sey.* Diese Maschinerie ist nicht genauer angegeben (2410), es heißt nur, der Teufel soll ihn wohl am Haken versorgen und sich hinter ihn auf einen Bengel sehen (2470). Judas soll aber vorn im Kleide einen schwarzen Vogel und Gedärme von einem Thiere haben, so daß der Vogel fortfliegt und die Gedärme herausfallen, wenn ihm der Teufel das Kleid aufreißt, worauf dann beide auf dem schiefen Seile in die Hölle rutschen (2478). Lucifer nimmt den Judas vom Seile ab und die Teufel tragen denselben in die Hölle. In dem Frankfurter Stücke (Fichard 148) wurde nur ein Bild des Judas (imago facta ad instar Judae) gehenkt.

Schwierig war auch die Maschinerie bei dem Tode Christi. Der Vorhang des Tempels mußte herabfallen, also mußte man dazu eine Vorrichtung haben, die Todten standen auf, was noch schwerer darzustellen war, Sonne und Mond mußten hinter sich gehen, nebst den Leuten, welche dazu geordnet Wie das gemacht wurde, ist auch nicht angegeben (3446). Während dem hing den Schächern ein gemaltes Bild (ihre Seele) aus dem Munde, der Engel nahm des

waren.

* Daß es wirklich zuweilen unglücklich ablief, hat Jubinal 1, préf. XLII. flg. gezeigt.

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