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keinem sonst beschieden, dem großen Meister, zu welchem er als zu seinem Ideale fortan hinaufblickte, unter Wahrung vollster Selbstständigkeit, in immer stolzerem Fluge nachzustreben.

Die Sinfonien von Krommer*), die ihres heiteren Charakters wegen damals gerne gehört wurden, fanden in seinen Augen wenig Gnade, wogegen er jene des Kozeluch **), wenn

*) Krommer (Franz), geboren 1759 zu Kameniz in Mähren, ein noch zu Anfang dieses Jahrhunderts beliebter Componist. Sein erster und einziger Lehrer war seines Vaters Bruder, regens chori in Turas, der ihn zum Organisten erzog; alle weitere Musikbildung erwarb er sich durch cifriges Selbststudium. Bekannt als tüchtiger Violinspieler kam er in die Capelle des Grafen Agrum nach Simonthurn in Ungarn, wurde später Chordirector in Fünfkirchen, dann Capellmeister beim Regiment Karoly, ging endlich mit dem Fürsten Grassalkowitz als Musikdirector nach Wien, wo er nach dessen Tod privatisirte, und theils durch Unterricht theils durch den Ertrag seiner beliebt gewordenen Compositionen ein anständiges Auskommen fand. Dieses erhielt eine noch festere Basis, als ihm durch Protection die Stelle eines kaiserlichen Kammerthürhüters verliehen wurde, eine Stelle, deren leichte Dienstverpflichtungen seine musikalische Beschäftigung nicht im mindesten beeinträchtigte. Nach Kozeluch's Ableben (1814) wurde er Kammercompositeur, und begleitete seinen Monarchen auf dessen Reisen in Frankreich und Italien. Er starb in Wien am 8. Jänner 1831, nachdem er schon geraume Zeit seinen Ruhm überlebt hatte. Er schrieb viele Kirchenstücke, Sinfonien, Harmoniemusiken, Concerte für alle gangbaren Instrumente, Trio's, Quartette, Quintette für Streich- und Blasinstrumente, Violinduette 2c., alle in einem eingänglichen gemüthlich heiteren, nicht selten an das Hausbackene und Philiströse streifenden Style.

**) Kozeluch (Leopold), geboren 1753 zu Wellwarn, gestorben in Wien 1814. Anfangs zur Jurisprudenz bestimmt, verließ er diese Bahn, um sich ausschließlich der Musik zu widmen. 1778 übersiedelte er nach Wien, wo er als Musiklehrer sehr geachtet, bei Hof und in den höchsten Adelskreisen Lectionen gab. 1792 wurde er als Mozart's Nachfolger zum kaiserlichen Kammercompositeur ernannt. Er schrieb eine große Anzahl Clavierstücke, Concerte, Opern, Sinfonien, Cantaten und Lieder, die

ihr etwas veralteter Styl von den Musikern bespöttelt wurde, mit aller Wärme, freilich nur den Krommer'schen gegenüber, zu vertheidigen pflegte. Die Ouverture zur Zauberflöte, zu Figaro's Hochzeit, und die Mehulschen zählte er zu seinen Lieblingen.

Es konnte nicht fehlen, daß Schubert, der in dem kleinen Orchester alsbald zur ersten Violine vorgerückt war, vermöge seines eminenten Musiktalentes, und des Ernstes, womit er diese Kunst betrieb, auf dasselbe einen nicht unerheblichen Einfluß gewann, in Folge dessen ihm auch für den Fall der Ab wesenheit des Dirigenten die Leitung des Orchesters an der ersten Violine übertragen wurde.

Gleichzeitig war aber auch in dem dreizehnjährigen Knaben der Schaffungstrieb mit unwiderstehlicher Gewalt erwacht; schon vertraute er den Kameraden unter dem Siegel der Ver schwiegenheit an, daß er öfter seine eigenen Gedanken in Noten bringe.

Diese strömten ihm bereits in Hülle und Fülle zu, und es fehlte nur zu oft an Notenpapier, um sie darauf festzuhalten. Da Schubert nicht in der Lage war, sich solches um Geld anzuschaffen, sorgte eine gütige Freundeshand dafür, und der Verbrauch davon soll nun ein ganz außerordentlicher gewor den sein.

Sonaten, Messen, Lieder, Opern, ja selbst Sinfonien lagen, nach dem Zeugnisse von Gewährsmännern, zu jener Zeit bereits fertig vor, wovon jedoch der größte Theil als bloße Vorübung bald wieder vertilgt wurde.

derzeit der Vergessenheit gänzlich anheimgefallen find. Seine Tochter Katharina, verehelichte Cibbini, Kammerfrau am kais. Hofe, war bekannt als ausgezeichnete Clavierspielerin.

Im Jahre 1810 hatte er eine vierhändige, nicht weniger als 32 Seiten ausfüllende, und über ein Dußend in verschie denem Charakter gedachter Tonstücke, von welchen jedes in einer andern Tonart schloß, als es begonnen, enthaltende Fantasie componirt, welcher später noch zwei kleinere folgten. Es war dies seine erste Clavier-Composition. In das Jahr 1811 fällt die Composition des Liedes: „Hagars Klage“*), eines Streichquartettes, der zweiten vierhändigen Clavierfantasie, einer seinem Bruder Ferdinand zugeeigneten Quintett - Ouverture und vieler Lieder.

In dem darauf folgenden Jahre entstanden: zwei Streich. quartette (in C und B), eine Sonate für Pianoforte, Violine und Cello, eine Quartett-Ouverture in B und eine zweite für Orchester in D, ein Andante und Variationen in Es für Clavier, ein Salve regina und Kyrie und mehrere Lieder, darunter das Klagelied von Rochlig.

Auch componirte er in diesem Jahre 12 Menuetten, welche die Bewunderung des Dr. Anton Schmidt, eines Freun des Mozart's und trefflichen Violinspielers erregten, und den. selben zu dem profetischen Ausspruche veranlaßten, daß aus dem Knaben ein großer Meister hervorgehen werde.

Diese Menuetten wurden einmal von Schubert weggeliehen und sind seit jener Zeit nicht wieder zum Vorschein gekommen. Er selbst kam, wiederholter Aufforderungen ungeachtet, nicht mehr dazu, sie neuerdings aus dem Gedächtnisse niederzuschrei

*) Ferdinand Schubert bezeichnet dieses Lied als das erste (bedeuten. dere) der von Franz componirten Lieder. Salieri wurde ganz besonders durch dasselbe und einige Instrumental - Compositionen auf Schubert's Talent aufmerksam gemacht und dadurch veranlaßt, ihn im Generalbaß unterrichten zu lassen.

ben, und so ist diese Composition, die gewiß einen interessanten Einblick in das bereits aufkeimende Talent des fünfzehnjähri gen Knaben gewährt hätte, wahrscheinlich für immer verloren gegangen *).

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*) Aehnliches geschah einige Jahre später mit der Cantate Prome theus" (in Einer Abtheilung), Text von Drechsler, für Solostimmen, Chor und Orchester. Die Cantate, von einem Studirenden in gelunge. ner Weise verfaßt, und von Schubert in Musik gesezt, sollte als cinc dem Profeffor der politischen Wissenschaften, Heinrich Watteroth, von seinen Schülern zugedachte Neberraschung an dessen Namenstage (12. Juli) in dem zu dem Hause, welches Watteroth in der Vorstadt Erdberg bewohnte, gehörigen, sehr hübschen Garten aufgeführt werden. Die Aufführung, des schlechten Wetters wegen mehrere Male verschoben, fand am 24. Juli 1816 statt. Frl. Maria Lagusius (später verehelichte Griefinger), Hr. Pechaczek (als Magistratsrath gestorben) und Hr. Josef Goes (als Mitglied des Hofoperntheaters gestorben) hatten die Solo's übernommen und viele Studirende wirkten in Chor und Orchester mit. Schubert dirigirte persönlich. Die Aufführung war im Ganzen eine recht gelungene, und der Eindruck, den das originelle, glänzend instru mentirte Werk machte, ein entschieden günstiger.

Die Cantate wurde der bedeutenden Musik wegen von Dr. Leopold Sonnleithner zur Aufführung in den Concerten des Musikvereines vorgeschlagen; man scheute sich aber, das Werk eines noch so jungen, nicht anerkannten Tonsehers zur Aufführung zu bringen und die Folge dieser Engherzigkeit war, daß dasselbe vielleicht für immer verloren gegangen ist. In Schubert's leßten Lebensjahren wurde es mehrfach verlangt, so auch von dem Stifte Göttweih, wohin dann auch Partitur und Stimmen gesendet wurden. Von dort auf Schubert's dringendes Verlangen wieder zurückgestellt, um anderswo aufgeführt zu werden, wurde es in Schubert's Wohnung gebracht. Dieser starb wenige Wochen darauf, und das Werk war spurlos verschwunden. Ein damals erlassener öffentlicher Aufruf blieb unbeachtet, und das Wahrscheinlichste ist, daß die Cantate, vielleicht ohne Wissen des betreffenden Archivars, in irgend einem Klosterarchive begraben liegt.

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Salieri) durch Schubert's verschiedene Compositionen, namentlich seine Quartette und Hagar's Klage" auf dieses seltene Talent ausmerksam gemacht, veranlaßte sofort, daß der Hoforganist Ruziczka beauftragt wurde, ihn in die Geheimnisse des Generalbasses einzuweihen. Die Lectionen begannen; bald aber hatte der Lehrer die Ueberzeugung gewonnen, daß er einen Zögling vor sich habe, dem er nichts mehr zu lehren brauche. Der, sagte er, hat es von dem lieben Gott gelernt.

Und in diesen Worten lag wohl die Wahrheit. Dem Jünglinge mangelten nur mehr die Benennungen für die Geheimnisse seiner Kunst, während ihr Wesen seinem Genius schon erschlossen war.

Die Folge davon war, daß Salieri sich seiner noch wärmer annahm, und ihm (auch dann, als er das Convict schon verlassen hatte) fast täglich Unterricht in der Composition ertheilte. Als aber der Italiener seinem Zöglinge beinahe aus. schließlich die Partituren der alten italienischen Meister vorlegte, während dieser mehr nach Mozart und Beethoven Verlangen trug, eine Neigung, die Salieri nicht theilte, als er ihm im weiteren Verlaufe anstatt der Gedichte Schiller's, Goethe's und anderer deutscher Dichter italienische Stanzen zu compo niren gab, und aus seiner Verachtung der deutschen Sprache**),

*) Antonio Salieri, geboren im Jahre 1750 in der venetianischen Stadt und Festung Legnago, gestorben zu Wien im Jahre 1825, nachdem er daselbst durch 59 Jahre gelebt und vier Regenten Desterreichs gedient hatte. Er componirte eine große Anzahl Opern, auch Cantaten, Sinfonien, Kirchenmusiken, Oratorien u. s. w. Bekannt ist sein Verhältniß zu Mozart.

**) Salieri hatte ein halbes Jahrhundert in Deutschland zugebracht, ohne die Sprache dieses Landes zu erlernen. Er selbst machte sich über sein Radebrechen des Deutschen lustig. Wie Gluck, pflegte er in seiner stets

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